Zusammenfassung
Auf über 170 Seiten hat der Wissenschaftsrat eine Bestandsaufnahme der Friedens- und Konfliktforschung vorgelegt, in der im deutschsprachigen Raum in Zukunft niemand vorbeikommen wird. Diese Empfehlungen sind für Politiker*innen in gleich doppelter Weise höchst relevant: Einerseits mahnen sie an, politisch die besten Rahmenbedingungen für das Forschungsfeld der Friedens- und Konfliktforschung zu setzen, Stärken weiter zu fördern und Defizite in der Forschungspolitik auszugleichen. Andererseits sind aber eben auch die Ergebnisse der Friedens- und Konfliktforschung selbst in höchstem Maße praxisrelevant, wenn wir uns politisch für die Vorbeugung und Beilegung bewaffneter Konflikte einsetzen und europäisch, international und multilateral zu den Voraussetzungen für einen dauerhaften, gerechten Frieden beitragen wollen. In diesem Beitrag beleuchten wir die Empfehlungen des Wissenschaftsrates aus der Perspektive der politischen Praxis und heben Handlungsfelder hervor, die derzeit besonders wichtig sind. Herausforderungen wie die globale Klimakrise oder gesellschaftliche Radikalisierung werden wir nur auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse bewältigen können. Dabei darf der politische Anspruch nach wissenschaftlicher Politikberatung aber nicht so weit gehen, dass der Wert von Forschung darauf beschränkt wird.Für die Zukunft wäre es also wünschenswert, wenn der Wissenschaftsrat vergleichbare Empfehlungen für ähnliche Forschungsfelder entwickelt, die interdisziplinär aufgestellt sind.
Abstract
On more than 170 pages, the German Science Council (Wissenschaftsrat) recently published a comprehensive overview of peace and conflict studies in Germany. Its recommendations are highly relevant for policymakers in at least two ways: On the one hand, the Council reminds us of the importance of strengthening the field and make adjustments in science policy when necessary. On the other hand, the findings of peace and conflict research itself are highly relevant for politicians in foreign policy: to prevent armed conflicts and to work on international, European and multilateral levels to contribute to stable peace. In this article, we reflect on the Council’s recommendations from the perspective of parliamentary politics. Thereby, we emphasize those aspects that are most important to us. We will only be able to cope with challenges like the global climate crisis or growing radicalization in our society based on scientific findings. Of course, this must not lead to the wrong conclusion, that the main purpose of research could be limited to political consulting. In any case, it would be desirable to get similar recommendations by the German Science Council on other, interdisciplinary research fields as well.
Notes
Wissenschaftsrat (2019, S. 17).
ibid., S. 19 ff.
ibid., S. 8.
Für eine umfassende Darstellung siehe Bündnis 90/Die Grünen (2016).
Wissenschaftsrat (2019, S. 52).
ibid., S. 35.
IPCC (2018).
Für eine umfassende Darstellung des Rahmenprogramms siehe Deutscher Bundestag (2018).
Unter anderem Ashe (2019).
Unter anderem Wissenschaftsrat (2019, S. 29).
Siehe aktuell Zick et al. (2019).
Wissenschaftsrat (2019, S. 11).
Expertenkommission Forschung und Innovation (2019, S. 13).
Wissenschaftsrat (2019, S. 50).
ibid., S. 51.
Für das aktuelle Gutachten, siehe BICC/HSFK/IFSH/INEF (2019).
Wissenschaftsrat (2019, S. 16).
Wissenschaftsrat (2019, S. 13).
Literatur
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Gehring, K., Rubner, H. Ein wichtiger Kompass in unruhigen Zeiten. Z Friedens und Konflforsch 9, 167–178 (2020). https://doi.org/10.1007/s42597-020-00031-3
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