Einführung

Die chronische Insomnie ist gekennzeichnet durch Ein- und/oder Durchschlafstörungen (mindestens dreimal pro Woche über drei Monate), die zu einer signifikanten Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit wie Müdigkeit, Konzentrationsproblemen, Leistungseinbußen, vermindertem Antrieb oder Niedergestimmtheit führen [3]. Die Prävalenzrate dieser so definierten chronischen Insomnie ist in der Allgemeinbevölkerung sehr hoch und wird je nach Studie zwischen 9,5 und 13,4 % geschätzt [1]; Frauen sind ca. 1,5 mal so häufig betroffen wie Männer [18].

Den verschiedenen ätiologischen Modellen der Insomnie (Übersicht: [11]) ist gemeinsam, dass prädisponierende, auslösende und aufrechterhaltende Faktoren als wichtig herausgestellt werden. Die aufrechterhaltenen Faktoren werden auch als Teufelskreislauf konzeptualisiert [5], bei dem schlafbehindernde Gedanken, emotionale und physiologische Auswirkungen („Arousal“), negative Konsequenzen des schlechten Schlafs und ungünstige Schlafgewohnheiten sich gegenseitig verstärken. Neben Techniken wie Stimuluskontrolle und Schlafrestriktion stellt das kognitive Umstrukturieren von dysfunktionalen schlafbezogenen Gedanken, z. B. „Acht Stunden Schlaf sind notwendig, um erholt zu sein“ einen wichtigen Baustein der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung der Insomnie dar [5].

Auch wenn Entspannungsverfahren, die sowohl auf eine physiologische Entspannung als auch auf einen entspannten Umgang mit Gedanken abzielen, in der Insomnietherapie schon immer eine bedeutende Rolle spielten [5], wird im Zuge der Einführung achtsamkeitsbasierter Verfahren die Rolle von schlafbezogenen Metakognitionen in der Aufrechterhaltung der Insomnie betont, da diese zum Arousal in der Schlafsituation beitragen können [6]. Metakognitionen werden dabei als alle kognitiven Prozesse definiert, die an der Interpretation, dem Monitoring oder der Steuerung von Kognitionen beteiligt sind [16]. „Ich muss schlafen, sonst mache ich bei der Arbeit viele Fehler“ wäre eine schlafbezogene Kognition [5], während „Vor dem Einschlafen sollte ich so viele Arten wie möglich ausprobieren, meine Gedanken zu kontrollieren“ eine schlafbezogene Metakognition ist [15]. Für die Therapie bedeutet das, dass weniger auf die inhaltliche Umstrukturierung dysfunktionaler schlafbezogener Kognitionen wertgelegt wird, sondern durch eine Änderung der metakognitiven Überzeugungen ein neuer Umgang mit Kognitionen erreicht wird.

Auch wenn das Einbinden von schlafbezogenen Metakognitionen in die aufrechterhaltenden Faktoren der Insomnie [6] plausibel erscheint, stellt sich die Frage, ob bei Patienten mit Insomnie vermehrt solche schlafbezogenen Metakognitionen auftreten. Um dieser Fragestellung nachzugehen, entwickelten Waine et al. [15] ausgehend von dem Metakognitiven Fragebogen MCQ [17] in Zusammenarbeit mit Insomniepatienten einen Fragebogen, der schlafbezogene Metakognitionen (MCQ-I) erfasst. Der Summenscore der 60 Items der Endfassung zeigte deutlich erhöhte Werte bei der Patientengruppe im Vergleich zu gesunden Schläfern [15]. Zwei Nachfolgestudien [7, 9] konnten diesen Befund replizieren: Insomniepatienten wiesen vermehrte ungünstige schlafbezogene Metakognitionen auf. Auch wenn gute Testkriterien mit hoher Retest-Reliabilität sowie hohe Korrelationen zur Schlafqualität und zum Auftreten allgemeiner Metakognitionen [15] gefunden wurden, stellt sich die Frage, ob für die Erfassung eines einzelnen Konstrukts 60 Items notwendig oder angemessen sind. Zudem zeigte sich, dass einige Items eher schlafbezogene Kognitionen darstellen und nicht schlafbezogene Metakognitionen, z. B. „Wenn ich wach im Bett liege, bedeutet das, dass ich am nächsten Tag nicht funktionieren werde“ oder „Das kleinste Geräusch bedeutet, dass meine Chance zu schlafen gefährdet sein wird“ [15]. Das heißt, dass einige Items nicht auf den Umgang mit Gedanken in der Schlafsituation abzielen, sondern die typischen dysfunktionalen Kognitionen erfassen, die bei Insomniepatienten auftreten können.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine kürzere Version des MCQ‑I in deutscher Sprache zu erstellen, die Items enthält, die sich klar auf schlafbezogene Metakognitionen beziehen. Dabei sollten sowohl eine hohe interne Konsistenz als auch eine hohe Retest-Reliabilität erreicht werden. Um die Validität der Skala nachzuweisen, wurde geprüft, ob dysfunktionale schlafbezogene Metakognitionen bei Patienten mit einer Insomniediagnose häufiger auftreten als bei Patienten mit anderen Schlafstörungen.

