Skip to main content

Arbeit und Beruf in den Lebenskonzepten von Jugendlichen

  • Chapter
Jugend: Arbeit und Identität

Zusammenfassung

Wir wechseln jetzt die Betrachtungsperspektive. Anders als bei der Analyse der Ansprüche an Arbeit bilden nicht die Auseinandersetzungen mit der konkreten betrieblichen Tätigkeit den zentralen Bezugspunkt für die Beantwortung der Frage nach der Bedeutung von Arbeit und Beruf in den Lebenskonzepten Jugendlicher, sondern jene inneren Aushandlungsprozesse, in denen Jugendliche ihre Bedürfnisse und Interessen in den unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, gewichten und mit ihren äußeren Bedingungen in Beziehung setzen, um zu Handlungsperspektiven für ihr Leben und zu einer Planung ihrer Zeit zu gelangen. Welche Bedeutung sie der von ihnen zum Lebensunterhalt zu leistenden Erwerbsarbeit in diesem langen Prozeß beimessen, ist der Gegenstand des folgenden Kapitels.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 54.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Anmerkungen Kapitel 3

  1. Die Hauptgründe hierfür müssen in der zunehmenden Zersplitterung einer einheitlichen Lebenswelt in viele unverbundene Teilwelten, der ihr entsprechenden Rollendiffusion und in einem Aufweichen altersstufenspezifischer Erfahrungskonstellationen liegen. Wir können auf diese — wie uns scheint, in der Krise sich weiter zuspitzenden — Probleme der Zerstörung von Entwicklungslogik nur hinweisen; sie aber hier nicht noch einmal abhandeln (siehe Kapitell.3.). Vgl. dazu etwa Habermas (1981).

    Google Scholar 

  2. Die Herausfilterung von Lebenskonzepten wird durch die spezifische thematische Akzentuierung der Gespräche verkompliziert. Der Schwerpunkt der Gespräche lag auf der Schilderung von berufs- und arbeitsbiographischen Erfahrungen im jeweiligen Lebenszusammenhang der Jugendlichen, hierauf richtete sich ihr Augenmerk und ihr Assoziationshorizont durch die Eingangsfragen („was sich in ihrem Leben seit der Schule verändert habe“). Die Folge davon war, daß sie den Lebenszusammenhang und ihre bisherigen Lebenserfahrungen stärker von den berufsbiographischen Ereignissen her beleuchteten als wenn sie frei über ihr Leben assoziiert hätten. Der Vorzug dieser Akzentuierung liegt zweifelsohne in der hohen Verbindlichkeit der geschilderten Vorstellungen, der Nachteil in der weniger intensiven Tiefenausleuchtung der Lebensperspektiven außerhalb der Arbeit. Zwar kommen sie auch an verschiedenen anderen Stellen des Gesprächs zur Sprache — so etwa in der Aufforderung zu schildern, wie sie sich ihre eigene Zukunft in zehn Jahren vorstellten —, insgesamt aber wäre es vielleicht richtiger, von dem Stellenwert der Arbeit in den Lebensperspektiven als „im Lebenskonzept“ zu sprechen.

    Google Scholar 

  3. Ursprünglich batten wir eine Dreiergraduierung der Lebenskonzepte nach dem Kriterium ihrer Strukturiertheit: 1. die klar elaborierten, fast möchte man sagen bereits endgültigen Lebenskonzepte, die wir bei einem Sechstel (16 %) unserer Untersuchungsgruppe und vor allem bei jungen Frauen antrafen; 2. die Hauptgruppe von vier Fünftel, bei denen die Perspektiven eines Lebenskonzepts erkennbar sind, die aber (noch) nicht zu einem klaren Konzept integriert erscheinen, deren innere Besetzung und Gewichtungen deutlich genug sind, um die Konturen eines Lebenskonzepts sichtbar werden zu lassen; 3. schließlich die kleine Gruppe von 5 %, die noch sehr stark in adoleszenten Größenphantasien befangen sind, stimmungsmäßig extrem hin- und herschwanken und ihre psychische Hauptenergie auf die Auseinandersetzung mit ihren Eltern in Form negativer Abgrenzung verwenden. In der weiteren Darstellung der Lebenskonzepte fassen wir die beiden ersten Gruppen zusammen, die letzte verfolgen wir nicht weiter, wollen aber eine kurze Charakterisierung von ihr geben: Die hier skizzierte Gruppe von Jugendlichen ohne strukturierte Lebensperspektive bestätigt nicht die These zunehmender Orientierungslosigkeit der Jugend. So, wie sie sich artikulieren, resultieren ihre Strukturierungsschwierigkeiten nicht aus einem Zuviel an äußeren Einflüssen, sondern eher aus einer gewissen Entwicklungsverspätung. Sie erscheinen als ganz normale Adoleszenten, die im Vergleich mit ihren Altersgenossen in unserem Sample größere Probleme haben, sich von ihren Eltern innerlich (und äußerlich) zu lösen und für ihr eigenes Leben bereits verbindliche Festlegungen im Sinne selbstverantworteter Entscheidungen zu treffen (daß sie gleichwohl Festlegungen erfahren, das ahnen sie, versuchen es aber zu verdrangen). Sie sind aber durchaus in der Lage, zu einzelnen Sachverhalten ihres Lebens und ihrer Arbeit Urteile abzugeben. In vielen Punkten ihres Lebensalltags und ihrer Bewertungen stehen viele von ihnen dem Typ des Jugendlichen mit freizeitorientiertem Lebenskonzept nahe.

