Die tiefe Hirnstimulation (THS) stellt mittlerweile eine feste Größe bei der Behandlung von Bewegungsstörungen dar. Ihre Entwicklung ist ein einzigartiges Beispiel für die gelebte Interdisziplinarität spezialisierter Teams aus der Neurologie und der Neurochirurgie [1]. Während es auf der einen Seite begrüßenswert ist, dass die THS eine immer weitere Verbreitung findet, und auch an immer mehr Kliniken angeboten wird, auch ausschließlich im Rahmen der Krankenversorgung, und nicht unter kontrollierten Studienbedingungen, gilt es nun jedoch, das Augenmerk auch auf eine Sicherung der Ausbildung in der funktionellen Neurochirurgie auf hohem Standard zu legen. Bislang lagen weltweit weder Empfehlungen für Mindestzahlen in der operativen Ausbildung vor, noch wurden Richtlinien für den Caseload in einem Ausbildungszentrum definiert. Ein erster Schritt zur Formulierung derartiger Empfehlungen war die letztes Jahr publizierte Empfehlung der ESSFN (European Society for Stereotactic and Functional Neurosurgery), welche gemeinsam mit der UEMS (Union Européenne des Médicins Spécialistes) erarbeitet wurde [2]. In der folgenden Übersicht soll kurz auf einige neurochirurgische und technische Entwicklungen der funktionellen Stereotaxie eingegangen werden, welche für die THS, insbesonders bei der Behandlung von Bewegungsstörungen relevant sind.

THS als Alternative zur Hochfrequenzkoagulation

Die THS hat mittlerweile die Hochfrequenzkoagulation in der funktionellen Neurochirurgie nahezu vollständig verdrängt. In den meisten europäischen Ländern werden ablative Eingriffe praktisch nicht mehr durchgeführt. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der THS in ihrer heutigen Form um ein relativ junges Verfahren handelt [3]. Die ersten Elektroden zur THS wurden Ende der 1960er Jahre bei Patienten mit therapierefraktären Schmerzen implantiert. Nur selten fand die THS in den 1970er Jahren Anwendung bei der Behandlung von Bewegungsstörungen. Erst in den späten 1980er Jahren wurde die thalamische THS routinemäßig bei therapierefraktärem Tremor eingeführt. Der Globus pallidus internus (GPI) und der Nucleus subthalamicus (STN) wurden Mitte der 1990er Jahre zur THS bei der Parkinson-Erkrankung propagiert. Erst in den späten 1990er Jahren wurde die THS bei Dystonien eingeführt. Vergleichende Studien konnten gut belegen, dass das Nebenwirkungsprofil der THS günstiger ist als das der Hochfrequenzläsion, insbesondere bei bilateralen Eingriffen [4].

Die Stärken der THS sind in erster Linie ihre Reversibilität und ihre Adaptibilität, auch im Langzeitverlauf.

Diese Eigenschaften haben es möglich gemacht sowohl die Möglichkeiten der klinischen Anwendung zu erweitern, aber auch einen wesentlichen Wissensgewinn zu erreichen. So wäre ohne die THS die Einführung des Nucleus pedunculopontinus (PPN) als neuer Zielpunkt unvorstellbar gewesen [5]. Auch die Durchführung der randomisierten kontrollierten Studien, welche Klasse-I-Evidenz zur Neuromodulation bei verschiedenen Bewegungsstörungen lieferten, wäre ohne die Weiterentwicklung der THS und entsprechender Studiendesigns (beispielsweise „sham stimulation“) nicht möglich gewesen [6, 7]. Ein neuerer Aspekt, welcher derzeit beforscht wird, ist die multifokale THS.

Während die bilaterale Ablation im Thalamus oder in bestimmten Basalgangstrukturen mit den derzeit zur Verfügung stehenden Methoden nicht diskutabel ist, kommt jedoch auch heute noch die unilaterale thermokontrollierte Hochfrequenzkoagulation bei Patienten in Frage, welche sich aus verschiedenen Gründen nicht für eine THS eignen [8]. Gerade weil das letztere Verfahren derzeit sicher unterutilisiert wird, ist es wichtig, die Methode nicht völlig in Vergessenheit geraten zu lassen, wobei zu befürchten ist, dass die entsprechende Expertise für die nächste bzw. übernächste Generation der funktionellen Neurochirurgen nur schwer zu akquirieren sein wird.

