Zusammenfassung
Das japanische Beschäftigungssystem wird seit den 50er Jahren, nachdem ABEGGLEN1 es als einer der ersten für die westliche wissenschaftliche Diskussion entdeckt hatte, durch die Metapher der “drei heiligen Säulen” beschrieben: danach bilden die grundlegende Prinzipien lebenslange Beschäftigung, Entlohnung und Beförderung nach dem Senioritätsprinzip und Unternehmensgewerkschaften die konstitutiven Elemente des internen Arbeitsmarktes japanischer Unternehmen. Die stereotype Wiederholung dieser Charakterisierung bis auf den heutigen Tag wäre für sich genommen kein Ärgernis, wenn die “drei heiligen Säulen” als das verstanden würden, was sie in der Tat sind: eine Überschrift, die über den nachfolgenden Text wenig verrät. Sie haben jedoch in all den Jahren ein außerordentlich starkes Eigenleben entfaltet, wobei aus einer prägnanten Kurzformel, die in einem Stadium der fast völligen Unkenntnis der japanischen Beschäftigungspraktiken deren Besonderheiten aus amerikanischer Sicht durchaus zutreffend und sinnvoll zusammenfaßte, eine Generalformel geworden ist, mit der nicht selten der Anspruch verknüpft ist, den Gegenstand der Untersuchung erschöpfend darzustellen. Doch ohne eine Präzisierung des empirischen Gehaltes dieser drei Prinzipien wie auch einer Analyse ihrer ökonomischen Rationalität verkommt diese Generalformel zu einem inhaltsleeren Stück Folklore westlicher Japankunde.
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Literatur
Abegglen (1958).
Nikkeiren (1994b).
Boyer & Freyssenet (1994), S. 33.
Vgl. Hashimoto J. (1991), S. 88. Im verarbeitenden Gewerbe sind in Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern, die nicht einmal ein Prozent der betreffenden Unternehmen ausmachen, 30% der Arbeitnehmer in diesem Sektor beschäftigt. Eigene Berechnungen aus: Ministerium für internationalen Handel und Industrie, Zensus des verarbeitenden Gewerbes, Unternehmen (Tsûshô sangyô shô, Kôgyô tôkei hyô, kigyô tôkei hen), 1993, S. 206 und 234.
Diese Funktion als normatives Modell ist auch die Ursache für die häufig klischeehafte Darstellung des japanischen Beschäftigungssystems (vgl. Anm. 2): in dem Bemühen, von den zahlreichen Anforderungen und Veränderungen der Realität zu abstrahieren, wird die Diskrepanz zwischen (Ideal-) Modell und (wirklichem) System immer größer. Die neuerlichen Erschütterungen der Heisei-Rezession vergrößerten diesen Graben zwischen Idealbild und Wirklichkeit schließlich soweit, daß seine Wahrnehmung schlagartig auch ins öffentliche Bewußtsein trat. So wird in den japanischen Medien weniger der Untergang des japanischen Beschäftigungssystems selbst — das in dieser idealtypischen Form kaum jemals real existierte — als der Verlust einer Utopie beklagt.
Ishikawa (1993), S. 21 ff. zeigt beispielsweise, daß zwischen der Arbeitszufriedenheit und der Firmengröße ein positiver Zusammenhang besteht: je größer das Unternehmen, desto höher die Zufriedenheit.
Vgl. Nitta (1994), S. 1 f.
Diese Tendenz zu einem bestimmten stabilen Gleichgewicht (Lösung) wird häufig als “path dependence” bezeichnet und läßt sich mit Hilfe der Spieltheorie (kooperatives Spiel mit mehreren Gleichgewichtslösungen) theoretisch nachweisen. Vgl. Okuno (1993) und North (1990).
Allgemein wird dieses Element als der Hauptpfeiler des japanischen Beschäftigungssystems betrachtet, vgl. z.B. Koshiro (1994), S. 3 ff.
Z.B. bei Fujimura (1995), S. 50 f. oder bei Arbeitsministerium — Forschungsgruppe zur Beschäftigungspolitik (Rôdôshô-Koyô Seisaku Kenkyûkai) (1994), S. 38.
Z.B. bei Nikkeiren (1994a), S. 24.
Z.B. bei Takanashi (1994), S. 28.
Fujimura (1995), S. 50. An dieser Stelle sei auch nachdrücklich darauf hingewiesen, daß eine lebenslange Anstellung oder auch die Zusage des Arbeitsplatzerhaltes in Japan natürlich in keiner Form vertraglich fixiert ist; japanische Arbeitsverträge sind im Gegenteil vage und allgemein gehalten, sie räumen dem Arbeitgeber einen diskretionären Entscheidungsspielraum ein, der auch Kündigungen beinhalten kann; vgl. Nakano Ikuo (1993), S. 40 ff. Nach Hashimoto S. (1992) ist das Konzept der lebenslange Beschäftigung bzw. eine Personalpolitik, die der Sicherung von Arbeitsplätzen die höchste Priorität einräumt, lediglich eine gesellschaftliche Norm, ein sozialer Konsens, der von den Beteiligten stillschweigend akzeptiert und eingehalten wird.
Aus: Arbeitsministerium, Untersuchung der Beschäftigungstrends (Rôdôshô, Koyô dôkô chôsa hôkoku) 1995, S. 13 und 26. Diese Untersuchung des Arbeitsministeriums, die jährlich erscheint, bezieht sich auf reguläre Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als fünf Mitarbeitern.
Japan Institute of Labour (Nihon Rôdô Kenkyû Kikô) (1994b), S 61. Immerhin sei nicht verschwiegen, daß sich diese Werte, sofern man sie nach Geschlecht und Unternehmensgröße differenziert, “verbessern”: für männliche Arbeitnehmer in Großunternehmen ist die Quote der Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlassen, nur etwa halb so hoch. Ebd., S. 60. Im Rahmen dieser Untersuchung sind über 20.000 Absolventen der Abschlußjahrgänge 1983 bis 1992 befragt worden.
Okuda (1990), S. 226.
OECD (1993).
Eine so vorgenommene Differenzierung würde jedoch zu keinen grundsätzlich anderen Ergebnissen führen; vielmehr zeigen sich in allen Ländern ähnliche Tendenzen: die Beschäftigungsdauer nimmt mit der Betriebsgröße zu, ist ebenso im verarbeitenden Gewerbe länger als im Dienstleistungssektor wie dieser Unterschied auch auf den Vergleich zwischen Männern und Frauen zutrifft. Vgl. dazu Hashimoto & Raisan (1985), S. 727 und OECD (1993), S. 121.
Hashimoto & Raisan (1985), S. 724 f.
