Zusammenfassung
Der Beitrag geht zunächst auf die grundlegenden Facetten des Projektmanagements ein, stellt einerseits zentrale Phasenmodelle bzw. die Schritte im Projektverlauf vor und geht andererseits auf die wesentlichen Aufgaben bzw. die Anforderungen in Hinblick auf die Projektplanung und Projektsteuerung ein. Ein Projektmanagement in der Prävention und Gesundheitsförderung hat die spezifischen Herausforderungen zu berücksichtigen, die mit (projektbezogenen) Interventionen in diesem Feld verbunden sind – dazu werden zunächst die konzeptionellen Ansätze bzw. die theoretischen Grundlagen der systemischen Projektdynamik und der integralen Projektmethodik präsentiert. Im Rahmen der Entwicklung hin zu einem speziellen Projektmanagement in der Prävention und Gesundheitsförderung wird auf das umfassende Modell der Qualitätsentwicklung bzw. das erprobte Verfahren der Projektabwicklung der Gesundheitsförderung Schweiz eingegangen – diesbezüglich werden die praktikabel einsetzbaren Instrumente der Qualitätsentwicklung beim Projektmanagement in der Prävention und Gesundheitsförderung vorgestellt (Arbeitsinstrument, Qualitätsverfahren, Wirkungsmodell, Handlungsrahmen).
Notes
- 1.
Exemplarisch sei hier auf die in den 1990er-Jahren von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) initiierten Pilotprojekte (20 in Europa) zur „Gesundheitsförderung im Krankenhaus“ (Health Promoting Hospitals) verwiesen – aus denen dann auf Grundlage der Wiener Empfehlungen (von 1997) das „Deutsche Netz Gesundheitsfördernder Krankenhäuser“ hervorging. Basis der Modellprojekte war neben der grundlegenden Ottawa Charta (von 1986) die Budapester Erklärung (von 1991) zu Inhalten und Zielen gesundheitsfördernder Krankenhäuser. Das Diakonie Krankenhaus Alten Eichen in Hamburg war eines der fünf Pilotkrankenhäuser in Deutschland – das Organisationsentwicklungsprojekt zur Gesundheitsförderung dauerte von 1992–1997 (vgl. Rosenthal und Wagner 2004; Mursa et al. 1999, 1998; Oppolzer und Rosenthal 1999). Das Diakonie Krankenhaus Alten Eichen wurde wissenschaftlich umfassend evaluiert (vgl. Oppolzer 1995, 1997). Oppolzer (1997, S. 122 f.) zieht hinsichtlich der Bedeutung der Gesundheitsförderung für Mitarbeiter im Krankenhaus folgende Bilanz: „Gesundheitsförderung durch Organisationsentwicklung ist […] geeignet, die im Krankenhaus besonders wichtigen psychosozialen und emotionalen Belastungen“ der Mitarbeiter und „daraus resultierende gesundheitliche Gefährdungen zu verhindern bzw. zu verringern. Sie ist in der Lage, die Beschäftigten als ‚Experten in eigener Sache‘ stärker einzubeziehen und ihr Betroffenenwissen ergänzend zur Expertenkompetenz der betrieblichen und außerbetrieblichen Fachleute des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit zu nutzen, sowie der Akzeptanz gegenüber Sicherheitsvorschriften und sicherheitsgerechtem Verhalten ‚durch Einsicht in die Notwendigkeit‘ zu verbessern.“
- 2.
