Zusammenfassung
Im Rahmen einer selbstreflexiven Vergewisserung der erwachsenentypischen Lernformen und Bildungsmöglichkeiten stellen sich für die Weiterbildung, die unter anderem auch die Aufgabe erfillt, Wissenschaftswissen zu verbreiten oder gar zu popularisieren, Fragen wie die folgenden: Sind die Sozialwissenschaften, aber auch die Vermittlungsinstanzen auf die Nachfrage nach sozialwissenschaftlichen Orientierungen und Hilfen für die Lösung sozialer Sinnprobleme beziehungsweise gesellschaftlicher und psychischer Folgeprobleme des technologischen Wandels adäquat vorbereitet? Sind die möglichen berufspraktischen, anwendungsorientierten Umsetzungskonzeptionen sozialwissenschaftlicher Konstruktionen auch gesättigt mit einer präzisen Vorstellung davon, was die Struktur sozialen Wissens überhaupt ausmacht? Reflexivität und kritische Rationalität sind heute in der Gestalt der Wissenschaften selbst institutionalisiert. Wissenschaftswissen ist gewissermaßen zum Paradigma von Rationalität und Reflexivität geworden. Die prinzipielle Widerrufbarkeit aller Aussagen gehört unter anderem zum Konsensus der modernen Wissenschaften. Doch hat sich die in der Wissenschaft institutionalisierte Reflexion damit gegenüber ihren eigentlichen Zielsetzungen entscheidend und folgenreich verselbständigt: „Die Wissenschaften haben ihren Anspruch aufgegeben, unmittelbar Handlungsanweisungen geben zu können, und haben sich auf die reine Deskription zurückgezogen, die im Hinblick auf Handlungsmotive kritisch und neutral bleibt. Damit vermag die Wissenschaft nicht nur keine Handlungsorientierung zu geben; sondern sie trägt auch noch zur Auflösung der Leitbilder [...] bei“ (Weingart 1981, 208). Gemeint ist damit, daß Probleme der privaten und beruflichen Handlungspraxis zunehmend in den Kategorien der Wissenschaft selbst definiert und auf diese Weise den noch stark handlungsorientierenden Mechanismen der traditionellen Institutionen entzogen werden. Weingart verdeutlicht dies am Beispiel der Curriculum-Theorie. „Die Theorie und Konstruktion von Curricula zielt darauf ab, nicht nur die Berufsfelder zu reproduzieren und zu simulieren, sondern reicht inzwischen in nahezu alle Lebensbereiche hinein wie die Familie, die Religion, die politische Par-niger, als daß die selektive Funktion von Tradition und Erfahrung graduell durch systematisches Wissen ersetzt wird“ (a.a.O., 209; vgl. auch Cherns 1979).
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© 1999 Leske + Budrich, Opladen
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Dewe, B. (1999). Das Lernen Erwachsener als eigenwillige Handlungsform des Umgangs mit Wissensangeboten. In: Lernen zwischen Vergewisserung und Ungewißheit. Studien zur Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung, vol 14. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91423-1_10
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-2185-4
Online ISBN: 978-3-322-91423-1
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