Zusammenfassung
Die Markentypwahl stellt eine zentrale marken-strategische Entscheidung dar. Drei Typen stehen grundsätzlich zur Wahl: Einzelmarke, Familienmarke und Dachmarke.
Die Einzelmarke (Prinzip: Eine Marke = ein Produkt = ein Produktversprechen) erlaubt die klarste („spitzeste“), dafür aber auch die teuerste Profilierung eines Produkt-/Leistungsangebotes.
Die Dachmarke als Gegentyp (Prinzip: Sämtliche Produkte/Leistungen eines Unternehmens unter einer einheitlichen Marke) ermöglicht auf Grund ihrer Klammerfunktion nicht eine so „spitze“, dafür aber eine besonders ökonomische Markenlösung.
Die Familienmarke stellt andererseits eine Art mittlerer Typ dar (Prinzip: Eine bestimmte, abgegrenzte Produktgruppe (Produktlinie) unter einer spezifischen Marke). Sie weist insofern relative Profilierungs- und Ökonomievorteile zugleich auf.
Der Beitrag behandelt nicht nur die Grundfragen der Markentypwahl, sondern auch Fragen der Korrektur- bzw. Weiterentwicklungsmöglichkeiten eines bestehenden Markensystems im Zeitablauf.
Schlüsselwörter
1 Einleitung
Verschärfte Markt- und Umfeldbedingungen, wie sie heute für die meisten Märkte typisch sind, verlangen im Sinne eines erfolgreichen, ziel-orientierten Markt- und Marketinghandelns nach einem konsequenten Differenzierungsmarketing. Nur ein solches Handeln erlaubt es – speziell in schwach wachsenden oder gar stagnierenden Märkten – Markt- und Ertragspotenziale systematisch zu erschließen. Bei einem in diesem Sinne bewussten marketing-konzeptionellen Handeln stellen Marken ein besonders wichtiges Marktgestaltungsmittel dar.
Marken sind die Anknüpfungspunkte für ziel-strategisch fundierte Positionierungs- und Profilierungsmaßnahmen im Rahmen eines solchen Differenzierungsmarketings. Bevor über diese Maßnahmen entschieden werden kann (=Markenprofilierung), ist es notwendig, den Markentyp zu bestimmen. Mit dieser Grundsatzentscheidung wird darüber disponiert, welche Art und welcher Umfang von Produkten (Leistungen) eines Unternehmens unter der jeweils gewählten Marke konkret angeboten werden sollen.
Drei markenstrategische Optionen stehen grundsätzlich zur Verfügung (Kapferer 1992; Becker 2004, S. 645–651, 2013, S. 195–200):
1. | Einzelmarke | (Produkt- oder Mono-Marken-Konzept: |
z. B. Persil (Vollwaschmittel) der Firma Henkel), | ||
2. | Familienmarke | (Produktgruppen- oder Range-Marken-Konzept: |
z. B. Nivea (ganze Körperpflegelinie) der Firma Beiersdorf), | ||
3. | Dachmarke | (Unternehmens- oder Company-Marken-Konzept: |
z. B. Dr. Oetker (umfassendes Nahrungsmittelprogramm) der Firma Dr. Oetker). |
Diese drei Arten von Marken bilden gleichsam den „Baukasten“ markentypischer Entscheidungen.
2 Konzeptionelle Grundlagen der Markentypwahl
Nachdem zunächst die Bedeutung der Markentypwahl für differenzierungsstrategische Marketing-Konzepte herausgearbeitet worden ist (= Schlüsselentscheidung für eine konsequente Markenführung (Becker 2004, S. 644–645) bzw. für den gesamten Marketingmix (beispielhaft Becker 2013, S. 676–681)), sollen die konzeptionellen Ansatzpunkte der Markentypwahl im Einzelnen dargestellt werden.
Den konzeptionellen Überlegungen und Bewertungen wird dabei ein durchgängiges Analyseraster zugrunde gelegt, unter Berücksichtigung typischer Markenbeispiele.
2.1 Einzelmarken-Strategie
2.1.1 Konzeptioneller Ansatz
Das Grundprinzip der Einzelmarke (auch als Produkt- oder Mono-Marke (Becker 2013, S. 196) oder als Individual Brand Name (Assael 1990, S. 306) bezeichnet) besteht darin, dass für die einzelnen Produkte eines Anbieters jeweils eigene Marken geschaffen und im Markt durchgesetzt werden (Prinzip: Eine Marke = ein Produkt = ein Produktversprechen). Der Anbieter (z. B. das herstellende Unternehmen) bleibt demgegenüber deutlich im Hintergrund, was dazu führen kann, dass den Kunden das Unternehmen selbst unter Umständen gar nicht bekannt ist.
Die Einzelmarkenstrategie entspricht dem klassischen Markenartikelkonzept (als konsequentester Form der Präferenzstrategie, Becker 2013, S. 182–214). Sie ist auf die Schaffung einer klaren, unverwechselbaren Markenpersönlichkeit (Brand Identity) gerichtet, um eine überdurchschnittliche Preisstellung am Markt zu realisieren (= Schaffung bzw. Nutzung monopolistischer Preisspielräume für eine ehrgeizige Oberzielrealisierung).
