Seit ihrer Entwicklung vor gut 250 Jahren gehört das Prinzip der Impfprävention zu den wichtigsten Errungenschaften der modernen Medizingeschichte. Trotz enormer Fortschritte in den letzten Dekaden im Hinblick auf die Bereitstellung effektiver und verträglicher Impfstoffe besteht heute die Herausforderung darin, langfristig wirksame Vakzine gegen intrazelluläre Erreger wie Mykobakterien, human immunodeficiency virus oder Plasmodien verfügbar zu machen. Die Entwicklung moderner Impfstoffe ist ein ressourcen- und zeitaufwendiger Prozess und durchläuft schon vor dem klinischen Einsatz am Menschen eine Reihe von Studienphasen, beginnend mit experimenteller Forschung am Tiermodell. Das zentrale Ziel einer Impfung ist der Schutz vor einer Infektionskrankheit. Dieser wichtige Parameter, der letztendlich die Wirksamkeit einer Impfung beschreibt, lässt sich in klinischen Studien allerdings nicht immer gut erfassen. Insbesondere, wenn die Infektionsereignisse selten sind, wie z. B. bei der Meningokokken-Typ-B-Infektion (weniger als 250 Fälle/Jahr in Deutschland), können die Effekte eines Impfstoffs zunächst nur indirekt durch immunologische Surrogatmarker beschrieben werden. Hierzu sind groß angelegte, prospektive Feld- oder Fall-Kontroll-Studien mit hoher Probandenzahl nötig. Häufig sind es serologische Korrelate (Antikörperspiegel), mit deren Hilfe der Schutz nach Impfung und die Wirksamkeit von Impfstoffen beschrieben werden, wobei nur in wenigen Fällen ein direkter Zusammenhang zwischen dem serologischen Merkmal, meist eine impfantigenspezifische Antikörperkonzentration, und der Qualität des erreichten Infektionsschutzes nachgewiesen ist. Den „Goldstandard“ für „Schutz nach Impfung“ stellen klinische Wirksamkeitsstudien dar, die allerdings mit serologischen Ergebnissen übereinstimmen können. Neuere Studien nutzen auch spezifische Antwortmuster von Subpopulationen der Lymphozyten, den Nachweis von Zytokinexpressionsmustern u. a., ohne dass diese technisch aufwendigeren Untersuchungen tatsächlich die impfstoffvermittelte Protektion zuverlässig beschreiben.

Immunmarker

Die Identifikation von Immunmarkern als Korrelat des „Schutzes vor Infektion oder Erkrankung“ nach einer Impfung oder auch einer natürlichen Infektion ist bedeutend. Neben einem grundlegenden wissenschaftlichen Interesse ermöglichen sie die Entscheidung, welche Antigene Bestandteil eines Impfstoffs sein müssen, erlauben Aussagen über die Immunität eines Individuums oder einer ganzen Population und lassen den Vergleich der Ergebnisse unterschiedlicher Studien zu [18]. Als Korrelate des „ausreichenden“ Schutzes wird bevorzugt die humorale Immunantwort erachtet, die in Form von als protektiv angesehenen Antikörpertitern/-konzentrationen im Blut des Impflings messbar ist [24]. Hierbei werden entweder „Cut-off“-Titer (z. B. 1:4 [Meningokokken, MenACWY]) oder Konzentrationen (z. B. 0,15 µg/ml [Haemophilus influenzae, Hib], 100 IU/ml [Hepatitis B] u. a.) angegeben. Die heute genutzten Grenzwerte sind z. T. klinisch erhoben worden oder werden anhand historischer Kohorten ermittelt. Auch Übertragungen von „schützenden Titern“ auf andere, verwandte Antigene sind üblich (z. B. MenC vs. MenACWY oder Influenzaimpfstoffe).

