Wirkstoffe zur zielgerichteten Therapie, wie z. B. monoklonale Antikörper (mAKs), unterscheiden sich von klassischen, zumeist kleinmolekularen Wirkstoffen. Das gilt auch für das Spektrum typischer Nebenwirkungen. Diese Übersicht fokussiert auf akute Überempfindlichkeitsreaktionen bei Anwendung von mAKs. Dabei lassen sich in Bezug auf die Pathophysiologie auf übergeordneter Ebene echte allergische von nichtallergischen Reaktionen differenzieren.

Zielgerichtete Therapie

Zielgerichte Therapeutika („targeted therapy“) unterscheiden sich von klassischen kleinmolekularen Arzneimitteln dadurch, dass sie nicht breit, sondern gezielt mit definierten molekularen Strukturen der Zielzelle interagieren. Prinzipiell können zielgerichtete Therapeutika gegen Botenstoffe (Liganden), Bindungsstellen (Rezeptoren) auf der Zelloberfläche oder Signalwege in der Zelle gerichtet sein. Zwei wichtige Wirkstoffklassen sind die monoklonalen Antikörper (mAKs; enden auf -mab) und (Tyrosin‑)Kinaseinhibitoren (enden auf -nib; [14, 17]).

Monoklonale Antikörper sind Proteine und binden an Strukturen auf der Zelloberfläche. Die Tyrosinkinaseinhibitoren sind kleinere Moleküle („small molecules“), die entweder an Rezeptoren auf der Zelle oder in der Zelle binden, da sie aufgrund ihrer geringeren Größe in die Zellen einwandern können [17, 28].

Diese Übersicht fokussiert auf akute Überempfindlichkeitsreaktionen bei Anwendung von mAKs. Aufgrund ihres zum Teil überraschenden Auftretens und der akuten Gefährdung besitzen diese Reaktionen eine besondere klinische Relevanz. Darüber hinaus können sie durch unterschiedliche Pathomechanismen bedingt sein.

Die teilweise sperrig anmutenden Freinamen („international nonproprietary names“) der mAK folgen einer WHO-Nomenklatur und übermitteln Informationen zu dem mAK [1]. Die Silbe -omab bedeutet 100 % murine Herkunft (fast nicht mehr angewendet [29]); -ximab weist auf einen chimären Maus/Mensch-Antikörper (AK), wobei der humane Anteil >50 %–75 % beträgt, -zumab entspricht einem humanisierten AK, bei dem der humane Anteil ca. 90 % ausmacht, und -umab wird für 100 % humane AKs verwendet [14, 24, 28].

Durch die Entwicklung humaner mAKs hat sich die Bildung von AKs gegen mAKs bei Patienten verringert [38]. Allerdings können auch AKs gegen humane mAKs auftreten, sodass anwendungsassoziierte Reaktionen weiterhin vorkommen [38]. Dies liegt daran, dass auch vollständig humane mAKs eine (fremde) Aminosäurensequenz an ihrer Antigenbindungsstelle enthalten (Idiotyp). Daher können sich auch gegen vollständig humane mAKs sog. Anti-Idiotyp-AKs ausbilden, die dann auch als Anti-drug-Antibodies (ADAs) bezeichnet werden [14]. Weitere Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit von infusionsassoziierten Reaktionen beeinflussen, sind post- und kotranslationale Modifikationen, wie z. B. Glykosylierung und Phosphorylierung [24].

Grundlegende Unterschiede zwischen monoklonalen Antikörpern und klassischen Arzneimitteln

Zum Verständnis von akuten Überempfindlichkeitsreaktionen auf mAKs ist es hilfreich, sich ihre Unterschiede in Bezug auf klassische, zumeist kleinmolekulare Wirkstoffe deutlich zu machen (Tab. 1). So werden mAKs typischerweise digestiert und nicht oxidativ metabolisiert. Daher können sie in der Regel auch nicht oral angewendet werden (sie würden sonst wie andere Proteine im Magen-Darm-Trakt verdaut), sondern müssen parenteral appliziert werden [29]. Weitere Besonderheiten sind ihre Herkunft (ggf. fremde, nicht körpereigene Proteine), ihre Größe (Proteine) und ihr Wirkmechanismus (oft in Bezug auf das Immunsystem; [7]). Dies sind wahrscheinlich auch die Gründe, warum sich das Spektrum ihrer typischen Nebenwirkungen von dem klassischer, kleinmolekularer Wirkstoffe unterscheidet [25].

