Zusammenfassung
Säuglinge und Kinder, die künstlich beatmet werden müssen, stellen eine Risikogruppe mit hoher Morbidität und Mortalität dar. Eine schonendere konventionelle Beatmung sowie die Hochfrequenzoszillationsventilation und die Einführung neuerer Behandlungsverfahren wie die Therapie mit Surfactant oder Stickstoffmonoxid haben einige Verbesserungen erbracht. Dennoch ist die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) eine lebensrettende Technologie für diejenigen Patienten mit Lungenversagen, bei denen die maximale klinische Therapie nicht greift. Dieser Artikel zeigt das therapeutische Management und diskutiert die Auswahlkriterien für ECMO bei kritisch kranken Kindern, die ein sog. „acute respiratory distress syndrome“ (ARDS) erleiden.
Abstract
Infants and children who require mechanical ventilation represent high-risk populations who have significant morbidity and mortality. Experienced handling of conventional ventilation including high-frequency oscillation ventilation and initiation of newer treatment options such as surfactant or nitric oxide has led to some improvements. Nevertheless extracorporeal membrane oxygenation (ECMO) may be a life-saving technology in patients with respiratory failure refractory to maximal medical therapy. This article demonstrates clinical management and discusses selection criteria for ECMO in critically ill infants and children suffering from acute respiratory distress syndrome (ARDS).
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Aufgrund des geringen Durchmessers der kindlichen Atemwege, häufiger Atemwegsinfekte mit Schleimhautschwellung und einer geringeren Sauerstoffreserve im Vergleich zu Erwachsenen sind Säuglinge und Kinder in besonderer Weise für das Auftreten von respiratorischen Störungen prädisponiert. Eine zügige Lokalisation der Atemstörung hilft schon präklinisch neben der frühzeitigen Applikation von Sauerstoff eine adäquate Therapie zu beginnen [17].
Die häufigste Ursache bei inspiratorischem Stridor ist der virale Krupp, gefolgt von der Fremdkörperaspiration. Die bronchiale Obstruktion mit dem Leitsymptom des Giemens kennzeichnet die häufigsten Diagnosen Bronchiolitis im Säuglingsalter und Asthma-Anfall bei älteren Kindern. Atemnot ohne Obstruktion tritt vor allem bei der Pneumonie auf. Diese Krankheitsbilder sind sehr häufig, benötigen jedoch selten die Kinderintensivmedizin. Diese ist in der Regel dann gefordert, wenn Patienten mit Hypoxämie trotz adäquater Sauerstoffzufuhr und Patienten mit respiratorischer Erschöpfung intubiert und beatmet werden müssen. Von einer kritischen respiratorischen Situation ist dann auszugehen wenn ein ALI („acute lung injury“) oder noch ausgeprägter ein ARDS („acute respiratory distress syndrome“) vorliegt. Hierbei kann dann die Mortalität je nach Patientenpopulation zwischen 8 und 27% liegen [6]. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es die Problematik der Definition, der Diagnostik und der verschiedenen, wenig standardisierten Therapiestrategien bei diesen kritischen Atemstörungen aufzuzeigen.
Definition des ALI / ARDS
Die Definition des akuten Lungenversagens entspricht den Kriterien der American European Consensus Conference (AECC) und ist als akute inflammatorische Lungenschädigung mit Hypoxämie und respiratorischem Versagen zu beschreiben. Folgende vier diagnostische Kriterien müssen erfüllt sein:
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akuter Beginn,
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bilaterale Infiltrate im Röntgenbild des Thorax,
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ALI: paO2/FIO2-Ratio ≤300 mm Hg; ARDS: paO2/FIO2-Ratio ≤200 mmHg,
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Ausschluss eines Linksherzversagens.