Vgl. Hashimoto M. (1993), S. 148 ff. und Muramatsu (1995). Darüber hinaus sind auch die Nominallöhne japanischer Unternehmen relativ flexibel, da ein Teil des Lohnes als Bonus ausgezahlt wird. Zur Flexibilität der Löhne in Japan vgl. Ono (1989), S. 242 ff. und Nakamura J. (1995).
Arbeitsministerium, Untersuchung zu Arbeits- und Wirtschaftstrends, (Rôdôshô, Rôdô keizai dôkô chôsa).
Dieses Instrument, das nicht nur zum Personalabbau, sondern auch für andere Ziele wie Weiterbildung der Betroffenen und Stärkung des Partnerunternehmens (Wissenstransfer als Personaltransfer) eingesetzt wird, stellt in gewisser Weise eine japanische Spezialität dar; denn es ist unlösbar mit der besonderen japanischen Industriestruktur, die weitgehend durch die Existenz von Unternehmensgruppen, den sog. keiretsu, geprägt ist, verbunden. Die relativ einfache bzw. reibungslose Umsetzung dieses Instrumentes hängt zudem eng mit der offenen Form der japanischen Arbeitsverträge (und den in der Regel schwachen Gewerkschaften) zusammen, die dem Management die Entscheidungsfreiheit über Entsendungen in andere Unternehmen, auch geographisch weit entfernte, an die Hand geben. Vgl. dazu Akita (1993) und Ernst (1988), S. 89 ff.
Eine weitere wichtige Maßnahme, die in dieser Liste nicht aufgeführt ist, da sie nicht zu den quantitativen Instrumenten der Personalpolitik rechnet, ist natürlich die Lohnanpassung (vgl. Anm. 23). Zudem weist Ogawa (1994), S. 10 ff. zurecht darauf hin, daß zumindestens Großunternehmen noch eine weitere Möglichkeit offen steht: die Einschränkung der Auftragsvergabe an Subunternehmen, wodurch die erforderlichen Beschäftiungsmaßnahmen auf die kleineren Zulief er- und Subkontraktunternehmen überwälzt werden.
Für das verarbeitende Gewerbe in den 80er Jahren nennt Hashimoto M. (1993), S. 145 f. Werte um 10%, die deutlich über den Vergleichszahlen der USA liegen.
Die natürlich nur für die sogenannten Stammbeschäftigten gilt. Die Randbelegschaft, d.h. Zeitarbeitskräfte, Leiharbeiter u.a., sind — wie bereits der Katalog der Instrumene der Personal-anpassung gezeigt hat — von dieser Sicherheit ausgeschlossen. Zu den verschiedenen Geschwindigkeiten der Personalanpassung für Stamm- und Randbelegschaft vgl. Ide (1993).
Vgl. Okazaki (1994), S. 2 ff.
Mizuno (1992), S. 312.
Blumenthal (1993), S. 27. Für das erste Quartal 1993 findet sich dort auch der erstaunliche Wert von 2,5 Millionen internen Arbeitslosen. Das Nomura Research Institute (Nomura Sogo Kenkyujo) (1995), S. 94 f. geht in seinem Forschungsbericht zu den mittelfristigen Perspektiven der japanischen Wirtschaft sogar von ca. vier Millionen verdeckten überschüssigen Arbeitskräften aus.
Insbesondere scheint die unterschiedslose Behandlung von white- und blue-collar-Arbeitnehmern durch japanische Unternehmen für diese hohen Werte verantwortlich zu sein; Koike (1991a) sieht in dieser Gleichbehandlung der blue collar sogar einen wesentlichen Zug des japanischen Beschäftigungssystems. Deutlich wird dies auch bei den Maßnahmen zur Personalanpassung, bei denen — im Gegensatz zu den USA — kein Unterschied in der Situation der blue und white collar festzustellen ist; vgl. Abraham & Houseman (1989).
In einem internationalen Vergleich der Beschäftigungsmodelle hebt Boyer (1995), S. 47 ff. hierbei in erster Linie die Parallelen zum deuschen und schwedischen Modell hervor.
Zu den USA vgl. die Studie über die Beschäftigungsdauer weißer männlicher Arbeitnehmer von Ureta (1992); zu Japan siehe die zahlreichen Fallstudien von Chuma (1994b), S. 23 ff., vor allem aus der Textil- und Schiffbauindustrie.
So z.B. Chuma (1994a), S. 59 oder auch Koike (1991a), der als einer der ersten und vehement gegen die These der Andersartigkeit des japanischen Beschäftigungssystems polemisiert hat.
Es sei auch darauf hingewiesen, daß in vielen, vor allem europäischen Ländern die langen durchschnittlichen Anstellungszeiten auch auf den hohen Anteil des öffentlichen Dienstes in diesen Ländern zurückzuführen sind. Dore (1993), S. 29 formuliert diesen Sachverhalt so: Charakteristikum des japanischen Beschäftigungssystems ist die Tatsache, daß ein Modell, das in anderen Ländern vornehmlich im Staatsdienst (Verwaltung, Militär) anzutreffen ist, auch in der privaten Wirtschaft Anwendung findet.
Für eine umfassende Darstellung vgl. z.B. Gordon (1985) oder Nishiguchi (1994), Kap. 1–3, der im Kontext der Analyse der japanischen Zulieferbeziehungen auch ausführlich auf die Entwicklung der Beschäftigungsbeziehungen seit 1900 eingeht. Wesentlich kürzer und prägnanter ist Nishinarita (1995).
Zahlen beziehen sich nur auf das verarbeitende Gewerbe; der Hauptgrund für diese hohe Kündigungsquote war im übrigen die Rückkehr ins Heimatdorf; nach Okazaki (1994), S. 4. Wie sehr das damalige Beschäftigungssystem den heutigen Vorstellungen widerspricht, zeigt auch sehr schön die Studie von Wolcott (1994) über die Textilindustrien dieser Zeit in Japan und Indien: denn es ist gerade die indische Textilindustrie, die dem Ideal einer lebenslangen Beschäftigung nahe kommt — und international erfolglos bleibt.
Okazaki (1994), S. 2 ff.
Chuma (1994b), S. 223 ff.
Sumitani (1993), S. 17 ff.
Für eine kompetente und umfassende Übersicht über den Einfluß der Kriegszeit auf die japanische Wirtschaft siehe den von Okazaki & Okuno herausgegebenen Sammelband und darin insbesondere Odaka (1993), der sich mit den Beschäftigungsbeziehungen auseinandersetzt. Mittlerweile ist über die Bedeutung dieser Zeit für die Herausbildung des heutigen Wirtschaftssystems eine Debatte im Gange: während auf der einen Seite Okazaki & Okuno (1993), S. 4 betonen, daß die Kriegszeit in dieser Hinsicht einschneidend und prägend war und Noguchi (1995a) sogar das gesamte japanische System schlicht als “1940er System” bezeichnet, konzidiert Hashimoto J. (1995), S. 65 ff. diese Kontinuität nur unter formalen Gesichtspunkten, die Inhalte und Begründungszusammenhänge aber hätten sich nach dem Kriege, vor allem unter dem amerikanischen Einfluß, gewandelt; vgl. auch Hashimoto J. (1996).