Methode

Patienten

Insgesamt konnten 512 Patienten (264 Frauen, 248 Männer) in die Auswertung eingeschlossen werden. Der Altersmittelwert lag bei 45,04 ± 16,70 Jahren. Ein Teil der Patienten (N = 347) wurde nach dem Ambulanztermin auch polysomnografisch im Schlaflabor über zwei Nächte untersucht. Diese Substichprobe bestand aus 179 Frauen und 168 Männern. Der Altersmittelwert lag hier bei 44,52 ± 16,22 Jahren. Die Verteilungen der Diagnosen (Mehrfachdiagnosen waren möglich) sind in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1 Diagnosen (Mehrfachnennungen möglich) der Gesamtstichprobe und der Substichprobe mit Polsysomnografie (PSG)

Für eine Subgruppe von N = 19 Insomniepatienten (16 Frauen, 3 Männer) mit dem Altersmittelwert von 46,84 ± 12,41 Jahren erfolgte eine zweite Messung, da sie den MCQ‑I (deutsche Fassung) vor Beginn der Gruppentherapie (kognitive Therapie der Insomnie) zum zweiten Mal ausfüllten. In dieser Gruppe traten zusätzlich zur Insomnie folgende schlafbezogene Komorbiditäten auf: Restless-Legs-Syndrom (N = 2), schlafbezogene Atemregulationsstörung (N = 2), periodische Beinbewegungen im Schlaf (N = 1), eine isolierte Schlafparalyse (N = 1) und eine leichte depressive Symptomatik (N = 1). Das mittlere Retest-Intervall lag bei 147,42 ± 68,11 Tagen.

Fragebogen zu schlafbezogenen Metakognitionen (MCQ-I)

Ausgehend vom Metakognitiven Fragenbogen (MCQ-30; [17]) wurde von Waine et al. [15] der Fragebogen zu schlagebezogenen Metakognitionen in Zusammenarbeit mit Insomniepatienten entwickelt. Er besteht aus 60 Aussagen mit vier Antwortmöglichkeiten (1 = Stimme überhaupt nicht zu, 2 = Stimme leicht zu, 3 = Stimme mäßig zu und 4 = Stimme voll und ganz zu). Beispielitems sind: „Vor dem Einschlafen sollte ich stressbehaftete Gedanken durch weniger stressbehaftete ersetzen“ oder „Vor dem Einschlafen sollte ich an Dinge denken, die keine Bedeutung für mich haben“. Der Gesamtscore wird als Summenwert über alle 60 Items berechnet; höhere Werte weisen in Richtung problematischer Metakognitionen. Wenn mehr als 5 Items nicht ausgefüllt wurden, wurde der Gesamtwert nicht berechnet (missing). Die Testautoren geben eine Retest-Reliabilität (4 Wochen) von r = 0,82 für die Gesamtstichprobe und r = 0,93 für die Gruppe der Insomniepatienten an [15]. Aufgrund der geringen Stichprobengröße (N = 71) wurde keine interne Konsistenz (Crohnbachs Alpha) berechnet. Der MCQ-I-Gesamtscore korreliert mit r = 0,59 mit dem Gesamtscore des Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) und mit r = 0,69 mit dem Metakognitiven Fragebogen (MCQ-30) [15]. Zudem zeigte sich ein deutlicher Unterschied (große Effektstärke) zwischen den Insomniepatienten und den Schlafgesunden. Dies wurde in zwei weiteren Studien [7, 9] bestätigt; auch wiesen Insomniepatienten höhere MCQ-I-Werte auf als Personen, die eine reduzierte Schlafqualität in Verbindung mit Schnarchen aufwiesen [9].