Im Blut messbare Antikörpertiter stellen das bevorzugte Korrelat des „ausreichenden“ Schutzes dar

Der Nachweis der klinischen Wirksamkeit von Impfstoffen in Studien kann unter bestimmten Umständen nur schwer durchführbar sein, z. B. wenn es sich um Krankheiten handelt, die sehr selten sind oder die starke saisonale Schwankungen aufweisen. Auch die Entwicklung von Impfstoffen für erwartete Pandemien, für Krankheiten mit chronischen Infektionsverläufen oder ausgesprochen langen Latenzphasen gestaltet sich schwierig. In Fällen, bei denen der Impferfolg nicht am klinischen Zustand des Impflings festzumachen ist, begründet sich die Rationale zur Entwicklung von Impfstoffen oder gar die Zulassung derselben u. U. vollständig auf messbare Surrogatparameter oder immunologische Korrelate der Immunantwort nach der Impfung. Auch nach der Zulassung eines Impfstoffs sind es häufig (mehr oder weniger validierte) immunologische Korrelate, mit denen die Wirksamkeit des Impfstoffs in Studien beschrieben wird.

Entsprechend den Angaben der amerikanischen Zulassungsbehörde für Arzneimittel (Food and Drug Administration, FDA) ist die Definition eines solchen Korrelats ein mit dem Schutz nach Impfung assoziierter Laborparameter, der im Rahmen einer klinischen Erkrankung auftritt und in kontrollierten Studien nachgewiesen worden ist. Hieraus lässt sich ableiten, dass sich ein solches Korrelat des Schutzes nach Impfung („correlate of protection“, CoP) nur nach statistischer Analyse einer ausreichend großen Gruppe geimpfter, infizierter oder erkrankter Individuen, von denen ein Teil betroffen und ein anderer nicht betroffen ist, identifizieren lässt. In aktuell veröffentlichten Publikationen erfolgt die Aufteilung der CoP in folgende 2 Gruppen (Abb. 1):

  • mechanistische Korrelate der Protektion („mechanistic correlates of protection“, mCoP) und

  • nichtmechanistische Korrelate der Protektion („non-mechanistic correlates of protection“, nCoP).

Abb. 1
figure 1

Einteilung der Korrelate des Schutzes vor Erkrankung. (Plotkin und Gilbert [18])

Erstgenannte sind definiert als immunologisch messbare Parameter, die ursächlich für den Schutz nach Impfung sind. Nichtmechanistische Korrelate der Protektion dagegen bezeichnen solche Parameter, die signifikant mit dem entsprechenden „Impfschutz“ korrelieren, aber nicht ursächlich für diesen verantwortlich sind [18]. In zahlreichen Fällen werden nach Impfungen allerdings Immunantworten analysiert, die statistisch nicht mit einem entsprechenden Schutz korrelieren. Solche als relevante Immunmarker zu bezeichnende Parameter, dürfen nicht mit den beschriebenen Korrelaten gleichgesetzt werden [22]. Davon wiederum abzugrenzen sind Surrogatmarker. Sie stellen messbare Laborparameter oder klinische Zeichen dar, die in klinischen Studien die Beeinflussung der Wirkung einer Intervention (z. B. Impfung) auf ein übergeordnetes medizinisches Phänomen (z. B. Auftreten eines Symptoms) anzeigen sollen. Surrogatmarker werden daher verwendet, um einen Schutz vor einer Erkrankung oder eine Verbesserung des klinischen Zustands vorauszusagen, wenn ein entsprechendes „echtes Korrelat“ unbekannt ist oder nur mit erheblichem Aufwand ermittelt werden kann („Ersatzparameter“).

Bislang ist eine Vielzahl von immunologischen Markern untersucht worden, von denen man vermutet, dass sie mit dem Schutz nach einer Impfung korrelieren würden. Diese lassen sich in humorale „Korrelate“ und zellvermittelte, immunologische „Korrelate“ einteilen. In Abhängigkeit davon, welche spezifische Funktion der Immunantwort für den Schutz vor dem jeweiligen Erreger pathophysiologisch bedeutsamer erscheint (obligat intrazelluläres Pathogen, komplementaktiviert via Antikörper etc.), werden die entsprechenden Marker evaluiert. Eine Übersicht über die verschiedenen Immunparameter, für die ein derartiger Zusammenhang untersucht worden ist, zeigt Tab. 1.