Tab. 1 Vergleich monoklonaler Antikörper (mAK) mit klassischen Arzneimitteln. (Mod. nach [14, 25, 29, 43])

Von Typ-A- und Typ-B- zu On- und Off-target-Reaktionen

Nebenwirkungen auf klassische Arzneimittel werden typischerweise in Typ-A-Reaktionen („augmented“, dem pharmakologischen Wirkprofil entsprechend) und Typ-B-Reaktionen (bizarr) unterteilt. Typ-A-Reaktionen sollen ca. 85 % aller Reaktionen ausmachen, sind dosisabhängig und vorhersehbar. Dahingegen sind Typ-B-Reaktionen von den individuellen Eigenschaften des Patienten abhängig und damit nicht vorhersehbar. Auch zeigen sie keine klassische Dosisabhängigkeit [5, 12, 14, 27]. Da es aber in den letzten Jahren Hinweise gab, dass auch Typ-A-Reaktionen von individuellen genetischen Faktoren abhängig und bestimmte Typ-B-Reaktionen dosisabhängig und vorhersehbar sein könnten, wurde eine neue Terminologie vorgeschlagen [12, 27].

Diese differenziert unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) so, dass diese entweder in Zusammenhang mit einer pharmakologischen Wirkung des Wirkstoffes am Zielort stehen („on-target“) oder nicht am Zielort, dann Off-target-Effekte. Die Off-target-Reaktionen entsprechen im weiteren Sinne den Typ-B-Reaktionen, die Typ-A-Reaktionen sind eine Art On-target-Reaktionen [12]. Akute Überempfindlichkeitsreaktionen auf mAKs sind On-target-, zumeist aber Off-target-Reaktionen (Typ B nach der alten Terminologie). Diese Off-target-Reaktionen sind nicht an das Wirkprinzip des mAKs gebunden und können darüber hinaus bei Biosimilars unterschiedlich sein [13].

Auf eine weitere Klassifikation der Nebenwirkungen von mAKs (alpha bis epsilon; [14, 29]) wird hier aus Gründen der Übersichtlichkeit und des Artikelumfanges nur verwiesen.

Akute Überempfindlichkeitsreaktionen auf monoklonale Antikörper

Entsprechend der internationalen Klassifikation sind Überempfindlichkeitsreaktionen auf Arzneimittel unerwünschte Arzneimittelreaktionen, die klinisch als allergische Reaktion imponieren. Nur wenn ein spezifisch immunologischer Mechanismus nachgewiesen wurde, sollte der Begriff Arzneimittelallergie verwendet werden [5, 16].

Bei den akuten Überempfindlichkeitsreaktionen auf mAKs kann es sich pathophysiologisch um

  • echte allergische, z. B. Immunglobulin (Ig)E-mediierte, oder

  • nichtallergische (nichtspezifisch immunologische) Reaktionen handeln (Abb. 1).

Anzumerken ist, dass bei einigen mAKs sowohl echte allergische als auch nichtallergische Reaktionen beobachtet wurden. Diese beiden Untergruppen können dann noch weiter differenziert werden. Den akuten Überempfindlichkeitsreaktionen liegen in den meisten Fällen nichtallergische Mechanismen zugrunde [25].