Versuchsablauf

Vor dem Gesprächstermin in der Schlafambulanz (Zentralinstitut für Seelische Gesundheit) werden den Patienten Fragebogen zugeschickt, z. B. Epworth Sleepiness Scale (ESS), und auch der MCQ‑I in der deutschen Übersetzung (siehe unten). Diese Fragebogen sollen ausgefüllt zum Termin mitgebracht werden. Die Ethikkommission II der Medizinischen Fakultät Mannheim/Universität Heidelberg hatte nach eingehender Prüfung keine ethischen und/oder berufsrechtlichen Einwände gegen die Auswertung dieser klinischen Daten. Da die Fragebogen Teil der klinischen Routine sind, wurden sie von allen Patienten ausgefüllt; nur in vier Fällen wurde der Fragebogen aufgrund von Sprachproblemen leer abgegeben. Allerdings wurden einige Fragebogen unvollständig ausgefüllt (dies betraf vor allem die Rückseiten des doppelseitig ausgedruckten Fragebogens), sodass es zu einer Reduktion der auswertbaren Fragebogen kam. Nach dem Ambulanzgespräch (geführt durch in Schlafmedizin erfahrene Ärztinnen) wurden die Diagnosen bzw. Verdachtsdiagnosen gestellt. Ein Teil der Patienten wurde dann polysomnografisch im Schlaflabor (zwei Nächte) untersucht, sodass die abschließende Diagnose diese Befunde mit einbeziehen konnte. Als zertifiziertes Schlaflabor der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) folgten die Polysomnografie (PSG) und deren Auswertung den Richtlinien der American Academy of Sleep Medicine [2].

Für die Studie zur Entwicklung der Kurzform des MCQ‑I wurden die Diagnosen der Patienten in verschiedenen Gruppen zusammengefasst. Dabei ist zu beachten, dass Patienten mehrere Diagnosen aufweisen konnten. Zunächst wurde die Diagnose der Insomnie bzw. die Verdachtsdiagnose der Insomnie gesondert behandelt, da hier die Validität des MCQ‑I geprüft wurde. Restless-Legs-Syndrom und periodische Beinbewegungen im Schlaf wurden zusammengefasst in eine Gruppe mit gesicherten Diagnosen und eine Gruppe mit Verdachtsdiagnosen (Ambulanzgespräch) bzw. Grenzbefunden (PSG-Substichprobe). Aufgrund der kleinen Fallzahlen wurden Narkolepsie und Hypersomnie zusammengefasst. In der Gruppe der NREM-Parasomnien sind Pavor nocturnus, Schlafwandeln und Schlaftrunkenheit enthalten. Die schlafbezogenen Atemregulationsstörungen enthalten die obstruktive Schlafapnoe und das obstruktive Schnarchen. Die Rhythmusstörungen waren ausschließlich verzögerte Schlafphasensyndrome. Innerhalb der depressiven Erkrankungen waren sowohl majore depressive Störungen als auch Dysthymie gruppiert. In der Restgruppe der psychischen Störungen wurden Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörung, emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, Zwangsstörungen, Essstörungen usw. zusammengefasst. Die sonstigen Schlafstörungen bestanden vorwiegend aus dem Schlafmangelsyndrom und schlafbezogenen rhythmischen Bewegungsstörungen. Wenn die somatische Diagnose für die Schlafstörung eine wesentliche Rolle spielte, wurde diese kodiert, z. B. Schmerzsyndrome, Tinnitus, Epilepsie.