Tab. 1 Immunparameter oder Korrelate des Schutzes vor Erkrankung. (Thakur et al. [24])

Für die meisten Impfstoffe kann angenommen werden, dass das Individuum durch die Induktion von spezifischen Antikörpern geschützt wird, da viele Erreger das jeweilige Zielorgan extrazellulär über den Blutstrom erreichen [6]. Andere Mikroorganismen produzieren Toxine, die durch Antitoxine (im Fall von Impfungen Antikörper) neutralisiert und inaktiviert werden müssen, oder replizieren auf der Oberfläche der Mukosa, wo sie durch lokal produzierte Antikörper (Immunglobulin A, IgA) inaktiviert werden können. Gelegentlich, wie im Fall der Tollwut, besteht nur ein sehr kurzes Zeitfenster, kurz bevor das Virus das neuronale Axon infiltriert, indem es extrazellulär durch spezifische Antikörper angreifbar ist. Bei persistierenden intrazellulären Infektionserregern, wie etwa bei Mykobakterien oder Chlamydien, ist die humorale Immunantwort für den Infektionsschutz nicht ausreichend. In diesen Fällen ist die Induktion einer ausreichenden zellvermittelten Immunantwort („cell-mediated immunity“, CMI) erforderlich, um den intrazellulären lokalisierten Erreger zu eliminieren. Die Induktion einer spezifischen T‑zellulären Impfantwort, speziell im Hinblick auf die CD8-positiven zytotoxischen T‑Zellen, stellt allerdings komplexe Herausforderungen an die Formulierung des Impfstoffs und kann bisher eigentlich zuverlässig nur mit viralen Lebensimpfstoffen erreicht werden [12]. Die Entwicklung solcher Impfstoffe basiert wesentlich auf dem Verständnis der mikrobiologischen Pathogenität, den Interaktionen von Wirt und Pathogen sowie der Ausprägung der protektiven T‑Zellantwort auf die entsprechende Infektion.

Antikörper

Ein Beweis für die Annahme, dass Antikörper immunologische Korrelate des Schutzes nach Impfung darstellen, ergibt sich aus der klinischen Verbesserung des Patienten nach passiver Impfung oder durch den Nestschutz des Neugeborenen, also die schützende Wirkung diaplazentar übertragener, maternaler Antikörpern in den ersten Monaten nach der Geburt [8]. Für einige impfpräventable Erkrankungen kann der durch Impfung erreichte Infektionsschutz durch Messung spezifischer Antikörperspiegel ermittelt oder zumindest abgeschätzt werden. Eine Übersicht über die Antikörperkonzentrationen, die für die einzelnen Erkrankungen als protektiv angesehen werden, gibt Tab. 2.

Tab. 2 Korrelate des Impfschutzes nach Impfung. (Plotkin [17])

Die statistisch ermittelten Grenztiter garantieren keineswegs einen „Individualschutz“

Wichtig ist, dass solche Grenztiter statistisch ermittelt werden und daher keineswegs einen „Individualschutz“ garantieren. Außerdem ist zu beachten, dass erhebliche Unterschiede zwischen den zur Antikörpermessung eingesetzten Test-Kits bestehen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

„Ringversuch Virusimmunologie Röteln (341)“ mit 2 Proben zur Bestimmung des Rötelntiters, differenziert nach unterschiedlichen ELISA-Test-Kits, Juni 2008 (Zeichhardt [26]). Proben 56.023 und 56.024; 30. Anti-Röteln-Immunglobulin G/gesamt. (ROE-lgG/-ges); Vergleich der Mediane für die Proben 56.023 (positiv, 1:10 verd.) und 56.024 (positiv, 1:20 verd.). ChLIA Chemilumineszenz-Immunoassay, CMIA Chemilumineszenz-Micropartikel-Immunoassay, ECLIA Elektro-Chemilumineszenz-Immunoassay, ELFA Enzym-Linked-Fluoreszenz-Assay, ELISA Enzyme-linked Immunosorbent Assay, MEIA Mikropartikel-Enzym-Immunoassay

Ein weiteres Problem stellt der Zeitpunkt der Messung von Antikörpern nach einer Infektion bzw. Impfung dar. Beispielhaft gibt Abb. 3 den zeitlichen Verlauf von IgM- und IgG-Konzentrationen nach einer primären Infektion mit dem Zytomegalievirus (CMV) wieder.

