Zusammenfassung
‚Kompetenzdarstellungskompetenz‘ ist eine Anlehnung an Odo Marquard (1981) und sein geflügeltes Wort „Inkompetenzkompensationskompetenz“. Aus seiner Bemerkung, dass Kompetenz „irgendwie mit Fähigkeit, Bereitschaft und Zuständigkeit“ zu tun habe, entfaltet sich das dem inszenierungstheoretischen Ansatz zugrunde liegende Kompetenzverständnis. Gewonnen wurde dieser Ansatz aus der dramatologischen Perspektive, die Ronald Hitzler (1992) als Anthropologie aus dem Werk Erving Goffmans abgeleitet hat. Der Kernthese des darauf beruhenden inszenierungstheoretischen Ansatzes in der Professionssoziologie zufolge ist Professionalität institutionalisierte Kompetenzdarstellungskompetenz (vgl. Pfadenhauer 2003).
Notes
- 1.
Zu anderen Versionen des inszenierungstheoretischen Ansatzes, beispielsweise in der Management-Literatur, vgl. Kühl 2008, S. 195 (Fussnote 92).
- 2.
- 3.
Vgl. das von Alexander Antony, Gerd Sebald und Jens Adloff herausgegebene Schwerpunktheft „Handlungs- und Interaktionskrisen“ der Österreichischen Zeitschrift für Soziologie 41(1)/2016.
- 4.
Vgl. zu diesem Verständnis von professionellem Handeln als ‚Problem zur Lösung‘ Pfadenhauer 2005.
- 5.
Eine Wiederholung dieser Kritik findet sich in Kühl 2010.
- 6.
- 7.
Menschen werden dann von Rollenträgern zu Rollenspielern, wenn sie sich selbst als Rollenträger aufzufassen (vgl. Pfadenhauer 1999).
- 8.
Aus wissenssoziologischer Perspektive bilden Institutionen sowohl Rahmenbedingungen als auch die strukturierende Verstetigung von Interaktion (Goffmans Begriffe des Rahmens und der Interaktionsordnung sind hierzu homolog zu verstehen).
- 9.
Selbstverständlich wird in Kompetenzdarstellungen in der Regel auch von Gegenständen Gebrauch gemacht, die auf etwas für uns nicht Wahrnehmbares verweisen oder dieses gar vergegenwärtigen, und selbstverständlich sind Kompetenzdarstellungen in der Regel komplexe Handlungen, zu denen sowohl ritualisierte Vorgänge als auch bloße Routinen gehören. – Zu den verschiedenen Formen zeichenvermittelter Repräsentation vgl. grundlegend Soeffner 1986, 2010.
- 10.
Wie Martin Schmeiser zu Recht feststellt, entwickelt der inszenierungstheoretische Ansatz lediglich einen allgemeinen Begriff von Professionalität, der Angehörige verschiedener Berufsgruppen unter sich befasst (Schmeiser 2006, S. 308). Wie aus inszenierungstheoretischer Perspektive die spezifische Differenz zwischen den klassischen Professionen hie und anderen professionalisierten oder zumindest professionalisierungsfähigen Berufsgruppen da bestimmt werden kann, ist eine noch zu beantwortende Frage.
- 11.
Wie weit das Einverständnis jeweils reicht, wäre anhand unterschiedlichen Datenmaterials (z. B. individuelle Selbstbeschreibungen von Supervisoren und supervisorischen Ausbildungsinstituten, Praktikerliteratur zum Thema Supervision, einschlägige wissenschaftliche Fachliteratur, Datenmaterial zu den Erwartungshaltungen von Auftraggebern und zur Auftragslage von Supervisoren etc.) im Einzelnen zu prüfen.
- 12.
Literatur
Belardi, Nando. 2013. Supervision. Grundlagen, Techniken, Perspektiven, 4. Aufl. München: C.H. Beck.
Buchinger, Kurt, und Monika Klinkhammer. 2007. Beratungskompetenz. Supervision, Coaching, Organisationsberatung. Stuttgart: Kohlhammer.
Buer, Ferdinand. 2004. Über die professionelle Kompetenz, Professionalität kompetent darzustellen. Und welche Rolle die Supervision heute dabei spielt. In Die flexible Supervision. Herausforderungen – Konzepte – Perspektiven. Eine kritische Bestandsaufnahme, Hrsg. Ferdinand Buer und Gertrud Siller, 161–201. Wiesbaden: Springer VS.
Goffman, Erving. 1956. The presentation of self in everyday life. Deutsche Ausgabe: Goffman, Erving. 1969. Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. München: Piper.
Goffman, Erving, Hrsg. 1971. Techniken der Imagepflege. In Interaktionsrituale, 10–53. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Goffman, Erving, Hrsg. 1994. Die Interaktionsordnung. In Interaktion und Geschlecht, 50–104. Frankfurt a. M./New York: Campus.
Deutsche Gesellschaft für Supervision und Coaching (DGSv), Hrsg. 2012. Supervision – ein Beitrag zur Qualifizierung beruflicher Arbeit, 8. Aufl. Bonn.
Ebbecke-Nohlen, Andrea. 2013. Einführung in die systemische Supervision, 2. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer Verlag.