Abb. 1
figure 1

Verschiedene Pathomechanismen können bei Gabe von Biologika zu Anaphylaxie oder anaphylaxieartigen Beschwerden führen. Das „cytokine-release syndrome“ ähnelt der Jarisch-Herxheimer-Reaktion und wird gelegentlich auch als Maximalvariante der Infusionsreaktion aufgefasst. Bei allergischen Reaktionen wird auch die Rolle von spezifischen IgG-Antikörpern diskutiert, die z. B. über Komplementaktivierung diese Reaktionen auslösen können. AK Antikörper, Ig Immunglobulin, mAKs monoklonale Antikörper, Spez. spezifisch

Nichtallergische Überempfindlichkeitsreaktionen

Nichtallergische akute Überempfindlichkeitsreaktionen können u. a. auf infusionsabhängigen Reaktionen und dem „cytokine-release syndrome“ beruhen, Letzteres wird gelegentlich auch als Maximalvariante der Infusionsreaktion aufgefasst [29, 40, 42].

Akute Infusionsreaktionen

Akute Infusionsreaktionen bei Anwendung von mAKs sind nicht selten, wobei die Häufigkeit je nach Art des mAKs deutlich variieren kann. Typischerweise treten diese Reaktionen innerhalb 1 h bei oder nach der ersten Anwendung auf und nehmen bei Folgeanwendungen in ihrer Intensität ab (anders als es gewöhnlich bei echten allergischen Reaktionen der Fall ist), wahrscheinlich weil es bei der ersten Anwendung noch mehr Zielzellen gibt und mehr Zytokine freigesetzt werden [18, 25, 38].

Akute Infusionsreaktionen sind in der Regel nicht IgE-mediiert. In Bezug auf die Pathophysiologie wurden verschiedene Mechanismen diskutiert, wie beispielsweise eine Zytokininduktion durch direkte Interaktion des mAKs mit Immunzellen, eine Induktion der Komplementkaskade durch den mAK mit Stimulation von Mastzellen und Basophilen, eine Aktivierung des Gerinnungssystems (FXIIa) mit Bradykininbildung und eine Aktivierung des „platelet activating factors“ (PAF; [25, 38]). Dabei können bei einer Reaktion auch verschiedene Mechanismen eine Rolle spielen [25].

Akute Infusionsreaktionen sind in der Regel nicht IgE-mediiert

Bei einer nichtmechanistischen Einteilung der akuten Infusionsreaktionen umfasst dieser Begriff alle Reaktionen, die im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Anwendung auftreten, unabhängig von der Pathophysiologie, also auch Reaktionen, denen spezifisch immunologische Mechanismen zugrunde liegen (spezifische IgE) und das „cytokine-release syndrome“ [24].

Die klinische Symptomatik variiert und umfasst bei den typischen (nicht-IgE-bedingten) akuten Infusionsreaktionen eine Kombination aus Fieber, Rigor, Flushing, hämodynamischen Veränderungen, Dyspnoe, gastrointestinalen Beschwerden bis hin zu Brust- und Rückenschmerzen sowie Schüttelfrost [18, 24, 28, 39]. Angioödeme, Urtikaria, nasale Obstruktion und Schluckbeschwerden, wie man sie bei IgE-mediierten Überempfindlichkeitsreaktionen findet, gehören bei den typischen akuten Infusionsreaktionen eher nicht dazu [24]. In der Literatur sind verschiedene Typen (Hauttyp, Dyspnoetyp, Schmerztyp, Anaphylaxietyp, diffuser Typ) aufgrund ihrer vorherrschenden Symptomatik beschrieben worden [25]. Allerdings kann die klinische Symptomatik auch einer allergischen Soforttypreaktion entsprechen und von dieser klinisch nicht zu unterscheiden sein [24, 38]. Ein Beispiel für diese Reaktionen stellt Rituximab dar, bei dem als Ursache die zytotoxisch („on-target“-Zerstörung der Zielzellen) bedingte erhöhte Freisetzung von Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-α und Interleukin (IL)-6 diskutiert wird und somit die Abgrenzung zwischen Infusionsreaktion und zytotoxischer Reaktion schwierig macht [20, 42].

Der Schweregrad der akuten Infusionsreaktionen variiert und umfasst milde bis hin zu schweren, lebensbedrohlichen Reaktionen [40]. Entsprechende Klassifikationen der Schweregrade wurden publiziert [8]. Literaturangaben zufolge sind die meisten infusionsabhängigen Reaktionen mild, und die Häufigkeit schwerer Reaktionen ist gering [38].