Die Prävalenz des akuten Lungenversagens liegt bei 2,2–12/100.000 [12]. Grundsätzlich sind Risikofaktoren und Pathophysiologie bei Kindern und Erwachsenen ähnlich, jedoch sind gerade bei Säuglingen und Kleinkindern die Infektionen der unteren Atemwege der wichtigste Auslöser (etwa 60–70%). An zweiter Stelle ist die Sepsis als Trigger für den Beginn eines ALI / ARDS (etwa 15%) zu nennen [4]. Als Prädiktoren für die Mortalität können verwendet werden [24]:
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die paO2/FIO2-Ratio,
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der Oxygenierungsindex (OI),
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das Vorliegen eines Multiorganversagens,
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der PRISM Score oder
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der Murray Lung Injury Score, der die radiologischen Befunde zusammen mit der paO2/FIO2-Ratio, dem notwendigen positiven endexspiratorischen Druck (PEEP) und der Compliance betrachtet.
Eine Echokardiographie zum Ausschluss eines Linksherzversagens und arterielle Blutgasanalysen sowie die kontinuierliche Blutdruckmessung sind intensivmedizinische Vorraussetzungen für die korrekte Definition eines ALI / ARDS. Patienten mit Vorerkrankungen haben ein höheres Risiko ein ALI / ARDS zu entwickeln.
Eine aktuelle Querschnittsstudie zeigt wie schwierig es ist, die exakte Definition, welche zur Auswertung der Beatmungsstrategien unabdingbar ist, in der Realität abzubilden: von 3823 gescreenten Patienten aus 59 Intensivstationen stellten die behandelnden Ärzte bei 10,8% die Diagnose ALI / ARDS, aber nur 4,3% erfüllten tatsächlich die Eintrittskriterien für eine mögliche ALI / ARDS-Interventionsstudie [31].
Therapie
Allgemeine Ziele
Oberstes Therapieziel beim drohenden akuten Lungenversagen ist, einen adäquaten Gasaustausch sicherzustellen und damit die Morbidität und Mortalität zu vermindern. Die frühzeitige antibiotische Therapie zur Vermeidung von sekundären Infektionen (beatmungsassoziierten Pneumonien) stellt in der Praxis eine Therapiestrategie dar [9]. Ist trotz Sauerstoffgabe und/oder Atemwegsüberdruck (CPAP)-Therapie kein adäquater Gasaustausch möglich, besteht die Indikation zur Intubation und Beatmung. Die Empfehlung bei Erwachsenen gibt als Zielgröße der maschinellen Beatmung ein paO2 von 55–80 mmHg bzw. eine Sauerstoffsättigung von 88–95% an (ARDSNet; http://www.ardsnet.org). Ob niedrigere Sauerstofflevel über längere Zeit dem sich entwickelnden Gehirn der Kindern potenziell schaden, ist nicht in Langzeitstudien untersucht. Bei Kindern wird eher eine Sättigung über 90% angestrebt. Hinsichtlich des pH-Werts liegt der Zielbereich zwischen 7,30 und 7,45. Wird dieser Bereich nur mit einer möglicherweise lungenschädigenden Beatmungseinstellung erreicht, können niedrigere pH–Werte bis 7,15 und höhere paCo2-Werte unter Berücksichtigung der Grunderkrankung erwogen werden (permissive Hyperkapnie; [10]). Eine Pufferung mit Natriumbikarbonat oder Trispuffer kann zum Erreichen des pH-Zielwerts ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Beatmungsmanagement
Bei Erwachsenen zeigt eine Metaanalyse der Literatur, dass die nichtinvasive Beatmung beim ARDS keinen bewiesenen Effekt auf die Mortalität oder die Notwendigkeit zur Intubation hat. Für das Kindesalter liegen keine gut angelegten, kontrollierten Studien mit CPAP und/oder nichtinvasiver Beatmung bei ALI / ARDS vor [34]. Lediglich eine kleine Studie vor und nach Bronchiolitis sowie eine sehr kleine randomisierte Studie zum ALI /ARDS sind zu finden [19, 40]. Ebenfalls nur geringe Erfahrung gibt es in der Neonatologie zur sog. „high flow nasal canula“ mit CPAP, bei denen aber der tatsächlich applizierte PEEP schwer vorhersagbar war [20]. Obwohl also fast alle Kinder mit ALI / ARDS intubiert werden, gibt es keine klaren Richtlinien, wann die Intubation zu erfolgen hat, es sei denn es liegt ein Bewusstseinsverlust mit Aspirationsrisiko vor. Geblockte Tuben sind auch bei Kindern sicher anzuwenden und sind zur optimalen Applikation eines adäquaten PEEP bei niedriger Compliance der Lunge vorteilhaft [3]. Mit der lebensrettenden Beatmung geht allerdings das Risiko einer VALI („ventilator induced lung injury“) mit Überdehnung (Volutrauma) sowie des wiederholten Alveolarkollapses (Atelectrauma) und nicht zuletzt der Sauerstofftoxizität einher [18]. Vermeidung eines Spitzendruckes (PIP) von über 30 cm H2O sowie Atemzugvolumina unter 6 ml/kgKG haben eine deutliche Reduktion der Mortalität in der ARDS-Net-Studie bei Erwachsenen gezeigt [1].