Sumitani (1993), S. 17.
Konno (1995), S. 3 f. sieht in der Begrenzung der Zahl der Mitarbeiter mit Beschäftigungssicherheit sogar eine der zentralen Voraussetzungen zur Etablierung des japanischen Beschäftigungssystems.
Während in den Jahren 1955 – 59 die Zahl der regulären Arbeitnehmer in der Gesamtindustrie nur mit Raten zwischen 1% und 4,3% zunahm, wuchs die Zahl der Zeitarbeiter — mit Ausnahme des Jahres 57/58 — zweistellig, in der Spitze mit über 40%; der Anteil der Zeitarbeiter an den Gesamtbeschäftigten stieg demnach kontinuierlich und betrug in den größeren Unternehmen (über 500 Mitarbeiter) 1959 knapp 12%. In einzelnen Unternehmen konnte dieser Wert noch erheblich darüber liegen, bei Toyota waren 1961 42,6% der Beschäftigten Zeitarbeiter; nach Nishiguchi (1994), S. 68 und 99. Toyota ist geradezu ein Paradebeispiel der vorsichtigen Einstellungspolitik, trotz explodierender Nachfrage und Produktion vor allem in den 60er Jahren. Die Quote der produzierten Wagen pro Mitarbeiter hat sich dadurch dramatisch gesteigert: betrug sie 1955 noch vier Wagen pro Stammarbeiter, waren es zu Beginn der 70er Jahre mehr als 40. Erreicht werden konnte dieser enorme Sprung durch einen Mix verschiedener Instrumente: Einsatz von Zeitarbeitern, Outsourcing, längere Arbeitszeiten und Produktivitätsfortschritte, aus denen sich Schritt für Schritt das berühmte Toyota-Produktionssystem entwickelte. Die Dauerbeschäftigung bzw. die Reaktion der Unternehmen auf diese Form der Arbeitsplatzsicherheit, den Produktionsfaktor Arbeit einzuschränken, ist also — vor dem Hintergrund eines stetigen und hohen Wachstums — ein nicht zu unterschätzender Impuls für die Produktivitätsentwieklung der japanischen Industrie in dieser Zeit gewesen. Vgl. Fujimoto (1994a), S. 24 ff.
Von 1967 bis zur ersten Ölkrise liegt das Verhältnis von offenen Stellen zu Stellengesuchen (kyûjin bairitsu) regelmäßig über 1; die Zahl der Arbeislosen ist von über einer Million 1955 auf unter 600.000 im Jahr 1969 zurückgegangen. Aus: Arbeitsministerium, Arbeitsweißbuch (Rôdôshô, Rôdô hakusho), 1996, S. 401 und Amt für allgemeine Angelegenheiten, Jahresbericht der Untersuchung zu den Arbeitskräften, (Sômuchô, Rôdôryoku chôsa nempô), verschiedene Jahrgänge, S. 28 f. In den 60er und Anfang der 70er Jahre liegt der Anteil an den abhängig Beschäftigten, die innerhalb eines Jahre ihren Arbeitgeber gewechselt haben, durchgängig um 5%; nach der Ölkrise fällt er auf unter 4%. Eigene Berechnungen aus: Amt für allgemeine Angelegenheiten, Japans Beschäftigungsstruktur (Sômuchô, Nihon no shûgyô kôzô), 1992, S. 299 und 325. Die letztgenannte Untersuchung wird seit 1982 alle fünf Jahre (vorher: alle drei Jahre) durchgeführt und erfaßt in einer Stichprobenuntersuchung (Stichprobengröße: etwa 370.000 Haushalte) alle japanischen Haushalte. Ein direkter Vergleich dieser Zahlen daher mit anderen Untersuchungen wie der Untersuchung der Beschäftigungstrends, die ihre Daten über Befragungen der Betriebe mit mehr als fünf Mitarbeitern gewinnen, ist daher äußerst problematisch.
S. Anm. 30.
Okazaki (1994), S. 8 ff. kann in einer Untersuchung über den Zusammenhang zwischen Beschäftigungselastizität und Unternehmenserfolg in der Stahlindustrie im Zeitraum von 1967 bis 1992 tatsächlich zeigen, daß diejenigen Unternehmen, die während der ersten Ölkrise eine passive Personalanpassungspolitik verfolgten, langfristig die besseren Werte in Umsatzwachstum und -rentabilität aufweisen.
Interessante Zahlen finden sich dazu in einer Untersuchung des Arbeitsministerium aus dem Jahre 1989. Danach sind im Falle der Gründung einer Tochtergesellschaft für weit über 80% der Großuntenehmen Personal Versetzungen die vornehmliche Form der Personalbeschaffung. Arbeitsministerium, Untersuchung der Lage der industriellen Arbeit (Rôdôshô, Sangyô rôdô jijô chôsa), 1989, S. 114.
Zu den Umstrukturierungsmaßnahmen der Stahlindustrie im einzelnen vgl. Miyazaki S. (1994). Das Ausmaß dieser Bemühungen wird evident, wenn man sich die Zahlen zur Entwicklung der Personalversetzungen (shukkô) in der Stahlindustrie vor Augen hält: betrug der Anteil derjenigen, die in dieser Form in ein anderes Unternehmen versetzt waren, an den Gesamtbeschäftigten in dieser Branche 1970 lediglich 1%, ist er 1993 auf über 25% gestiegen. Ebd., S. 142 f.
Das Arbeitsministerium selbst hat diesen Wechsel der Politik mit folgenden Worten kommentiert: “(…) von der Förderung der Wiederanstellung Arbeitsloser zu einem Denken, das Arbeitslosigkeit schon im vorhinein offensiv zu verhindern trachtet (…)” [“shitsugyôsha no saishûshoku sokushin kara jizen ni sekkyokuteki ni shitsugyô o bôshi shiyô to suru kangaekata e no shifuto dearu”]. Zitiert nach Saguchi (1994), S. 17
Hashimoto M. (1993), S. 155 ff. zeigt, daß sich nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes die Form der Personalanpassung geändert hat: die Bedeutung der Beschäftigungsmenge in diesem Kontext geht zurück, stattdessen treten die Arbeitsstunden in den Vordergrund. Auch Boyer & Juillard (1995), S. 56 ff. können in einer ökonometrischen Analyse (CUSUM-Test) zeigen, daß um das Jahr 1974 herum in der Gleichung der Personalanpassung ein Strukturbruch festzustellen ist; nach der ersten Ölkrise herrscht eine größere Beschäftigungsstabilität.
