Zusammenfassung
Dass die heterosexuelle Paarbildung das System der Zweigeschlechtlichkeit abstützt, gehört inzwischen zu den Erkenntnissen, die sich in der Genderforschung ebenso wie in der Paarforschung durchgesetzt haben. Die Paarbeziehung hat dabei zwei Funktionen: Erstens bietet das Paar als „institutionelle Ordnung“ (Lenz 2002) einen — sozial überaus wirksamen — Spiegel zum Geschlechterverhältnis. Gespiegelt wird, dass die zwei Geschlechter ganz offensichtlich zusammen gehören und dies nicht, weil sie einander gleichen, sondern weil sie sich eindeutig voneinander unterscheiden und — im Verhalten, im Denken, in den Körpern — auf geradezu wundersame Weise ergänzen. Gemeint ist hier, was Goffman als „institutionelle Reflexivität“ (Goffman 1994) bezeichnet: Heterosexuelle Paare veranschaulichen und bestätigen tagtäglich, wie das Verhältnis der Geschlechter ‘tatsächlich’ beschaffen ist: different und sexuell aufeinander bezogen. Zweitens vermittelt das Paar zwischen öffentlicher und privater Sphäre (vgl. Burkart 1997: 176f.), zwischen der Widersprüchlichkeit von der „programmatische[n] Gleichheit“ der öffentlichen Sphäre und der „faktische[n] (praktische[n]) Differenzierung“ (Gildemeister i.d.B.). Die heterosexuelle Paarbeziehung bietet für die Individuen schließlich einen Ort, an dem die Geschlechterdifferenz als quasi natürlich erfahren werden kann — im Unterschied zum öffentlichen Raum, in dem spätestens seit Gender Mainstreaming Geschlechtergleichheit zumindest in der Rhetorik als Idealnorm gilt (vgl. Wetterer 2003).
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Maier, M.S. (2004). Zur Reproduktion von Zweigeschlechtlichkeit. Methodische Überlegungen zur Erforschung von homosexuellen Paarbeziehungen. In: Buchen, S., Helfferich, C., Maier, M.S. (eds) Gender methodologisch. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80587-4_16
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