Zusammenfassung
Der Fliegerfilm kann als vielschichtiges Subgenre des Sportfilms bezeichnet werden, das eine Vielzahl von Varianten, Themen und Tendenzen entfaltet hat. Im Mittelpunkt stehen oft individualistische Fliegerfiguren wie Antoine de Saint Exupéry, die oft an ihren eigenen radikalen Freiheitsansprüchen scheitern. Es geht im Luftsport nicht in erster Linie — wie in anderen Sportarten — um das Besiegen eines Gegners, sondern um das Ausloten persönlicher Grenzerfahrungen, um Selbstübertreffen und das Glück im Höhenrausch. Der Traum vom Fliegen transzendiert das menschlich-begrenzte Dasein in ein übermenschliches Sein, wie im Dokumentarfilm „Nomaden der Lüfte“ (F 2001) anhand des Vogelflugs der Wildgänse gezeigt wird. Diese Transformation der menschlichen Psyche in eine höhere Daseinsebene durch das Fliegen gibt vielen Flieger-Figuren ihren faszinierenden Reiz für den Sportfilm. Der alte Traum vom vogelfluggleichen Fliegen, der sich bereits im Ikarus-Mythos der griechischen Antike etabliert hat und von den Brüdern Wright 1903 zum ersten Mal technisch verwirklicht wurde, hat im Sportfilm zahlreiche Facetten: Fliegen kann ebenso als Zustand der Entgrenzung und Bindungslosigkeit, gar der zeitweiligen Aufhebung von Raum und Zeit als auch als extreme Belastungs- oder Risikoerfahrung, als technische Leistung oder als Spiel, oder gar als Extremsporterfahrung dramatisiert werden. Das Fliegen ist im Sportfilm als Flow-Erlebnis inszeniert, das seine Erfüllung in sich selbst findet. Darum sind so viele Fliegerfiguren des Sportfilms jugendlich-pubertierende Risikosucher, die das Fliegen gewissermaßen als Extremsportart betreiben und darin Todesnähe, Angstlust und einen meist auch sexuell belegten Thrill suchen. Basismotive des Fliegerfilms wie der Höhenrausch, die Tollkühnheit und Risiken des Fliegens werden bereits im Hollywood-Kino der zwanziger Jahre etabliert (z.B. „Wings“, „Hells Angels“ usw.) und seitdem im Sportfilm immer neu variiert, z.B. in Frankenheimers „Gipsy Moths“ (Die den Hals riskieren, USA 1969). In populären Fliegerfilmen wie „The great Waldo Pepper“ (Tollkühne Flieger, USA 1975) werden bis heute dynamische nationale Images kreiert. In Filmen wie „Lindberghs Flug über den Ozean“ (USA 1967) wird der Pioniergeist des Fliegens beschworen, wie der Name des Flugzeugs „Spirit of St. Louis“ schon andeutet. Die Ichbezogenheit des Fliegens wird in Billy Wilders Flug-Pionierfilm besonders prononciert herausgearbeitet. Da ist ein Pilot (James Stewart) mit sich ganz allein, der schlechten Witterung und allerhand unvorhersehbaren Gefahren ausgesetzt und bewährt sich - vom Geist des Fliegens besessen. Mutige Flug-Pioniere wie Charles Lindbergh nahmen lebensgefährlichen Risiken auf sich, um die Fliegerei nach vorne zu bringen. Die „Spirit of St.Louis“ demonstriert hier technologischen Fortschritt und nationale Überlegenheit.
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Florschütz, G. (2005). Fliegerfilme — Tollkühne Männer in ihren fliegenden Kisten. In: Sport in Film und Fernsehen. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-82201-7_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-82201-7_11
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag
Print ISBN: 978-3-8350-6019-7
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