Die Übersetzung und Verkürzung des MCQ-I-Fragebogen wurde wie folgt durchgeführt. Claudia Schilling übersetzte den Fragebogen von Waine et al. [15] ins Deutsche. Die Rückübersetzung wurde von Gordon Benedikt Feld durchgeführt; und diese Rückübersetzung wurde von Niall Broomfield, einem der Testautoren des MCQ‑I, mit dem Original verglichen. Es ergaben sich minimale Veränderungen, die jedoch aufgrund eines technischen Fehlers nicht für diese Stichprobe umgesetzt wurden, z. B. wurden statt der Kategorien „Stimme überhaupt nicht zu“, „Stimme leicht zu“, „Stimme mäßig zu“ und „Stimme voll und ganz zu“ (korrigiere Fassung) die Kategorien „Trifft nicht zu“, „Trifft etwas zu“, „Trifft mäßig zu“ und „Trifft sehr stark zu“ der Vorfassung verwendet. Drei deutschsprachige, zertifizierte MCT-Therapeutinnen (Level 1 des Metakognitive Therapy Institutes von Dr. Adrian Wells und Dr. Hans Nordahl) beurteilten unabhängig voneinander, ob die Items des MCQ‑I (deutsche Version) den Grundprinzipien von Metakognitionen entsprachen und Metakognitionen in gut verständlicher und eindeutiger Weise abfragten. Eine der Beurteilerinnen hatte auch die Zusatzbezeichnung Schlafmedizin. Nach diesem Schritt erfolgte eine Beratung, in der die drei Beurteilerinnen sich auf die 20 Items einigten, die auf eindeutige Weise schlafbezogene Metakognitionen erfassen.

Die statistischen Analysen wurden mit SAS 9.4 für Windows (Cary, NC, USA) durchgeführt. Zunächst wurden die Testgütekriterien der 20-Item-Version (Trennschärfen, interne Konsistenz, Retest-Reliabilität) berechnet. Trennschärfe bezeichnet hierbei die Korrelation eines Einzelitems mit dem Summenwert aller Items; hohe Trennschärfen sind ein Indiz, dass alle Items das gleiche Konstrukt (hier: Ausprägung schlafbezogener Metakognitionen) messen. In ähnlicher Weise gibt die interne Konsistenz, auch Crohnbachs Alpha genannt, an, wie stark alle Einzelitems miteinander korrelieren. Werte höher als 0,80 werden als gut bezeichnet [12]. Auch bei der Retest-Reliabilität werden bei stabilen Merkmalen Korrelationen von r = 0,80 oder höher als gut angesehen, d. h., die Versuchspersonen geben bei einer wiederholten Messung ähnliche Werte an, das Konstrukt (hier: Ausprägung schlafbezogener Metakognitionen) ist zeitlich stabil. Bei der 20-Item-Version wurden keine Summenscores berechnet, wenn mehr als zwei Items nicht ausgefüllt wurden. In zwei Regressionsanalysen wurde der Einfluss der Diagnosen auf den Summenscore des MCQ-I 20 überprüft, dabei wurden die Analysen für Alter und Geschlecht kontrolliert. Der standardisierte Schätzer wird auch als Regressionsgewicht bezeichnet und gibt die Größe des Zusammenhangs dieser Variable auf den Prädiktor an, wobei alle Assoziationen von anderen Variablen statistisch herausgerechnet sind.

Ergebnisse

In Tab. 2 sind die 20 Items dargestellt, die die drei Beurteilerinnen aus den 60 Items gemeinsam im Konsens ausgewählt haben.