Hashimoto S. (1992), S. 5 ff.
Boyer & Juillard (1995), S. 25.
Die grundlegenden Überlegungen zur Humankapitaltheorie hat Becker (1962) vorgelegt.
Firmenspezifisches Humankapital kann daher auch als ein Spezialfall der “asset specifity” angesehen werden; dieses Konzept spielt im Rahmen der Transaktionskostentheorie eine hervorragende Rolle; für eine Darstellung der Probleme der Arbeitsorgansiation aus der Sicht des Transaktionskostenansatzes vgl. Williamson (1985), S. 240 – 272.
Die These des unvollkommen Arbeitsmarktes aufgrund von Informationsproblemen ist der Ausgangspunkt der Principal-Agent-Theorie, deren Programm die Untersuchung und Überwindung der Probleme ist, die sich aus einem ungleichen Informationsstand des Principal (z.B. Arbeitgeber) und des Agent (z.B. Arbeitnehmer) ergeben. Die folgenden Ausführungen bauen daher auch auf diesem Ansatz auf, vgl. insbesondere die Arbeiten von Kanemoto und MacLeod.
Fudenberg u.a. (1990) sprechen in diesem Zusammenhang von einem “information lag”, womit der Zeitraum zwischen dem Arbeitseinsatz und dem (bewertbaren) Arbeitsergebnis bezeichnet ist; je komplexer die Arbeitsaufgabe, desto länger dieser information lag und desto vorteilhafter, langfristige Arbeitsverträge einzugehen.
Vgl. Kanemoto & MacLeod (1989), S. 389 f. Hierbei wird auch der Unterschied von Humankapitalinvestitionen zu anderen Elementen des Arbeitseinsatzes sehr deutlich. Die physische Präzens läßt sich z.B. anhand der geleisteten Arbeitsstunden auch für einen Außenstehenden relativ einfach überprüfen, die Einhaltung entsprechender Verpflichtungen des Arbeitnehmers (Wochenarbeitszeit) bzw. des Arbeitgebers (Stundenlohnsatz) sind demgemäß problemlos durchzusetzen.
Vgl. Chuma (1995), S. 33 ff.
Womit diese Situation exakt dem berühmten Gefangenendilemma aus der Spieltheorie entspricht. Die Strategie Humankapitalinvestitionen unternehmen (Arbeitnehmer) und die Strategie Humankapitalinvestitionen kompensieren (Arbeitgeber) werden jeweils von der Gegenstrategie strikt dominiert. Zur Spieltheorie und dem Gefangenendilemma vgl. Fudenberg & Tirole (1991), insb. S. 9–10 u. 110–112.
“(…) skills that are acquired in a learning-by-doing fashion and that are imperfectly transferable across employers have to be embedded in a protective governance structure lest productive values be sacrificed if the employment relation is unwittingly severed.” Williamson (1985), S. 243
Vgl. Kanemoto & MacLeod (1989). Ohne im Einzelnen einen Vergleich verschiedener Lösungsvarianten anzustreben, soll hier kurz eine alternative Lösung, wie sie vielfach in den westlichen Industrieländern praktiziert wird, skizziert werden: das Prinzip, den Lohn an einen bestimmten Arbeitsinhalt, einen “Job” zu koppeln. Dadurch bietet sich dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, im Rahmen seines Jobs den Arbeitsplatz — ohne Einkommensverluste — zu wechseln, womit es dem Unternehmen wiederum unmöglich wird, seine Mitarbeiter als “Geiseln” zu nehmen; die Einhaltung des Vertrages wird mittels der exit-Lösung sichergestellt; vgl. Hirschman (1992). Der Anreiz, Humankapitalinvestitionen durchzuführen, liegt in der Tatsache, daß Jobs, die ein hohes Fähigkeitsprofil erfordern, besser entlohnt werden. Es ist allerdings klar, daß in diesem System in stärkerem Maße Investitionen in allgemeines denn in firmenspezifisches Humankapital gefördert werden, was mit der weitaus bedeutsameren Rolle des externen Arbeitsmarktes zusammenhängt. Zu einem Vergleich USA — Japan siehe Kanemoto & MacLeod (1991).
Damit wird deutlich, daß die Dauerbeschäftigung im untrennbaren Zusammenhang mit dem Lohn- und Beförderungssystem gesehen werden muß, womit sich wiederum die hohe Kohärenz des japanischen Beschäftigungssystems insgesamt offenbart. Zum japanischen Lohn- und Beförderungssystem vgl. den folgenden Abschnitt.
Kanemoto & MacLeod (1989), S. 402.
Vgl. Kanemoto & MacLeod (1992).
In den Worten der Spieltheorie: um die Situation des Gefangenen-Dilemmas (doppelter “moral hazard”) zu überwinden, ist ein wiederholtes Spiel erforderlich, das die Grundlage für die Kooperation zwischen den beiden Spielern schafft. Fudenberg & Tirole (1991), insb. S. 9–10 u. 110–112.
Hashimoto M. (1990) und ders. (1991) geht sogar soweit, die kooperativen und relativ harmonischen Arbeitsbeziehungen als erste Ursache für die intensiven Investitionen in firmenspezifiches Humankapital und mithin für die Effizienz des japanischen Beschäftigungs-systems anzunehmen. Mit Hilfe der Transaktionskostentheorie argumentiert er, daß diese Kosten im Rahmen der harmonischen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung sehr niedrig seien, wodurch weitere Investitionen in diese Beziehung und in Humankapital induziert würden. Die Annahme dieser niedrigen Transaktionskosten in Japan wird jedoch nicht plausibel erklärt, sondern vielmehr a priori vorausgesetzt; damit drängt sich eine kulturelle Erklärung auf, die aber mit Blick auf die Geschichte des japanischen Beschäftigungssystems und seinem Wandel nicht sehr überzeugend ist. Demgegenüber erscheint der hier vertretene Ansatz, die japanischen Arbeitsbeziehungen als Ergebnis eines gegenseitigen Lernprozesses zu interpretieren, schlüssiger.
OECD (1993), S. 136 ff. Hashimoto & Raisan (1989) gelangen nach komplizierten Berechnungen aufgrund der jeweiligen Lohnstatistiken sogar zu einer exakten Bestimmung der Unterschiede in der Intensität der Investitionen in firmenspezifisches Humankapital: japanische Arbeitnehmer in großen Unternehmen investieren zu 118% mehr als amerikanische Arbeitnehmer. Für einen Überblick über die Art der betrieblichen Ausbildung, vor allem der Erstausbildung in Japan vgl. Japan Institute of Labour (Nihon rôdô kenkyû kikô) (1996), Muta (1994) und Izumi (1994). Zu den aktuellen Veränderungen vgl. Amaya (1996).