„Cytokine-release syndrome“

Das „cytokine-release syndrome“ wurde im Zusammenhang mit dem mAK TGN 1412 sowie u. a. Rituximab beschrieben [8, 35, 42]. Es ist durch eine massive Freisetzung von Zytokinen (TNF-α, Interferon-y, IL-8, IL-6) aus verschiedenen Immunzellen gekennzeichnet [8, 24, 25, 28, 39, 40]. Dabei soll IL-6 eine zentrale Rolle zukommen [21].

Die klinische Symptomatik ist heterogen und reicht von grippeähnlichen Symptomen bis zum Multiorganversagen aufgrund des Zytokinsturms. Einige klinische Symptome finden sich auch bei Überempfindlichkeitsreaktionen, wie z. B. Ausschlag, Fieber, Blutdruckabfall, Dyspnoe und Tachykardie [39], sodass die Klinik einer IgE-mediierten Soforttypreaktion entsprechen kann [25].

Klinische Beispiele für nichtallergische Überempfindlichkeitsreaktionen

Trastuzumab

Trastuzumab ist ein humanisierter Maus-AK, der gegen den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor 2 (HER2) gerichtet ist. Er wird zur Therapie des HER2-positiven Brust- und Magenkrebses eingesetzt [11, 36].

Literaturangaben zufolge entwickeln, je nachdem, welche Reaktionen berücksichtigt wurden, ca. 16–40 % der Patienten, die mit Trastuzumab behandelt wurden, eine akute Überempfindlichkeitsreaktion [11, 28, 36, 38]. Diese trat typischerweise bei erster Anwendung auf [28, 36]. Einige Patienten entwickelten erst nach wiederholter Anwendung akute Überempfindlichkeitsreaktionen und zeigten positive Hauttestreaktionen [2, 33, 36]. Daher wurde vermutet, dass bei einem Teil der Patienten auch IgE-mediierte Reaktionen auftreten können. So sollen ca. 3 % der Reaktionen echte allergische Reaktionen sein [38].

Rituximab

Rituximab ist ein chimärer Maus-Mensch-AK, der an das Transmembranantigen CD20 von B‑Zellen bindet und u. a. bei hämatologischen Malignomen sowie bei rheumatoider Arthritis eingesetzt wird [24], aber auch „off-label“ bei mehreren Hauterkrankungen einschließlich bullösen Autoimmunerkrankungen und atopischer Dermatitis verwendet wurde [32]. Akute infusionsabhängige Reaktionen treten bei den onkologischen Indikationen häufiger auf als bei den rheumatologischen Indikationen [18, 24, 28], was mit unterschiedlichen Dosierungen zusammenhängen könnte.

Akute infusionsabhängige Reaktionen auf Rituximab sind bei onkologischen Indikationen häufiger als bei rheumatologischen

Das klinische Spektrum der Reaktionen reicht von milden bis hin zu schweren Überempfindlichkeitsreaktionen, die mit Lungenödem und Myokardinfarkt einhergehen [24].

Verschiedene pathophysiologische Mechanismen werden als Ursache dieser akuten Überempfindlichkeitsreaktionen diskutiert [18, 24, 28, 41]. Am häufigsten sollen nicht spezifisch immunologische Mechanismen zugrunde liegen, also typische infusionsabhängige Reaktionen oder ein „cytokine-release syndrome“ [24, 28, 42]. Ursächlich wird eine zytotoxisch („on-target“-Zerstörung der Zielzellen) bedingte, erhöhte Freisetzung von TNF-α und IL-6 diskutiert wird [20, 42]. Dies passt zu der Beobachtung, dass viele der Reaktionen bei erster Anwendung auftreten [28, 38]. Das klinische Bild entspricht einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion, wie sie auch bei der Behandlung einer Syphilis auftreten kann.

Andererseits soll es auch Patienten mit positiven Hauttestreaktionen oder spezifischem IgE geben, die eine IgE-mediierte Reaktion nahelegen [28, 41, 41]. So sollen ca. 5–10 % der Fälle wahrscheinlich IgE-mediiert sein [11]. Insbesondere gilt dies für Patienten, die initial Rituximab vertrugen [2, 28, 41].

