Notes
Der auf die griechische Philosophie zurückgehende Begriff Gemeinwohl – κοινή συμφέρον – ergibt sich aus κοινός für gemeinsam, geteilt und συμφέρον, was soviel wie Vorteil, Profit, aber auch Gebrauch bedeutet. Demnach wäre Gemeinwohl der für alle profitable, gemeinsame Gebrauch von etwas.
Eine Sprache, „die komplex als eine Seite einer Unterscheidung und einfach als deren andere Seite formuliert, ist auf das moderne Komplexitätsverständnis nicht mehr anwendbar. Der Begriff Komplexität hat keinen Gegenbegriff“ (Luhman 2002, S. 175).
Die Steuerung – das Management – funktioniert nach Luhmann im Grundsatz nach dem Prinzip der Entkopplung, auf die eine andere Kopplung folgt, durch die eine neue Dimension der Komplexitätsbeschreibung und Steuerung ermöglicht wird. Luhman selbst nannte diesen Vorgang „Temporalisierung von Komplexität“ (Luhmann 2002, S. 176).
Einen exzellenten und anschaulichen Überblick über die historische Entwicklung der Wissenschaften des Komplexen bietet Brian Castellani’s mit einem einzigen (komplexen) Schaubild: „2018 Map of the Complexity Sciences“ (Castellani 2018). Der Bereich dieser Wissenschaften, der sich historisch bis zu Leibniz, Newton, Pointcaré, Wiener oder Shannon zurückführen lässt, reicht von mathematischen Theorien wie der fraktalen Geometrie über die Thermodynamik und Theorie dynamischer Systeme zu den Anfängen der System‑, Chaos- und Selbstorganisationstheorien zurück und führt weiter über die Theorie nichtlinearer vernetzter Systeme und die Physik emergenter Systeme über die Zellbiologie und Bioinformatik, Theorien der Evolution und Entstehung von Leben und Bewusstseins bis zu kybernetischen und computerwissenschaftlichen Modellen von Netzwerken, Big Data, Maschinenlernen, Künstlicher Intelligenz und weiter hinein in die Kognitionswissenschaften sowie Theorien von Agent based Modeling, die Global Network Sociology oder Simulationssysteme des Klimas. Zu bemerken ist, dass von Komplexität vor allem mit Blick auf vernetzte Systeme die Rede ist – seien diese nun biologisch, sozial, physikalisch oder wie in den Computerwissenschaften vor allem kybernetisch. Zur Definition vom „Komplexität“ und „komplexen Systemen“ vgl. Nicolis und Prigogine (1987), Richter und Rost (2002) sowie Mainzer (2008) und Mitchell (2008).
Eine knappe und sehr prägnante Zusammenfassung der Entwicklung findet sich bei De Tarlé (2019).
Tatsächlich lassen sich aus Talebs Büchern einige „handfeste“ Konsequenzen für eine als komplexes System verstandene Politik ableiten, auch wenn es sich dabei nicht im strengen Sinn um Heuristiken handeln dürfte. In der klassischen Philosophie, vor allem aber in der Theologie wurde gerne statt von Regeln von Weisungen oder Empfehlungen gesprochen, was die Überlegungen Talebs tatsächlich in Nähe traditioneller Weisheitsdiskurse rückt. Weisheit hat entscheidend damit zu tun, komplexe und existentiell wichtige Fragestellungen auf eine nachhaltige, zufriedenstellend gute Weise zu lösen, vgl. Scobel (2011).
Hauptvertreter des Nudging ist Nobelpreisträger Thaler (Thaler und Sunstein 2011).
Dass dies so ist zeigt sich vor allem auf dem Finanzsektor, der immer versucht war, die neusten Erkenntnisse aus Mathematik, Informatik und Datenanalyse umgehend auf wirtschaftliche Prozesse zu übertragen. Stellvertretend für eine Kritik dieser Verfahren Silver (2013) sowie Tetlock und Gardner (2016).
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Scobel, G. Politik als komplexes System: Bemerkungen zum Prozess der Digitalisierung, zur Anwendung von Heuristiken und zur Frage des Gemeinwohls. Z Politikwiss 29, 413–430 (2019). https://doi.org/10.1007/s41358-019-00190-7
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