Zusammenfassung
Gefängnisse sind Orte, von denen wir alle wissen, daß sie verschiedene unangenehme Eigenschaften aufweisen. Einige der ersten Vorstellungen, die einem in den Sinn kommen, wenn man an Strafvollzugsanstalten denkt, sind wahrscheinlich diejenigen der Einschließung und der Absonderung. Doch was ‘dort’ auch noch geschieht und insbesondere, welche “Mikrophysik der Macht” (Foucault 1976) im Anschlag ist, erfährt man natürlich nur, wenn man sich dem Treiben dort genauer zuwenden kann — oder, fatalerweise, muß. Das Personal und die Insassen in einem großen schweizerischen Gefängnis verfügen als Mitglieder der Anstaltskultur über ein mannigfaltiges Wissen um Praktiken, wie man Insassen “fertigmachen” kann. Das heißt nun nicht, daß diese Praktiken besonders häufig anzutreffen sind, noch daß sie einfach zu beobachten wären, oder daß sie ausnahmslos gegen jeden Insassen eingesetzt würden. Doch sie kommen vor, und sie stützen sich auf ein bestimmtes Wissen. Anhand einer auszugsweisen Rekonstruktion dieses Wissens und eines kleinen, beobachteten Vorfalls wird eine Deutung des Vorgefundenen vorgenommen. Abschließend wird nach dem Substrat dessen gefragt, was in dieser Kultur aus der Insassenperspektive alltagssprachlich einen Aufseher als “Experten” erscheinen läßt. Dabei zeigt sich, daß umgangssprachlich der Begriff des Experten relativ diffus und unpräzise ist, aber mit gutem Grund eingeführt wird.
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Literatur
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Maeder, C. (1994). Vom Fertigmachen. In: Hitzler, R., Honer, A., Maeder, C. (eds) Expertenwissen. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90633-5_11
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