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Vorher – nachher: zwei Briefe des Mathematikers William Threlfall (1933 und 1945)

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Mathematische Semesterberichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Neben einigen Informationen zu Leben und Werk werden zwei Briefe des Mathematikers William Threlfall wiedergegeben, die dieser zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft und an deren Ende an seine Tante in England bzw. an seinen dortigen Onkel und (fast gleichlautend) an Heinz Hopf in Zürich schrieb. Diese verdeutlichen die Änderungen in Threlfalls Einstellung zum nationalsozialistischen Regime; insbesondere dürfte seine Haltung 1933 für viele Intellektuelle in Deutschland nicht untypisch gewesen sein.

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Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6
Abb. 7

Notes

  1. Die gelegentlich zu findende Behauptung, Max Koch sei Professor in Freiberg gewesen, konnte ich bislang nicht belegen.

  2. Aus dem Erbe seines Vaters besaß Threlfall auch ein Vermögen in England. Dieses erlaubte es ihm beispielsweise, 1936 zusammen mit Seifert am Internationalen Mathematikerkongress in Oslo teilzunehmen, da er so die deutschen Devisenbeschränkungen umgehen konnte.

  3. In [14] schreibt Threlfall seinem Onkel bei seiner Freilassung eine zentrale Rolle zu, da dieser als Kapitän der Marine eine „Immediatstelle“ beim Kaiser gehabt habe.

  4. Wenig überraschend ist hiervon in [14] nicht die Rede. Threlfalls Aufgabe war es, Luftbilder auszuwerten.

  5. Das Gut befand sich vermutlich in Gohlis, heute ein Ortsteil von Niederau bei Meissen.

  6. Angeregt und betreut wurde die Threlfallsche Dissertation von Friedrich W. D. Levi (1888–1966), der in Leipzig als nichtplanmäßiger außerordentlicher Professor von 1923 bis 1933 wirkte. 1933 wurde Levi die Lehrerlaubnis entzogen, 1935 verlor er seine Stelle endgültig aus rassistischen Gründen. Als seine wichtigsten akademischen Lehrer nennt Threlfall in dem der Dissertation beigefügten Lebenslauf Herglotz, Hölder, Levi, Lichtenstein, Schnee speziell in Leipzig und Linck, Haussner, Hilbert, Landau, Hölder, Lichtenstein, Herglotz, Schnee überhaupt.

  7. Vgl. [7, S. 3].

  8. Diese spielt eine Rolle bei Fragen des Überschallflugs, welcher wiederum in Busemanns Abteilung bearbeitet wurde. Im Tagebuch 1948/49 findet sich die Eintragung „Reichsforschungsauftrag (Sei 2/07/1) ‚Hypg. Diffgl.‘: SS 4891–0595(2270/3)II44“. Es ist leider nicht klar, von wann diese Notiz stammt: Sie findet sich in der Rubrik „Konstanten“ (z. B. Kontennummern, Mitgliedsnummern, Ausweisnummern), deren Blätter Threlfall anscheinend in spätere Hefte des Tagebuchs wieder eingeheftet haben könnte.

  9. Zur Vor- und Frühgeschichte des Instituts in Oberwolfach vgl. Remmert [4]. Laut Tagebuch [13, Bd. XIX, S. 1091] kamen Seifert und Threlfall dort von Freiburg herkommend am 13. September 1944 an, wo sie von H. Behnke empfangen wurden. Eine Liste der Abteilungen und Mitarbeiter des Mathematischen Forschungsinstitutes Lorenzenhof (Stand Frühjahr 1945) ist weiter unten in diesem Artikel zu finden.

  10. Vgl. hierzu Volkert und Jung [6]. Die fragliche Professur ging letztlich auf Arthur Rosenthal zurück, der 1935 aus rassistischen Gründen zusammen mit Heinrich Liebmann aus dem Amt gedrängt worden war.

  11. Vgl. hierzu Reményi [3].

  12. In einer brieflichen Mitteilung an den Verfasser nannte Horst Schubert (1919–2001), ein Schüler von H. Seifert in Heidelberg, die Einstellung von Threlfall „aristokratisch“. Allerdings war der Adelsrang der Threlfalls bescheiden; sein Großvater Richard Threlfall (1804–1870) war Weinhändler und Bürgermeister von Preston gewesen.

  13. In den Briefen von 1945, die unten zu finden sind, schildert Threlfall, welche Immobilien er im Krieg verloren hat.

  14. Klemperer [1, Bd. II, S. 24].

  15. Dies geht aus mehreren Einträgen des Tagebuchs hervor. Sowie aus einem unveröffentlichten Manuskript von Ph. Ullmann (Frankfurt a. M.).

  16. [15, S. 2].

  17. Ich danke N. Benstein (Wuppertal) für ihre Hilfe beim Entziffern des Originals.

  18. Gemeint ist Threlfalls Tante Josephine (1887–1950), genannt Josey, eine Schwester seines Vaters, die in Preston, dem Stammsitz der Familie Threlfall, lebte. Selbst kinderlos kümmerte sie sich viel um ihre Neffen und Nichten, bei denen sie beliebt war. Zu Informationen über die Familie Threlfall vgl. man Walsh [8].

