Zusammenfassung
Die dritte Voraussetzung für eine politologische Begründung der neoliberalen Staatskonzeption hängt teilweise mit der vorigen zusammen, ist aber aus analytischen Gründen eigens zu behandeln — die Spezialisierung. Der Zusammenhang ergibt sich insoferne, als die heute erreichte Komplexität der sozio-ökonomischen Reproduktionsmechanismen nur aufrecht erhalten werden kann, wenn die Arbeitsprozesse strikt geteilt werden. Diese Aufspaltung von Arbeit macht erst hierarchische Strukturen möglich beziehungsweise notwendig, da ansonsten die Übersichtlichkeit und damit die Effektivität des Systems zusammenbrechen würden. Der materielle Wohlstand kann aus diesem Grund mit einer differenzierten und hierarchischen Reproduktionsweise identifiziert werden, denn “die Vorteile der Massenproduktion, auf denen der Lebensstandard unserer Zeit beruht, wären undenkbar, wenn sich die Produktion in autarken Agrarhaushalten und -regionen vollzöge.” [1] Reichtum, Lebensstandard und Hierarchie stehen also in einem ursächlichen Zusammenwirken. Gleichzeitig haben sich die Bedürfhisse mit den Knappheiten vervielfacht. Das Paradoxon, daß Wohlstand und Wissen nicht die grundlegende Spirale von Knappheit — Konflikt — Herrschaft durchschneiden konnte, wird an dieser Stelle wieder gegenwärtig.
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Literatur
SAMUELSON, P. A./NORDHAUS, W. D., Volkswirtschaftslehre. Grundlagen der Makro-und Mikroökonomie, Band 1, Köln 1987,105.
Vgl. WIMMER, N./ARNOLD, K., Wirtschaftsverwaltungsrecht in Österreich, Wien 1987, 42ff.
Vgl. die diesbezügliche neoliberale Begründung im vorigen Abschnitt.
WILLKE, H., Ironie des Staates, Frankfurt/M. 1992, 315.
MACPHERSON, C. B., Democratic Theory: Essays in Retrieval, Oxford 1973,25.
Vgl. MOREL, J., Ordnung und Freiheit. Die soziologische Perspektive, Innsbruck 1986, 125ff.
LUHMANN, N., Politische Planung, Opladen 1971, 57ff.
Vgl. ARBEITSGRUPPE ETHNOLOGIE WIEN (Hg.), Von fremden Frauen. Frausein und Geschlechterbeziehungen in nichtindustriellen Gesellschaften, Frankfurt/M. 1989, 29ff., 216ff. Es werden hier, zumeist aus feministischer Perspektive, Vergesellschaftungsformen “primitiver” Kulturen beschrieben. Kennzeichen dieser Verbände sind eine noch nicht arbeitsgeteilte Gemeinschaft und gleichzeitig das Fehlen geschlechterspezifischer Diskriminierung. Insoweit ist die Frage zu diskutieren, ob das Vorhandensein von “Staat” — als konsequente Begleiterscheinung von Spezialisierung — als Indiz von Unterdrückung gewertet werden kann. Noch viel brisanter ist die daraus ableitbare Einsicht, daß staatliche Politik zur Reduzierung von Geschlechterherrschaft per definitionem nicht gelingen kann, weil Staat immer auch die Voraussetzungen einer solchen Herrschaft mitbringt.
Vgl. PELINKA, A., Politik und moderne Demokratie, Kronberg 1976,41. “Die modern Demokratie soll freilich nicht mehr vornehmlich staatliche Demokratie sein: Die Ausweitung des Politik- und Demokratiebegriffes zieht das Postulat einer Demokratie jenseits des Staates nach sich.” Diese These korrespondiert mit der Verbindung von politischer Demokratie und anderen Formen von Demokratie, wenngleich auch mit einem anderen utopischen Gehalt: “Tatsache bleibt aber, daß die politische Demokratie notwendige Vorbedingung, notwendiges Mittel für jede Demokratie oder jedes demokratische Ziel ist (...).” in: Sartori, G., Demokratietheorie, Darmstadt 1992, 20f.
Vgl. PELINKA, A., Dynamische Demokratie, Stuttgart 1974,34f.
Vgl. KORNHAUSER, W., 77h? Politics of Mass Society, Routledge 1960. Von diesem Autor wird die Existenz von privatisierten Eliten als Garant dafür gesehen, daß die Demokratie durch allzu starke Betonung des demokratischen Elements nicht in einen Totalitarismus umschlägt.
BUCHANAN, J. M., Die Grenzen der Freiheit. Zwischen Anarchie und Leviathan, Tübingen 1984,141.
EUCHNER, W., Pluralismus als politische Philosophie des prosperierenden Wohlfahrtsstaates, in: NUSCHELER, F./STEFFANI, W., (Hg.), Pluralismus -Konzeptionen und Kontroversen, München 1972,230. Unter der “formierten Gesellschaft” versteht der Autor eine solche, welche die politische Macht in die Hände von elitären Experten legen würde — aus Sorge um den Verlust an Prosperität und damit an Freiheit.
Vgl das “New Public Management” bei: BUDäUS, D., Public Management. Konzepte und Verfahren zur Modernisierung öffentlicher Verwaltungen, Berlin 1994.
LUHMANN, N., Rechtssoziologie, Hamburg 1972,295.
Vgl. die Darstellung und Erläuterung der Laffer-Kurve in: PETERSEN, H. G., Finanzwissenschaft, Stuttgart 1988, 278ff.
NASCHOLD, F./PRöHL, M., (Hg.), Produktivität öffentlicher Dienstleistungen, Gütersloh 1994,177.
Vgl. LEHNE, F., Demokratie ohne Illusionen, Wien 1967, 115. Das fehlende Vertrauen in das Recht wird auch als eine Gefahr für die Demokratie angesehen.
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Stöger, R. (1997). Die dritte politische Voraussetzung: Integration und Effektivität. In: Der neoliberale Staat. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92387-5_12
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