Weiterhin wurden auch Immunkomplex-assoziierte Reaktionen wie Vaskulitiden und serumkrankheitsähnliche Symptomatiken beschrieben [6, 19].

Allergische (antikörperabhängige) Überempfindlichkeitsreaktionen

IgE-mediierte Reaktionen

IgE-abhängige, akute Überempfindlichkeitsreaktionen können durch Bildung von spezifisch gegen den mAK gerichtete IgE-Antikörper bedingt sein oder wie im Beispiel des Cetuximab als Folge einer Kreuzreaktion nach Sensibilisierung des Patienten gegen gleiche Fremdstrukturen, aber von anderen Substanzen und Expositionen (s. unten). Im ersten Fall tritt die akute Überempfindlichkeitsreaktion nicht bei erster Anwendung, im zweiten Fall bereits bei erster Anwendung auf [40].

Typischerweise treten echte allergische anaphylaktische Reaktionen innerhalb weniger Minuten während der Infusion auf. Je schneller die Reaktion nach der Anwendung eines mAKs auftritt, umso wahrscheinlicher soll eine echte allergische Reaktion sein [18, 29, 38], insbesondere wenn sie mit Hypotension und Luftnot verbunden ist. Die klinische Symptomatik umfasst das Spektrum anaphylaktischer Reaktionen (Grad I mit nur kutanen Symptomen) bis hin zum Grad IV (anaphylaktischer Schock; [28, 29]).

IgG-mediierte Reaktionen

Basierend auf dem Mausmodell, bei dem eine pathophysiologische Rolle von IgG-AKs für die Auslösung einer Anaphylaxie gezeigt wurde [9], wird spekuliert, ob IgG-AKs auch für einige Anaphylaxien bei Anwendung von mAKs eine Rolle spielen könnten [40]. So wird vermutet, dass mAKs Anti-mAK-AKs vom Typ IgG stimulieren können, die an Fc-γ-Rezeptoren von Makrophagen, Basophilen und Neutrophilen gebunden sind. In der Folge könnte es zu einer Freisetzung von Plättchen-aktivierendem Faktor (PAF) und einer Aktivierung des Komplementsystems kommen [28]. Es sei ergänzt, dass bei IgG-mediierten Reaktionen IC(„Intracutaneous“)- und Pricktestungen negativ ausfallen [28].

Pathophysiologisch abzugrenzen ist die Bildung von Anti-drug-AKs vom Typ IgG, die bei Überempfindlichkeitsreaktionen vom Typ II (zytotoxisch) und Typ III (Immunkomplex) nach Coombs und Gell eine Rolle spielen und klinisch als verzögerte Reaktion mit Symptomen einer Serumkrankheit oder als Zytopenie imponieren können [24].

Weiter abzugrenzen ist die Ausbildung von ADAs vom Typ IgG, die zu einer Wirkungsabschwächung der mAKs, aber nicht zu klinischen Nebenwirkungen führen [24].

Klinische Beispiele

Cetuximab

Cetuximab ist ein chimärer mAK, der an den „epidermal growth factor receptor“ (EGFR) bindet und zur Therapie des kolorektalen Karzinoms sowie von Plattenepithelkarzinomen im Kopf- und Halsbereich eingesetzt wird [24, 28].

In einigen Staaten der USA wurde eine höhere Rate von akuten Überempfindlichkeitsreaktionen auf Cetuximab festgestellt, die innerhalb weniger Minuten nach erster Anwendung auftraten und klinisch an IgE-mediierte Soforttypreaktionen erinnerten [3]. Diese Reaktionen wurden pathophysiologisch auf präformierte IgE-AKs zurückgeführt, die gegen Oligosaccharide auf dem murinen Teil F(ab’) des AKs, nämlich galactose-alpha-1,3-galactose (α-Gal), gerichtet waren [3, 28]. α‑Gal wird bei Menschen nicht exprimiert, findet sich aber bei Nicht-Primaten-Säugetieren [24]. In einem weiteren Kontext wurden IgE-AKs gegen α‑Gal als Ursache für verzögerte Reaktionen auf rotes Fleisch identifiziert [4] und Bisse einer bestimmten Zeckenart als eine mögliche Ursache postuliert [37]. Die Koinzidenz dieser Beobachtungen führte zu der Vermutung, dass Zeckenbisse zu einer Ausbildung von spezifischem IgE gegen α‑Gal führen können, die in der Folge allergische Reaktionen gegen rotes Fleisch oder Cetuximab auslösen könnten [24, 28, 34].