Gruber, Carina, und Julia Hansmeyer. 2009. Supervisoren als Schauspieler. Professionalisierung durch Kompetenzdarstellungskompetenz. In Black-Box Beratung? Empirische Studien zu Coaching und Supervision, Hrsg. Karolina Galdynski und Stefan Kühl, 127–154. Wiesbaden: Springer VS.
Hitzler, Ronald. 1992. Der Goffmensch. Überlegungen zu einer dramatologischen Anthropologie. Soziale Welt 43(4): 449–461.
Hitzler, Ronald. 1994. Goffmans Perspektive. Notizen zum dramatologischen Ansatz. Sozialwissenschaftliche Informationen 20:276–281.
Hitzler, Ronald. 1997. Perspektivenwechsel. Über künstliche Dummheit, Lebensweltanalyse und Allgemeine Soziologie. Soziologie 26:5–18.
Hughes, Everett C. 2009. The sociological eye. Selected papers, Hrsg. David Riesman und Howard S. Becker, 3. Aufl. New Brunswick/London: Transaction Books.
Knoblauch, Hubert. 2014. Wissenssoziologie. Konstanz: UVK.
Kühl, Stefan. 2008. Coaching und Supervision. Zur personenorientierten Beratung in Organisationen. Wiesbaden: Springer VS.
Kühl, Stefan. 2010. Ächtung des Selbstlobs und Probleme der Kompetenzdarstellung. In Soziologie der Kompetenz, Hrsg. Thomas Kurtz und Michaela Pfadenhauer, 275–291. Wiesbaden: Springer VS.
Marquard, Odo, Hrsg. 1981. Inkompetenzkompensationskompetenz? Über Kompetenz und Inkompetenz der Philosophie. In Abschied vom Prinzipiellen. Philosophische Studien, 23–38. Stuttgart: Reclam.
Mieg, Harald, und Michaela Pfadenhauer, Hrsg. 2003. Professionelle Leistung – professional performance. Positionen der Professionssoziologie, 71–87. Reihe ‚Wissen und Studium‘ im Universitätsverlag Konstanz. Konstanz: UVK.
Pfadenhauer, Michaela. 1999. Rollenkompetenz. Träger, Spieler und Professionelle als Akteure für die hermeneutische Wissenssoziologie. In Hermeneutische Wissenssoziologie. Standpunkte zur Theorie der Interpretation, Hrsg. Ronald Hitzler et al., 267–285. Konstanz: UVK.
Pfadenhauer, Michaela. 2003. Professionalität. Eine wissenssoziologische Rekonstruktion institutionalisierter Kompetenzdarstellungskompetenz. Opladen: Leske und Budrich.
Pfadenhauer, Michaela, Hrsg. 2005. Die Definition des Problems aus der Verwaltung der Lösung. Professionelles Handeln revisited. In Professionelles Handeln, 9–26. Wiesbaden: Springer VS.
Pfadenhauer, Michaela. 2010. Kompetenz als Qualität sozialen Handelns. In Soziologie der Kompetenz, Hrsg. Thomas Kurtz und Michaela Pfadenhauer, 149–172. Wiesbaden: Springer VS.
Pfadenhauer, Michaela. 2014. Professionalität als spezifische Kompetenzdarstellung. In Professionalität: Wissen – Kontext. Sozialwissenschaftliche Analysen und pädagogische Reflexionen zur Struktur bildenden und beratenden Handelns, Hrsg. Martin P. Schwarz et al., 162–183. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Rappe-Giesecke, Kornelia. 2009. Diagnose in Supervision und Organisationsberatung. In Handbuch Supervision und Organisationsentwicklung, Hrsg. Harald Pühl, 3. Aufl., 75–90. Wiesbaden: Springer VS.
Schmeiser, Martin. 2006. Soziologische Ansätze der Analyse von Professionen, der Professionalisierung und des professionellen Handelns. Soziale Welt 57:295–318.
Siller, Gertrud. 2008. Professionalisierung durch Supervision. Perspektiven im Wandlungsprozess sozialer Organisationen. Wiesbaden: Springer VS.
Soeffner, Hans-Georg, Hrsg. 1986. Emblematische und symbolische Formen der Orientierung. In Sozialstruktur und soziale Typik, 1–30. Frankfurt a. M./New York: Campus.
Soeffner, Hans-Georg. 2010. Symbolische Formung. Eine Soziologie des Symbols und des Rituals. Weilerswist: Velbrück.
Stark, Carsten. 2004. Rezension zu: ‚Michaela Pfadenhauer: Professionalität. Eine wissensoziologische Rekonstruktion institutionalisierter Kompetenzdarstellungs-kompetenz‘. Soziologische Revue 27:474–476.
Watzlawick, Paul et al. 2011. Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien, 12. Aufl. Bern: Huber.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2019 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this entry
Cite this entry
Pfadenhauer, M., Dieringer, V. (2019). Professionalität als institutionalisierte Kompetenzdarstellungskompetenz. In: Schnell, C., Pfadenhauer, M. (eds) Handbuch Professionssoziologie. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13154-8_9-1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-13154-8_9-1
Received:
Accepted:
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-13154-8
Online ISBN: 978-3-658-13154-8
eBook Packages: Springer Referenz Naturwissenschaften