Diese positive Korrelation zwischen Wachstum und technischem Fortschritt auf der einen, Ausbildungs- und Humankapitalinvestitionen auf der anderen Seite, ist in vielen Studien theoretisch erläutert und empirisch belegt worden, z.B. Higuchi (1991), S. 65 ff., Mincer & Higuchi (1988), S. 98 ff., Okusa & Ota (1991) und (1994) und Ariga u.a. (1992).
Die folgenden Ausführungen gehen weitgehend auf Yashiro & Oishi (1995), S. 41 ff. zurück.
Ebd., S. 43 f. Damit kommen Yashiro & Oishi zu sehr ähnlichen Ergebnissen wie die Studie von Chuma & Higuchi (1995), die die Einflußfaktoren auf die Verteilung lang- und kurzfristig beschäftigter Arbeitnehmer, auf die Humankapitalmenge (Ausbildung) und auf die Lohnkurve untersuchen.
Vgl. z.B auch Dore & Sako (1989), S. 77:”Selection criteria concentrate (…) on demonstrated ability to learn rather than on particular job competences already acquired.”
S. Anm. 18 und 19.
Vgl. Fukao & Otaki (1993).
Vgl. Ogawa (1994), S. 5 ff. oder Saguchi (1994), S. 2 f.
Für eine modelltheoretische Formulierung dieser Argumentation zur Entlassung älterer Mitarbeiter unter der Gültigkeit der Humankapital-These vgl. Carmichael (1983).
Ein weiterer Grund, der zur Vorsicht gegenüber der Lohnkurve mahnt, ist die Tatsache, daß sie nur Durchschnittslöhne zeigt, wodurch — unter der plausiblen Annahme einer zunehmenden Lohnstreuung mit dem Alter — eine nicht geringe Verzerrung in Kauf genommen werden muß. Die Lohnkurve ist daher wohl nur eine “Silhouette”, die nur bedingt Rückschlüsse auf die Realität zuläßt; vgl. Takanashi (1994), S. 93 ff.
Hashimoto & Raisan (1985), S. 731. Zumindestens für Japan ist dieser Wert relativ stabil: setzt man den Lohn der 20–24jährigen Arbeitnehmer mit 100 gleich, wird der Höchstlohn in der Altersspanne 50–54 Jahre mit 251 Punkten erreicht (1993, männliche Arbeitnehmer in Großunternehmen); aus: Arbeitsministerium, Lohnzensus I (Rôdôshô, Chingin Sensasu I) (1994), S. 39.
Vgl. z.B. Mincer & Higuchi (1988), S. 102 ff., Koike (1991a), S. 19 ff. oder Chuma (1994b), S. 199 ff.
Alle Zahlen a.a.O., S. 210–211. Legt man nicht die Zahl der Großunternehmen zugrunde, sondern die Anzahl der Arbeitnehmer, für die das jeweilige Lohnsystem gilt, fallen sogar nur 3% der Arbeitnehmer unter das System des reinen Personallohns (ebd., S. 218–219). Erstaunlich ist im übrigen, daß auch die entsprechenden Werte für Kleinunternehmen (unter 100 Mitarbeiter) nicht viel höher ausfallen: 7,5% der Unternehmen und 8% der Arbeitnehmer (ebd., S. 214–215 und S. 222–223).
Bei den restlichen knapp 15% der Unternehmen überschreitet keiner der genannten Lohnbestandteile die 50%-Marke (Großunternehmen). A.a.O., S. 226. Bei Kleinunternehmen kommt dem Aufgabenlohn immerhin eine etwas größere Rolle zu, etwas über 20% der Unternehmen fußen ihre Lohnbemessung zu über 50% auf ihn (ebd., S. 230).
Tatsächlich entspricht dieser Grundlohn nur etwa 70% des ausgezahlten Monatslohnes, die übrigen Bestandteile sind Überstundenzuschläge (knapp 15%) und weitere Zuschläge, von denen die wichtigsten Familien- oder Wohn- (knapp 6%), Pendel- (ca. 2%), Positionszuschläge (ca. 2,5%) und erfolgsabhängige Zuschläge (knapp 2%) sind. Es versteht sich, daß diese Angaben Durchschnittswerte sind und je nach Familienstand oder Position des betreffenden Arbeitnehmers beträchtlich variieren können. Zahlen beziehen sich auf Großunternehmen. Aus: Arbeitsministerium, Generaluntersuchung der Lohn- und Arbeitszeitsysteme (Rôdôshô, Chingin rôdô jikan seido tô sôgô chôsa hôkoku), 1991, S. 154–155.
Da es aufgrund der großen Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen wenig sinnvoll erscheint, einzelne Fälle zu untersuchen, bezieht sich die folgende Diskussion weitgehend auf die Ausführungen des Arbeitsministeriums zum Modellohn. Vgl. Arbeitsministerium (Rôdôshô) (1994a), S. 81 ff.
Arbeitsministerium (Rôdôshô) (1994a), S. 90; vgl. auch Takagi (1994), S. 85 f.
Dies kann, muß aber nicht mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit identisch sein; im Rahmen des Qualifikationslohnes werden auch die Jahre außerhalb der jetzigen Firma positiv berücksichtigt, wenn auch nicht in dem Maße wie bei einer durchgehenden Anstellung im selben Unternehmen. Vgl. dazu Koike (1994), S. 50 und Inoki (1994).
Nach einer Untersuchung des Arbeitsministeriums haben weit über 80% der Großunternehmen das System der Qualifikationsränge eingeführt. Aus: Arbeitsministerium, Untersuchung zum Personalmanagement (Rôdôshô, Koyô kanri chôsa), 1990, S. 72.
Nach Koike (1994), S. 35 ff. und ders. (1991), S. 65 ff. könnte man dieses Kriterium auch als Problembewältigungskapazität oder Reaktionsfähigkeit auf unvorhergesehene Vorfälle (“unusual Operations”) bezeichnen.
Okazaki-Ward (1993), S. 192.