Generelle Hauttestungen oder die Bestimmung von spezifischem IgE vor Beginn einer Cetuximab-Behandlung werden in der Literatur zurzeit nicht empfohlen, wohl aber bei Patienten mit einer stattgehabten akuten Überempfindlichkeitsreaktion auf Cetuximab, um festzustellen, ob eine IgE-mediierte Allergie zugrunde liegt [28].

Als Alternative für Cetuximab wird in der Literatur Panitumumab, ein humaner Anti-EGFR-mAK ohne α‑GAL-Strukturen, aufgeführt, der von Patienten mit einer Cetuximab-Reaktion einschließlich nachgewiesenem α‑GAL-IgE und positiven Hauttestreaktionen auf Cetuximab vertragen wurde [24, 28].

Infliximab

Infliximab wird u. a. eingesetzt zur Therapie bei rheumatoider Arthritis, Psoriasis (Arthritis) sowie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und ankylosierender Spondylitis [11]. Akute Überempfindlichkeitsreaktionen traten Literaturangaben zufolge, bei ca. 5–23 % der in kontrollierten, randomisierten Studien behandelten Patienten auf [22].

Die Reaktionen können sich zwar bereits bei erster Anwendung manifestieren, typischerweise treten sie aber bei wiederholter Anwendung auf. Einige Autoren nennen hier die zweite oder dritte Anwendung [10], andere sehen einen Peak bei der siebten Anwendung [28]. Die klinische Symptomatik kann variieren und einerseits klinische Symptome umfassen, die an eine Mastzell- oder Basophilenaktivierung denken lassen (Urtikaria, Pruritus etc.), andererseits können sich auch eher unspezifische, nicht auf eine allergische Reaktion hinweisende Symptome zeigen (Kopfschmerzen, Fieber, erhöhter Blutdruck etc.; [10, 28]).

Die Reaktionen auf Infliximab treten typischerweise bei wiederholter Anwendung auf

Wie bereits anhand des unterschiedlichen zeitlichen Auftretens und der unterschiedlichen klinischen Symptomatik vermutet werden kann, können diesen Reaktionen unterschiedliche pathophysiologische Mechanismen zugrunde liegen [10, 28]. Ein Teil der Reaktionen wird auf nicht spezifisch immunologische Mechanismen („cytokine-release syndrome“, Komplementaktivierung, Mastzelldegranulierung), ein Teil auf IgE-mediierte Mechanismen zurückgeführt [10, 22, 28].

So wurden positive Hauttests auf Infliximab im Durchschnitt bei 28 % („range“ 4–67 %) und Anti-Infliximab-IgE-AKs bei 13–27 % der Patienten mit Infliximab-assoziierten Überempfindlichkeitsreaktionen beschrieben [28]. Allerdings sollen auch bei 10 % bzw. 3 % der Infliximab-toleranten Patienten positive Hauttests auftreten bzw. sich spezifische IgE-AKs nachweisen lassen [28]. In einer Studie fand sich bei keinem von 24 Patienten mit anamnestischer akuter Überempfindlichkeitsreaktion auf Infliximab eine positive Reaktion im Pricktest (eine positive Reaktion im IC-Test), und nur bei 3/24 Patienten konnte spezifisches IgE nachgewiesen werden. Die Autoren schlussfolgern daher, dass die meisten Reaktionen nicht IgE-mediiert sind und diskutieren alternativ eine pathophysiologische Rolle für IgG [10]. Ergänzt sei, dass die Reaktivität im Hauttest nach einigen Monaten nachlassen soll [26, 28].

