Zusammenfassung
Bildungsgänge müssen die konkreten sozialen Kontexte von Biografie und die dahinter stehenden Aspekte von Sozialisation berücksichtigen. Im Vordergrund der Bildungsgangforschung steht zwar die individuelle Lernerperspektive, diese ist jedoch nicht ohne die sozialisatorischen Bedingungen zu analysieren. Eckard Liebau bringt den notwendigen Beitrag von Sozialisationstheorie für eine „pädagogische Subjekttheorie“ folgendermaßen auf den Punkt:
Er „besteht im Kern in dem hartnäckigen Nachweis, dass Erziehung es mit Menschen zu tun hat, die unter bestimmten Verhältnissen leben, die lernen müssen, mit diesen Verhältnissen zurechtzukommen, die in der Entwicklung ihrer Subjektivität durch diese Verhältnisse fundamental geprägt werden, die aber andererseits durchaus auch diesen Verhältnissen ihren eigenen Stempel aufprägen können. Sozialisationstheorie weist darauf hin, dass Menschen in bestimmten Lebenslagen aufwachsen, lernen und existieren, in denen die historischen, gesellschaftlichen und politischen, ökonomischen und kulturellen Entwicklungen immer schon eine bestimmte Gestalt gewonnen haben, die den Menschen als strukturelle Bedingungskonfiguration gegenübertritt; und dass andererseits die Menschen im Umgang mit ihren Lebenslagen bestimmte Lebensformen entwickeln, in der Regel in dem durch die Lebenslage gesteckten Rahmen. Sozialisation und Entwicklung lassen sich dann als das Ergebnis der praktischen Auseinandersetzung des aufwachsenden Menschen mit seiner Lebenslage bzw. seinen Lebenslagen verstehen: als Aneignung und Entwicklung von Lebensformen im biographischen Zusammenhang (Liebau 1988, S. 159 f.).
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Tosana, S., Faulstich-Wieland, H. (2005). Bildungsgänge jenseits der Normalbiografie. In: Schenk, B. (eds) Bausteine einer Bildungsgangtheorie. Studien zur Bildungsgangforschung, vol 6. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80754-0_8
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