Zusammenfassung
Lange Zeit war der Klassenbegriff, auch in der Verschränkung mit der Strukturkategorie Geschlecht, eine vernachlässigte Kategorie in der deutschsprachigen Medienforschung. Erst mit dem Auftauchen des sogenannten Unterschichtenfernsehens nehmen viele Studien Klasse zum Ausgangspunkt ihrer Analysen. Relevant ist der Begriff insbesondere für Untersuchungen zum Reality-TV, denn hier werden vorherrschend Angehörige der unteren Klassen, ausgestattet mit einem klassenspezifischen Habitus, in alltagsnahen Geschichten dargestellt. Zwei theoretische Ansätze dominieren die aktuelle Forschung: der Gouvernementalitätsansatz nach Foucault und das Konzept des Klassenhabitus nach Bourdieu, wenngleich beide durchaus miteinander verknüpft werden, wie die hier versammelten Studien zeigen. Zentrale Fragestellungen, die mit dem Phänomen Realitätsfernsehen einhergehen, sind vor allem die Einpassung in die neoliberale Unterhaltungskultur und die Ausbeutungslogiken der Sendeanstalten.
Schlüsselwörter
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Voglmayr, I. (2021). Klasse und Geschlecht. Zur Repräsentation von vergeschlechtlicher Klasse im Reality-TV. In: Dorer, J., Geiger, B., Hipfl, B., Ratković, V. (eds) Handbuch Medien und Geschlecht. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20712-0_68-1
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