Tab. 2 20 Items mit schlafbezogenen Metakognitionen

Der vollständige Fragebogen befindet sich als elektronisches Zusatzmaterial in der Online-Version dieses Beitrags unter www.springermedizin. Dabei wurden sieben Items im ersten Schritt von allen drei Beurteilerinnen als klar schlafbezogene Metakognitionen bewertet, bei elf Items waren es zwei der drei Beurteilerinnen. Bei zwei Items votierte zunächst nur eine Beurteilerin für die Aufnahme in den reduzierten Itempool, doch in der Diskussion wurden sie einstimmig befürwortet. Die Itemmittelwerte variierten zwischen 1,45 („Wenn ich gedanklich im Bett nicht zur Ruhe komme, bedeutet das, dass ich nicht normal bin“) und 2,65 („Vor dem Einschlafen sollte ich stressbehaftete Gedanken durch weniger stressbehaftete ersetzen“). Alle 20 Items zeigten eine hohe Trennschärfe zum Summenscore, der über die 20 Items gebildet wurde (Tab. 2). Der Mittelwert des Summenscores lag bei 39,56 ± 11,89 (N = 461). Die interne Konsistenz betrug rtt = 0,906. Der Mittelwert über alle 60 Items lag bei 123,15 ± 34,26 (N = 458). Für die Vollversion lag die interne Konsistenz bei rtt = 0,961. Die Korrelation zwischen dem Summenwert der 20-Item-Version und der 60-Item-Version war sehr hoch (r = 0,953, p < 0,0001, N = 458).

Innerhalb des Retest-Intervalls von durchschnittlich ca. 150 Tagen nahm der MCQ-I-20-Summenwert leicht ab (T1: 40,61 ± 10,96 vs. T2: 38,32 ± 11,53, t = −2,2, p = 0,0450, N = 19). Die Korrelation der zwei Testwerte war sehr hoch: r = 0,916 (p < 0,0001). Auch für den Summenscore der Vollversion (60 Items) lag die Retest-Reliabilität sehr hoch: r = 0,919 (p < 0,0001).

Der Einfluss der verschiedenen Störungsbilder auf den Summenwert der 20-Item-Version ist in Tab. 3 dargestellt. Wie zu erwarten zeigte sich für die Gesamtgruppe ein signifikanter Einfluss der Insomniediagnose, auch Patienten mit einem Verdacht einer Insomnie wiesen höhere Werte auf. Interessanterweise ging die Diagnose einer komorbiden depressiven Störung auch mit erhöhten MCQ-I-20-Summenscores einher. Des Weiteren zeigten sich auch erhöhte Werte bei Patienten mit einer Alptraumstörung, während bei der Gruppe mit Verdacht auf eine Hypersomnie oder Narkolepsie die MCQ-I-20-Werte niedriger im Vergleich zur Gesamtgruppe der Patienten waren (negative standardisierte Schätzer in der Regressionsanalyse). Für die Subgruppe der Patienten, die zusätzlich zum Ambulanzgespräch auch polysomnografisch untersucht wurden, bestätigte sich der Einfluss der Insomniediagnose, die mit erhöhten Werten bzgl. schlafbezogener Metakognitionen einhergingen (siehe Tab. 3).

Tab. 3 Regressionsanalysen für den MCQ-I-20-Summenscore

Ebenso zeigte sich wieder der Effekt der komorbiden depressiven Störung. Patienten mit Hypersomnie oder Narkolepsie wiesen niedrigere MCQ-I-20-Werte auf. Alter und Geschlecht hatten (unter Kontrolle der gestellten Diagnosen) keinen Einfluss auf die Ausprägung schlafbezogener Metakognitionen.

Für den Vergleich mit den bisherigen MCQ-I-Studien wurden die Mittelwerte der 60-Item-Version für Patienten mit der Diagnose einer Insomnie (131,93 ± 35,43; N = 97), einer Verdachtsdiagnose einer Insomnie (127,87 ± 31,06; N = 130) und der Restgruppe (116,40 ± 34,06; N = 231) berechnet.