Omalizumab

Omalizumab ist ein humanisierter mAK, der selektiv an das menschliche IgE bindet und somit die Bindung von IgE an den hochaffinen IgE-Rezeptor (FcεRI) auf Basophilen und Mastzellen verhindert. Er wird eingesetzt zur Therapie des allergischen Asthmas sowie als Zusatztherapie bei Antihistaminika-refraktärer chronisch-spontaner Urtikaria [15]. Die Pathophysiologie anaphylaktischer Reaktionen unter Anwendung von Omalizumab ist bislang noch nicht sicher verstanden [24]. Der Antikörper besteht zu 5 % aus murinen Polypeptiden, was Kreuzreaktionen möglich macht, allerdings sind entsprechende Antikörper bislang nicht nachgewiesen worden. Eine Kasuistik weist auf eine mögliche Reaktion auf Polysorbat hin [23]. In Einzelfällen kann es sich um eine spezifische Sensibilisierung handeln, sollte dann aber nicht bei den ersten Expositionen auftreten, was an sich typisch für Omalizumab-abhängige Anaphylaxien ist [30]. Zudem kann diese Reaktion erheblich verzögert erst nach einigen Stunden auftreten. In einer ersten Durchsicht seitens der Food and Drug Administration (FDA) und einer Task Force der American Academy of Allergy, Asthma and Clinical Immunology wurden bei 39.510 Patienten 41 Anaphylaxien gesehen, was einer Häufigkeit von 0,09 % entspricht [20]; 87 % der Reaktionen traten bei den ersten 3 Applikationen auf und in 44 % der Fälle erst nach mehr als 1 h, in einigen Fällen erst nach 12 h. Daher wurde in dieser Publikation empfohlen, dass Patienten, die Omalizumab erhalten sollen, über diese Gefahr informiert werden, ihnen die typischen Zeichen einer Anaphylaxie erklärt werden und sie über einen Adrenalinautoinjektor verfügen. Bei den ersten 3 Applikationen sollen sie danach 2 h unter medizinischer Beobachtung sein, bei den folgenden Applikationen 30 min [20]. In Bezug auf die Anwendungsempfehlungen für Deutschland wird auf die entsprechenden Hinweise in der Fachinformation verwiesen.

Risikofaktoren

Das Ausmaß der Humanisierung des mAKs ist ein, aber nicht der einzige relevante Faktor für seine Immunogenität, da auch das Glykosylierungsmuster (s. Cetuximab) oder andere posttranslationale Modifikationen die Immunogenität beeinflussen können [24, 40].

Als extrinsische Faktoren gelten u. a. die Komedikation (das Fehlen einer immunmodulierenden Komedikation) und das Therapieregime [25, 40]. So soll eine Anwendung nach längerer Pause oder eine intermittierende Behandlung mit einer gesteigerten immunologischen Reaktion (oder Verlust der Toleranz) verbunden sein [25, 40]. Als Umkehrschluss wurde spekuliert, dass die Vermeidung längerer Abstände zwischen den Anwendungen (Pausen über 12 Wochen) die Anwendungssicherheit erhöhen könnte [25, 40]. Ein schnelles Infusionsschema soll ebenfalls einen Risikofaktor darstellen [25]. Dies gilt auch für Grunderkrankungen. So sollen akute Infusionsreaktionen bei rheumatoider Arthritis häufiger als bei Spondyloarthropathien auftreten [25]. Die Bedeutung einer Atopie als Risikofaktor ist unklar [40].

Diagnostik

Hauttests und Bestimmung spezifischer Antikörper

Auch wenn in der Literatur über positive Hauttestungen mit mAKs berichtet wurde und auch Testkonzentrationen publiziert wurden [24, 39], sind entsprechende Testungen bis jetzt weder validiert noch zugelassen. Die diagnostische Prädiktivität dieser Testungen ist zurzeit unklar ([24, 40]; Tab. 2).