Wirkmechanismus der THS

Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass hochfrequente THS (HFS) zu einer Hemmung der neuronalen Aktivität innerhalb der stimulierten Region führt. Diese Annahme basierte auf der Beobachtung, dass funktionell HFS den gleichen Effekt hat wie ein ablativer stereotaktischer Eingriff, d. h. durch Stimulation im motorischen Thalamus oder im Pallidum konnten bestimmte Parkinson-Symptome genauso verbessert werden wie durch eine Ausschaltungsoperation in den genannten Zielregionen (Thalamotomie bzw. Pallidotomie). Diese Analogie fügte sich auch sehr gut in gängige Modelle zur Pathophysiologie des M. Parkinson [9, 10] (Abb. 1, Abb. 2). Die dabei angenommene Überaktivität des GPI als Folge einer übermäßigen Stimulation durch einen erkrankungsbedingt überaktiven STN war ein starkes Argument dafür, dass nur nach lokaler Hemmung einer dieser beiden Strukturen eine symptomatische Besserung zu erwarten wäre. Das Konzept einer lokalen Inhibition wurde auch durch Ergebnisse elektrophysiologischer Untersuchungen unterstützt, bei denen innerhalb des GPI oder des STN von Versuchstieren oder Patienten die Aktivität neuronaler Strukturen in unmittelbarer Nähe zur Stimulationselektrode (Abstand von etwa 250 μm oder mehr) aufgezeichnet wurden.

Abb. 1
figure 1

Anatomisches Modell des basalganglien-thalamokortikalen Netzwerks und seiner Verschaltungen. (Mod. nach [9, 10].) Durchgezogene Linien zeigen exzitatorische, unterbrochene Linien inhibitorische Verbindungen an. Der wesentliche kortikale Input in die Basalganglien erfolgt über das Striatum. Zusätzlich gibt es eine direkte kortikale Projektion zum Nucleus subthalamicus (STN). Das Ausgangssignal verlässt die Basalganglienschleife über das innere Segment des Pallidums (GPI) und die Substantia nigra pars reticulata (SNR) und ist inhibitorisch. Die Übertragung vom Striatum zu GPI/SNR erfolgt entweder über eine direkte, inhibitorische oder indirekt über Hemmung des externen Globus pallidus (GPE), der nachfolgend subthalamische Neurone inhibiert, die ihrerseits einen exzitatorischen Einfluss auf beide Pallidumanteile, GPE und GPI, ausüben. Funktionell wird davon ausgegangen, dass der direkte transstriatale Weg die Durchführung von Bewegungen erleichtert und der indirekte Weg Bewegungen unterdrückt. Das Modell sieht vor, dass Dopamin aus dem Mittelhirn (Substantia nigra pars compacta, SNC) die beiden Übertragungswege unterschiedlich beeinflusst. Nach dieser Hypothese werden über D1-Rezeptoren striatale Neurone des direkten Wegs angeregt und über D2-Rezeptoren striatale Neurone im indirekten Übertragungsweg inhibiert [70]. PPN Nucleus pedunculopontinus

Abb. 2
figure 2

Standardmodell zu Veränderungen der Übertragung innerhalb des basalganglien-thalamokortikalen Netzwerks bei Patienten mit M. Parkinson. Dopaminverlust verändert die Balance der Übertragung kortikaler Information innerhalb der Basalganglien. Nach diesem Modell wird die Aktivität innerhalb des direkten Übertragungswegs reduziert und nimmt gleichzeitig im indirekten Übertragungsweg zu. Folgen sind Überaktivität des Nucleus subthalamicus (STN) und Globus pallidus internus (GPI) sowie eine ausgeprägte thalamische Hemmung. GPE Globus pallidus externus, PPN Nucleus pedunculopontinus, SNC Substantia nigra pars compacta, SNR Substantia nigra pars reticulata

Untersuchungen mit Mikroelektrodenableitungen aus Arealen, die nachgeschaltet zu dem Stimulationsort liegen (z. B. Stimulation im GPI und Ableitung im VL [Nucleus ventralis lateralis]-Thalamus), haben aber durchgehend Veränderungen dargestellt, die für das Gegenteil also für eine Aktivierung von Strukturen sprechen, die aus der stimulierten Zielregion abgehen [11, 12]. Somit besteht neben dem lokal inhibitorischen Effekt der Stimulation eine weiterreichende Netzwerkaktivität, die am ehesten über eine Aktivierung von Axonen vermittelt wird, die das stimulierte Areal verlassen.

Die THS führt gleichzeitig zu einer Hemmung und Aktivierung neuronaler Strukturen

Gleichzeitige Hemmung und Aktivierung neuronaler Strukturen schließt sich zunächst gegenseitig aus. Mathematische Modelle, die detailliert die biophysikalischen Eigenschaften von Somata und Axonen abbilden, bieten für diesen Widerspruch jedoch einen Lösungsvorschlag [13]. Auch durch eine mehr an der klinischen Realität orientierten Betrachtungsweise wird die Hypothese einer durch HFS ausgelösten Aktivierung von Axonen wesentlich gestützt. Die Chronaxie, d. h. die minimale Zeit, über die ein Reiz mit doppelter Rheobasestärke (s. Infobox 1) fließen muss, um gerade noch erregend zu wirken, differiert erheblich zwischen myelinisierten Axonen (30–200 μs) und Somata bzw. Dendriten (1–10 ms). Berücksichtigt man die Pulsweiten, die bei der klinischen Anwendung der HFS appliziert werden (60–210 μs), dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die postsynaptische Stimulationsantwort über eine Aktivierung afferenter und efferenter Axone vermittelt wird [14]. Klinische Daten weisen ebenfalls deutlich darauf hin, dass STN-HFS bei Patienten mit M. Parkinson therapeutisch dann besonders wirksam ist, wenn die weiße Substanz oberhalb oder lateral zu diesem Kernareal mit stimuliert wird [15, 16].

