Zusammenfassung
Die Untersuchung von Berufswahlmotiven stellt in der empirischen Lehrerbildungsforschung einen vielbeachteten Gegenstand dar, wobei bislang der variablenzentrierte Ansatz die Analysen in der Vielzahl der Studien dominiert. Im Gegensatz zu diesem Ansatz wird auf der Basis einer Stichprobe von 5987 Lehramtsstudierenden in Deutschland und Österreich ein personenzentrierter Ansatz gewählt und Motivprofile von Lehramtsstudierenden untersucht sowie diese weitergehend mit zusätzlichen personalen Eingangsbedingungen validiert. Die Ergebnisse der latenten Klassenanalyse weisen auf eine Fünf-Klassenlösung hin, die jedoch zu drei Motivprofilen zusammengefasst werden können. Es zeigt sich, dass gut jeder zehnte Lehramtsstudent ein ungünstiges Motivprofil aufweist und sich die Verteilung der Lehramtsstudierenden auf die jeweiligen Profile in Deutschland und Österreich nicht bedeutsam voneinander unterscheiden.
Abstract
The study of career choice motives constitutes one of the more intensely researched topics of empirical teacher education research in which the variable-centred approach dominates the analyses in a large number of studies. In contrast to this approach, a person-centred approach based on a sample of 5987 preservice teachers in Germany and Austria applied in the present study examines different motivation profiles and validates the profiles more extensively with additional personal characteristics. The results of the latent class analysis indicate a five-class-solution that can be grouped into three motivation profiles. It shows that every tenth student shows a disadvantageous motivation profile and that the distribution of the preservice teachers to the different profiles do not differ significantly between the German and Austrian sample.
Notes
Die Projektleitung liegt bei Johannes König (Köln) und Martin Rothland (Siegen). Die EMW-Studie wird durch die Rhein-Energie-Stiftung Köln gefördert (Projektnr. W‑13-2-003 und W‑15-2-003).
In Deutschland wurden 19 lehramtsausbildende Hochschulen aus neun Bundesländern und in Österreich wurden neun Pädagogische Hochschulen sowie zwei Universitäten in die Befragung einbezogen. Die Stichprobe der beteiligten Länder wurde mit Blick auf die jeweilige Zielpopulation nach Geschlecht, Ausbildungsgang, Hochschule und Lehramtstyp gewichtet (siehe für eine detaillierte Darstellung des Vorgehens König et al. 2013).
Damit ist diese 5‑Klassenlösung der 3‑Klassenlösung (Loglikelihood = −79.842,166, df = 66, adjustierter BIC = 160.048,275, Entropy = 0,905) und der 4‑Klassenlösung (Loglikelihood = −79.066,651, df = 85, adjustierter BIC = 158.602,016, Entropy = 0,894) überlegen.
Die Zusammenlegung begründen wir auch damit, dass sie zu einem konservativen Vorgehen bei den weiterführenden Prüfschritten beiträgt, etwa bei der Prüfung der durch die Profilgruppierung erklärten Varianz in den Motiven in Tab. 3. D. h. wir begegnen der möglichen Gefahr, die Unterschiede der durch das Verfahren der LCA ermittelten Gruppen zu überschätzen.
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König, J., Drahmann, M. & Rothland, M. Motivprofile von Studierenden zu Beginn der Lehrerbildung. Z f Bildungsforsch 8, 153–171 (2018). https://doi.org/10.1007/s35834-018-0212-0
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