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Filmwelten – Konzeptionelle Grundlegung einer Didaktik des Films im Philosophieunterricht

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Philosophische Bildung und Didaktik

Part of the book series: Ethik und Bildung ((ETHBI))

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Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag beleuchtet den (engen) Zusammenhang von Film und Philosophie unter Berücksichtigung des spezifischen Eigenwerts des Mediums Film als Kunstform. Er versteht sich als Plädoyer für einen verstärkten Einsatz von Film im Philosophieunterricht mit dem Ziel einer grundlegenden ästhetischen Alphabetisierung der Schülerinnen und Schüler. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf wahrnehmungs- und erkenntnistheoretische Fragestellungen im Kontext der Auseinandersetzung mit (filmischer) Wirklichkeit gelegt, welche den Schülerinnen und Schülern zu einer differenzierten und reflektierten Wahrnehmungsfähigkeit verhelfen sollen. Ein subjekt- und handlungsorientiertes Verständnis von Filmbildung, welches gezielt an die Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler anknüpft, akzentuiert dabei nicht nur die Förderung filmästhetischer und filmanalytischer Kenntnisse, sondern ermöglicht in einer spielerisch-schöpferischen Lesart zugleich die Herausbildung einer (ethischen) Urteils- und Kritikfähigkeit im Kontext offener Rezeptionsbeziehungen.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. in diesem Zusammenhang z. B. die enorme Expansion von Online-Video-Portalen wie youtube.com oder vimeo.com.

  2. 2.

    Was in der Wortwahl wie ein Paradox klingt, bildet in Wirklichkeit die Realität ab. Kinder und Jugendliche sind Experten, was die Techniken angeht und „stecken“ so Eltern und Lehrer „in die Tasche“. Sie können mit rasanter Geschwindigkeit SMS schreiben, sie programmieren ihren MP3-Player und können die diversen Funktionen neuer Handys bedienen. Sie können parallel mehrere Medienaktivitäten nutzen; sie können am Wochenende acht bis zehn Spielfilme auf DVD – z. T. im Schnelldurchgang, wenn es vermeintlich langweilig wird – konsumieren (ebd.).

  3. 3.

    In der einfachsten Weise ist dies dann der Fall, wenn etwa der Spielfilm ‚Matrix‘ (1999) der Geschwister Wachowski im Rahmen des unterrichtlichen Einsatzes lediglich das bewegte Bild zum erkenntnistheoretischen Skeptizismus liefern soll. Ein Rekurs auf eine solchermaßen mehr oder weniger explizite Präsentation von Philosophie lässt sich in vielen Auseinandersetzungen mit dem Medium Film nachweisen. Wie dargelegt, dienen Filme in diesem Kontext in der Regel lediglich als didaktisches Hilfsmittel zur Einführung in philosophische Probleme bzw. deren Veranschaulichung und werden dabei weitgehend auf ihre Story reduziert. Mit der Ästhetik fehlt dabei eben jene Disziplin, die etwas über den Eigenwert des Mediums selbst zu sagen hat.

  4. 4.

    Hierdurch erfolgt eine Abgrenzung zu Film (‚film‘) im Allgemeinen, worunter alle Arten des Films – also auch Nachrichtenmagazine, bestimmte Formen des Dokumentarfilms oder Privatfilme – gefasst werden.

  5. 5.

    Nicht in den Blick genommen werden somit Zeichentrickfilme und andere Formen animierter Filme. Der Einfachheit halber werden die Begriffe ‚Film‘ und ‚Spielfilm‘, anknüpfend an die vorausgegangenen Überlegungen, im Weiteren synonym verwendet.

  6. 6.

    Da im Rahmen des vorliegenden Beitrags nur ansatzweise auf die umfangreiche (Kunst-)Theorie des Films eingegangen werden kann, soll an dieser Stelle der Verweis auf drei Theoretiker erfolgen, die mit ihren Arbeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich zu der Verbreitung und Akzeptanz von Film als Kunst beigetragen haben: Hugo Münsterberg (1863–1916), Béla Balázs (1884–1949) und Rudolf Arnheim (1904–2007). Auszüge aus den in diesem Zusammenhang wegweisenden Texten der genannten Autoren finden sich z. B. in: Albersmeier, Franz-Josef (Hrsg.): Texte zur Theorie des Films. Stuttgart 52003 und Liebsch, Dimitri (Hrsg.): Philosophie des Films. Grundlagentexte. Paderborn 32010. Eine allgemeine und gut verständliche Einführung in die Theorie des Films bietet darüber hinaus Monaco (vgl. Monaco, James: Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Neuen Medien. Reinbek 2009).

  7. 7.

    Deren führt an dieser Stelle das Beispiel der Länge einer Treppe an: Diese kann enorm gedehnt werden, wenn verschiedene Einstellungen der Person, die hochsteigt (aus verschiedenen Winkeln aufgenommen), so zusammengeschnitten sind, dass die Handlung kontinuierlich erscheint. Das Ergebnis ist ein Bild anhaltender Anstrengung, um ein hohes Ziel zu erreichen (vgl. Deren 1984, S. 69). Richter spricht in diesem Zusammenhang von ‚filmischer Zeit‘ und ‚filmischem Raum‘ (vgl. Richter 1981, S. 28).

  8. 8.