Auch wenn die Wirkungsweise und Logik dieser Hierarchiedopplung erst im folgenden Unterabschnitt ausführlich dargestellt werden soll, sei an dieser Stelle schon auf eine soziale Funktion dieser Einrichtung hingewiesen: mit den Qualifikationsrängen werden auch künstliche Statusunterschiede geschaffen, die gerade im Falle der Nicht-(Vertikal-)Beförderung den möglichen Selbstwertverlust kompensieren helfen. So hat zum Beispiel auch Toyota bei seiner Reorganisation, die zu eine Verflachung der Hierarchie und einem Wegfall zahlreicher Positionen führte, die Qualifikationshierarchie nicht angetastet, wodurch es möglich war, ehemalige Vorgesetzte von ihren jetzt — prinzipiell — gleichgestellten Mitarbeitern durch einen höheren Rang abzuheben. Vgl. Ito (1994), S. 236 f. und zu Toyota: Nishida (1990), S. 4 ff.
Über 90% der Großunternehmen, die über ein System der Qualifikationshierarchie verfügen, haben auch entsprechende Beförderungskriterien festgesetzt. Aus: Arbeitsministerium, Untersuchung zum Personalmanagement (Rôdôshô, Koyô kanri chôsa), 1990, S. 76–77.
Ausführlich zur Rolle der Personalbewertung im japanischen Unternehmen vgl. Endo (1994a) und Okazaki-Ward (1993), S. 192 ff.
Vgl. z.B. Ito (1994), ders. (1992) oder Nakatani (1993), S. 27. Im Gegensatz zu den USA (“fast track”) spricht Prendergast (1992) mit Bezug auf Japan von einem “late track”.
S. z.B. Koike (1991a), Tomita (1992), Abe T. (1995) oder Japan Institute of Labour (Nihon Rôdô Kenkyû Kikô) (1994a). Auch wenn die Arbeitnehmer daher bis etwa zu ihrem 30. Lebensjahr im Unternehmen gleich behandelt werden (und 90% der Betroffenen selbst dies auch so empfindet), weiß doch auf der anderen Seite schon etwa die Hälfte der Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt über die eigenen Karrierechancen Bescheid; vgl. Kobayashi (1995), S. 92 ff.
Tomita (1992), S. 54 ff.
Zu dieser Dreiteilung der Karrierestruktur vgl. Hirata & Imada (1995) und Japan Institute of Labour (Nihon Rôdô Kenkyû Kikô) (1994a), S. 35 ff.
Zur Funktion der Senioritätsregel als “screening”-Mechanismus vgl. Ariga u.a. (1992), S. 453 ff.
Aus: Arbeitsministerium, Untersuchung zum Personalmanagement (Rôdôshô, Koyô kanri chôsa), 1993, S. 21.
In über 90% der Großunternehmen; je kleiner das Unternehmen jedoch, desto stärker die Tendenz, ein jüngeres Pensionsalter festzulegen — oder gänzlich von dem System der verbindlichen Altersgrenze abzurücken. A.a.O., S. 21 ff.
Aufgrund der oft nur unzureichenden Renten- und Pensionszahlungen ist diese Form der Weiterbeschäftigung in der japanischen Wirtschaft weit verbreitet. Viele Unternehmen betreiben daher ein regelrechtes Outplacement ihrer älteren Mitarbeiter; Aussicht auf eine relativ gut bezahlte “Altersstelle” mag daher auch für viele ältere Mitarbeiter ein zusätzlicher Motivationsgrund sein; vgl. Rebick (1995). Zur allgemeinen Einordnung des Systems der “Zwangspensionierung” in das Lohn- und Beförderungssystem japanischer Unternehmen vgl. den übernächsten Abschnitt zur ökonomischen Rationalität.
Zahlen für 1993 und Hochschulabolventen (Gesamtindustrie), aus: Arbeitsministerium, Lohnzensus I (Rôdôshô, Chingin sensasu) 1993, S. 43.
Vgl. Chuma (1994b), S. 227 ff.
Vgl. Odaka (1993), S. 156 ff.
A.a.O., S. 163 ff. und Nishinarita (1995), S. 17 f.
Arbeitsminsterium (Rôdôshô) (1994b), S. 9.
A.a.O., S. 8. Vgl. auch Gordon (1985), S. 351 ff.
Zur Kritik am Senioritätsprinzip unter dem Aspekt des Pensionsalters vgl. den Bericht der Lohnforschungsgruppe (chingin kenkyukai) beim Arbeitsministerium aus dem Jahre 1972, in: Arbeitsministerium (Rôdôshô) (1994b), S. 38 ff.
Vgl. Hiranuma (1994), S. 162 f nd Arbeitsministerium (Rôdôshô) (1994a), S. 76.
Nikkeiren (1969).
Diesen dynamischen Entwicklungsprozeß hat wohl das Arbeitsministerium (Rôdôshô) (1994a), S. 73 – 74 vor Augen, wenn es den japanischen Lohn als “Mitarbeiter-Wachstums-Lohn” (shain seichô kyû) charakterisiert.
Vgl. Nitta (1993), S. 29 ff. oder Kamii (1993), S. 69 ff. In Abgrenzung zum “amerikanischen” Aufgabenlohn findet sich daher beim Qualifikationslohn oder Fähigkeitsprinzip oft das Epitheton “japanisch”.
Zum Charakter des Fähigkeitsprinzips als Instrument der Lohnkostensenkung vgl. Takahashi (1992), S. 21 oder Sekine (1994), S. 127 ff.
Vgl. Takahashi (1992), S. 17 f.
Viele Großunternehmen versuchen daher diese Trägheit ihrer Beschäftigungsstrukturen durch die Gründung von Tochterunternehmen zu umgehen. Ariga u.a. (1992), S. 466 f.
Sanwa Forschungsinstitut (Sanwa sôgô kenkyûjo) (1995). Befragt wurden 2000 Großunternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern, die Rücklaufquote betrug 26,3%.
Auf der Abteilungsebene führen 77,3% der Unternehmen eine relative Bewertung durch, die endgültige Abstimmung durch die Personalabteilung ist in 85,3% der Fälle eine relative Bewertung. Ebd., S. 8.
A.a.O., 12. Insgesamt zu den Problemen des Qualifikationsrangsystems ausführlich Yashiro A. (1996), S. 13 ff.
vgl. Takahashi (1992), S. 16 f. oder Takanashi (1994), S. 100 ff.
Fujimura (1995), S. 57 f. beispielsweise greift die fehlende Transparenz der Personal-bewertung und das autokratische Gebaren der Personalabteilungen an, die die eigenverantworliche Entwicklung der Mitarbeiter unmöglich machen. Die Untersuchung des Sanwa Forschungsinstituts (Sanwa sogo kenkyujo) (1995), S. 41 kommt bei der Frage, ob die Bewertungsergebnisse dem Betroffenen mitgeteilt werden, zu dem Ergebnis, daß 45,4% der befragten Unternehmen grundsätzlich keine Informationen weitergeben. Eine Studie des Verbandes der Industrien der Chubu-Region (Chûbu sangyô renmei) (1993), S. 19 f. über das japanische Lohnsystem moniert die fehlende Stringenz und unzureichende Einbindung von Fortbildungsmaßnahmen, Karriereplanungen etc. in das Gesamtsystem und kommt zu dem Schluß, daß in vielen Unternehmen der “Qualifikationsranglohn nach Art der Seniorität” (nenkô joretsu kata shokunô shikaku kyû) vorherrscht. Ebenso urteilt auch Sekine (1994), S 127.