Einzelzellableitungen oder lokale Feldpotenziale zeigen, dass unter physiologischen Bedingungen die Neurone des GPI ein reguläres Entladungsmuster aufweisen [17]. Sowohl bei Morbus Parkinson als auch Dystonie werden die Entladungen jedoch unregelmäßig und treten in Form von Burst-Entladungen auf [18, 19]. Für M. Parkinson sind auch im STN hochamplitudige Spikes und unregelmäßige Burst-Aktivität dokumentiert [20]. Dopaminverlust bei M. Parkinson verändert nicht nur die Entladungsraten, sondern verstärkt auch die Tendenz von Basalganglienneuronen, oszillatorische Entladungsmuster zu generieren. Nach Absetzen der Anti-Parkinson-Medikation wurden die Power-Spektren der LFPs („local-field potential“) abgeleitet aus STN oder GPI von Parkinson-Patienten wesentlich durch Peaks in niedrigen Frequenzbereichen (β-Bereich, 8–13 Hz und 14–30 Hz) dominiert [21, 22, 23, 24]. Im Gegensatz zu Parkinson-Patienten sind bei Dystoniepatienten Symptome der Erkrankung mit einer gesteigerten Aktivität von GPI-LFPs im 4–10 Hz Band (τ-Bereich) verknüpft [24]. Zusätzlich zu pathologischer Oszillation führt bei Parkinson-Patienten der Dopaminmangel auch zu einer signifikanten Zunahme pathologischer Synchronisation neuronaler Aktivität zwischen benachbarten Zellen und zwischen einzelnen Kernarealen (z. B. zwischen STN- und GPI-Neuronen [21, 25, 26]) sowie zwischen diesen Strukturen und dem zerebralen Kortex [23]. Pathologische Oszillationen im GPI oder STN von Parkinson-Patienten bildeten sich nach Gabe dopaminerger Substanzen zeitgleich mit einer Verbesserung von Rigor und Bradykinese zurück [21, 22]. Analog dazu reduzierte die Anti-Parkinson-Medikation bei diesen Patienten auch die pathologische Synchronität im STN [22] und GPI [21]. Interessanterweise war auch STN-HFS bei Patienten in der Lage, pathologische Oszillation und Synchronität im nachgeschalteten GPI zu normalisieren. Wie für die Medikamenteneffekte beschrieben, verbesserten sich zeitgleich dazu die motorischen Störungen dieser Patienten [27].

Unter funktionellen Gesichtspunkten haben oszillatorische Phänomene und Synchronisierung Auswirkungen auf die Interaktion von Neuronen innerhalb einer bestimmten Kernregion, zwischen benachbarten Kernen der Basalganglien, aber auch zwischen Basalganglien und dem thalamokortikalen System. Normale Willkürmotorik z. B. ist an das Vorhandensein hochfrequenter Oszillationen von ca. 70 Hz oder ca. 300 Hz gekoppelt [28, 29]. Niederfrequente oszillatorische Aktivität im β-Bereich hingegen hat eine wesentliche Rolle bei der Hemmung von Bewegung im STN, sodass die Reduktion dieser Frequenz die Initiierung von Bewegung erleichtert und umgekehrt – wie im Falle von Parkinson-Patienten –, eine pathologische Zunahme oszillatorischer β-Aktivität die Durchführung von Bewegung erschwert [30]. An der Entstehung von Parkinson-assoziiertem Tremor wiederum ist pathologische Netzwerkaktivität zwischen Kortex und Basalganglien mit pathologischer Kupplung kohärenter oszillatorischer Aktivität im 10-Hz-Bereich beteiligt [31].

Auch wenn der Wirkmechanismus der THS noch nicht abschließend und im Detail definiert werden kann, zeigen die hier angesprochenen Untersuchungsergebnisse doch zumindest deutlich, dass bezogen auf einzelne Krankheitsbilder pathophysiologische Abläufe innerhalb neuronaler Netzwerke komplex sind und dass dadurch hervorgerufene Symptome nicht mit einer einfachen Bilanzrechnung von Übertragungsraten (Überaktivität vs. Hemmung) in Schlüsselstrukturen der Basalganglien erklärt werden können. Für Bewegungsstörungen, im Besonderen für den M. Parkinson, sind pathognomonische Veränderungen wie gesteigerte Synchronisation bzw. Oszillation und irreguläre Neuronenaktivität dokumentiert, die möglicherweise über eine Verschiebung des Aktivitätsstatus innerhalb der Basalganglien und des thalamokortikalen Netzwerks die Informationsübertagung bzw. -prozessierung behindern [32].

Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand wird durch THS an einem umschriebenen Punkt des Gehirns einem bestimmten neuronalen Netzwerk zusätzlich Energie zugeführt. Diese Stimulationsaktivität breitet sich vom Stimulationsort innerhalb dieses Netzwerks aus und verändert die Spontanaktivität in einigen Kernarealen. Demzufolge ist die Verbesserung von Symptomen durch THS weniger die Folge einer umschriebenen neuronalen Antwort auf den elektrischen Stimulus, sondern wird eher durch eine Änderung der dynamischen Modulation neuronaler Aktivitäten unter dem Einfluss von THS determiniert [11].

Neue Technologien: THS-Systeme

Die prinzipiellen Komponenten des Systems für die THS bestehen weiterhin aus den Hirnelektroden, Verlängerungen und Impulsgebern (IPG). Auch heute noch werden praktisch ausschließlich 4-polige Hirnelektroden verwendet, wobei im STN im Allgemeinen Elektroden mit einem Abstand von 0,5 mm zwischen den Kontakten eingesetzt werden (Metronic, Modell 3389), im Thalamus und im GPI hingegen Elektroden mit einem Abstand von 1,5 mm zwischen den einzelnen Kontakten (Medtronic, Modell 3387). Zur Stimulation im Zingulum oder auch an anderen Strukturen wurden in jüngster Zeit auch Elektroden verwendet, bei welchen die Zwischenräume zwischen den Kontakten größer sind. In der präklinischen Entwicklung finden sich verschiedene Neuerungen [33], wobei derzeit jedoch nicht absehbar ist, wann diese routinemäßig zum Einsatz kommen können: Elektroden mit mehr als 4 Kontakten (wie sie beispielsweise zur Hirnstammstimulation bei Gehörlosigkeit verwendet werden), Elektroden mit Kontakten, welche nicht zirkulär sind, sondern nur 180° der Elektrodenzirkumferenz einnehmen und es somit erlauben die Stimulation besser zu fokussieren, sowie Elektroden, welche adaptiv stimulieren können.

Wiederaufladbare Batterien sind bis zu 9 Jahre einsatzfähig

Zur Verbindung der Hirnelektroden mit dem IPG über eine sog. Verlängerung sind seit etwas mehr als einem Jahr Kabel mit größerer Elastizität verfügbar. Diese Kabel werden einen wichtigen Nebeneffekt, das Bow-Stringing (Anspannung des Elektrodenkabels im Subkutangewebe) wesentlich reduzieren [34]. Die IPG der neuen Generation sind im Vergleich zu früheren Systemen flacher geworden. Ferner stehen inzwischen auch aufladbare Aggregate zur Verfügung [35]. Bei diesen wiederaufladbaren IPGs wird über ein Interface der Batterie perkutan Energie zugeführt. Es wird erwartet, dass wiederaufladbare Batterien bis zu 9 Jahre einsatzfähig sind. Aufladefrequenz und -dauer hängen vor allem von der verbrauchten Energie durch die Stimulation ab. In erster Linie kommen derartige Systeme bei Erkrankungen in Frage, bei welchen eine effektive THS nur mit relativ hohem Energieeintrag möglich ist, wie beispielsweise bei der Dystonie. Bislang liegen noch keine Studien zur Patientenzufriedenheit bei Einsatz dieser Systeme vor.

Zur Wahl der optimalen Stimulationsparameter gibt es bislang nur wenig fundierte Richtlinien. Bei Bewegungsstörungen wird in aller Regel empirisch die Hochfrequenzstimulation mit 130 Hz bevorzugt. Die meisten kontrollierten Studien wurden bei dieser Frequenz durchgeführt. Die Einstellung der Stimulationsparameter hängt in der Regel sowohl vom spezifischen Krankheitsbild als auch von der Erfahrung des Behandlungszentrums ab. Dies spiegelt sich insbesondere bei der Wahl der Impulsbreite wider. So werden beispielsweise bei der pallidalen Stimulation zur Behandlung der Dystonie Impulsbreiten zwischen 60 und 450 µsec gewählt [36, 37, 38]. Eine wesentliche neuere Entwicklung ist der Einsatz einer geringeren Stimulationsfrequenz bei bestimmten Patienten mit dystonen Erkrankungen. So war es in einigen Studien möglich, auch durch eine Stimulation mit 60 Hz einen zufriedenstellenden klinischen Erfolg zu erzielen [38]. Gänzlich unterschiedlich zur HFS und neu bezüglich der Stimulationsfrequenz ist die Stimulation im PPN bei nichtdopaminsensitiven Gangstörungen. Hier wird in aller Regel eine Stimulationsfrequenz von 20–30 Hz gewählt [39, 40].

Neues zu operativen Techniken

Die „klassischen“ Zielpunkte STN, GPI und VL-Thalami sind mittlerweile fest in der Routine bei der THS zur Behandlung von Bewegungsstörungen verankert (Abb. 3). Zielregionen, welche in der letzten Zeit, meist im Rahmen von Forschungsprojekten, evaluiert wurden sind Kerngebiete im intralaminaren Thalamus (CM-Pf), im vorderen Thalamus (Nucleus ventralis oralis internus), in der Zona incerta und schließlich in der mesenzephalen lokomotorischen Region (PPN).