Es gibt auch bei Kindern eine ARDS-Studie mit lediglich 8% Mortalität, welche dieses Konzept mit systematischer Bauchlagerung kombiniert hat [5]. Beatmungsentwöhnung ist dann möglich, wenn eine Sättigung von 95% mit einem PEEP von 5 cm H2O bei maximalem FIO2 von 0,5 und einer altersgemäßen Atemfrequenz erzielt wird [30].
Wenn eine Extubation im Kindesalter unter diesen Einstellungen nicht gelingt, liegt dies meistens an einer Schwellung der oberen Atemwege.
Bronchodilatatoren werden häufig präventiv angewandt, obwohl es dazu keine klinischen Studien gibt. Lediglich die Tatsache, dass obstruktive, asthmaartige Episoden eine häufige Komplikation der Beatmung im Kindesalter darstellen, rechtfertigt einen gezielten, aber keinen generellen Einsatz dieser Präparate.
Additive Therapien
Die Lagerungstherapie hat zwar pathophysiologische Evidenz und verbessert die Oxygenierung, erreicht aber in kontrollierten Studien bei Erwachsenen sowie in einer aktuellen pädiatrischen Studie (20 h täglich Bauchlage für 7 Tage) hinsichtlich des Zielkriteriums VFD (ventilator free days) keine Signifikanz [1]. Inhalatives Stickstoffmonoxid (iNO) ist ein potenter pulmonaler Vasodilatator und Dosen von nur 1 ppm können die Oxygenierung beim ALI / ARDS verbessern [36]. Auch eine Metaanalyse mehrerer Studien zeigte eine signifikante Verbesserung der Oxygenierung, jedoch wurde das klinische Outcome (Mortalität, Beatmungsdauer) hiermit nicht beeinflusst [2]. Genauso wie iNO verbessert Prostacyclin, als Aerosol verabreicht, in einer kleinen Studie bei 8/14 Kindern lediglich die Oxygenierung ohne das Outcome zu verändern [7].
Die endotracheale Surfactanttherapie, die bei Erwachsenen mit ALI / ARDS keinen Nutzen erbracht hat, erweist sich im Kindesalter als lohnenswerter Therapieansatz [23, 38].
Eine Metaanalyse von 6 Studien zeigte sowohl eine reduzierte Mortalität, mehr VFDs und damit kürzere Zeiten mit maschineller Beatmung [11]. Die Verabreichung gehört in die Hand eines Erfahrenen; es kann zu Hypotension, Hypoxämie und Barotrauma kommen, z. B. wenn die Applikation zu schnell erfolgt. Steroide beim manifesten ARDS des Erwachsenen scheinen ebenfalls positive Auswirkungen auf die Beatmungsdauer zu haben, eine prophylaktische Therapie zu Beginn einer Beatmungstherapie ist jedoch eher kontraproduktiv [27]. Für das Kindesalter gibt es keine Daten zur Steroidtherapie des ALI / ARDS.
