Medikamente, die zu den „zielgerichteten Arzneimitteln“ zählen, unterscheiden sich in einigen wichtigen Charakteristika von klassischen Medikamenten (vgl. Tab. 1 in [6]). Kutane unerwünschte Wirkungen insbesondere bei onkologischen Indikationen von diesen neuen Arzneimitteln sind zumeist durch ihre Hauptzielstruktur bedingt („on-target“) und wurden wiederholt in dieser Zeitschrift beschrieben [2]. Dem gegenüber stehen allergische und pseudoallergische Reaktionen, die häufig nicht durch die Interaktion mit der Zielstruktur verursacht sind („off-target“). Diese Off-target-Reaktionen erlangen eine zunehmende Bedeutung durch Einführung von Biosimilars. Das sind Nachahmerprodukte, die aber im Gegensatz zu den klassischen Generika nicht chemisch identisch mit den nachgeahmten primären Medikamenten sein müssen. Da sie mit den Zielstrukturen in gleicher Weise wie die „nachgeahmten“ Medikamente interagieren, können sie sich gerade bezüglich der Off-target-Reaktionen einschließlich unerwünschter Überempfindlichkeitsreaktionen von den nachgeahmten Substanzen unterscheiden.

Off-target-Reaktionen erlangen durch Einführung von Biosimilars eine zunehmende Bedeutung

Diese Entwicklung macht die Betrachtung von Off-target-Reaktionen zunehmend bedeutsamer; einige wichtige Beispiele sollen in diesem Heft unter Berücksichtigung v. a. schwerer Überempfindlichkeitsreaktionen aufgezeigt werden. Das betrifft allergische oder pseudoallergische Soforttypreaktionen und schwere Spättypreaktionen wie Stevens-Johnson-Syndrom (SJS), toxisch epidermale Nekrolyse (TEN) oder „drug rash with eosinophilia and systemic symptoms“ (DRESS), die auch am Beispiel einzelner Präparate der zielgerichteten Therapie von Frau Prof. Mockenhaupt und Kollegen präsentiert werden [4].

Unerwünschte Arzneimittelreaktionen spielen aber in weiteren Arbeiten dieser Ausgabe eine Rolle. Zunehmend werden Zielstrukturen bzw. betroffene Signalwege aufgezeigt, die eine wesentliche Rolle bei pseudoallergischen Reaktionen spielen. Eindrucksvolles Beispiel ist der Nachweis des MRGPRX2-Rezeptors und seiner Bedeutung für die Regulation der Mastzellaktivität und dadurch bedingter Rolle bei pseudoallergischen Reaktionen z. B. auf Muskelrelaxanzien und Fluorchinolon-Präparate [3, 5, 7]. Ein anderes Beispiel ist die Bedeutung des Bradykinin-Stoffwechsels, der in der Arbeit von Herrn Prof. Sachs in Zusammenhang mit von Arzneimitteln beeinflussten Angioödemen diskutiert wird. Im Gegensatz zu früheren nebenwirkungsreichen Medikamentenfamilien, die über die vergangenen Jahrzehnten ihren Einsatz in der systemischen Dermatotherapie gefunden haben, wie z. B. die Retinoide, die immunologisch relevanten Immunsuppressiva (z. B. Cyclosporin-A), die Chemotherapeutika und die Interferone, stellt die Familie der immunaktiven biologischen Arzneimitteln eine eher nebenwirkungsarme Arzneimittelgruppe dar. Dr. Altenburg und Kollegen berichten über die Nebenwirkungen dieser Substanzengruppe, die aufgrund der zunehmenden Zahl von Patienten mit unterschiedlichen Krankheiten, die sogar interdisziplinär betreut werden, dem behandelnden Dermatologen bekannt sein müssen [1, 8].