    Laut Deren bezeugt das aufgenommene Bild nicht nur die Existenz der spezifischen, fotografierten bzw. gefilmten Realität, sondern es ist auch das Äquivalent dieser Realität. Diese Äquivalenz jedoch – und dieser Aspekt ist von zentraler Bedeutung – hat nichts mit der fotografischen Wirklichkeitstreue zu tun, sondern liegt vielmehr auf einer anderen Ebene. Das erschaffene, geformte Bild, welches eben eine Realität eigener Art und Berechtigung darstellt, markiert einen Gegensatz zu dem tatsächlichen Objekt in der Realität – so wie die Fotografie eines Pferdes nicht das Pferd selbst ist oder ein Gemälde grundsätzlich einem Pferd nicht gleicht, sondern lediglich einem geistigen Konzept ähnelt, das seinerseits einem Pferd ähneln mag (vgl. ebd.).

  9. 9.

    So verfährt die menschliche Wahrnehmung z. B. notwendigerweise selektiv, da in einem konkreten Moment nur dasjenige ausgewählt wird, was uns bedeutungsvoll erscheint. Wahrnehmung wird zudem durch weitere Faktoren, wie Gemütszustände, individuelle Erfahrungen, kulturelle oder berufliche Hintergründe, beeinflusst.

  10. 10.

    Einschränkungen ergeben sich zudem aufgrund der Verschiebung des dreidimensionalen Raumes zur zweidimensionalen Fläche. Eine spontane Zugänglichkeit zum Objekt ist so nicht mehr möglich. Der Betrachter kann beispielsweise nicht mehr um den Gegenstand herumgehen. Ein Objekt oder Ereignis kann immer nur von einem bestimmten Standort (und damit Standpunkt) aus, mit einem gewissen Blickwinkel und damit einer bestimmten Sehweise (Perspektive) erfasst werden. Dasselbe gilt für die Einstellungsgrößen, Totale bis Großaufnahme, die bei der natürlichen Wahrnehmung als gleitende Übergänge erfahren werden. Außerdem fixieren filmische Medien eine bestimmte Wirklichkeit zu einer bestimmten Zeit. Diese Fixierung schließt andere Betrachtungsweisen aus und lässt die aufgezeichnete Wirklichkeit unvermeidbar der Vergangenheit angehören (vgl. Doelker 1979, S. 64 ff.).

  11. 11.

    Dieses Phänomen bezeichnet Doelker als „Konnex mit der Realität“ (Doelker 1979, S. 97).

  12. 12.

    Im Bereich literarischer Texte kann als Beispiel hierfür die Gattung der Fabel angeführt werden. Hier treten Tiere entlang bestimmter Typisierungen (z. B. der schlaue Fuchs oder der dumme Esel) auf.

  13. 13.

    Beispiele hierfür sind die klassischen Western- oder Agentenfilme.

  14. 14.

    Beispielsweise ergeben sich Fragen hinsichtlich der Verschränkung von Emotion und Kognition, unter Berücksichtigung der spezifischen Wirkung des Filmischen auf den Rezipienten (vgl. die oben skizzierte starke Suggestivkraft des Mediums) sowie nach dem filmischen Umgang mit Zeit und Raum.

  15. 15.

    Dementsprechend bietet sich etwa eine Verankerung im Inhaltsfeld 2 „Menschliche Erkenntnis und ihre Grenzen“ (Kernlehrplan Philosophie für die Sekundarstufe II Gymnasium/Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen) bzw. im Themenblock I „Grundfragen der Philosophie der Erkenntnis“ (Lehrplan Philosophie Rheinland-Pfalz) an.

  16. 16.

    Ein ästhetischer Umgang mit Film kann hierbei über den abgegrenzten (unterrichtlichen) Rahmen hinaus auch für eine intensivere und differenziertere Alltagswahrnehmung sensibilisieren (vgl. Köppert und Spinner 2003, S. 73).

  17. 17.

    Wie Kirsner feststellt, hängt die Fähigkeit, sich zu orientieren, in der heutigen Zeit stärker als je zuvor von der Kompetenz ab, (filmische) Bilder wahrzunehmen und zu deuten (vgl. Kirsner 2006, S. 149).

  18. 18.

    Bergala konstatiert: „Vielleicht sollte, selbst in der Unterrichtssituation, nicht alles an einem Film verbalisiert werden, damit die Kinder spüren, dass etwas, das nicht gesagt, doch gesehen worden ist – in stillschweigendem Einverständnis darüber, dass man es nicht ausdrücken kann.“ (Bergala 2006, S. 61). Eine umfangreiche Sammlung analytischer, produktions- und handlungsorientierter Methoden im Umgang mit Filmen bieten z. B. Maurer (vgl. Maurer 2006: 175–203) sowie Kepser (vgl. Kepser, Matthis: Handlungs- und produktionsorientiertes Arbeiten mit (Spiel-)Filmen. In: Fächer der schulischen Filmbildung: Deutsch, Englisch, Geschichte u. a. Hrsg. von Matthis Kepser. München 2010. S. 187–240).

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Gockel, C. (2020). Filmwelten – Konzeptionelle Grundlegung einer Didaktik des Films im Philosophieunterricht. In: Thein, C. (eds) Philosophische Bildung und Didaktik. Ethik und Bildung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05171-4_17

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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