Eine Einzelmarkenstrategie bietet sich vor allem dann an, wenn Unternehmen heterogene Produkte anbieten bzw. solche, die unterschiedlich positioniert werden sollen, um damit verschiedene Kundengruppen anzusprechen. Insbesondere für neue Produkte, die ein eigenständiges Marktfeld besetzen und insoweit sogenannte Firmenmärkte aufbauen sollen (die tendenziell „konkurrenzlos“ sind), bietet sich die Einzelmarke an. Sie vermag am stärksten Märkte im Sinne unternehmenseigener Ziele zu steuern bzw. zu beeinflussen.
2.1.2 Vor- und Nachteile
Die Darlegungen zum konzeptionellen Ansatz der Einzelmarken-Strategie haben Wesen und Zielrichtung dieser Strategie deutlich gemacht. Sie kennzeichnen zugleich grundlegende Vorteile dieses Markentyps. Eine Übersicht soll sie zusammenfassend transparent machen. Ihnen werden aber auch die Nachteile gegenüber gestellt, die mit der Einzelmarken-Strategie grundsätzlich verbunden sind (Tab. 1).
Diese Übersicht (Tab. 1) zeigt, dass die Einzelmarke wesentliche Vorteile bietet. Das ist auch der Grund dafür gewesen, dass zum Beispiel viele erfolgreiche Markenartikelunternehmen bewusst diesen Markentyp gewählt haben, bzw. darin ein wesentlicher Erfolgsfaktor zu sehen ist. Hierfür stehen Unternehmen wie Procter & Gamble mit Produktmarken wie Ariel (Waschmittel), Meister Proper (Reinigungsmittel), Pampers (Windeln) oder Henkel mit Marken wie Persil (Waschmittel), Pritt (Klebstoffe), Spüli (Spülmittel) oder auch Ferrero mit Marken wie Mon Chérie (Praline), Nutella (süßer Brotaufstrich) und Hanuta (Riegel).
Andererseits werden die Risiken der Einzelmarke immer deutlicher. Sie resultieren daraus, dass der Profilierungsaufwand für Marken angesichts der zunehmenden Markenvielfalt und des dadurch verstärkten Markenwettbewerbs immer größer wird. Bei Einzelmarken trägt ein Produkt diesen Aufwand ganz allein. Ökonomieprobleme ergeben sich vor allem auf Grund tendenziell kürzer werdender Produktlebenszyklen, was die Amortisation des Markenaufwandes zunehmend erschwert und im Extremfall bis zur Existenzgefährdung von Unternehmen führen kann (insbesondere dann, wenn nicht ausreichende Absatzmengen bzw. entsprechende Erlöse realisiert werden können).
Außer von generellen Chancen- und Risikoabwägungen ist die Entscheidung für den Markentyp Einzelmarke noch von situativen Faktoren abhängig zu machen (z. B. für echte Innovationen mit hohem Markt- und Ertragspotenzial eignet sich häufig insbesondere die Einzelmarke). Darüber hinaus spielen nicht selten bestimmte Branchenbedingungen eine wichtige Rolle bei der Wahl des adäquaten Markentyps (z. B. bei Finanzdienstleistungen kommt es oft weniger auf die Profilierung einzelner Leistungen als vielmehr auf die Kompetenz und die Vertrauenswürdigkeit des ganzen Unternehmens an; das spricht eher für die Firmen- oder Dachmarke).
Inzwischen finden häufig Dehnungen des strengen Einzelmarkenkonzepts statt, indem zur Originalprodukt-Marke neue, moderne Varianten (sogenannte Flanker; wie z. B. die Light-Flanker bei Einzelmarken wie Coca-Cola oder Indikationsdifferenzierungen bei Aspirin) im Sinne einer zusätzlichen Markenkapitalisierung hinzugefügt werden. Insoweit ergeben sich hier bereits bestimmte Übergänge zur Familienmarke.
2.2 Familienmarken-Strategie
2.2.1 Konzeptioneller Ansatz
Das Grundprinzip der Familienmarke (auch als Produktgruppen- oder Range-Marke (Becker 2013, S. 199) oder als Product Line Name (Assael 1990, S. 306) bezeichnet) besteht darin, dass für eine bestimmte Produktgruppe (Produktlinie) eine einheitliche Marke gewählt und eingesetzt wird. Alle unter dieser Familienmarke angebotenen Produkte partizipieren so am aufgebauten bzw. weiterentwickelten, produktgruppenspezifischen Markenimage.
Dieser Markentyp eröffnet spezifische strategische Chancen und zwar insofern, als die Familienmarken-Strategie die Möglichkeit bietet, sowohl grundlegende Vorteile der Einzelmarke (Profilierungsvorteil: produktspezifische Auslobung) als auch – wie noch zu zeigen sein wird – solche der Dachmarke (Ökonomievorteil: mehrere Produkte finanzieren das Markenbudget) zu nutzen, ohne deren jeweilige Nachteile ausgeprägt in Kauf nehmen zu müssen. Die Familienmarke hat sich inzwischen stärker durchgesetzt, insbesondere im Konsumgüterbereich. Typische Beispiele sind etwa die Nivea-Linie von Beiersdorf, die Du darfst-Linie von Bestfoods oder auch die Milka-Linie von Mondelez.