Nichtrespiratorische additive Maßnahmen
Ein restriktives Flüssigkeitsmanagement scheint geeignet, die VFDs zu erhöhen sowie die Oxygenierung zu verbessern [37]. Auch eine Normalisierung einer Hypoproteinämie mit Albumin und anschließender Furosemidgabe scheint sich beim Erwachsenen positiv bemerkbar zu machen [22]. Für das Kindesalter liegen keine Daten vor, es ist wichtig zu erwähnen, dass die Flüssigkeitsrestriktion erst nach Ausschluss bzw. nach Behandlung eines Schockzustandes erwogen werden soll.
Der Hämoglobinwert sollte bei Kindern mit Hypoxämie und Schockzustand im Normalbereich über 10 g/dl gehalten werden.
Bei stabilisierten, kritisch kranken Kindern zeigte eine Studie des PALISI-Netzwerks [21], dass auch ein Transfusionsziel von 7 g/dl praktikabel ist. Je länger und in je höherer Dosis Sedativa angewandt werden, umso länger ist die Beatmungszeit. Obwohl adäquate Analgosedierung als Therapiestandard angesehen wird, gibt es keine Daten hinsichtlich spezifischer Therapieregime. Üblicherweise werden Fentanyl und Midazolam am meisten verwendet. Propofol ist für die Langzeitanwendung aufgrund des Propofol-Infusionssyndroms mit Rhabdomyolyse, metabolischer Azidose und Multiorganversagen ungeeignet und auch Lorazepam hat bei längerfristiger Anwendung das Risiko einer Propylenglykolintoxikation [25, 39]. Längerfristige Muskelrelaxierung kann bei Erwachsenen eine Myopathie induzieren [33]. Bei kritisch kranken Kindern konnte eine Korrelation von Schweregrad der Erkrankung und der Höhe der Blutzuckerwerte beobachtet werden. Eine Insulintherapie mit dem Ziel einer strengen Einstellung der Glukosewerte zwischen 80 und 110 g/dl, wie im Erwachsenenalter praktiziert, wurde bisher im Kindesalter – möglicherweise wegen der Gefahr von Hypoglykämien – nicht systematisch angewandt und überprüft.
Hochfrequenzbeatmung
In Fallserien gibt es für das ALI / ARDS im Kindesalter positive Erfahrungen mit der Hochfrequenzoszillationsbeatmung (HFO) im Vergleich zur konventionellen Beatmung [29]. In einer Metaanalyse von vier Studien an Erwachsenen und zwei Studien an Kindern mit Lungenversagen wurde gezeigt, dass die HFO mit höheren Atemwegsmitteldrücken im Vergleich zur konventionellen Beatmung eine Verbesserung der Oxygenierung ermöglicht und damit auch die 30-Tages-Mortalität reduziert [35]. Obwohl kontrollierte Studien fehlen wird die HFO inzwischen häufig und gerne als Rescue-Therapie im Algorithmus der Maßnahmen vor dem Einsatz der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) angewandt.
Synopse
Betrachtet man zusammenfassend die Evidenz der oben genannten Therapiemaßnahmen ist die lungenschonende Beatmung am relevantesten für die Prognose (Tab. 1, mod. nach Randolph [28]). Bevor man den sicheren Bereich beim PIP ab 30 cm H2O und höher verlässt, sollte man sich überlegen, ob man mit ausreichend PEEP und höheren Frequenzen den für eine ausreichende Oxygenierung benötigten Atemwegsmitteldruck generieren kann. Mit diesen Einstellungen kann man einen mittleren Atemwegsdruck von etwa 20 cm H2O erreichen. Benötigt man höhere Mitteldrücke sollte man auf HFO umsteigen um zu versuchen mit sehr kleinen Tidalvolumina die Traumatisierung der Lunge so gering wie möglich zu halten. Mehr als einen Mitteldruck von 25 cm H2O wenden wir aber auch bei der HFO im Kindesalter nicht an. Sog. Rekrutierungsmanöver mit kurzfristig höheren Mitteldrücken, die im Erwachsenenalter in einzelnen Studien angeregt wurden, halten wir aufgrund eines hohen Pneumothoraxrisikos gerade beim ARDS mit infektiöser Genese im Kindesalter für ungeeignet [16]. Daher empfehlen wir die additiven Therapien wie NO, Surfactant und, wenn es sicher erscheint, die Lagerungstherapie anzuwenden, um die Oxygenierung zu verbessern ohne die Intensität der Beatmung zu erhöhen. Die aktuelle Umfrage von Santschi et al. [31] bestätigt den hohen Anteil des Einsatzes der additiven Therapien.