Abb. 3
figure 3

Relative Änderungen der IgM-, IgG- und IgG-Avidität-Level nach primärer Zytomegalieinfektion im zeitlichen Verlauf. Ig Immunglobulin. (Prince und Lapé-Nixon [19])

Die Kinetik der serologischen Parameter nach einer Impfung dürfte ähnlich ausfallen. Der Zeitpunkt zur Überprüfung eines schützenden Antikörperspiegels ist daher wichtig.

Zusätzlich ist zu beachten, dass ein Korrelat, das für den Schutz nach einer Impfung steht, nicht zwangsläufig identisch mit dem tatsächlich wirksamen Schutzprinzip sein muss. Dies soll am Beispiel der Masernimpfung illustriert werden. Immunglobulin-G-Titer ≥200 mlU/ml gelten als protektiv gegenüber einer Infektion, wohingegen Titer zwischen 120 und 200 mlU/ml zwar vor den klinischen Symptomen der Erkrankung, nicht aber vor einer Infektion schützen sollen. Titer ≤120 mlU/ml gelten generell als nichtprotektiv [3]. Diese Bewertung vernachlässigt die Bedeutung der T‑zellulären Immunantwort für die Überwindung einer viralen Infektion vollständig. Dass sich das humorale und das zelluläre Immunsystem ergänzen, lässt sich jedoch ebenfalls am Beispiel von Masern aufzeigen. Während sich Menschen mit B‑Zell-Defekten von einer Maserninfektion erholen können, führt ein T‑Zell-Defekt zu einer schweren oder gar tödlichen Infektion. Früheren Annahmen zufolge beruht Immunität gegenüber intrazellulären Erregern auf einer CMI-Antwort (T-Helferzellen, TH1), während die Protektion gegenüber extrazellulären Erregern auf antikörpervermittelte Mechanismen (TH2) zurückzuführen ist. Dagegen geht man heute davon aus, dass intrazelluläre Erreger eine kombinierte TH1- und TH2-Immunantwort hervorrufen [5]. Neben der Möglichkeit der Neutralisation der Erreger in einer häufig zum Replikationszyklus gehörenden transienten extrazellulären Phase deutet vieles auf einen immunregulatorischen Effekt von Antikörpern auf die T‑Zell-Immunität hin. Spezifische Isotypen von Antikörpern triggern die TH1-Aktivierung mithilfe der „Fragment-crystallisable“-Rezeptoren (FcR), indem sie Aufnahme, Verarbeitung und anschließende Präsentation von Antigenen des Erregers erleichtern. Insofern scheint eine effektive, also schützende T‑Zell(„Memory“)-Immunantwort eine effektive humorale Immunantwort vorauszusetzen.

Neutralisierende Antikörpertiter

Schon früh galten persistierende Antikörper als Korrelat eines anhaltenden Schutzes nach einer Immunisierung [17]. Moderne Impfstoffe induzieren eine verlässliche, mithilfe unterschiedlicher Methoden messbare Immunantwort. Insbesondere der Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) sowie Hämagglutinations- und Neutralisationsteste kommen hierbei zur Anwendung. So konnten im Verlauf der Zeit, wie im Fall eines Windpockenimpfstoffs in den 1970er-Jahren, Studien zeigen, dass ein neutralisierender Antikörpertiter von 1:20 bis 1:32 für eine ausreichenden Schutz notwendig ist [21]. Gleichermaßen sind für Toxine wie Tetanus- oder Diphtherietoxin sowie verschiedene intrazelluläre Pathogene neutralisierende Antikörpertiter, die mit einem Schutz nach einer Impfung mehr oder weniger korrelieren, beschrieben worden (Tab. 1). Antikörper sind in der Lage, ihre neutralisierende Wirkung auf unterschiedliche Weise zu entfalten. So interferieren sie mit den Bindungsrezeptoren des Virus, verhindern die Aufnahme von Viruspartikeln in die Zelle oder das „uncoating“, also die Freisetzung von viralen Nukleinsäuren aus der Kapsidhülle, oder führen gar zur Aggregation von ganzen Viruspartikeln. Darüber hinaus wird eine Reihe von hüllentragende Viren lysiert, wenn u. a. neutralisierende Antikörper auf sie treffen. Auch bei Mykobakterien, als den Prototyp einer CMI-Immunantwort, haben Studien zeigen können, dass es neutralisierende Antikörper der Subklassen IgG und IgA sind, die die Verbreitung des Bakteriums einzudämmen scheinen [25].

Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität

Mithilfe der antikörperabhängigen zellvermittelten Zytotoxizität („antibody-dependent cell-mediated cytotoxicity“, ADCC) ist es Antikörpern möglich, eine Ausbreitung des Erregers zu verhindern und damit die Erkrankung zu limitieren. Typischerweise wird die ADCC durch natürliche Killerzellen vermittelt, in dem membrangebundene Fc-Rezeptoren (FcγRIII oder CD16), die an antikörpergekoppelte (IgG1 oder IgG3) Mikroben binden, in der Folge über Perforin, Granzyme, reaktiven Sauerstoff oder Zytokine den Tod des Erregers herbeiführen.

Ein Korrelat des Schutzes bei HIV-Antikörper-Therapie stellen ADCC-vermittelnde Antikörper dar

In ganz ähnlicher Weise ist dies bei neutrophilen oder eosinophilen Granulozyten sowie Makrophagen möglich. Neuere Studien zeigen, dass ADCC-vermittelnde Antikörper ein vielversprechendes Korrelat des Schutzes bei der Therapie mit HIV-Antikörpern darstellen [2]. Bisher galten virusspezifische neutralisierende Antikörper und zytotoxische T‑Zellen als die entscheidenden Korrelate.

Immunglobulinklassen und deren Subklassen

Wie bereits ausgeführt, vermitteln die meisten Impfstoffe durch die Bildung von Serum-IgG sowie Mukosa-IgG und -IgA einen humoralen Schutz nach einer Impfung. Dabei zeigt sich, dass der erreichte Titer häufig mit der Ausprägung des erreichten Schutzes korreliert. Immunglobuline A sind die wesentlichen Antikörper, die v. a. auf der mukosalen Oberfläche des Intestinums und des Respirationstrakts sezerniert werden. Sie vermitteln Schutz durch Neutralisation und haben eine geringere Fähigkeit zur Opsonierung und Komplementaktivierung als das IgG [4]. Beide, IgG und IgA, sind in der Lage, sowohl Bakterientoxine zu neutralisieren als auch die Adhäsion von Bakterien an Wirtszellen zu verhindern. In Untersuchungen mit dem nasalen Influenzaimpfstoff korrelierten IgG- und IgA-Titer mit dem Grad des Schutzes durch die Vakzine [7]. Dabei konnte gezeigt werden, dass Kinder, die nachweislich keinen der beiden Antikörper auf der Mukosa aufwiesen, in 63 % der Fälle Viren streuten, gegenüber 3 % der geimpften Kinder, die wahrscheinlich durch die Impfung Antikörper gebildet haben.

B-Gedächtnis-Zellen („memory cells“)

Gedächtniszellen sind vor über 50 Jahren im Rahmen der Entwicklung des Varizellenimpfstoffs identifiziert worden. Sie stellen eine Art zweite Verteidigungslinie dar, indem sie dann ihre Wirkung entfalten, wenn die Konzentration der vorhandenen Antikörper zu niedrig ist, um das entsprechende Pathogen zu bekämpfen. Gedächtniszellen sind für die Dauer des durch Impfungen erzeugten Infektionsschutzes verantwortlich. Abhängig von den Impfantigen kann der Schutz nach Impfung nur wenige Jahre, aber auch Jahrzehnte und in Ausnahmefällen lebenslang anhalten. Wiederholungsimpfungen sind geeignet das immunologische Gedächtnis zu reaktivieren und die Dauer des Schutzes nach einer Impfung zu prolongieren.