Abb. 3
figure 3

Dargestellt sind Beispiele für die MRT-basiert Planung der stereotaktischen Implantation von Hirnelektroden. Das Kreuz entspricht dem Durchtrittspunkt der Trajektorie in der gewählten Rekonstruktionsebene. a Zielpunkt im STN auf T2-gewichteten Sequenzen (obere Reihe links) und als 3D-Rekonstruktion (untere Reihe links) 1 5 Mikro-/Makroelektroden zur intraoperativen Elektrophysiologie, 2 Verbindung zwischen vorderer (AC) und hinterer (PC) Kommissur). b Zielpunkt im GPI auf T2-gewichteten Sequenzen (oben Mitte) sowie Inversion Recovery Sequenzen (unten Mitte). c Zielpunkt im VL-Thalamus relativ zur hinteren Kommissur (oben rechts, T1-gewichtete Sequenzen) und die Verlängerung nach ventral in den Bereich der Zona incerta (unten rechts, T2-gewichtete Sequenzen)

Neue Möglichkeiten bietet die Implantation multipler Stimulationselektroden bei einem Patienten, wobei die Daten in aller Regel im Rahmen von Forschungsprojekten erhoben werden. Generell kann die Stimulation in verschiedenen Zielpunkten zur alternativen oder zur additiven Stimulation genutzt werden [41]. Bei der alternativen Stimulation kann beispielsweise während der Ausleitung der Elektroden oder auch im Rahmen einer chronischen Stimulation untersucht werden, ob thalamische oder pallidale Zielpunkte bei bestimmten Formen der Dystonie effektiver sind (z. B. dystoner Tremor). Eingesetzt werden kann diese Technik auch bei Erkrankungen, bei welchen weniger Erfahrungen vorliegen, um den optimalen Stimulationsort zu bestimmen (z. B. thalamische vs. pallidale Stimulation bei Tourette-Erkrankung) [42]. Die Technik der additiven Stimulation in verschiedenen Zielpunkten wird nur sehr selten eingesetzt. Die additive Stimulation im selben Target kann in Ausnahmefällen bei dystonen Erkrankungen im Pallidum [43] sowie bei Tremorerkrankungen im Thalamus sinnvoll sein [44]. Bei der additiven Stimulation bei Parkinson-Patienten mit dopaminrefraktärer Gangstörung bzw. On-Freezing, ist zu beachten, dass bei der Stimulation unterschiedliche Frequenzen zur Anwendung kommen, und zwar 20–30 Hz im PPN und 130 Hz im STN. Weitere Untersuchungen zur Stimulation multipler Zielpunkte sind notwendig, bevor dieses Verfahren in der klinischen Routine Einzug finden sollte.

Qualitätskontrolle Elektrodenlage

Wesentlicher Bestandteil der chirurgischen Qualitätskontrolle ist die Bilddokumentation der Elektrodenlage. Diese kann sowohl intraoperativ als auch unmittelbar postoperativ erfolgen. Wichtig ist, dass die Elektrodenlage nicht nur anatomisch deskriptiv erfasst, sondern auch innerhalb des patientenspezifischen stereotaktischen Koordinatensystems quantitativ definiert wird. Eine fest im Operationssaal installierte Röntgenanlage (STX-Röntgen) steht nur in wenigen Institutionen zur Verfügung. Sie ermöglicht in Echtzeit und verzerrungsfrei die Darstellung von Hirnelektroden in zwei Abbildungsebenen mit Bezug zum stereotaktischen Koordinatensystem. Bei online durchgeführter Übertragung der stereotaktischen Koordinaten in einen stereotaktischen 3D-Bilddatensatz (CT oder MRT) kann die Elektrodenlage auch in Relation zur individuellen Anatomie abgebildet werden. Der intraoperative Einsatz eines Bildwandlers kann streng genommen das STX-Röntgen nicht ersetzen. Durch den Bildwandler wird lediglich eine Abbildungsebene dargestellt. Eine Definition der Elektrodenlage über stereotaktische Raumkoordinaten ist damit nicht möglich.

CT- oder MRT-Untersuchungen mit Fixierung des Patientenkopfes im stereotaktischen Rahmen können theoretisch auch intraoperativ genutzt werden. Aufgrund des hohen logistischen Aufwands dienen diese Verfahren im Regelfall aber der postoperativen Qualitätskontrolle. Wenn das stereotaktische CT unmittelbar nach Beendigung des Eingriffs durchgeführt wird, ist eine umgehende Rückkehr in den Operationssaal zur eventuellen Korrektur der Elektrodenlage problemlos möglich. Zusätzlich zur Kontrolle der Elektrodenlage, wobei auch die Möglichkeit besteht die Koordinaten für jeden einzelnen Kontakt zu berechnen, bilden diese Untersuchungsmodalitäten auch asymptomatisch verlaufende intrakranielle Blutungen oder andere chirurgisch bedingte Veränderungen ab.

