Zusammenfassung
Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien erweitern das Artikulationsspektrum der Menschen und wirken sich grundlegend auf Prozesse des gesellschaftlichen Alltags und insbesondere des informellen Lernens aus. Damit stellen sich zugleich Fragen der Partizipation und Teilhabe in einer Informations- und Wissensgesellschaft. In diesem Beitrag werden Ungleichheiten im Rahmen neuer und digitaler Kommunikationstechnologien erläutert, und es wird diskutiert, welche Herausforderungen und Implikationen sich daraus aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive ergeben. Hierfür werden Entwicklungslinien der Ungleichheitsforschung mit Blick auf das Internet nachgezeichnet und auf etablierte Konzepte zur Analyse informellen Lernens bezogen.
Notes
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„As the infusion of mass media information into a socialsystem increases, segments of the population with higher socioeconomic status tend to acquire this information at a faster rate than the lower status segments, so that the gap in knowledge between these segments tends to increase rather than decrease” (Tichenor et al. 1970. S. 159).
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Insbesondere im deutschsprachigen Raum sind hier die kontinuierlich durchgeführten ARD-ZDF-Onlinestudien sowie die Erfassungen der JIM-Studien aber auch der (N)Onliner-Atlas hervorzuheben.
- 8.
Die Initiative D21 erhebt seit 2001 mit dem „(N)Onliner-Atlas“ Nutzungsdaten im deutschsprachigen Raum. Mit der weiterführenden Studie „D21-Digital-Index“ wird seit 2013 die Entwicklung des Digitalisierungsgrads der deutschen Bevölkerung bezüglich des Zugangs, der Nutzungskompetenzen sowie der Nutzungsvielfalt digitaler Medien und dem Internet erhoben. Siehe hierzu auch http://www.initiatived21.de/.
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Der regelmäßig aktualisierte Breitbandatlas des Bundesministeriums für Wirtschaft gibt Aufschluss über die ungleiche regionale Verfügbarkeit von Breitband-Internetzugängen in Deutschland.
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Diese unterschiedlichen Nutzungsweisen werden von Hargittai auf unterschiedlich ausgeprägte „online-skills“ zurückgeführt.
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Den Aspekt der Partizipation heben auch Jenkins (2009, xiii) hervor: „A central goal of this report is to shift the focus of the digitaldivide discourse from questions of technological access to those of opportunities for participation and the development of cultural competencies and social skills needed for full involvement.“
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Im Kontext der Unterscheidung von Nutzung und Nicht-Nutzung partizipativer Medienkulturen und der damit verbundenen informellen Lernprozesse verortet Jenkins (2009, 16f und 116) einen „participation gap“ als spezifische Form eines digital bzw. cultural divide.
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Als interaktive Nutzungsoptionen klassifizieren Livingstone et al. folgende Praktiken: “send an email/SMS to a site, vote for something online, use message boards, send pictures/stories to a site, access others’ personal webpages, offer advice to others online, fill in an online form about yourself, sign a petition online” (Livingstone et al. 2005, S.11).
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Der Begriff des „Code“ bezieht sich dabei sowohl auf die Architektur von Programmen und Apps, die über das Internet zur Verfügung gestellt werden, als auch auf die Architektur des Internet – gemeint sind also grundlegend die vielfältigen Strukturen des Software Codes. Es geht hierbei also nicht um Codes im Sinne der Kodierung von qualitativem Datenmaterial.
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So sind in den USA spezifische Verträge zwischen Streaming-Anbietern und Providern bekannt geworden, in denen eine bevorzugte Weiterleitung von Daten an Kunden vereinbart wurde.
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Insbesondere YouTube hat sich in den letzten Jahren als ein Dienst herausgestellt, der geprägt ist von höchst heterogenen audiovisuellen Beiträgen. Diese sind in unterschiedlichen Kontexten verortet, wobei jedoch stets die soziale Interaktion und der mediale Austausch im Vordergrund stehen und somit insbesondere unterschiedliche Typen von informellen Lernkulturen ermöglichen.
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