Impfantigenspezifische B‑Zellen sind durch verschiedene Messmethoden nachweisbar (u. a. ELISpot, Zytometrie). Die Bedeutung von zirkulierenden B‑Zellen für den Schutz nach einer Impfung ist auch heute noch nicht vollständig verstanden. Während B‑Zellen in der Lage sind, das Fortschreiten einer chronischen Hepatitis durch Impfung günstig zu beeinflussen [14], haben Studien nur eine sehr schwache Korrelation von zirkulierenden intestinalen B‑Zellen und dem entsprechenden Schutz nach einer Rotavirusimpfung belegt [20]. Andererseits konnte ein therapeutischer Effekt nach Applikation von spezifischen aktivierten B‑Zellen bei bestimmten Infektionen nachgewiesen werden [13].

Zellvermittelte Immunität

Gerade für intrazelluläre Infektionen stellt die alleinige Betrachtung der humoralen Immunantwort nur ein eingeschränktes Korrelat der Immunität dar. Seit vielen Jahren ist die zellvermittelte Immunität (CMI) daher Gegenstand intensiver Forschung. Dabei wurden unterschiedliche Eigenschaften von T‑Zellen, wie etwa Funktion, Phänotyp, Antigenspezifität sowie „Major-histocompatibility-complex“(MHC)-Zuordnung, als Korrelate für die Protektion nach einer Infektion oder Immunisierung in Betracht gezogen. Letztlich stellt heute die Messung der immunologischen, antigenspezifischen CD4+- und CD8+-T-Zell-Antworten, in Form von Zytokinen, die nach der Aktivierung der Zelle sezerniert werden, die Methode der Wahl dar. Insgesamt sind diese Analysen jedoch technisch aufwendig und werden im Regelfall nur bei spezifischen wissenschaftlichen Fragestellungen eingesetzt. In der Routine sollten derartige Laborverfahren zur Überprüfung des Impferfolgs, wenn dies überhaupt notwendig ist, nicht eingesetzt werden, sondern sind nur bei ganz speziellen Fragestellungen angezeigt.

CD4+-T-Helferzellen und Zytokine

Die CD4+-T-Zellen üben eine wichtige koordinierende Funktion in der gesamten Immunkaskade aus. Nachdem diese eine Antigen, das von MHC-Klasse-II-Zellen (dendritische Zelle, Makrophagen) präsentiert worden ist, erkannt haben, differenzieren sich die so aktivierten CD4+-Zellen in Subgruppen, sog. T‑Helfer-1- (TH1), TH2-, TH17- oder regulatorische T‑Zellen (Treg-Zellen). Ihre Wirkung entfalten die TH1-Zellen durch die Sekretion von Zytokinen, wie Interferon(IFN)-γ, Tumor-Nekrose-Faktor(TNF)-α und Interleukin(IL)-2. Sie sind auch in die Differenzierung von CD8+-T-Zellen eingebunden. In vielen Studien wird heute die Sekretion spezieller Zytokine durch die T‑Zellen als Marker einer durch den Impfstoff ausgelösten CMI gemessen. Heute ist es möglich, die Konzentration an Zytokinen schon in einer sehr frühen Phase der Immunantwort auf RNA-Ebene zu messen. Dies geschieht mithilfe einer reversen Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion („reverse transcription polymerase chain reaction“, RT-PCR). Auch für die Messung des fertigen Proteins stehen unterschiedliche Methoden (ELISA, ELISpot) zur Verfügung.

Marker einer impfstoffausgelösten CMI ist die Sekretion spezieller Zytokine durch T‑Zellen

Interferon-γ ist ein Zytokin der TH1-Kaskade und nimmt eine wichtige Rolle bei der durch Impfstoffe induzierten Immunantwort zur Bekämpfung von Infektionen ein. Ein Beispiel hierfür ist die Bacille-Calmette-Guérin(BCG)-Impfung gegen Tuberkulose, bei der CD4+-T-Zellen gebildet werden, die bei Stimulation mit dem entsprechenden Antigen IFN-γ produzieren. Die Messung der durch Antigen stimulierten und von mononuklearen Zellen sezernierten IFN-γ-Konzentration gehört heute ebenfalls zu den in der Routine verwendeten Methoden, um die T‑Zell-Immunantwort nach Infektion oder Impfung zu erfassen. Solche Interferon-γ-Tests (Interferon Gamma Release Assay, IGRA) wurden erstmalig 2001 in den USA zugelassen. Hierbei handelte es sich um den QuantiFERON-TB-Test (QFT, Qiagen, Venlo, Niederlande) zum Nachweis von Tuberkulose.