Sicherheitsaspekte: MRT bei THS

Hochauflösende MRT-Bilder sind inzwischen unabdingbarer Bestandteil der präoperativen Eingriffsplanung zur stereotaktischen Implantation von Hirnelektroden. Inzwischen kommen für diese Indikation auch 3T-MRT-Scanner zum Einsatz. Wünschenswert wäre ebenso eine reguläre postoperative Lagekontrolle mit MRT-Hochfeldgeräten bei angemessener Bildqualität. MRT-Geräte generieren jedoch starke elektromagnetische Felder, die zu potenziell gefährlichen Interaktionen mit den implantierten Systemkomponenten führen können. Mögliche Risiken während MRT-Untersuchungen von Patienten mit implantierten elektrischen Systemen beinhalten:

  • Generierung eines Induktionsstroms mit Überwärmung der Elektroden und des unmittelbar benachbarten Hirngewebes,

  • Risiko für Elektrodendislokation und

  • funktionelle Zerstörung des Impulsgebers [45, 46, 47].

Bisher wurden zwei ungewöhnliche Komplikationen publiziert, die während MRT-Untersuchungen von Patienten mit implantierten Stimulationssystemen auftraten: Bei dem 2003 publizierten Fall eines 73-jährigen Parkinson-Patienten wurde eine MRT-Untersuchung des Schädels bei ausgeleiteten Hirnelektroden mit einer Feldstärke von 1,0 T und radiofrequenter (RF) Sende-/Empfängerkopfspule durchgeführt. Der Patient entwickelte im Anschluss an die Untersuchung ein ballistisches und dystones Bewegungsmuster. Als Erklärung für die Symptomatik wurde eine thermische Läsion im STN angenommen, aber nie durch die anschließend erfolgte Bildgebung (CT) belegt [48]. Im zweiten Fall, einem 56-jährigen Parkinson-Patienten, war eine STN-Elektrode mit einem abdominal implantierten IPG, die zweite, kontralateral dazu gelegene Hirnelektrode mit einem subklavikulär implantierten IPG verbunden. Nach Durchführung einer MRT-Untersuchung des lumbalen Wirbelsäulensegments (1,0-T-MRT-Scanner, RF-Körperspule) wurde der Patient mit unilateraler Hemiparese, Aphasie sowie Wesensänderung symptomatisch. Bei diesem Patienten wurde ein hämorrhagischer Gewebedefekt im Bereich der linksseitigen Hirnelektrode als Ausdruck einer MRT-induzierten Thermokoagulation dokumentiert [49].

Faktoren, die nach Literaturangaben zu einer Überwärmung des implantierten Systems im MRT führen können sind: Feldstärke und Radiofrequenz des MRT-Systems, Typ der radiofrequenten Sendespule, Menge der auf den Patienten abgegebenen radiofrequenten Energie berechnet als SAR (spezifische Absorptionsrate), die untersuchte anatomische Region, sowie Art, Konfiguration und elektrische Charakteristika des Stimulationssystems [50]. Die 2006 von der Firma Medtronic, dem weltweit führenden Anbieter von Stimulationssystemen zur THS, vorgelegten Sicherheitsempfehlungen zu MRT-Untersuchungen berücksichtigten einige dieser Aspekte und formulierten ihre Vorgaben wie folgt:

  • maximale Feldstärke 1,5 T,

  • Verwendung einer radiofrequenten Sende-/Empfängerkopfspule,

  • maximaler SAR-Wert am Kopf: 0,1 W/kg,

  • Gradienten-Switch von ≤20 T/s.

Tagliati et al. publizierten unlängst die Ergebnisse einer Umfrage zur Sicherheit der MRT, die weltweit in insgesamt 40 THS-Zentren durchgeführt worden war [51]. Nach Auswertung von insgesamt 3304 MRT-Untersuchungen des Schädels sowie von weiteren 177 MRT-Untersuchungen einer anderen Körperregion durchgeführt bei Parkinson-Patienten mit einer oder mehreren Hirnelektroden wurde lediglich einem einzigen Fall eine MRT-assoziierte Komplikation (defekte Elektronik eines IPG) dokumentiert, die durch Wechsel dieser Systemkomponente zu beheben war. In 23 von 40 hier ausgewerteten Zentren (58%) werden weiterhin regulär kraniale MRT-Untersuchungen bei Stimulationspatienten durchgeführt, wobei einige grundlegende Vorsichtsmaßnahmen wie „Verwendung einer RF-Sende-/Empfängerkopfspule“, „Abstellen des IPG“ sowie „Einstellen der Amplitude auf 0 Volt“ eingehalten werden. Leider fehlen in dieser Auswertung Angaben zur SAR [51].