Diskussion

Die vorliegende Studie zeigt, dass eine deutsche 20-Item-Version des Fragebogens zur Erfassung schlafbezogener Metakognitionen sowohl eine gute Reliabilität (interne Konsistenz, Retest-Reliabilität) aufweist als auch eine gute Validität, d. h., Patienten mit der Diagnose einer Insomnie weisen höhere Werte auf als Patienten mit anderen Schlafstörungen. Ebenfalls steht der Befund, dass Patienten mit einer Depressionsdiagnose höhere Werte aufweisen, in Einklang mit der Theorie der Metakognitionen, da Grübeln, ein dysfunktionaler Umgang mit Gedanken, ein Kernsymptom depressiver Störungen darstellt.

Um die Ergebnisse der Untersuchung einordnen zu können, ist eine methodische Betrachtungen angebracht. Der erste Punkt bezieht sich auf die fehlende Gruppe gesunder Kontrollen. In den Studien der Arbeitsgruppe um Palagini [7,8,9] variieren die MCQ-I-Mittelwerte bei den gesunden Schläfern von 61 bis 66; bei einem Range von 60 bis 240 der 60-Item-Version bedeutet das, dass hier so gut wie keine dysfunktionalen schlafbezogenen Metakognitionen auftraten. In der Untersuchung von Waine et al. [15] lag in der Gruppe von normalen Schläfern der Mittelwert bei 90, d. h., hier wurden auch dysfunktionale schlafbezogene Metakognitionen gefunden, jedoch deutlich geringer ausgeprägt als bei Insomniepatienten, die Mittelwerte von 122 bis 130 aufwiesen [7,8,9, 15]. Hier fügen sich unsere aktuellen Werte bei Insomnie (Mittelwert: 131) und bei Personen mit Verdacht auf Insomnie (Mittelwert: 128) sehr gut ein. Allerdings zeigte sich auch, dass sich für die Patienten ohne Insomnie bzw. Insomnieverdacht auch deutlich höhere Werte (Mittelwert: 116) abzeichnen als bei gesunden Schläfern. Möchte man den MCQ-I 20 in der Differenzialdiagnostik der Insomnie einsetzen, wäre es sinnvoll, Cut-offs zu anderen Schlafstörungen wie z. B. dem Restless-Legs-Syndrom zu berechnen. Da hier die Überlappungen höher sind als zu gesunden Kontrollen, sind größere Stichproben – im Vergleich zur vorliegenden Studie – notwendig. Ein methodisch wichtiger Gesichtspunkt ist, dass die MCQ-I-Werte der Patienten nicht in die diagnostische Entscheidung eingegangen sind, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt für die durchgeführte Analyse ausgewertet wurden. In dieser Erhebung, deren Hauptziel die Entwicklung einer kürzeren Fassung des MCQ‑I in deutscher Sprache war, wurden Daten zu somatischer Komorbidität und Medikamenteneinnahme nicht miteinbezogen. Auch wenn ein eindeutiger Effekt der Insomniediagnose auf die Ausprägung dysfunktionaler schlafbezogener Metakognitionen in der Gesamtgruppe nachweisbar war, wäre es interessant, an einer größeren Stichprobe von Patienten mit Insomnie zu untersuchen, ob die Einnahme von Medikamenten wie Benzodiazepinrezeptoragonisten oder sedierenden Antidepressiva [14] einen Einfluss auf metakognitive Prozesse in dieser Patientengruppe hat.

Ein zweiter methodischer Punkt ist die relativ hohe Zahl von Missings (458 Summenwerte von 512 Patienten konnten berechnet werden). Dies lag zum einen an Sprachproblemen, aber auch daran, dass der vierseitige Test (Vorder- und Rückseite) von einer ganzen Reihe Patienten nur unvollständig ausgefüllt wurde. Es ist zu anzunehmen, dass diese Probleme bei der 20-Item-Version (eine Seite; siehe Fragebogen im elektronischen Zusatzmaterial), weniger häufig auftreten. Durch ein Versehen erhielt die aktuelle Stichprobe nicht die abschließende Endversion der deutschen Übersetzung des MCQ‑I; allerdings ist zu vermuten, dass die minimalen sprachlichen Veränderungen keinen Einfluss auf die Reliabilitätskennwerte bzw. die Ergebnisse der Regressionsanalysen haben. Es ist eine Nachfolgeerhebung mit der Endfassung (siehe elektronisches Zusatzmaterial) geplant. Ein Vorteil der vorliegenden Erhebung ist, dass die Patienten den metakognitiven Fragebogen im klinischen Setting und vor dem Ambulanzgespräch – also vor dem Kontakt mit einem Schlafspezialisten – ausgefüllt haben. Die Retest-Daten lassen vermuten, dass ein ausführliches diagnostisches Gespräch schon einen positiven Einfluss auf die schlafbezogenen Metakognitionen haben kann.