Trotz der unbestrittenen, wichtigen Rolle im Rahmen der Immunabwehr korreliert die Produktion von IFN-γ nicht unbedingt mit der Ausprägung des Schutzes vor der Erkrankung [15]. In Studien konnte gezeigt werden, dass der Schutz gegenüber Mycobacterium-tuberculosis-Infektionen nicht mit dem Level des von CD4+-Zellen sezernierten IFN-γ korrelieren [11]. Vielmehr gibt es neuere Hinweise, dass CD4+-Zellen direkten Einfluss auf das Wachstum von Tuberkulosebakterien haben, auch ohne IFN-γ oder TNF-α zu sezernieren [10].

Tumor-Nekrose-Faktor-α wird von T‑Effektorzellen sezerniert und vermittelt u. a. die Zerstörung von Zellen, die mit intrazellulären Erregern befallen sind. Ebenso scheint das IL-2 eine Rolle bei der Vermehrung von T‑Zellen sowie eine zentrale Bedeutung in der Abwehrkaskade zu besitzen. Somit lässt sich feststellen, dass T‑Zellen mit ihrer Fähigkeit, verschiedenste Zytokine im Bedarfsfall zielgerichtet zu sezernieren, gut mit dem durch sie getriggerten Immungeschehen korrelieren [1, 9].

Zytotoxische CD8+-T-Zellen

In den vergangenen Jahren haben sich viele Arbeitsgruppen damit beschäftigt, antigenspezifische zytotoxische CD8+-T-Zellen („cytotoxic T lymphocyte“, CTL) zu isolieren. Um die spezifische Funktion zu beschreiben und messbar zu machen, kamen verschiedene Methoden zur Anwendung (u. a. 51Cr-Release Assay, MHC-Tetramer Technologie, ELISA, ELISpot). Neuere Methoden zielen darauf ab, die durch Exozytose freigesetzten zytotoxischen Proteine, wie etwa Perforin, Granzyme, aber auch Zytokine, wie IFN-γ, TNF-α, IL-2, IL-4 und IL-10, zu messen [27], da diese mit dem jeweiligen Aktivierungsgrad der unterschiedlichen spezifischen CTL korrelieren, der für die Aktivierung und nachfolgende Immunabwehr von T‑Zellen notwendig ist [23]. Bei der MHC-Tetramer-Technologie werden 4 MHC-Moleküle, synthetisch hergestellte pathogenspezifische Peptide und fluoreszierende Marker kombiniert sowie auf diesem Weg ex vivo direkt die Funktion der antigenspezifischen CTL gemessen [16].

Fazit für die Praxis

  • Zu vermeintlichen Korrelaten des Schutzes nach Immunisierung hat es in der Vergangenheit eine Vielzahl von Untersuchungen gegeben. Verlässliche Korrelate des Schutzes nach Immunisierung oder Erkrankung, die eine Beurteilung in der Praxis zulassen, gibt es nur wenige.

  • Den „Goldstandard“ für den „Schutz nach Impfung“ stellen klinische Wirksamkeitsstudien dar, die allerdings mit serologischen Ergebnissen übereinstimmen können.

  • Nach wie vor bieten die nach Immunisierungen oder Erkrankung produzierten Antikörper die einfachste Möglichkeit, die erfolgreiche Immunantwort und möglicherweise auch den Schutz nach Infektion oder Immunisierung einzuschätzen.

  • Limitationen der routinemäßigen Antikörpermessung liegen in den jeweiligen Messverfahren (ELISA), die unterschiedliche Spezifitäten und Sensitivitäten aufweisen. Auch der Zeitpunkt der Messung im individuellen Verlauf der Immunreaktion auf ein Antigen kann sehr bedeutend sein und zu erheblichen Unterschieden der Messergebnisse führen.

  • In der Routine sollten Laborverfahren zur Überprüfung des Impferfolgs nicht eingesetzt werden; diese sind nur bei ganz speziellen Fragestellungen angezeigt.