Die Familienmarke wird vor allem dann gewählt, wenn bestimmte Produkte eines heterogenen Programms zu Produktlinien zusammengefasst oder auf Basis bereits bestehender Leitprodukte mit einer Produktlinienbildung Potenziale in (neuen) Teilmärkten ausgeschöpft werden sollen. Solche Marken werden meist unter einer speziellen Philosophie im Sinne eines übergeordneten Nutzenversprechens bzw. einer Nutzenklammer geführt (z. B. „Nivea-Pflege-“, „Du darfst-Ernährungs-“ oder „Milka-Alpenmilch-“Philosophie).
2.2.2 Vor- und Nachteile
Die Darstellung des konzeptionellen Ansatzes der Familienmarken-Strategie hat Wesen und Zielrichtung dieser Strategie aufgezeigt. Damit werden zugleich spezifische strategische Eigenschaften des Markentyps Familienmarke deutlich. Sie stellen grundlegende Vorteile dar. Sie sollen in einer Übersicht (Tab. 2) im Einzelnen aufgeführt und den Nachteilen dieses Markentyps gegenüber gestellt werden.
Die Tab. 2 verdeutlicht insbesondere zwei strategisch relevante Aspekte. Die Familienmarke ermöglicht einerseits – speziell bei adäquater bzw. akzeptierter Markenphilosophie – ein ökonomisches Konzept gezielter Marktgestaltung und -ausschöpfung. Der Erfolg dieses Markentyps ist andererseits an den disziplinierten Umgang mit dem „Markenkern“ gebunden und setzt darüber hinaus ein entsprechendes Aufnahmeverhalten des Handels voraus (einschließlich der Berücksichtigung des Markensystem-Gedankens in der Warenpräsentation).
Konzeptioneller Grundgedanke ist hierbei eine gezielte Markendehnung im Sinne kontrollierter Produktlinienerweiterung, für die es vielfältige Anknüpfungspunkte und Spielarten gibt (Esch 2014, S. 411–479). Insgesamt geht es dabei immer darum, Markeninvestitionen über den Transfer erarbeiteter Vorstellungsbilder und Vorzugsstellungen (Präferenzen) auf neue Produkte bzw. Produktvarianten zu kapitalisieren. Bei einem solchen Markendehnungkonzept ist es unabdingbar, jeweils das Dehnungspotenzial der Ursprungs- oder Stammmarke über Markt- und Markenforschung zu analysieren und entsprechend zu berücksichtigen, um Markenschäden durch mögliche Unverträglichkeiten bzw. Verwässerungen im Sinne von negativen Rückwirkungen auf die Stammmarke zu vermeiden.
Außer diesen generellen Faktoren der Einsatzmöglichkeiten von Familienmarken sind – ebenso wie beim Markentyp „Einzelmarke“ – spezielle situative Faktoren zu berücksichtigen. So ist der erfolgreiche Aufbau einer Familienmarke in aller Regel an die Rückgriffsmöglichkeit auf eine erfolgreiche „Pioniermarke“ gebunden. Welche Bedeutung gerade diesem Aspekt zukommt, wird insbesondere an Erfolgsbeispielen wie Nivea (vgl. hierzu auch die speziellen Darlegungen weiter unten) oder Milka deutlich. Bei letzterer Marke konnte das große Sympathie- und Vertrauenskapital von Milka-Tafelschokolade für eine ganze Range philosophiegerechter Produkte wie Milka Lila Pause (süße Riegel), I love Milka (Pralinen), Milka Lila Stars (süße Knabberartikel) bis hin zu Milka Saisonware (Weihnachts- und Osterprodukte) erfolgreich genutzt werden.
Ein strategischer Ansatzpunkt für Familienmarken ist zunehmend auch das Konzept, vorhandenes Markenkapital unternehmensextern zu „melken“ (Brand Milking; z. B. die Lizenzvergabe des Markennamens Boss u. a. an einen Jeans- und einen Körperpflegehersteller, die jeweils unter dem Namen Boss Serien von Jeans-Bekleidung bzw. von Körperpflegeprodukten anbieten).
2.3 Dachmarken-Strategie
2.3.1 Konzeptioneller Ansatz
Das Grundprinzip der Dachmarke (auch als Unternehmens- oder Company-Marke (Becker 2013, S. 197–198) oder als Corporate Brand Name (Assael 1990, S. 306) bezeichnet) ist dadurch gekennzeichnet, dass hier sämtliche Produkte eines Unternehmens unter einer einheitlichen Marke (Umbrella Branding) angeboten werden. Im Vordergrund der Profilierungsbemühungen steht also die Firma und ihre Kompetenz (speziell bei Investitionsgütern und Dienstleistungen) bzw. ihre Sympathie oder das Vertrauen in sie (speziell bei Konsumgütern).
Die Dachmarkenstrategie ist ebenfalls stark verbreitet, bisher aber – zumindest als Reintyp – eher im nicht klassischen Konsumgüterbereich. Als typische Beispiele hierfür stehen etwa Siemens (Elektrogeräte i. w. S.), Allianz (Versicherungen), Volkswagen (Automobile) oder auch Obi (Fachmarktkette). Aber auch im Konsumverbrauchsgüter-Bereich finden sich klassische Dachmarkenkonzepte (wie z. B. Oetker (Nahrungsmittel) oder Bahlsen (Gebäck/Knabberartikel)), wenngleich diese Dachmarkenkonzepte inzwischen häufig modifiziert werden (worauf noch weiter unten einzugehen sein wird).