Einsatz von ECMO
Sollte trotzdem noch eine Hypoxämie vorliegen (Sättigungen anhaltend unter 85%), kann akut der Einsatz von ECMO in Betracht gezogen werden. Das Zeitfenster bis zum Beginn kann dabei vermutlich etwas länger sein (bis zu 12 h) als beim ECMO in der Neonatalzeit, wo aufgrund des hohen Risikos eines Kreislaufversagens im Rahmen der pulmonalen Hypertension der paO2-Wert bzw. der Oxygenierungsindex (OI) nicht länger als 4 h unter 40 mmHg bzw. über 40 liegen sollte [32].
Ein weiteres akutes Eintrittskriterium kann eine nicht beherrschbare Hyperkapnie mit anhaltender Azidose sein.
Hierfür sind Patienten mit schwerer Bronchialobstruktion prädestiniert. Zuletzt gibt es ein Eintrittskriterium für ECMO über die Zeit, das bedeutet, es besteht ein Risiko für einen durch die Sauerstofftoxizität induzierten fibrotischen Umbau der Lungen, wenn die applizierte Sauerstoffkonzentration für mehr als 5–10 Tage über 80% zu liegen kommt [14].
Die Ursachen für den Einsatz von ECMO im Mannheimer Kollektiv von 92 Kindern mit ARDS von 1990–2009 zeigt die Abb. 1. Von unseren ECMO-Patienten hatten 75 (82%) akute Eintrittskriterien, während 17 (18%) Eintrittskriterien über die Zeit erfüllten. Ein sekundäres, nicht primär pulmonales ARDS zeigten nur 5 unserer Patienten. Mit Immunsuppression waren 6 der 92 Kinder an der ECMO, 3 davon haben überlebt. In der Literatur liegt die Überlebensrate bei Patienten mit Immunsuppression bei 31% mit den besten Ergebnissen bei Zustand nach soliden Tumoren (34%), gefolgt von Leukämien (28%). Bei knochenmarktransplantierten Patienten gab es kein Überleben unter ECMO [15].
Im Säuglingsalter verzeichnen wir eine Überlebensrate von 66%, bei pädiatrischen Patienten betrug sie 50%. Damit bestätigt unser Zentrum die Ergebnisse der ELSO, die in ihrer zentralen Datenbank aller ECMO-Zentren beim pädiatrischen ECMO eine Gesamtüberlebensrate von 55% zeigt [41].
Die Tab. 2 zeigt den demographischen Wandel in der ECMO-Therapie des pädiatrischen ARDS: die Oxygenierung ist zu Beginn einer ECMO aufgrund der schonenderen Beatmung zwar schlechter, trotzdem ist die Überlebensrate signifikant angestiegen. Die angewandte ECMO-Technik zeigt in unserem Kollektiv einen Trend zu mehr venoarteriellem ECMO in den letzten Jahren. Diese Technik lässt eine effektivere Oxygenierung mit stärkerer Reduktion der Beatmungsparameter als unter venovenöser ECMO zu.