Eine Ausweitung der SAR-Grenze wäre wünschenswert

Gerade der maximal zulässige SAR-Wert von lediglich 0,1 W/kg ist eine sehr bedeutsame Einschränkung, da in diesem Energiebereich nur Bilder mit geringer anatomischer Auflösung generiert werden können. Eine Ausweitung der SAR-Grenze hin zu höheren Werten wäre somit wünschenswert. Drei Veröffentlichungen neueren Datums liefern gute Argumente dafür, dass der SAR-Grenzwert zu konservativ und zu vorsichtig festgesetzt wurde [50, 52, 53]. Mit diesen Auswertungen wurden 969 Patienten entsprechend 1824 MRT-Untersuchungen erfasst. Anteilig waren 692 Untersuchungen unmittelbar nach Implantation der Hirnelektroden [50, 52] sowie 1132 Untersuchungen mit vollständig implantiertem THS-System [50, 53] durchgeführt worden. Die MRT-Untersuchungen erfolgten sämtlich mit RF-Körpersende-/Kopfempfangsspulen, d. h. mit einer Spulenkombination, die nach den offiziellen Empfehlungen eigentlich vermieden werden sollte. Weiterhin waren von den offiziellen Sicherheitsaspekten abweichend SARs appliziert worden, die sämtlich über 0,1 W/kg lagen und in den meisten Fällen ein Vielfaches davon betrugen (bis zu max. 3 W/kg). In keiner dieser Auswertungen wurden MRT-bezogene Nebenwirkungen [50, 52, 53] bzw. Veränderungen des Hirnparenchyms registriert [52].

Zusammenfassend sollte zumindest für eine Feldstärke von 1,5 T eine Ausweitung der SAR bis z. B. 0,4 W/kg gefahrlos möglich sein. Damit wäre man dann wieder in einem Bereich, der bereits eine verwertbare Bildqualität garantiert. Eine Modifikation der geltenden Sicherheitsvorschriften kann derzeit noch nicht generell empfohlen werden, sondern muss in jedem Zentrum zusammen mit dem verantwortlichen Radiologen festgesetzt und entschieden werde.

Komplikationen und Nebenwirkungen der THS

Frühe Komplikationen

Frühe Komplikationen sind Folge des durchgeführten operativen Eingriffs und werden bereits im Operationssaal oder in der unmittelbar postoperativen Phase registriert (sog. 30-Tages-Morbidität bzw. Mortalität). Intrakranielle Blutungen (ICB) als schwerste chirurgische Komplikation nach stereotaktischer Implantation von Elektroden zur THS treten im Durchschnitt bei 2,9% der Patienten auf. Blutungsereignisse ohne neurologische Symptome (asymptomatische ICB) wurden durch postoperative CT- oder MRT-Kontrollen bei 1,2–3,6% der Patienten registriert. Symptomatische Blutungen traten mit etwa der gleichen Häufigkeit d. h. bei 1,5–3,3% der Patienten auf. Neurologische Defizite nach ICB waren im Durchschnitt bei 1,0% der Betroffenen irreversibel (Spannweite: 0–2,8%). Die durchschnittliche Inzidenz venöser Infarzierungen beträgt 0,2% (Übersicht in [54]).

Intrakranielle Blutungen treten bei 2,9% der Patienten auf

Die Diagnose Morbus Parkinson [6, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61], Komorbiditäten (arterieller Hypertonus [55, 61, 62], nicht diagnostizierte Gerinnungsstörung [55]) und höheres Lebensalter am Operationstag [55, 61] begünstigen das Auftreten einer ICB. Für die Variable „Lebensalter“ liegt die kritische Schwelle möglicherweise im Bereich zwischen 60 und 65 Jahren [55, 61]. Die Bedeutung der Mikroelektrodenableitung unter Verwendung multipler Trajektorien für das ICB-Risiko bzw. ein gelegentlich auch diskutiertes zielpunktassoziiertes ICB-Risiko können nach Datenlage nicht abschließend bewertet werden [54]. In der eigenen Erfahrung kommt beiden Variablen jedoch keine signifikante Bedeutung zu [55, 56].

Das Risiko, an den Folgen einer Operation zur Implantation eines THS-Systems zu versterben, beträgt 0,4% (5/1183 Patienten). Die Ursachen für einen letalen postoperativen Verlauf waren: ICB mit Folgekomplikationen (zwei Patienten), Pneumonie (ein Patient), akutes Leberversagen bei präoperativ nicht bekannter Hepatopathie (ein Patient) sowie akute Exazerbation bei Multipler Sklerose (ein Patient) [55]. Pneumonien nach stereotaktischer Implantation von Stimulationselektroden wurden mit einer Rate von 0,6% [55] bzw. 0,9% [60] registriert. Häufig handelte es sich um eine Sekundärkomplikation nach ICB. Neben einem kardiovaskulären Risikoprofil erhöht möglicherweise die Diagnose „Morbus Parkinson“ das Risiko für das Auftreten einer Pneumonie im postoperativen Verlauf [55].

Einer umfassenden Literaturanalyse zufolge sind auch die folgenden, eher seltenen Komplikationen möglich [54]: direkte Schädigung neuronaler Strukturen während der Implantation von Hirnelektroden: 0–0,2% (daraus resultierende neurologische Defizite waren in 3/2273 Fällen [0,1%] permanent und bildeten sich in einem Fall [0,05%] vollständig zurück), Liquorfistel nach Implantation der Hirnelektroden: 0–0,9% (durchschnittliches Risiko: 0,3% [7/2535 Patienten] sowie epileptischer Anfall während der Elektrodenimplantation oder unmittelbar postoperativ: 1,3% (34/2623 Patienten).