Die Dachmarke wird vor allem dann gewählt, wenn der Umfang des Programms zu groß ist für eine sinnvolle bzw. ökonomische Einzelmarkenstrategie (z. B. Siemens) oder Zielgruppen und Positionierung der Programmteile sich nicht oder nicht wesentlich voneinander unterscheiden (z. B. Allianz) oder das Programm bzw. wesentliche Teile davon starken Modeschwankungen unterliegen (z. B. Armani).
2.3.2 Vor- und Nachteile
Die Ausführungen zum konzeptionellen Ansatz der Dachmarken-Strategie haben Wesen und Zielrichtung dieser Strategie offengelegt. Damit sind bereits grundlegende Ansatzpunkte für die Bewertung und für den Einsatz der Dachmarke deutlich geworden. Hieran soll im Folgenden angeknüpft werden, um insgesamt die wichtigsten Vor- und Nachteile dieses Markentyps gegenüber zu stellen (Tab. 3).
Die Übersicht zu den Vor- und Nachteilen der Dachmarke zeigt – gerade auch unter Risiko- und Ökonomieaspekten – wesentliche Vorteile dieses Markentyps. Ihnen steht neben verschiedenen steuerungsstrategischen Nachteilen im Prinzip vor allem ein ganz gravierender Nachteil gegenüber: der nicht zu leugnende Profilierungsnachteil, der sich speziell bei Marketingkonzepten als nachteilig erweist, die auf die Eroberung und nachhaltige Besetzung oberer Märkte (speziell Premiummärkte; Becker 2013, S. 212–214) gerichtet sind.
Neben generellen Aspekten der Bewertung bzw. Effizienz von Dachmarken spielen auch bei diesem Markentyp situative Bedingungen eine Rolle. So kann zum Beispiel in Bereichen mit hohem Verdrängungswettbewerb und entsprechendem Preis- bzw. Ertragsverfall der Zwang zur Dachmarke oder die Überführung zu ihr erzwungen werden. Ansonsten gibt es branchenbedingte Faktoren (z. B. traditionell niedriges Marketingaktivitätsniveau in Rohstoff- oder Zwischenproduktmärkten, wie etwa Komponenten und Teile), die – soweit hier überhaupt eine bewusste Markenpolitik betrieben wird – ökonomisch allenfalls die Wahl einer Dachmarken-Strategie zulassen.
2.4 Markenstrategische Kombinationsmöglichkeiten
In den bisherigen Darlegungen wurden die markenstrategischen Basisalternativen (Einzel-, Familien- und Dachmarke) als „reine“ Markentypen analysiert, und zwar unter Würdigung ihres jeweils spezifischen konzeptionellen Ansatzes und ihrer generellen Einsatzbedingungen (inklusive typischer Vor- und Nachteile).
Unternehmen können jedoch nicht nur „reine“ Markentypen wählen, sondern auch markentyp-strategische Kombinationen einsetzen (Kapferer 1992, S. 163–167; Becker 2004, S. 651–657, 2013, S. 200–205). Solche Kombinationen können je nach Ausgangssituation bzw. Marktbedingungen sinnvoll sein. Auf konzeptionelle Grundfragen von Marken-Kombinationen soll deshalb noch näher eingegangen werden.
Marken-Kombinationen führen zu bewussten Markenhierarchie-Systemen, wobei verschiedene Hierarchie-Muster unterschieden werden können:
Zwei- oder dreifache Marken-Kombinationen(-Hierarchien).
Was die zweifache Marken-Kombination betrifft, so tritt sie etwa als Kombination von Einzelmarke einerseits und Dachmarke andererseits auf (Abb. 1).
Der konzeptionelle Ansatz besteht hier darin, starke Einzelmarken aufzubauen und deren Markenkraft durch die übergeordnete Kompetenz einer Dachmarke zu verstärken (= Kumulationseffekt; so tragen z. B. alle Waschmittelmarken der Firma Henkel neben der spezifischen Einzelmarke zusätzlich das Markenlogo Henkel, das für ein marktführendes, forschungsintensives und ökologieorientiertes Unternehmen steht).
Eine andere Form der zweifachen Marken-Kombination ist die Verknüpfung von Familien- und Dachmarke (Abb. 2). Die konzeptionelle Zielsetzung besteht hierbei in der Schaffung von homogenen, markendifferenzierten Produktlinien unter einem mit hohem Goodwill ausgestatteten Markendach (z. B. Trennung süßer und salziger Linien bei Bahlsen).
Die dreifache Marken-Kombination verknüpft im Prinzip alle drei Markentypen, und zwar auf der Basis einer jeweils spezifischen Rollenverteilung (Abb. 3).
Das konzeptionelle Prinzip besteht darin, ein hierarchisches Markensystem zu schaffen, das unter einer bewährten Dachmarke das Programm nach Produktfamilien trennt und innerhalb der Produktfamilien Einzelmarken im Sinne von Untermarken (z. B. für Ausstattungs-/Leistungsvarianten) schafft. Eine solche Markenhierarchie kann – nachfrage- und wettbewerbsbedingt – bei sehr differenzierten Programmen (z. B. vielen Programmvarianten wie im Pkw-Markt) sinnvoll sein.