Wakita (1993a), S. 21.Vgl. auch ders. (1993b).
Über die Reputation wird zudem ein Ausgleich zum relativ großen Spielraum des Unternehmens hinsichtlich Lohn- und Beförderungsentscheidungen innerhalb der japanischen Arbeitsbeziehungen geschaffen. Nur solange das betreffende Unternehmen bei seinen Mitarbeitern und seiner Gewerkschaft in dem Ansehen steht, die gegebenen Lohnversprechen auch einzuhalten und Ausbildungsanstrengungen wie Arbeitsleistungen angemessen zu kompensieren, wird die diskretionäre Entscheidungsfreiheit des Unternehmens nicht in Frage gezogen; vgl. Kanemoto & MacLeod (1992), S. 152 ff.
Verband der Industrien der Chubu-Region (Chûbu sangyô renmei) (1993), S. 26 f. Es erscheint plausibel, bei den etwa 30% der Großunternehmen, die ihren Modellohn nicht veröffentlichen, davon auszugehen, daß zumindestens die Gewerkschaft als entscheidende Kontrollinstanz über die Richtlinien der Lohn- und Beförderungspolitik in diesen Unternehmen informiert ist.
Kanemoto & MacLeod (1989), S. 391 ff. Wobei natürlich alle Mitarbeiter nur die Stammbeschäftigten einschließt.
Zum “tournament”-Modell vgl. Malcomson (1984).
Einer Umfrage des Japan Institute of Labour (Nihon rôdô kenkyû kikô) (1995b), S. 146 unter den Unternehmen der ersten Sektion der Tokyoter Börse (Rücklauf: 146 Antworten) zufolge ist dieses nachträgliche Überholen in der Karriere bei 72,4% der befragten Unternehmen übliche Praxis.
Dabei spielt die Aussicht auf Beförderung die Hauptrolle; für Ariga u.a. (1992), S. 466) ist die Beförderung im japanischen Unternehmen der “key incentive mechanism”. Ähnlich auch Ito (1994).
Die Humankapitaltheorie zur Lohnkurve geht — wie bereits erwähnt — auf Becker (1962) zurück, für Japan vor allem von Hashimoto, z.B. Hashimoto M. (1990), vehement vertreten. Die Anreiz-Theorie (auch “shirking”-Modell) ist erstmals von Lazear (1979) und ders. (1981) entwickelt worden, womit er das Phänomen der Zwangspensionierung erklärt, die aus einer langfristigen Lohnvereinbarung, nach der junge Arbeitnehmer unter, ältere Arbeitnehmer jedoch über ihrer Grenzproduktivität entlohnt werden, resultiert. Aus der Divergenz zwischen Lohn und Produktivität ergibt sich ein festgesetzter Pensionszeitpunkt, an dem beide Größen über das ganze Arbeitsleben hinweg betrachtet exakt im Gleichgewicht sind. Der Vorteil dieser Lohngestaltung liegt in den Anreizen zum Arbeitseinsatz und zur Weiterbildung, die dadurch gegeben werden.
Weitere Erklärungsansätze, mit denen die steigende Lohnkurve als Ergebnis impliziter Verträge (“implicit contract”) begründet werden, sind die Modelle von Harris & Holmstrom (1982) oder von Salop & Salop (1976), die gegenüber der Anreiz-Funktion (und steigender Produktivität) die Bedeutung der Information hervorheben: besseres Wissen über die Fähigkeiten der Mitarbeiter im Zeitverlauf und ihre Auswahl führen aggregiert zu dem Bild einer steigenden Lohnkurve. Ono (1989) wiederum sieht in der Sicherung der Lebenshaltungskosten das Hauptargument für einen Senioritätslohn.
Nach der Humankapitaltheorie entwickeln sich Lohn und Arbeitsproduktivität synchron, d.h. Lohn Steigerungen sind Ausdruck zunehmender Produktivität, womit sich Lohn und Arbeitsproduktivität zu jedem Zeitpunkt des Arbeitslebens im Einklang befinden. Nach der Anreiztheorie gilt dies jedoch nur für das gesamte Arbeitsleben, zu einzelnen Zeitpunkten im Arbeitsleben ergeben sich Differenzen zwischen Lohn und Arbeitsproduktivität (vgl. Anm. 131).
Ito & Teruyama (1995), S. 140 ff. können auch mit Hilfe einer Regressionsanalyse eines Datensatzes aus einer Befragung von 2.100 Angestellten aus fünf Großunternehmen (Rücklaufquote: 86,5%) zu keiner eindeutigen Bestätigung einer der Thesen kommen. Die Schwierigkeit liegt dabei in der Unmöglichkeit, auch in der direkten Befragung der Arbeitnehmer un verzerrte Aussagen zur Fähigkeit (Produktivität) zu erlangen.
Vgl. Ito (1992), S. 208 ff.
Prendergast (1992), S. 209. Auf der anderen Seite wirkt diese Delegation auf untere Ebenen wiederum motivierend. Aufgrund des Senioritätsprinzips müssen die Vorgesetzten auch nicht befürchten, durch die Abgabe von Aufgaben und durch die Ausbildung ihrer Untergebenen ihre eigene Position zu gefährden; vgl. Ariga u.a. (1992), S. 453 ff.
Vgl Prendergast (1992), S. 218 ff. Auf der anderen Seite verlassen Mitarbeiter, die sich den Anforderungen des Unternehmens als nicht gewachen oder in seine spezifische Unternehmenskultur als nicht einpassungsfähig erweisen, in der Regel schon früh wieder das Unternehmen. Die Gefahr, daß Mitarbeiter unter dem Senioritätsprinzip aus mangelnder Einsatzbereitschaft, als Trittbrettfahrer im Team, ihre Fertigkeiten nicht verbessern, ist daher vergleichsweise gering.
Lediglich während der Hochwachstumsphase — vor dem Hintergrund des durch umfangreiche Investitionen forcierten technischen Fortschritts und des niedrigen Pensionsalters von 55 Jahren — waren auch Investitionen in das Humankapital älterer Mitarbeiter erforderlich, wodurch die strikte Anwendung des Senioritätsgedankens auch für diese Mitarbeitergruppe erklärlich wird. Vgl. dazu auch Okusa & Ota (1994), S. 201: “(…) the steep wage-tenure profile in Japan is the result of large-scale investment (especially machinery investment) in high-growth periods.”.
