Fragestellung: Die Metaanalyse untersucht die Sicherheit und Unbedenklichkeit von Hafer für Zöliakiepatienten.

Hintergrund: Die Unbedenklichkeit der Zufuhr von Hafer bei Patienten mit Zöliakie wird immer noch kontrovers diskutiert. Eltern und Patienten fühlen sich anhaltend verunsichert. Die Arbeitsgruppen verschiedener Kliniken aus Kanada, England und den USA haben nun in einem systematischen Review alle verfügbaren Studien analysiert.

Ergebnisse: Von 433 identifizierten Studien eigneten sich 28 für eine Analyse. Unter diesen fand man sechs randomisierte und zwei nicht randomisierte Studien mit insgesamt 661 Patienten (davon 53 Kinder in zwei Studien). In diesen Studien gab es unter der Zufuhr von unkontaminiertem Hafer über zwölf Monate weder Veränderungen der klinischen Symptome, noch der Laborwerte oder Histologie (Scores und intraepitheliale Lymphozytenzahlen) (▸Abb. 1).

Abb. 1
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Normale Dünndarmzotten

Kommentar von Martin Claßen, Bremen

Keine generelle Freigabe von Hafer

Die streng glutenfreie Kost stellt für die Betroffenen eine relevante zusätzliche Belastung und eine mögliche Einschränkung der Lebensqualität dar. Nachdem über Jahrzehnte aufgrund seines Prolamingehaltes der Hafer zu den glutenhaltigen Getreiden gezählt wurde, erkannte man vor Jahren die strukturellen Unterschiede der Prolaminfraktion des Hafers (Avenin) [1]. Die Möglichkeit, Hafer zuzuführen, würde das Spektrum an Nahrungsmitteln erweitern und das Risiko von Spurenelementdefiziten (z. B. Selen!) unter glutenfreier Diät vermindern. Eine Vielzahl von Publikationen beschäftigt sich seither mit der Sicherheit von Hafer bei Zöliakiepatienten.

Die Daten der im Review erfassten prospektiven Studien beruhigen zunächst, reichen aufgrund mancher methodischer Beschränkungen aber nicht aus, um Hafer endgültig zu entlasten. Größere prospektive Studien werden gefordert.

Wenn man sich vorher für die Freigabe von Hafer bei den Patienten entscheidet, müssen diese auf jeden Fall darauf achten, dass sowohl beim Anbau als auch bei der Ernte und Lagerung Kontaminationen mit den anderen Getreiden ausgeschlossen sind. Entsprechende Produkte gibt es auf dem Markt.

Aus eigener Erfahrung sei noch darauf hingewiesen, dass Kontrollen der Antikörper unter Zufuhr von Hafer erfolgen sollten, da möglicherweise einzelne Patienten doch immunologisch reagieren. Auch erinnert man sich an frühere Zeiten, als bei Kindern zum Beweis einer Zöliakie noch Expositionen gegen Gluten zur Diagnosesicherung gefordert wurden. Damals dauerte es in manchen Fällen mehr als zwei Jahre, bis sich wieder eindeutige Schleimhautveränderungen einstellten. Insofern sind die Beobachtungsphasen der referierten Studien möglicherweise zu kurz.

Für die pädiatrische Gastroenterologie reichen die Daten ebenfalls für eine generelle Freigabe nicht aus. Kontrollierte Expositionen sind aber möglich, wobei bei Kindern neben den Serologien auch andere Parameter wie das Wachstum sorgfältig überwacht werden müssen.

Fazit: Es spricht vieles dafür, dass unkontaminierter Hafer eine Chance für Zöliakiepatienten darstellt, den Speiseplan zu erweitern. Eine endgültige Absolution ist aufgrund der Daten aber noch nicht möglich.

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Dr. med. Martin Claßen