Marken(typ)strategische Entscheidungen stellen so gesehen einen sehr komplexen Aufgaben- und Entscheidungsbereich dar. Es soll deshalb abschließend noch auf einige Grundfragen des Marken-Managements eingegangen werden.
3 Markentypentscheidungen und Marken-Management
Bereits eingangs wurde auf den Schlüsselcharakter von Markentypentscheidungen hingewiesen. Diese Tatsache soll nun noch unter Markenführungsaspekten näher aufgegriffen werden.
3.1 Markentypwahl und Markenarchitektur
Bei der Markentypwahl sind im Prinzip zwei Grundanlässe des Marketing- und Markenhandelns zu unterscheiden:
1. | Markentypentscheidungen bei neu zu gründenden Unternehmen |
(= Markenkonzept-Erstellung) | |
2. | Markentypentscheidungen bei bereits bestehenden Unternehmen |
(= Markenkonzept-Weiterentwicklung) |
Im Falle der Neugründung besteht die konzeptionelle Aufgabe darin, die für den vorgesehenen Unternehmenszweck (Mission) geeignete Marke bzw. den geeigneten Markentyp zu bestimmen. In dieser Gründungsphase werden die Tragweite und die Bindungswirkung der Markenwahl vielfach unterschätzt. Bei der Markenkonzept-Erstellung wird meistens eine Dachmarke gewählt bzw. eine Marke, die sich im Laufe der Zeit als Markendach ausbildet. Hierbei wird nicht selten eine Marke mit einem Kompetenzfeld belegt, das sich – zum Teil schon relativ schnell – als zu eng erweist. So hat z. B. die Firma Eismann ein zu enges Markendach gewählt, weil sich recht bald herausstellte, dass bei einem aufwändigen Tiefkühl-Heimservice (Direktbelieferung von Privathaushalten) das Sortiment nicht auf Eiskrem allein beschränkt bleiben konnte. Vielmehr musste das Sortiment – auch aus Konkurrenzgründen (z. B. Sortiment des Wettbewerbers Bofrost) – um Tiefkühlkostprodukte wie Gemüse, Fisch, Fleisch usw. erweitert werden. Es ist deshalb schon in der Gründungsphase notwendig, mögliche bzw. erforderliche Programm-/Sortimentserweiterungen zu antizipieren, mit anderen Worten also eine Vision für die künftige Unternehmensentwicklung zu schaffen (zur Rolle von Mission und Vision eines Unternehmens Becker 2013, S. 39–41) und beide ziel-strategischen Festlegungen bei der Markentypwahl entsprechend zu berücksichtigen.
Wenn auch Marken(typ)entscheidungen grundsätzlich auf Dauer, zumindest aber für eine möglichst lange Unternehmensphase, getroffen werden sollten, um Markenwert-Minderungen und/oder Marken-Restrukturierungskosten zu vermeiden, so gibt es dennoch immer wieder Anlässe im Unternehmenszyklus, Markenentscheidungen zu überprüfen und ggf. zu korrigieren (= Markenkonzept-Weiterentwicklung). Typische Anlässe sind hierbei ziel-strategische Änderungen in der Marketing-Konzeption eines Unternehmens, die sich häufig auf Veränderungen von Programmart und/oder Programmumfang beziehen. Dabei sind eigene Programmerweiterungen (internes Wachstum) und Programmerweiterungen über Aufkauf-Konzepte (externes Wachstum) zu unterscheiden. Solche konzeptionellen Maßnahmen haben vielfach auch markenstrategische Konsequenzen (z. B. die Einführung der Marke Smart von Daimler im Zuge der eigenen Programmerweiterung „nach unten“ oder die Übernahme und Weiterführung verschiedener Henkell-Sektmarken nach Aufkauf der Firma Henkell durch die Firma Söhnlein (Oetker-Gruppe)).
Analoge korrigierende Marken(typ)entscheidungen sind umgekehrt auch bei bei Bereinigungen der strategischen Geschäftsfelder eines Unternehmens gegeben (hier: Aufgabe bzw. Verkauf von betroffenen Marken).
Bei den verschieden Anlässen marketing-konzeptioneller Änderungen im Laufe der Unternehmensentwicklung wird häufig das systematische Zusammenspiel der verschiedenen Marken bzw. Markentypen untereinander und dessen evtl. Neuordnung vernachlässigt. Dadurch entstehen nicht nur mögliche kaufrelevante „Irritationen“ auf der Seite der Kunden (Handel und Endverbraucher), sondern das Unternehmen selbst verzichtet damit vielfach auf eine gezielte Nutzung von Synergien zur Effizienzsteigerung des Marketing- und Markenhandelns insgesamt.
Angesichts immer komplexer werdender Markenstrukturen in den Unternehmen – insbesondere auf Grund von typischen Portfolio-/Geschäftsfeld-Erweiterungen – steht das Management mehr denn je unter dem Zwang, das eigene Markengefüge hierarchisch systematisch zu ordnen (= vertikale Ordnung). Diese notwendige konzeptionelle Aufgabe wird inzwischen unter dem Begriff Markenarchitektur thematisiert (Aaker und Joachimsthaler 2009; Esch 2014). Unter Markenarchitektur wird in diesem Sinne die konzeptionsgestützte, vertikale Ordnung aller Marken eines Unternehmens verstanden, und zwar unter dem Aspekt der strategischen Positionierung und des strategischen Beziehungssystems.
