Impfgegner greifen oft auf fünf rhetorische Techniken zurück, die auch im Zusammenhang mit der Leugnung des Klimawandels oder der Evolutionstheorie verwendet werden, berichten die Psychologin und Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Cornelia Betsch aus Erfurt und ihre Kollegen [1]. Diese sind:

  • die Faktenlage wird verzerrt dargestellt und es werden falsche Schlüsse gezogen,

  • es wird Unmögliches erwartet, z. B. hundertprozentige Sicherheit,

  • Verschwörungen von Industrie und Gesundheitsorganisationen werden vermutet,

  • es werden aus der Gesamtheit vorhandener Daten nur spezifische Datenpunkte zitiert,

  • es werden Personen zitiert, die aufgrund ihrer wissenschaftlichen Ausbildung und/oder Befangenheit nicht als Experten für Impfstoffsicherheit und Impfstoffeffektivität gelten.

„Diese Techniken lassen die impfskeptischen Botschaften auf den ersten Blick plausibel erscheinen, halten aber einer kritischen wissenschaftlichen Betrachtung nicht stand“, erläutert Betsch. Studien weisen darauf hin, dass die Aufklärung über solche Argumentationstechniken oder Falschwissen in öffentlichen Debatten den negativen Einfluss auf die Impfbereitschaft des Publikums verringern können.

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„Streiten Sie nicht, hören Sie zu und geben Sie kurze Antworten“.

© sebra / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)

5C-Modell mit Items auf siebenstufiger Skala

Weiterhin haben Wissenschaftler fünf Aspekte identifiziert, die das Impfverhalten in der Bevölkerung beeinflussen. Die Rede ist vom 5C-Modell, dessen einzelne Items auf einer siebenstufigen Skala von „stimme keinesfalls zu“ bis „stimme voll und ganz zu“ bewertet werden:

  1. 1.

    Vertrauen (Confidence): Ich habe vollstes Vertrauen in die Sicherheit von Impfungen,

  2. 2.

    Risikowahrnehmung (Complacency): Impfungen sind überflüssig, da die Krankheiten, gegen die sie schützen sollen, kaum noch auftreten,

  3. 3.

    Impfbarrieren (Constraints): Alltagsstress hält mich davon ab, mich impfen zu lassen,

  4. 4.

    Berechnung (Calculation): Wenn ich darüber nachdenke, mich impfen zu lassen, wäge ich sorgfältig Nutzen und Risiken ab,

  5. 5.

    Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft (Collective Responsibility): Wenn alle geimpft sind, brauche ich mich nicht auch noch impfen zu lassen.

Für jedes dieser Items beschreiben die Kommunikationswissenschaftler Maßnahmen, die das Impfverhalten günstig beeinflussen können. So müsse z. B. der zeitliche oder finanzielle Aufwand, um Impfungen wahrzunehmen, adressiert oder das Gefühl für die eigene Verantwortlichkeit bei der Übertragung von Krankheiten, etwa auf Kleinkinder und Kranke, gestärkt werden.

Tipps für die Gesprächsführung

Andernorts haben Betsch und Koautoren Tipps für die Gesprächsführung mit Impfskeptikern gegeben [2]. Dazu gehören Hinweise wie Empathie zeigen, Verständnis für Bedenken äußern, auf Evidenz und eigene Erfahrungen verweisen.

„Streiten Sie nicht, hören Sie zu und geben Sie kurze Antworten“, lautet etwa ein Tipp. Ärzte als Vertrauenspersonen ihrer Patienten haben mit ihrer persönlichen Meinung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Zugleich soll der Dialog offengehalten werden, weil sich manche Patienten nicht unmittelbar nach dem Gespräch für oder gegen die Impfung entscheiden.

Verbreitetem Falschwissen über Impfungen entgegenzutreten bedarf allerdings eines hohen Aufwands. Seriöse Informationsquellen zu finden, fällt Eltern schwer, zumal impfkritische Internetseiten oft Wissenschaftlichkeit suggerieren. Betsch und ihre Kollegen befürworten daher ein nationales Gesundheitsportal. Ein entsprechendes Konzept liegt beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) seit August 2018 vor.