Tab. 2 Empfohlene Testkonzentrationen für Hauttestungen für einzelne monoklonale Antikörper nach A.Y. Liu [24]. Eine positive oder negative Prädiktivität ist aber nicht evaluiert. Die Anwendung von Medikamenten zur Prick-/intrakutanen (i.c.) Testung ist – wie in diesen Fällen – stets eine Off-label-Anwendung

Die Bestimmung von spezifischem IgE und IgG ist für einige mAKs möglich, wobei der Validierungsgrad der Testungen variiert [24].

Tryptase

Tryptase ist eine Protease, die bei IgE- und nicht-IgE-mediierten Reaktionen aus Mastzellen freigesetzt wird [11]. Ihre Bestimmung kann bei der Abklärung einer akuten Überempfindlichkeitsreaktion hilfreich sein [11]. Dabei sollte ein Akutwert (innerhalb der ersten 1–2 h nach Reaktion) mit einem Basalwert verglichen werden. Eine mastzellvermittelte Reaktion kann ab einer Erhöhung von 150 % vermutet werden [25], eine fehlende Erhöhung schließt eine mastzellvermittelte Reaktion aber nicht aus [24].

Eine mastzellvermittelte Reaktion kann ab einer Erhöhung von 150 % vermutet werden

Neben den Mastzellen rücken auch die Basophilen in das Zentrum des Interesses, da diese im Blutstrom zirkulieren und somit leichter zugänglich sind [40]. Weiterhin wird vermutet, dass diese bei akuten Überempfindlichkeitsreaktionen mit normalen Tryptasewerten durch Sekretion anderer Mediatoren eine pathophysiologische Rolle spielen könnten [11].

Therapie akuter Überempfindlichkeitsreaktionen

Die Therapie infusionsabhängiger Reaktionen orientiert sich am Schweregrad. Bei milden, nichtallergischen akuten Überempfindlichkeitsreaktionen werden in der Literatur ein kurzfristiges Stoppen der Infusion, eine symptomatische Therapie sowie ein Neustart der Infusion mit niedrigerer Infusionsgeschwindigkeit empfohlen. Bei Folgeinfusionen kann die Infusionsgeschwindigkeit angepasst und eine Prämedikation erwogen werden. Nichtallergische Überempfindlichkeitsreaktionen nehmen typischerweise bei Folgeinfusionen in ihrer Intensität ab. Bei schwereren Reaktionen muss die Infusion sofort gestoppt und es müssen entsprechende Notfallmaßnahmen (siehe z. B. Leitlinien Akuttherapie der Anaphylaxie [31]) eingeleitet werden [24, 29, 38, 39]. Soweit möglich, sollte versucht werden, der Reaktion die wahrscheinliche zugrunde liegende Pathophysiologie zuzuordnen [28]. Bei Verdacht auf eine allergische Reaktionen wird eine allergologische Abklärung empfohlen [24].

Prämedikation

Akute infusionsabhängige Reaktionen können prophylaktisch durch eine Prämedikation (Antihistaminika und/oder Kortikosteroide, evtl. Paracetamol) und eine langsame Infusionsrate in ihrer Intensität abgeschwächt werden [25, 28, 39]. Wegen der Möglichkeit, dass durch die Prämedikation, insbesondere durch die Antihistaminika früh sichtbare Symptome einer schweren Reaktion unterdrückt werden, wird von einigen Autoren eine routinemäßige Prämedikation allerdings nicht empfohlen [25].

Auf eine Desaktivierung wird an dieser Stelle nicht weiter eingegangen und auf entsprechende Angaben in der Literatur verwiesen [2, 24, 28, 40].

Fazit für die Praxis

  • Akute Überempfindlichkeitsreaktionen auf monoklonale Antikörper sind in Bezug auf die Pathophysiologie heterogen.

  • Nichtallergische Reaktionen sind häufiger, treten gewöhnlich bereits bei erster Anwendung auf und nehmen bei Folgeanwendung in ihrer Symptomatik ab.

  • Echte allergische Reaktionen treten typischerweise nicht bei erster Anwendung auf. Ausnahmen sind das Vorliegen präformierter oder kreuzreagierender Antikörper (z. B. Cetuximab).

  • Die Therapie akuter Überempfindlichkeitsreaktionen auf monoklonale Antikörper orientiert sich am Schweregrad.