Hierbei lassen sich mindestens drei unterschiedliche Markenarchitektur-Typen unterscheiden: 1. Architekturen, bei denen die Dach- oder Unternehmensmarke dominiert („Branded House“), 2. Architekturen, bei denen die verschiedenen Einzel- oder Produktmarken dominieren („House of Brands“) und 3. gemischte Architekturen mit jeweils unterschiedlichen Gewichten zwischen der Unternehmensmarke einerseits und den Produktmarken andererseits („Mixed Brands“) (Aaker und Joachimsthaler 2009, S. 105). Je stärker die Markenarchitektur in Form eines „Branded House“ strukturiert ist, desto größer sind grundsätzlich die möglichen Synergien, die sich im Rahmen eines gegebenen Markensystems realisieren lassen (allerdings unter Inkaufnahme von Einschränkungen bei der Differenzierung der Markenpositionierung). Umgekehrt nehmen die möglichen Synergien ab, je stärker eine Markenarchitektur sich in Richtung eines „House of Brands“ entwickelt hat (dafür jedoch mit den größeren Möglichkeiten einer differenzierteren Markenpositionierung). Mischstrukturen („Mixed Brands“) versuchen demgegenüber jeweils bestimmte Kompromisse zwischen „Branded House“ und „House of Brands“ zur Realisierung möglichst optimaler unternehmens- und absatzmarktspezifischer Markenkonzepte zu schließen (Becker 2006, S. 921).
Ohne auf die inzwischen intensiver geführte Diskussion markenarchitektur-strategischer Vorgehensweisen und ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile im Einzelnen einzugehen (Esch 2014, S. 553–582), sollen im Folgenden noch zwei typische Entwicklungsmöglichkeiten bzw. -zwänge bei Markenstrukturentscheidungen diskutiert werden.
3.2 Zwei typische Entwicklungsmöglichkeiten
In vielen Märkten und bei zahlreichen Unternehmen lassen sich generelle Entwicklungsrichtungen in Bezug auf die Markentypwahl und ihre Korrektur identifizieren. Sie beruhen auf erfahrungsgestützten konzeptionellen Einsichten zu erfolgreicher Markenführung, und zwar unter Berücksichtigung unternehmens- und markenspezifischer Bedingungen, wie konkrete Beispiele verschiedener Unternehmen verdeutlichen.
Zunächst sollen generelle Entwicklungsmuster der Markentypwahl bzw. -korrektur aufgezeigt werden (Abb. 4).
Die Darstellung macht deutlich, dass zunehmend markenstrategische Entwicklungsmuster festgestellt werden können, die entweder ihren Ausgangspunkt bei der Dachmarke als dem einen oder der Einzelmarke als dem anderen „extremen“ Markentyp haben. Die beiden gekennzeichneten Grundrichtungen laufen prinzipiell auf Schaffung einer Familienmarke bzw. Familienmarkensystems (als „mittlerem“ Markentyp) hinaus. Je nach Ausgangspunkt dieser beiden Markenentwicklungen kann von Markenevolution einerseits und Markenrestrukturierung andererseits gesprochen werden (Becker 2013, S. 202–205).
3.2.1 Evolution von Marken
In gesättigten, tendenziell überbesetzten Märkten wird es immer schwieriger, neue Marken aufzubauen, und zwar aus Gründen hoher Marktinvestitionen wie auch aus Zeitgründen (strategisches Timing). Ein wichtiger markenstrategischer Ansatz wird deshalb zunehmend darin gesehen, starke und imageträchtige vorhandene Marken für neue Aktivitäten (z. B. bei der Strategieentwicklungsrichtung horizontale Diversifikation) zu nutzen. Das heißt mit anderen Worten, dass man speziell starke, gut profilierte Einzelmarken in Familienmarken überführt, um schneller und vor allem auch effizienter in neue Märkte eindringen zu können. Klassisches Vorbild einer solchen Strategie ist das Nivea-Konzept (Abb. 5). Hier ist es gelungen, unter Beachtung eines gemeinsamen, nutzengeprägten Imagedaches – nämlich einer „Pflege-Philosophie“ – einen ganzen Kranz bedarfsverwandter Produkte um die Muttermarke Nivea-Creme zu legen (u. a. Nivea-Milk/-Lotion, -Gesicht, -Sonnenpflege und -Haarpflege) und damit sehr erfolgreich einen sogenannten Markentransfer zum Zweck einer systematischen Produktlinienerweiterung (Line Extension, Wölfer 2004, S. 812–816) vorzunehmen.
