Zusammenfassung
In meinem Beitrag untersuche ich narrative Muster in vierzehntausend Berichten über Geburten, verfasst von Müttern in Internetforen. Ziel ist es dabei, typische Muster in diesen Geschichten zu finden, die jede für sich ein einmaliges Erlebnis erzählt, dabei jedoch auf Sprachgebrauchsmuster zurückgreifen. Dabei besteht das methodische Interesse, mit Mitteln der Korpuslinguistik und der visuellen Analyse solche Muster zu finden. Analytisch stellt sich die Frage, welche gesellschaftlichen Vorstellungen darüber herrschen, wie Geburten erzählt werden sollen.
Abstract
In my contribution, I examine narrative patterns in 14 000 reports on births, written by mothers in online forums. The aim is to find typical linguistic patterns in these stories, each of which tells a unique experience in its own right but follows narrative schemas. The methodological interest is to find such schemas by means of corpus linguistics and visual analysis. From an analytical point of view, the question arises as to which social conceptions prevail over the narration of childbirths.
Notes
Für alle folgenden URLs gilt der 27.09.2017 als letztes Zugriffsdatum, sofern nicht anders vermerkt.
Die Reaktionen auf die Initialpostings haben manchmal den Charakter von Antworten, manchmal eher von Kommentaren. Technisch gesehen sind sie an das Initialposting angehängte Texte von anderen Nutzerinnen. Ich spreche im Folgenden vereinfachend von »Antworten«, ohne den genauen Charakter weiter zu spezifizieren.
Vgl. die begleitende Website www.bubenhofer.com/publikationen/geburtsberichte/.
Die Liste kann unter www.bubenhofer.com/publikationen/geburtsberichte/ abgerufen werden.
»ET« steht für »errechneter Termin«.
Die Erweiterungen bei Labov (2013) sind für meine Zwecke nicht entscheidend; interessant ist dort beispielsweise das Konzept der Episoden, mit dem längere Handlungsstränge untergliedert werden und was die Zuweisung zu den Kategorien flexibler macht (Labov 2013, S. 32). Für meine Argumentation reichen die originalen Kategorien von Labov und Waletzky aber aus.
Die Daten sind alle über die Website www.bubenhofer.com/publikationen/geburtsberichte/ einsehbar.
Für die Beschriftung der eigentlich auf Grundformen basierenden n‑Gramme wird jeweils die häufigste Wortformen-Version angezeigt, damit die n‑Gramme besser lesbar sind.
Allerdings sind hier auch viele Fehlannotationen zu beobachten, etwa dialektales Material oder Abkürzungen wie »KH« für Krankenhaus etc.
Die Zahlen in Klammern bedeuten jeweils: Durchschnittliche Position, Standardabweichung und (absolute) Frequenz. Beim n‑Gramm ist der besseren Lesbarkeit wegen jeweils nicht die eigentlich gültige, lemmatisierte Version angegeben, sondern das häufigste Wortformen-n-Gramm.
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Danksagung
Der Text entstand im Rahmen des vom Schweizer Nationalfonds geförderten Projektes »Visual Linguistics«, bei dem auch Klaus Rothenhäusler und Irene Ma mitarbeiten.
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Abb. 2. Dreidimensionale, interaktive Darstellung der n‑Gramme auf den Achsen Position, Frequenz und Ähnlichkeit. Die Abb. 2 dieses Beitrags finden Sie online als Supplementary Material unter 10.1007/s41244-018-0096-4.
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Bubenhofer, N. Serialität der Singularität. Z Literaturwiss Linguistik 48, 357–388 (2018). https://doi.org/10.1007/s41244-018-0096-4
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