  19. Nordstraße 1 in der Dresdener Neustadt. Das Haus wurde bei der Bombardierung Dresdens zerstört.

  20. Van der Waerden war 1931 nach Leipzig berufen worden.

  21. Während der Reichtum von Landau wohl bekannt war, gibt es keine Hinweise darauf, dass Levi wohlhabend gewesen wäre. Das dürfte auch Threlfall gewusst haben, denn Levi war ja sein Doktorvater. Seifert vertrat im Übrigen im Sommersemester 1933 eine Assistentenstelle bei van der Waerden in Leipzig, wo er auch seine zweite Dissertation vorlegte.

  22. Ascroft war der Ehemann von Tante Josey und verwaltete vermutlich das Erbe von Threlfalls Vater für dessen Sohn Will.

  23. Richard war der um vier Jahre ältere Bruder von Threlfalls Vater. Er hatte in Cambridge Physik studiert bei J. J. Thomson, um dann eine Professur in Sidney zu übernehmen. 1898 kehrte er nach England zurück, wo er als beratender Ingenieur arbeitete. Der Brief an Onkel Richard deckt sich in etwa mit den ersten Abschnitten des hier wiedergegebenen Briefes an Hopf.

  24. Das belegen die im Nachlass von Hopf erhaltenen Briefe Threlfalls, vgl. Bibliothek ETH-Archiv Hs 621.

  25. Die französischen Truppen waren schon am 22. April durch Oberwolfach gezogen. Threlfall kopiert hier anscheinend den Brief an seinen Onkel, den er schon am 23. April konzipiert hatte.

  26. Zur Geschichte des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach vgl. man Remmert [4] sowie die derzeit in Erarbeitung befindliche Publikation von Volker Remmert (Wuppertal). Ihm danke ich auch für zahlreiche Hinweise zu diesem Artikel.

Literatur

  1. Klemperer, V.: Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933–45. Aufbau-Verlag, Berlin (1998). hg. von W. Nowojski unter Mitarbeit von H. Klemperer

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  4. Remmert, V.: Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung im „Dritten Reich“ I: Krisenjahre und Konsolidierung. DMV Mitt. 12, 159–177 (2004). Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung im „Dritten Reich“ II: Fach- und Parteipolitik DMV-Mitteilungen 12 (2004), 223–245

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  8. Walsh, Fr.: The Hollowforth Threlfalls. A Flyde Family (Privatdruck Oxford, o. J.).

  9. Bericht über wissenschaftliche Arbeiten und Bildungsgang von William Threlfall (Manuskript maschinengeschrieben; entstanden wohl 1938 im Zusammenhang mit der Bewerbung Threlfalls um die Siegel-Nachfolge in Frankfurt (Nachlass Seifert)) (Unveröffentlichte Quelle)

  10. „Bescheinigung“ ausgestellt von W. Süss, Freiburg i. Br. 22. Februar 1944 (Nachlass Seifert) (Unveröffentlichte Quelle)

  11. „Rede von W. Süss am Grabe von W. Threlfall“ (Manuskript maschinengeschrieben; gehalten am 6.4.49 zu Oberwolfach) [Nachlass Seifert] (Unveröffentlichte Quelle)

  12. Postkarte von Threlfalls Mutter an D. Hilbert (Niedersächsische Landesbibliothek Göttingen, Nachlass Hilbert) (Unveröffentlichte Quelle)

  13. Tagebuch von H. und W. 1930–1949. 22 Bände (Nachlass Seifert) [Teile hiervon wurden von D. Steinmetz und Ph. Ullmann transkribiert und sind über die Homepage von K. Volkert zugänglich] (Unveröffentlichte Quelle)

  14. „Life story of William Threlfall“ (Dokument von W. Threlfall kurz nach Kriegsende für das „British council“ verfasst im Rahmen seiner Bemühungen um die Anerkennung seiner britischen Staatsbürgerschaft) [Nachlass Seifert] (Unveröffentlichte Quelle)

  15. Erklärung Seifert, verfasst Braunschweig, den 19. Jan. 1943 [Nachlass Seifert] (Unveröffentlichte Quelle)

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Die wichtigste Quelle zu Threlfall und Seifert, das hauptsächlich von Threlfall geführte Tagebuch (von 1930 [Einzug von Seifert im Haus der Familie Threlfall in Dresden] bis zu Threlfalls Tod (1949)), ist bislang nur zu einem geringen Teil erschlossen. Einige Passagen sind in Ullmann [5] sowie in Kranz [2] veröffentlicht. Andere Teile finden sich in Faksimile bei der Bibliothek des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach. Das Tagebuch befindet sich im Privatbesitz des Autors. Der Nachlass von H. Seifert wurde dem Verfasser dieses Artikels durch Vermittlung von D. Puppe (Heidelberg) von H. Romberg (Stutensee) überlassen. Den beiden Genannten gilt mein ganz besonderer Dank. D. Puppe hat meine Arbeiten zu Seifert und Threlfall in vielfältiger Weise auch sonst unterstützt. Schließlich gilt mein Dank dem Archiv der ETH Zürich, insbesondere Frau M. Bussmann, für vielfältige Hilfe und Frances Walsh (Oxford) für Informationen zur Familie Threlfall. Zu Threlfalls Leben vgl. man den Beitrag von Waltraud Voss in der Neuen Deutschen Biographie Bd. 26.

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Volkert, K. Vorher – nachher: zwei Briefe des Mathematikers William Threlfall (1933 und 1945). Math Semesterber 65, 1–14 (2018). https://doi.org/10.1007/s00591-017-0213-4

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