Das konzeptionelle Prinzip einer solchen markenstrategischen Evolution (Abb. 5) – ausgehend von einer starken Muttermarke – besteht also darin, im Interesse eines Auf- bzw. Ausbaus einer ganzen Produktlinie satellitenartig neue Produkte („Markenkinder“) um einen bewährten Markenkern (bei Nivea: (Körper-)Pflege-Kompetenz) zu gruppieren. Entscheidende Voraussetzung für das Funktionieren einer solchen Markenevolution über eine entsprechende Markentransferstrategie ist die imagemäßige Affinität zwischen Ausgangsmarke bzw. Ausgangsprodukt und den vorgesehenen Transferprodukten (Hätty 1989). Diese einschränkende Bedingung – in der Regel durch entsprechende Untersuchungen zum Markenimage und zur Markenkompetenz abgeklärt – führt nicht selten dazu, dass der Markentransfer auf vorgesehene Zielprodukte nur in Stufen, d. h. im Sinne einer kontrollierten Produktlinienerweiterung und entsprechender Markendehnung, vollzogen werden kann (Esch 2014, S. 411–479). Auf diese Weise sollen bestimmte Kompetenzzuwächse im Zeitablauf abgewartet werden, um so einer möglichen Markenerosion durch vorschnelle, (noch) nicht stimmige Transferprodukte vorzubeugen. So war zum Beispiel der Transfer der Marke Nivea auf Deo-Produkte erst nach einer ganzen Reihe anderer Pflegeprodukte, die näher am Nivea-Markenkern lagen, möglich und sinnvoll.
3.2.2 Restrukturierung von Marken
Viele große, klassische Markenhersteller haben durch die Wahl von Unternehmens- oder Dachmarken von vornherein die markentechnischen Voraussetzungen geschaffen, um neue Aktivitäten in für sie neuen Märkten entfalten zu können, ohne dass hier die Marke (zunächst) als Begrenzungsfaktor in Erscheinung tritt. Ein strategischer Zwang zur Restrukturierung einer Dachmarke zu einem gegebenenfalls mehrstufigen System von Familien- oder Produktgruppenmarken kann jedoch dann eintreten, wenn ein Unternehmen im Laufe seiner Entwicklung ausgeprägt diversifiziert und sich immer stärker von seinem Stammgeschäft (speziell im Sinne lateraler Diversifikation) entfernt hat. Dass dies gegeben sein kann, macht u. a. das Beispiel Melitta deutlich (Körfer-Schün 1988, S. 159–166). Hier hatte man über Jahrzehnte hinweg ziemlich heterogene Produkt- und Marktaktivitäten wie Kaffeefilter/Kaffee, Lebensmittelfolien, Staubsauger- und Müllbeutel und Luftreiniger sowie Teefilter unter dem Firmendach Melitta subsumiert. Auf diese Weise war ein ziemlich diffuses Markenbild mit einer kaum noch durchgängigen Identifikationsklammer entstanden, was eine markenstrategische Neuausrichtung unausweichlich machte.
Die Übersicht (Abb. 6) zeigt, wie sich das Unternehmen Melitta wieder auf den ursprünglichen Markenkern der Dachmarke Melitta (Kaffeefilter, Kaffeemaschinen/-geräte und Kaffee) besonnen und die Marke Melitta nach der Markenrestrukturierung nur noch als hierfür reservierte Familien- oder Produktgruppenmarke einsetzt, während für alle anderen Aktivitäten jeweils neue bzw. in Ansätzen schon vorhandene Familien- oder Produktgruppenmarken genutzt und eingeführt wurden. Man entschloss sich also für eine umfassende Restrukturierung der Marke Melitta (d. h. Reservierung der Marke Melitta allein für den „Kaffee-Bereich“, dagegen (neue) spezielle Marken wie Toppits, Swirl, Aclimat und Cilia für die übrigen Bereiche), um sowohl deren Glaubwürdigkeit und Kompetenz zu stärken als auch um entsprechende Klammern für spezifische (Geschäfts-)Bereiche zu schaffen, um damit Produktinnovationen und ihre Durchsetzung im Markt zu erleichtern.
4 Fazit
Im zunehmend verschärften Wettbewerb – national wie international (global) – spielen Marken eine ganz zentrale Rolle. Sie dienen der Differenzierung am Markt und Differenzierung ist die Voraussetzung dafür, Markt- und Ertragspotenziale gezielt auszuschöpfen.
Marken besitzen für Abnehmer eine wichtige Orientierungsfunktion, indem sie die notwendige Transparenz über die ständig steigende Angebotsvielfalt schaffen. Den Anbietern erlauben sie andererseits, im Wettbewerb am Markt unternehmensbezogene Vorzugsstellungen (Präferenzen) aufzubauen und auf diese Weise Wettbewerbs- und Ertragsvorteile zu realisieren.
Aus Sicht der Unternehmen bilden Marken die zentralen Anknüpfungspunkte für ziel-strategisch orientierte Positionierungs- und Profilierungsmaßnahmen. Um über solche Maßnahmen im Sinne der Markenprofilierung disponieren zu können, müssen Markentyp-Entscheidungen getroffen werden. Mit dieser Grundentscheidung wird festgelegt, welche Art und welcher Umfang von Produkten bzw. Leistungen eines Unternehmens unter der festgelegten Marke angeboten werden sollen.
Grundsätzlich stehen drei Markentypen zur Wahl: Einzel-, Familien- und Dachmarke.
Die Einzelmarke (Prinzip: Eine Marke = ein Produkt = ein Produktversprechen) erlaubt unter marketing- und marken-konzeptionellen Gesichtspunkten die klarste („spitzeste“) Positionierung und Profilierung.Auf diese Weise können nicht nur wichtige mittlere Märkte, sondern vor allem auch obere Märkte (Marktsegmente) mit entsprechenden Premium- bzw. Luxusmarken bedient und ausgeschöpft werden. Die Einzelmarke stellt andererseits auch das aufwändigste Markensystem dar, weil hier jeweils ein Produkt allein sämtliche Markenprofilierungsmaßnahmen tragen muss. Die Ökonomie der Einzelmarke kann ggf. aber dadurch verbessert werden, dass das Stammprodukt um neue, moderne Varianten bzw. Zusatzprodukte (sogenannte Flanker) ergänzt wird.