Das verstärkte Auftreten von schlafbezogenen Metakognitionen bei Insomniepatienten, das in den früheren Studien [7, 9, 15] gezeigt wurde, konnte repliziert werden. In Bezug auf die Gesamtgruppe der Patienten mit Schlafstörungen waren diese erhöhten Werte besonders in der Gruppe mit Insomniediagnose zu finden. Dieser Befund unterstützt das metakognitive Modell der Insomnie-Ätiologie, das von Ong et al. [6] formuliert wurde. Interessanterweise passt die enge Korrelation zwischen dem Gesamtwert der 60-Item-Version, die viele Items mit schlafbezogenen Kognitionen enthält, und dem Summenwert der 20-Item-Version, die auf die Messung schlafbezogener Metakognitionen abzielt, auch in dieses zweistufige Modell, da das schlafbezogene Arousal im ersten Schritt von den schlafbezogenen Kognitionen getrieben wird, jedoch die schlafbezogenen Metakognitionen im zweiten Schritt das Arousal noch weiter ansteigen lassen [6]. Weitere Studien sind notwendig, um diese beiden Konzepte stärker zu differenzieren.

Theoriekonform ist auch das erhöhte Auftreten von schlafbezogenen Metakognitionen bei Personen mit einer Depressionsdiagnose. Im metakognitiven Modell der Depression [16] spielt das Grübeln eine bedeutende Rolle, weil hier eine starke Unkontrollierbarkeitsüberzeugung und teilweise auch eine starke Metakognition zum Nutzen des Grübelns sowie ein verringertes Metabewusstsein für den Prozess des Grübelns vorliegen. Auch die Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie der Insomnie bei Patienten mit einer Depression [4] könnte darauf hinweisen, dass depressive Patienten nicht nur eine allgemein erhöhte Grübelneigung haben, sondern auch dazu neigen, über die Schlafprobleme zu grübeln, und insofern metakognitive Prozesse wirken, die auch bei Insomniepatienten auftreten. Interessant ist der Befund, dass die Diagnose einer Alptraumstörung ebenfalls mit vermehrten schlafbezogenen Metakognitionen einhergeht. Zum einen hängt das wahrscheinlich damit zusammen, dass diese Patientengruppe auch eine verringerte subjektive Schlafqualität angibt [10], aber möglicherweise auch mit dem Nachdenken über die Ursachen von Alpträumen. Schredl et al. [13] konnten zeigen, dass Personen, die darüber nachdenken, ob die Alpträume schlimme Dinge in der Zukunft vorhersagen und/oder auf unbewusste Ängste zurückzuführen sind, mehr unter Alpträumen leiden. Das heißt, dass auch der Umgang mit alptraumbezogenen Gedanken – im Sinne der metakognitiven Theorie – im Rahmen der Alptraumstörung klinisch relevant ist.

Insgesamt zeigte sich, dass die deutsche 20-Item-Version des MCQ‑I schlafbezogene Metakognitionen reliabel und valide erfassen kann. Aufgrund der engen Verzahnung zwischen schlafbezogenen Kognitionen und schlafbezogenen Metakognitionen wäre eine Behandlungsstudie interessant, die die klassische kognitive Verhaltenstherapie der Insomnie (CBT-I) [5] mit einer reinen metakognitiven Therapie (MCT) [16] vergleicht. Wenn den Metakognitionen eine bedeutende Rolle in der Insomnie-Ätiologie zukommen sollte, wäre eine deutliche Besserung durch eine nicht-schlafspezifische MCT zu erwarten.