Zusammenfassung
Die heutige Situation scheint einmal mehr durch den Abschied von umfassenden Theorien und geseUschaftskritischen Ansprüchen gekennzeichnet zu sein. Da mag es überraschen, nach der politischen Funktion akademischer Disziplinen zu fragen, denen es in ihrer noch nicht allzu langen Geschichte auch und vor allem darum ging, sich als „normale“, und das heißt oft: politisch „neutrale“ Wissenschaften zu etablieren. Die Kulturwissenschaften, die sich noch nicht einmal darin einig sind, ob es sie nun im Singular oder nur im Plural gibt, begnügen sich — im Gegensatz zu ihrem Vorbild, den Cultural Studies — allzu oft mit Analysen von aus ihrem sozialen und politischen Kontext heraus gelösten (pop-)kulturellen Phänomenen der Mikro- und Mesoebene, wie dem Siegeszug des Bikini oder der Kulturgeschichte des Gartenzwergs. Dabei kokettieren sie höchstens mit einer dem kulturkonservativen mainstream gegenüber subversiven Haltung. Unterdessen konzentrieren sich die empirisch orientierten Sozial- und Politikwissenschaften unter dem auch universitätsintern erzeugten Druck der unmittelbaren Verwertbarkeit zunehmend auf die Analyse einzelner Politikfelder und die Bereitstellung sozialtechnologischen Wissens für die Verwaltung, indem sie beispielsweise die Forstpolitik in der Europäischen Union oder die Verwaltungsreform des Landkreises untersuchen.
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Celikates, R. (2005). Nach dem Ende des gesellschaftskritischen Paradigmas? Zur politischen Funktion der Kultur- und Sozialwissenschaften. In: Ruge, U., Morat, D. (eds) Deutschland denken . VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80729-8_3
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