Die Dachmarke stellt gewissermaßen den Gegentyp zur Einzelmarke dar (Prinzip: sämtliche Produkte/Leistungen eines Unternehmens unter einer einheitlichen Marke). Sie erlaubt auf Grund ihrer Klammerfunktion (Umbrella Branding) natürlich nicht eine so klare („spitze“) Positionierung und Profilierung, wie das bei einer fokussierten Einzelmarke möglich ist. Dafür bietet die Dachmarke besondere ökonomische Vorteile, weil bei ihr alle subsummierten Produkte/Leistungen eines Unternehmens zur Finanzierung sämtlicher Positionierungs- und Profilierungsmaßnahmen beitragen.
Die Familienmarke bildet demgegenüber eine Art mittlerer Markentyp (Prinzip: eine bestimmte Produktgruppe (Produktlinie) unter einer spezifischen Marke). Gegenüber der Dachmarke erlaubt die Familienmarke somit spezifischere, klare(re) Positionierungen und Profilierungen ähnlich der Einzelmarke. Zugleich tragen alle unter ihr angebotenen Produkte/Leistungen zur Finanzierung der Profilierungsaufwendungen bei (Ökonomievorteil). Die Familienmarke erlaubt darüber hinaus vielfältige Anpassungen bzw. Erweiterungen. Diese besonderen marken-strategischen Möglichkeiten werden heute speziell unter dem Begriff Markendehnung diskutiert und realisiert. Auf Grund dieser spezifischen Differenzierungsmöglichkeiten können gezielt zusätzliche Marktsegmente bzw. Zielgruppen bis hin zu Marktnischen ausgeschöpft werden. Gerade unter den generellen Bedingungen schwach wachsender oder sogar stagnierender Basismärkte ist diese marketing- und marken-strategische Option heute von besonderer Bedeutung.
Insgesamt gibt es während des Unternehmens- wie des Markenlebenszyklus immer wieder Möglichkeiten oder auch Zwänge, marketing-strategische Anpassungen bzw. Weiterentwicklungen vorzunehmen, die Auswirkungen bzw. Konsequenzen für den jeweils bestehenden Markentyp haben. In diesem Zusammenhang wurden typische Beispiele der Evolution wie auch Restrukturierung von Marken aufgezeigt.
Markenpolitik – und damit auch Markentyp-Überlegungen – sind im Laufe des Unternehmenslebenszyklus quasi permanent zu reflektierende und ggf. zu disponierende Aufgabenstellungen. Aufgabenfelder ergeben sich dabei sowohl in vertikaler Sicht, was unter dem Stichwort Markenarchitektur behandelt wurde als auch in horizontaler Sicht, was das Markenportfolio – also Umfang und Zusammensetzung des Markensystems insgesamt – betrifft. Hierbei geht es nicht zuletzt unter Marketing- und Markenetat-Aspekten um die „richtige“ Zahl und damit um die Ökonomie aller Marken eines Unternehmens. Auch hier sind Grundfragen der Markentypwahl bzw. -korrektur berührt (Becker 2013, S. 445–446).
Die entscheidende Frage des marken-bezogenen Portfolio-Managements besteht häufig darin, die Zahl der Marken z. T. drastisch zu verringern. Der marken-strategische Ansatz zielt dabei darauf ab, diejenigen Marken zu eliminieren, die sich nicht mehr „rechnen“, und dafür die ganze Kraft der Markeninvestitionen auf eher wenige starke Marken und entsprechend ausbaufähige Power-Marken (Top Seller) zu konzentrieren (Majer 2001, S. 42; Lindenberg 2004, S. 2716). Die Erfahrung in vielen Märkten zeigt, dass sich jeweils nur zwei bis drei starke Marken im relevanten Markt nachhaltig durchsetzen bzw. behaupten und die für die angestrebte Rendite notwendigen Marktanteile realisieren können (Becker 2013, S. 379–380).
Wenn auch ökonomische Zwänge zur Kostensenkung wie zur Effizienzsteigerung bei vielen Unternehmen dazu führen, die vorhandenen Markenportfolios auf mögliche Markenreduktionen hin zu untersuchen und Teile des Portfolios ggf. aufzugeben, so sind andererseits nach wie vor Marktentwicklungen wie z. B. die fortschreitende Fragmentierung von Märkten (Becker 2000) zu beachten, die grundsätzlich eine eher differenzierte Markenpolitik im Sinne von Mehrmarken-Konzepten erfordern. Insofern besteht die schwierige marken- und damit auch markentyp-strategische Aufgabe darin, die richtige markt- und unternehmensspezifische Balance zwischen Markenkonzentration (= Markenreduktion) einerseits und Markendifferenzierung (= Markenvielfalt) andererseits zu finden.
Literatur
Aaker, D. A., & Joachimsthaler, E. A. (2009). Brand leadership. New York: The Free Press.
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Becker, J. (2017). Einzel-, Familien- und Dachmarken als grundlegende Handlungsoptionen. In: Esch, FR. (eds) Handbuch Markenführung. Springer Reference Wirtschaft . Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13361-0_11-1
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