Verletzungen des Außenbandapparats am oberen Sprunggelenk zählen zu den häufigsten akuten Verletzungen am Bewegungsapparat und sind heute – anders als noch vor mehr als 3 Jahrzehnten – eine Domäne der funktionell-konservativen Therapie [1, 2]. Nichtsdestotrotz wird darauf verwiesen, dass bei bis zu einem Drittel der Patienten ein Instabilitätsgefühl und/oder eine chronische Bandinsuffizienz resultieren kann [3, 4]. Zieht man allerdings die Zahlen heran, die in der eigenen Klinik oder an weiteren Kliniken der Maximalversorgung mit besonderem Fokus auf posttraumatischen Fuß- und Sprunggelenkproblemen (persönliche Mitteilungen Prof. Dr. Stefan Rammelt, Dresden und Frau Prof. Dr. Sabine Ochman, Münster, Oktober 2018) im Sinne der operativen Rekonstruktion der chronischen Insuffizienz des Außenbandapparats pro Jahr versorgt werden, liegt man weit unter den Zahlen, die jährlich etwa nach vorderer Kreuzbandruptur am Knie operativ therapiert werden. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass überwiegend mechanisch bedingte Instabilitäten am oberen Sprunggelenk nur einen Teil des Gesamtkollektivs ausmachen bzw. mechanisch-funktionelle Instabilitäten durchaus ohne operativen Eingriff erfolgreich therapiert werden können bzw. vor der Indikation zur Operation dementsprechend grundsätzlich ein valider konservativer Therapieversuch unternommen werden sollte [3, 5, 6].

Das Spektrum der rekonstruktiven Eingriffe zur Wiederherstellung des Sprunggelenkaußenbandapparats bei der chronischen Instabilität hat sich dennoch binnen der letzten 2 Jahrzehnte weiterentwickelt. Bleibt man beim Vergleich mit der vorderen Kreuzbandplastik, so liegt die Zahl mit 308 in PubMed gelisteten Veröffentlichungen zur operativen Außenbandrekonstruktion seit 01.01.2009 bis heute hinter der Zahl der Publikationen zur vorderen Kreuzbandrekonstruktion (n = 7197) zurück (Online-Zugriff vom 14.04.2019). Die arthroskopischen Verfahren haben jedoch, um ein drittes Mal den Vergleich mit der vorderen Kreuzbandrekonstruktion zu bemühen, auch am oberen Sprunggelenk Einzug gehalten. Heute besteht kein Zweifel mehr, dass eine anatomische bzw. anatomiegerechte Rekonstruktion beschritten werden sollte. Extraanatomische Verfahren haben heute keinen rechten Platz mehr in der Therapie der chronischen Bandinstabilität des oberen Sprunggelenks, denn hier droht der beschleunigte posttraumatische Verschleiß, der ansonsten durch Wiederherstellung der Bandstabilität vermieden werden sollte.

Eine auch beim offenen Vorgehen vorgeschaltete Arthroskopie des oberen Sprunggelenks wird bereits seit längerem empfohlen, um latente Verletzungskomponenten, die nicht zwangsläufig in der Magnetresonanztomographie apparent werden, zu erfassen und im Therapiekonzept zu berücksichtigen [6]. Die rein arthroskopische Rekonstruktion des Außenbandapparats am oberen Sprunggelenk ist mittlerweile als ein Verfahren zur Wiederherstellung der Bandkompetenz des Lig. fibulotalare anterius etabliert (vgl. Beitrag Polzer und Mitarbeiter in diesem Heft) und es bleibt zu vermuten, dass die arthroskopische Technik zukünftig weitere Bausteine zur Bandrekonstruktion umfassen bzw. den offenen Techniken entsprechend Konkurrenz machen wird. Auch bereits seit längerem bekannte Verfahren haben heute noch ihren festen Platz in der Bandrekonstruktion des Außenbandapparats (vgl. Beiträge Tourné und Mitarbeiter bzw. Mittlmeier und Rammelt in diesem Heft). Die Augmentation eigenen Gewebes im Sinne des „ligament bracing“ hat sich bei kombinierten Bandverletzungen wie den Luxationsfrakturen am Kniegelenk und Ellenbogen bewährt und kann mit Erfolg auch am Außenbandapparat des oberen Sprunggelenks verwendet werden. Schließlich kann mittels autologem Sehnengraft (Semitendinosussehne) auch in minimal-invasiver Technik ein anatomischer Bandersatz des Außenbandkomplexes gewährleistet werden (s. Beitrag Hamel in diesem Heft).

Ich hoffe, dass die Zusammenstellung der 5 folgenden Beiträge dem Leser Anregungen für seine tägliche Arbeit bei der Bandrekonstruktion des Außenbandapparats am oberen Sprunggelenk bietet und er die eine oder andere Technik entsprechend dem differenzierten Indikationsspektrum erfolgreich anwenden kann.

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Thomas Mittlmeier