    Google Scholar 

  4. Einen denkbaren Schwerpunkt im Bereich sozialen und politischen Engagements haben wir nicht angetroffen.

    Google Scholar 

  5. Aus einer theoretischen Perspektive enthält unsere Frage nach der inneren Besetzung / nach dem Verhältnis von unterschiedlichen Lebensbereichen sowie deren innere Integration durch die vorgenommenen Bedeutungszuweisungen der Jugendlichen diese psychodynamische Dimension. Allerdings bewegen wir uns sowohl von unserer Fragestellung als auch von unserer gesamten Methodik her nicht auf dieser Ebene, sondern auf einer interaktionistischen und reflexiven. Zwar lassen sich in den Erzählungen der Jugendlichen einzelne Aspekte durchaus auf eine psychodynamische Dimension — als mogliche Lesart — beziehen, systematisch erfaßt werden konnte sie mit unserer Form des themenzentrierten Intensivinterviews nicht.

    Google Scholar 

  6. Zudem darf man im Zusammenhang des Stellenwerts von Arbeit nicht übersehen, daß sich die Auseinandersetzung mit Arbeit und Beruf bei den Frauen auch unter anderen politischen Vorzeichen und anderen gesellschaftlichen Entwicklungslinien abspielt als für junge Männer. Daß die Perspektive auf Erwerbsarbeit für Manner zumindest eine lebenslange Kontinuität darstellt, war bislang eine ausgemachte Sache und ist bis heute kaum ernsthaft in Zweifel gezogen. Für Frauen hingegen steht Erwerbsarbeit immer noch in der nicht auszuklammernden Beziehung auf Familie und hinsichtlich gebotener Identifikationspotentiale in Konkurrenz zur familialen Rolle. Zwar ist das traditionelle Rollenverständnis von Frauen im Zuge der neueren breiten Frauenemanzipationsbewegung aufgebrochen; dies aber erhöht möglicherweise vorerst die Ambivalenz und den Druck auf die weiblichen Jugendlichen bei ihrer inneren Festlegung der Bedeutung von Arbeit.

    Google Scholar 

  7. Zieht man in Betracht, daß wir durch die gezielte Auswahl der Punker-Gruppe zudem von der Sample-Konstruktioh her eine Gruppe vertreten haben, bei der per definitionem eine überproportional hohe Repräsentanz von Jugendlichen mit einer Freizeitorientierung wahrscheinlich war — und dies sich auch mit fast 50 % bestätigt hat —, dann stellen die 16 % dieses Lebenskonzepts, auf die Gesamtheit der Jugendlichen bezogen, eher einen überhöhten als einen zu niedrigen Anteil dar.

    Google Scholar 

  8. Bei den Jugendlichen, die glatt durch die Krise gekommen sind, ist der Anteil derjenigen, die offensiv auf ihre berufliche Zukunft im Sinne des Ausbaus der erreichten beruflichen Position oder eines grundsätzlichen Neuanfangs reagieren, fast doppelt so hoch (38 %) wie bei den an der Krise Gescheiterten (21 %), bei denen mit Abstand am häufigsten überhaupt keine die schlechte Gegenwart übersteigende Zukunftsvorstellung erkennbar ist (gilt für 40 %). Da junge Frauen häufiger (37 %) als junge Männer gescheitert sind, überrascht es nicht, daß die jungen Frauen häufiger mit Skepsis in ihre eigene berufliche Zukunft blicken als ihre männlichen Altersgenossen.

    Google Scholar 

  9. Eine Ausnahme hiervon bildet nur jene kleine Gruppe von Jugendlichen, die schnell und häufig unter Anleitung der Eltern zu einer Second-best-Lösung bei der Berufswahl gegriffen hat (vgl. Kapitel 2.2).

    Google Scholar 

  10. Codiert man die rückblickende Betrachtung der Jugendlichen auf ihren bisherigen Berufsverlauf, so betrachten ihn 8 % als selbstverschuldeten Mißerfolg, 45 % betrachten ihn als persönlichen Erfolg, 4 % als Erfolg aufgrund günstiger äußerer Umstände und 7 % als einen Erfolg, der unter ihren Möglichkeiten geblieben ist.

    Google Scholar 

  11. Die Formulierung stammt von Konrad Thomas (Göttingen).

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1988 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Baethge, M., Hantsche, B., Pelull, W., Voskamp, U. (1988). Arbeit und Beruf in den Lebenskonzepten von Jugendlichen. In: Jugend: Arbeit und Identität. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83642-7_3

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83642-7_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-0788-9

  • Online ISBN: 978-3-322-83642-7

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics