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Karl Poppers Kritik an Platons totalitärer Staatstheorie

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Handbuch Karl Popper

Part of the book series: Springer Reference Geisteswissenschaften ((SPREFGEIST))

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Zusammenfassung

Gegenstand dieses Kapitels ist die Auseinandersetzung Karl Poppers mit der Staatsphilosophie Platons. Dazu wird zuerst die Ideenlehre Platons als Grundlage seiner politischen Philosophie kurz dargestellt und darauf aufbauend seine Staatsphilosophie nach der Politeia. Anschließend werden die wichtigsten Argumente Poppers gegen diese Staatsphilosophie und seine Theorie der offenen Gesellschaft im Gegensatz zur geschlossenen Gesellschaft bei Platon erörtert. Der Vorwurf Poppers, die Philosophie Platons rechtfertige den Totalitarismus, ist weitgehend berechtigt; für den Zusammenhang mit dem Historizismus wird dagegen von Popper nur schwach argumentiert.

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Notes

  1. 1.

    Popper (1945).

  2. 2.

    Popper (1957).

  3. 3.

    Verwendet wurde Band 4 der Werke Platons, Platon (2011). Die Zitierung erfolgt nach der Stephanus-Paginierung.

  4. 4.

    Vgl. dazu z. B. Graeser (1993, S. 133 ff.).

  5. 5.

    So etwa Römpp (2008, S. 86).

  6. 6.

    U. a., mit weiteren Literaturangaben, Gatzemeier (1995); Gombocz (1999); Kraus (1979); Kraut (1999).

  7. 7.

    Strauss (1983); Brüschweiler (2003).

  8. 8.

    Popper (1945), Band I: The Spell of Plato.

  9. 9.

    Die Auffassung von Röd (2009, S. 136 und FN 50 dort), Thrasymachos habe die Bindung von Gesetzen und Regierungsmaßnahmen an die Verfassung im Auge gehabt und sei Rechtspositivist gewesen, ist durch den Text Platons unseres Erachtens nicht gedeckt. In Hinblick auf die sozialethische Position des Thrasymachos scheint allerdings die Interpretation von Röd und Dahrendorf durchaus plausibel.

  10. 10.

    Vgl. dazu z. B. Röd (2009, S. 137).

  11. 11.

    So spottet der platonische Sokrates über die Demokratie, dass dort die Freiheit so weit gehe, dass selbst Haustiere frech auf den Straßen umhergehen (Politeia 563c).

  12. 12.

    Dazu und zur Sein-Sollen-Problematik allgemein aus der Sicht der modernen Logik vgl. grundlegend Schurz (1997).

  13. 13.

    So z. B. Graeser (1993, S. 135 f.) am Beispiel des Wetters.

  14. 14.

    In diesem Sinn auch Graeser (1993, S. 161 ff.). Es handelt sich hier um eine Variante des von Hans Albert (1968) so genannten Münchhausen-Trilemmas.

  15. 15.

    Hayek unterstützte auch das Erscheinen der Offenen Gesellschaft und die Berufung Poppers an die London School of Economics, an der Popper nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als Außerordentlicher und später als Ordentlicher Universitätsprofessor tätig war. Beide blieben lebenslange Freunde, wenngleich ihre philosophischen (und auch politischen) Positionen – im Gegensatz zu häufigen diesbezüglichen Äußerungen beider – nicht völlig übereinstimmten.

  16. 16.

    Man erinnere sich an die Paulus-Mahnung „Herren, seid gute Herren, Sklaven, seid gute Sklaven“ oder noch drastischer an den Spruch „Jedem das Seine“, der auch am Eingang nationalsozialistischer Konzentrationslager angebracht war.

  17. 17.

    Dabei übersehen sie allerdings, dass die Argumente „Poppers Kritik ist ohnedies bekannt“ und „Poppers Kritik ist unberechtigt“ nicht gut miteinander kompatibel sind.

  18. 18.

    Die entsprechenden Ausführungen Poppers sind als originell, aber durch historische Belege nicht immer gut abgestützt anzusehen. Zumindest sollte im Sinne einer wissenschaftlichen „Unschuldsvermutung“ die jeweils oft mindestens ebenso plausible Erklärung Vorrang haben, dass Platons Staatstheorie primär wissenschaftsimmanent durch seine „Ideenlehre“ motiviert wurde.

  19. 19.

    Übersichtlich dazu unter anderem Höffe (2011) und – weniger Popper-kritisch und unseres Erachtens mit stärkeren Argumenten – Klosko (2004).

  20. 20.

    Ausführlicher dazu Klosko (2004, Abschn. III).

  21. 21.

    So bereits Hoernlé (1967; zuerst erschienen 1938). Platons Staat wird dort, unseres Erachtens zu Recht, als Erziehungsdiktatur gesehen. Allerdings passt der Vergleich besser für eine kommunistische als für die NS-Diktatur, weil in letzterer bestimmte Teile der Bevölkerung nicht zur Erziehung, sondern zur Vernichtung vorgesehen waren.

  22. 22.

    Vgl. dazu bereits Acton (1967; zuerst erschienen 1938).

  23. 23.

    Morrow (1967; zuerst erschienen 1941).

  24. 24.

    Bambrough (1967a, S. 11; zuerst erschienen 1962).

  25. 25.

    Als ein Beispiel unter vielen für diese verblendete Denkweise sei dazu nur angeführt, dass in der NS-Zeit vielfach bei staatlichen Fehlleistungen und Untaten aller Art mit dem Ausspruch „wenn das der Führer wüsste“ Hitler als eine Art Philosophen-König im platonischen Sinn idealisiert wurde. Ähnlich auch zahlreiche erhaltene Briefe an Stalin, in denen der „gütige Genosse Stalin“ über (in seinem Auftrag begangene) Verbrechen informiert und um Abhilfe ersucht wurde.

  26. 26.

    Die Literatur zur Utopiekritik bei Popper ist sehr umfangreich. Als Beispiele vgl. etwa Dahrendorf (1986); Otto (1994); Saage (1995).

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Neck, R. (2018). Karl Poppers Kritik an Platons totalitärer Staatstheorie. In: Franco, G. (eds) Handbuch Karl Popper. Springer Reference Geisteswissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16242-9_27-1

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