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Der Herrenwitz für die Dame

Wie über Serialität in IWC-Uhrenwerbung Gender thematisiert wird

The »For Men Only«-Joke for Women

How Seriality Addresses the Topic of Gender in an IWC-Advertising Campaign

  • Labor
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Zusammenfassung

Von 1999 bis 2005 warb die International Watch Company (IWC) für Luxusuhren mit einer aufsehenerregenden Kampagne, die ein augenzwinkerndes »nur für Männer«-Image transportierte. Dieser Beitrag beschäftigt sich auf einer Makroebene damit, wie Gender von der IWC über formal-inhaltliche Serialisierungsverfahren thematisiert wird. Gezeigt wird unter anderem, wie die Kampagne sich in ihrem Image selbst demontiert und wieder aufbaut und dabei im Bergson’schen Sinne zwei interferierende Serien in der Serie produziert: den Abbau von Maskulinität zugunsten des Aufbaus weiblicher Handlungsspielräume, um letztlich mit Auf- und Abbau gegenläufiger Images in die unendliche Reprise zu gehen. Die resultierende Variation von Werbemotiven erweist sich dabei als ein so unvermeidlicher wie unfehlbarer Quell der Komik.

Abstract

From 1999 to 2005 the International Watch Company (IWC) was attracting attention with a shoe-stopping advertising campaign that heralded a »for men only« image tongue-in-cheek. The article on hand reviews on a macro-level how gender is made the topic of this campaign via processes of seriality in form and content. Among other things it will exemplify how the campaign pre-culminated in the destruction of its image, only to resurrect and refine it the next moment and, generate two interfering Bergsonian series within a series: the destruction of masculinity in favour of setting up a scope of action for women, in order to begin the whole process of destructing and resurrecting two counter-images all over again. The resulting variation of motifs proves an as inevitable as unfailing source of humour.

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Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3

Notes

  1. Sofern nicht anders angegeben, sind sämtliche Schlagzeilen den IWC-Anzeigen auf www.fliegeruhr.ch entnommen.

  2. Vgl. Korpora wie adsandbrands.com, zwischengas.com, magazine.illustrierte-presse.de.

  3. Der Lesbarkeit halber verwendet der Verfasser durchgehend das generische Maskulin.

  4. Noch erhalten ist diese Gegendarstellung auf www.aviva-berlin.de: »Die Firmen IWC Schaffhausen und Wirz Werbung, Zürich, bedauern die Existenz und die Publizität dieses Elaborats unbekannter Herkunft. Das Plagiat ist offensichtlich in Anlehnung an die Werbekampagne von IWC entstanden, die seit vier Jahren mit dem Slogan »IWC. Seit 1868 und solange es Männer gibt.«, wirbt. Mit den heute fast jedermann zur Verfügung stehenden Mitteln elektronischer Bildbearbeitung ist es leider relativ einfach, z.B. ein Plakat so abzuändern, dass es als echt erscheint und für das Original genommen wird – zumal im vorliegenden Fall das Plakat mit Umgebung gezeigt wird, um Echtheit zu suggerieren. Es braucht schon eine Fachperson, um festzustellen, dass es sich um eine Fotomontage handelt. Wir bedauern diesen Vorfall ausdrücklich.« (faire-werbung 2004)

  5. Vgl. Winsor McCays Dream of a Rarebit Fiend und die folgenlose Iteration von Nachtmahren im Sinne serieller Wiederholungsstrukturen.

  6. Bedeutung 1a) ist veraltend und bezeichnet eine »Frau als Geschlechtswesen im Unterschied zum Mann«, Bedeutung 1b) ist umgangssprachlich und steht für eine »[junge] Frau als Gegenstand sexueller Begierde, als [potenzielle] Geschlechtspartnerin« (duden.de).

  7. Greimas’ Modell fußt auf Propps (Propp 1928/1968) sieben narrativen Rollen, die 31 event-types untergeordnet sind – dem Motor (driving force) aller Märchen, die die Grundlage für sein Modell lieferten. Greimas invertiert diese Relation für eine erweiterte Bandbreite an Textsorten, die events sind dem Charakter untergeordnet, er reduziert die Rollen auf sechs und postuliert Gültigkeit für sämtliche Narrative (vgl. Toolan (2001, S. 82) und Greimas (1972).

  8. Die eingeklammerten, klein geschriebenen Termini beziehen sich auf die anglophone Terminologie in Toolan (2001), die groß geschriebenen auf die deutsche Übersetzung von Greimas (1972).

  9. Es ist schwierig, im Original von Greimas (1972) die in Toolan beschriebenen Rollen wiederzufinden. Objekt könnte hier als »Objekt des Begehrens« identifiziert werden, der receiver bereitet das größte Problem. Vermutlich ist er im Adressanten enthalten.

  10. Diese Feststellungen sind von Brandmeyer et al. nicht empirisch gestützt, sondern basieren auf einer von Foucaults Werken ausgehenden Haltung: »Wie weit Resonanzfelder der Wahrheit und der aktuellen Wirklichkeit entsprechen, dieser kritischen Frage werden wir nicht nachgehen. Denn was in einer Gesellschaft allgemein als wahr, richtig und wirklich angesehen wird, ist letztlich das Ergebnis von sozialer Konstruktion, also eines Wettbewerbs an Vorstellungen, Ideen und Interpretationen, bei dem sich manche durchsetzen und manche unterliegen. Wie sich Vorstellungen gesellschaftlich durchsetzen und mächtig werden können, hat Michel Foucault in seinen Werken eingehend behandelt.« (ebd., S. 6)

  11. Niehaus (2014, S. 271) grenzt sein Verständnis der Mikro-Narration ab von der Mikro-Erzählung, d.h. »artifiziell verkürzte[n] Gebilde[n], in denen der Gestus des Erzählens durch die Implikation einer Geschichte die aktuelle Erzählung ersetzt.«

  12. Bei einem nicht restriktiven, appositiven Verständnis sind die Eigenschaften »männerfreundlich« und »nicht frauenfeindlich« für sämtliche IWC-Schlagzeilen gültig.

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Sassen, C. Der Herrenwitz für die Dame. Z Literaturwiss Linguistik 48, 587–602 (2018). https://doi.org/10.1007/s41244-018-0105-7

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