Die Abb. 2 zeigt den klinischen ECMO-Arbeitsplatz. Unter der ECMO, die beim Lungenversagen mit ungefähr dem halben Herzzeitvolumen (etwa 60 ml/kgKG) läuft, kommt es innerhalb von 24–48 h zum „white out“ der Lungen im Röntgenbild, was zum einen an der Reduktion des Atemwegsmitteldrucks, zum anderen auch an der vorübergehenden Zunahme des Kapillarlecks, ausgelöst durch die Fremdoberfläche des extrakorporalen Kreislaufes, liegt (Abb. 3). Danach stabilisiert sich in der Regel unter Diuretikatherapie und durch die Induktion von Reparaturmechanismen die pulmonale Funktion. Die extrakorporale Unterstützung wird dann innerhalb von 1–3 Wochen auf 20% Herzzeitvolumen reduziert. Mit dem Zielparameter der systemvenösen Sättigung unter venoarterieller ECMO bzw. des paO2 (60–80 mmHg) unter venovenöser ECMO wird die Oxygenierung gesteuert. Die Ventilation wird über eine Zumischung von CO2 in den Oxygenator auf Normokapnie eingestellt. Eine Entwöhnung von der ECMO ist dann möglich, wenn mit einem FIO2 von 0,5 und einer Beatmung mit maximal 25 cm H2O Spitzendruck und adäquatem PEEP bei altersgemäßer Atemfrequenz sowohl Ventilation und Oxygenierung im Rahmen eines Abklemmversuches von 10 Minuten in stressfreiem Zustand möglich sind (http://www.ecmo-mannheim.de).
Kontrollierte Studien wie beim neonatalen Lungenversagen existieren beim ALI / ARDS im Kindesalter nicht. In einer randomisierten, kontrollierten Studie bei Erwachsenen mit ARDS (CESAR-trial) konnte unter Kosten-Effektivitäts-Aspekten ein positiver Effekt auf das Behandlungsergebnis gezeigt werden [26]. Der Winter 2009/10 mit der H1N1-Pandemie hat gezeigt, wie die ECMO gerade bei vorher gesunden, jüngeren Menschen effektiv zur Therapie und Reduktion der Mortalität im Rahmen eines Lungenversagens beitragen kann. Eine Studie aus Australien bei Erwachsenen erreichte eine mit 21% erstaunlich niedrige Mortalität bei den wegen H1N1 mit ECMO behandelten Patienten [8]. Eine multizentrische Analyse bei argentinischen Kindern im Laufe der H1N1-Pandemie hat ohne den Einsatz von ECMO mit 39% eine fast doppelt so hohe Mortalität zu verzeichnen [13]. An unserem Zentrum wurden zwei Kinder mit H1N1 erfolgreich mit der ECMO therapiert, ein Kind mit einer Mukoviszidose als Vorerkrankung konnte bei einer H1N1-Pneumonie nicht von der ECMO profitieren und verstarb.
Fazit für die Praxis
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Beim kindlichen ALI / ARDS gibt es außer der schonenden mechanischen Beatmung kaum Therapiemaßnahmen mit gesicherter Evidenz.
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Die komplexen additiven Therapien erschweren eine mögliche Verlegung des Patienten in ein erfahrenes Zentrum. Daher sind Zentren, die alle Therapieoptionen inklusive der ECMO anbieten herausgefordert, auch Verlegungssysteme zu etablieren, mit denen diese Patienten sicher transportiert werden können.
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Studien zum Vergleich verschiedener Therapiestrategien sind wünschenswert; sie erfordern hohe Fallzahlen in multizentrischen Untersuchungen, sowie genaue Therapiealgorithmen, die durch Konsensusprozesse mehrerer erfahrener Zentren zu erstellen sind.
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Schaible, T. Kritische Atemstörungen im Säuglings- und Kindesalter. Intensivmed 48, 15–20 (2011). https://doi.org/10.1007/s00390-010-0202-5
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Schlüsselwörter
- Acute lung injury
- Acute respiratory distress syndrome
- Beatmungsmodi
- Supportive Maßnahmen
- Extrakorporale Membranoxygenierung