Spätkomplikationen

Spätkomplikationen beinhalten die folgenden Ereignisse: Hauterosionen, Migration oder Fehlplatzierung von Hirnelektroden, Elektrodenbruch sowie Fehlfunktion des Impulsgebers. Hautdefekte (Erosionen), die sich über implantiertem Fremdmaterial ausbilden können und nicht notwendigerweise zu einer Superinfektion führen müssen wurden bei 0,9–5,5% der Patienten gesehen [56, 59, 63, 64]. Betroffen waren die Konnektoren in 1,9%, Verbindungskabel in 0,8%, Bohrloch bzw. Hirnelektrode in 0,2% sowie der Impulsgeber in 0,2% der Fälle [56, 59, 60, 64, 65, 66, 67]. Die Angaben zur Migration einer Hirnelektrode oder einer operativen Repositionierung aus anderen Gründen liegen zwischen 0% und 18,8% (Durchschnitt: 5,8%) (Übersicht in [63]). Die Wahrscheinlichkeit für Verletzung oder Bruch einer Hirnelektrode beträgt Literaturangaben zufolge 0,8–15,2% pro Patient (Durchschnitt: 3,6%, 43/1199 Patienten; Übersicht in [63]).

Infektionen

Infektionen treten an Operationswunden auf, können sich aber auch im Bereich von Hautdefekten (Erosionen) ausbilden. Der zeitliche Abstand zwischen Dokumentation der Infektion und Operation beträgt im Mittel 27 Tagen [68]. Hautdefekte können sich allerdings noch nach Jahren ausbilden. Infektionsraten werden in der Literatur mit 0–15% pro Patient bzw. 0–9,7% pro implantierter Hirnelektrode [68, 69] angegeben (Durchschnitt: Bezogen auf die einzelnen Systemkomponenten werden Infektionen mit den folgenden Häufigkeiten registriert: Impulsgeber 2,4%, Konnektoren 0,9%, Bohrloch/Hirnelektrode 0,7% sowie Verbindungskabel 0,2%; Übersicht in [54]). In 0,8% der Fälle waren bei Erstvorstellung der Patienten bereits mehr als eine Komponente des TSH-Systems von der Infektion betroffen. Weder Lebensalter noch Grunderkrankung, Erfahrung des Chirurgen, Art der Implantation von Elektroden und IPG (einzeitig vs. zweizeitig) bzw. Modell des implantierten IPG (Einkanal- vs. Zweikanalsystem) waren statistisch signifikante Indikatoren für implantatbedingte Infektionen. Auch hatten Operationsdauer oder prozedurale Änderungen, die bewusst zur Reduktion des Infektionsrisikos eingeführt wurden, keinen Effekt auf die Infektionsstatistik [68]. Infektionen und Hautdefekte sollten gründlich und konsequent sowohl antibiotisch als auch chirurgisch behandelt werden.

Fazit

Die tiefe Hirnstimulation (THS) mit vollständig implantablen Stimulatonssystemen bestehend aus Hirnelektroden, Verlängerungskabel und Impulsgeber (IPG) hat in der funktionellen Neurochirurgie die Hochfrequenzkoagulation nahezu vollständig verdrängt. Die klinische Effektivität dieses Verfahrens zur Behandlung von Bewegungsstörungen ist durch zahlreiche Studien gut dokumentiert. Möglicherweise kann durch THS auch bei Patienten mit neuropsychiatrischen Erkrankungen eine signifikante Symptomverbesserung erreicht werden. Der positive Behandlungseffekt dieses Verfahrens gründet im Wesentlichen auf einer Modulation pathologisch veränderter neuronaler Netzwerke durch Aktivierung von Axonen, die aus der stimulierten Zielregion abgehen. Methodische Entwicklungen wie die Verwendung hochauflösender MRT-Bilder in Verbindung mit geeigneter Behandlungsplanungssoftware haben dazu beigetragen, die Häufigkeit schwerer oprationsbedingter Komplikationen (z. B. intrakranielle Blutung) erheblich zu reduzieren (Risiko: 1–3%). Schwere Wundheilungsstörungen, die das Entfernen des THS-Systems erfordern, treten als typische Spätkomplikation im Durchschnitt bei etwa 5% der Patienten auf. Durch Einführung eines wiederaufladbaren IPG können möglicherweise die Zeitintervalle für den operativen Wechsel dieses Aggregats um fast das Doppelte auf bis zu 9 Jahre verlängert werden. Zukünftig technische Neuerungen sehen u. a. die Entwicklung verschiedener Hirnelektrodentypen vor, sodass die Stimulationsenergie spezifischer an die Zielregion bzw. den individuellen Bedarf des Patienten angepasst abgegeben werden kann.