Dabei ist die weitgehende Durchsetzung des Fähigkeitsprinzips im Rahmen der Qualifikationsränge auch für eine Eigenschaft des japanischen Beschäftigungssystems mitverantwortlich, die im Zentrum der Kritik steht: die überlangen Arbeitszeiten und die Häufigkeit von unbezahlten Überstunden. Denn die Schwierigkeiten einer objektiven Personalbewertung führen dazu, daß vor allem der Ersatzvariablen Arbeitszeit große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Vgl. dazu auch Mitani (1995).
Vgl. Brunello u.a. (1995), insb. S. 126 f. Auf der anderen Seite beeinflußt die niedrigere Rate des Beschäftigungswachtums die Wahrscheinlichkeit der Beförderung für junge Arbeitnehmer negativ, was sich im übrigen auch in dem gestiegenen Durchschnittsalter je Rang niederschlägt; vgl. Ariga u.a. (1992), S. 451 f. Nimmt man diese Tatsache einer strengeren Selektion zur Beförderung als Beweis für eine konsequentere Umsetzung des Fähigkeitsgedankens, wird deutlich, daß die Umgestaltung des Lohn- und Beförderungssystems der japanischen Unternehmen eine “Generationenaufgabe” ist.
Dieser Trend läßt sich auch an der flacher werdenden Lohnkurve ablesen. Clark & Ogawa (1992) zeigen beispielsweise, daß in der ersten Hälfte der 80er Jahre ein höheres Pensionsalter zu einer Abflachung der Lohnkurve geführt hat.
Hart & Kawasaki (1995), S. 242.
Ohashi (1989).
Hashimoto M. (1979). In einem weiteren Schritt erklärt Hashimoto den hohen Anteil der Boni an den gesamten Lohnzahlungen mit dem niedrigeren Transaktionskosten im Bereich der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen in Japan, d.h. in Japan kann ein hoher Anteil dieser Erträge an die Arbeitnehmer ausgeschüttet werden, da es nur geringe Reibungsverluste im Rahmen der Evaluierung der Arbeitsproduktivität oder des Informationsaustausches in japanischen Unternehmen gibt. Ausführlich zu diesem Zusammenhang von Transaktionskosten und Produktivität: ders. (1990); s. a. Anm. 69.
Weitzman, (1984). Das japanische Bonussystem ist mithin eine Realisation der von Weitzman propagierten “share economy”. Es sei aber darauf hingewiesen, daß auch in Japan nur wenige Unternehmen eine explizite Verknüpfung von Bonus und Unternehmensgewinnen herstellen; vgl. OECD (1995). In der Regel entscheidet eine Vielzahl von Variablen — ähnlich dem Verfahren zur Bestimmung des normalen Lohns — über die jeweilige Höhe der Bonuszahlungen.
Hart & Kawasaki (1995).
Teruyama (1992).
Vgl. OECD (1995).
Das japanische Beschäftigungssystem ist in diesem Sinne zum Beispiel die Voraussetzung des viel beachteten japanischen Produktionssystems, des Toyotismus. Vgl. dazu u.a. Mine (1994), Suzuki (1994), Kenney & Florida (1993) oder Cole (1989).
Zu dieser in der Literatur weit verbreiteten Sichtweise hier nur einige Vertreter: Nach Noguchi (1995a), S. 7 ist das japanische Unternehmen “weniger eine Organisation zur Verfolgung des Profits der Aktionäre als vielmehr eine Organisation des gemeinsamen Gewinns der Mitarbeiter” (“kabunushi no tame no rijun tsuikyû no soshiki to iu yori wa, mushiro, jûgyôin no kyôdô ri’eki no tame no soshiki”). Blinder (1993), S. 238 spricht in seiner Analyse des Wettbewerbsverhaltens japanischer Unternehmen von der “inclusion of employee welfare in the objective function”. Ähnlich argumentieren auch Komiya (1988), S. 64, der japanische Unternehmen in die Nähe von durch die Arbeitnehmer kontrollierter Firmen rückt, und Itami (1987), der von humanistischen Unternehmen spricht.
Vgl. Dore (1973) und Lincoln & Kalleberg (1990).
Lincoln & Kalleberg (1990), S. 22.
Ebd., S. 248 ff.
Allerdings bedeutet dies nicht, daß nicht-japanische Unternehmen nicht auch um die Vorteile loyaler und motivierter Mitarbeiter wüßten. Eine Studie erfolgreicher, in der Mehrzahl amerikanischer Unternehmen zeigt nämlich, daß diesen weniger innovative Managementmethoden als vielmehr die Herausbildung einer “core ideology” und ein “cult-like character” gemeinsam seien. Collins & Porras (1996). 153 Damit wird natürlich die Gültigkeit einer zentrale These des “welfare corporatism”, nach der durch Kooperation und Partizipation Gemeinschaft im Unternehmen entsteht, für japanische Unternehmen wieder in Frage gestellt. In seiner exzellenten Studie zum japanischen Produktionssystem hat Suzuki (1994), insb. S. 133 ff. allerdings bereits vehement Kritik an den Arbeiten von Dore und Lincoln & Kaileberg geübt, gerade in diesem Bereich sei die hohe Arbeitsmoral auch auf Zwangselemente zurückzuführen. Ähnlich argumentiert auch Saruta (1993), S. 102 der sogar soweit geht, zu sagen, daß die “internationale Wettbewerbsfähigkeit Toyotas (…) auf dem Opfer der Arbeiter basiert” (“toyota no kokusai kyôsôryoku ga (…) rôdôsha no gisei ue ni naritatte iru”). Nahezu zynisch ist Yamamoto (1994), S. 36, der in japanischen Fabriken “human machines” am Werk sieht (im Gegensatz zu den “human beings” in nicht-japanischen Fabriken). Vgl. dazu auch die Darstellung der Diskussion über den Toyotismus in Holzhausen (1994), S. 15 ff.
Vgl. Ariga u.a. (1992), S. 463 ff. und Aoki (1988), S. 164 ff.
Ergebnis dieser Beschäftigungspolitik ist, daß japanische Unternehmen im Vergleich zu deutschen sowohl ein wesentlich höheres Sachanlagevermögen je Arbeitsplatz als auch einen wesentlich höheren Umsatz je Beschäftigten aufweisen. Albach & Moerke (1996), S. 23 ff.
Konno (1995), S. 3 ff.
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Holzhausen, A. (1998). Das japanische Beschäftigungssystem. In: Das japanische Beschäftigungssystem in der Krise. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92346-2_2
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