Exemplarisch sei hier auf die „Gesundheitsförderung in der Gemeinde“ verwiesen – ein Interview mit Patrick Roth, dem Projektberater und Leiter des dreijährigen Programms „Lebensqualität in Gemeinden“ der Gesundheitsförderung Schweiz, gibt Aufschluss über einige zentrale Erkenntnisse zum Projektmanagement in der Prävention und Gesundheitsförderung (vgl. Willener 2007, S. 332 ff.). Auf die Frage Hat sich in den drei Jahren eine Standardisierung der Methoden ergeben? Was hat sich bewährt? wird geantwortet: „Bei vielleicht 50 Prozent sind die Methoden der Zukunfts- und Ideenwerkstatt zum Einsatz gekommen. Aus diesen Workshops entstehen dann jeweils Gruppen, die sich um bestimmte Themen kümmern. […] In einem Bündner Dorf gelang es zum Beispiel, sämtliche Jugendliche und Kinder ab dem Kindergarten in den Prozess einzubeziehen. Die Ideen und Meinungen der Kinder haben dann das Gesamtprojekt beeinflusst. Resultat war ein attraktiver Spiel- und Begegnungsplatz sowie eindrückliche Visionen für die Zukunft, die die Erwachsenen dann aufgenommen haben“ (Willener 2007, S. 334). Auf die Frage Wie sieht das Anforderungsprofil für Leute aus, die in den Gemeinden die Projektleitung innehaben? antwortet Patrick Roth im Interview: „Bei der Gesundheitsförderung geht es […] auch um ‚weiche‘ Faktoren wie Werte, Motivation, gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen, Zufriedenheit und Identifikation, Kommunikation. […] Es braucht Leute, die nah am Thema sind und die der Mitwirkung der Bevölkerung sowie der Interaktion einen hohen Stellenwert beimessen“ (Willener 2007, S. 336 f.).
- 3.
Partizipation kann sich aber nicht nur auf die konkrete Umsetzung in der Projektarbeit beziehen, sondern auch auf die Forschung. Was eine Partizipative Gesundheitsforschung ausmacht, erläutert Wright (2013) – insgesamt elf Merkmale werden genannt (wie beispielsweise): Partizipative Gesundheitsforschung ist partizipativ (Stufenmodell mit acht Ausprägungen von Beteiligungen); ist lokal situiert (in den Alltag eingebettet); ist ein kollektiver Forschungsprozess (Forschungsteam setzt sich aus verschiedenen Interessengruppen zusammen); fördert zivilgesellschaftliches Engagement, um Veränderungsprozesse zu unterstützen (Handlungen zur Verbesserung der Lage der Beteiligten unmittelbar fördern); fördert kritische Reflexivität (z. B. Förderung der kritischen Gesundheitskompetenz, um wirksame Strategien zur positiven Veränderung von Gesundheit zu entwickeln und umzusetzen); generiert Wissen, das lokal, kollektiv, kooperativ, dialogisch und multiperspektivisch ist (Ausgangspunkt ist das Alltagswissen) und zielt auf eine Breitenwirkung ab (unmittelbar zu einer Verbesserung der Gesellschaft beitragen) (vgl. Wright 2013).
- 4.
Dieses Qualitätssystem (Quint-essenz) ist auch in Deutschland adaptiert, seinerzeit (2008–2010) vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert und von der Landesvereinigung für Gesundheit Bremen e. V. mitgetragen worden. Eberhard (2011) legt diesbezüglich eine Broschüre zur „Einführung in Grundtechniken des Projektmanagements und der Qualitätsentwicklung in Gesundheitsförderung und Prävention“ vor – die Arbeitshilfe geht besonders auf die vier Basistechniken ein (Ziele eingrenzen, Indikatoren identifizieren, Strategien bestimmen, Maßnahmen entwickeln) und zeigt die Anwendung in Hinblick auf die Qualitätsinstrumente auf (Evaluation planen, Projekt steuern). „Verfahren des Projektmanagements und der Qualitätsentwicklung sind darauf ausgerichtet, allen Projektbeteiligten eine Planungs- und Strukturierungshilfe anzubieten“ (Eberhard 2011, S. 6) – ein qualitätsgesichertes Projektmanagement hat dabei bestimmte Standards zu berücksichtigen wie z. B. ein schlüssiges Konzept, die begründete Eingrenzung der Zielgruppe, konkrete Ziele, einen klaren Projektauftrag, die zeitliche Planung der Aufgaben oder die fundierte Sicherung der Projektergebnisse (vgl. Eberhard 2011, S. 6).
- 5.
Zu den Begrifflichkeiten: Unter einer Evidenzbasierten Praxis (EbP) verstehen Baumgartner und Sommerfeld (2012) einen Forschungsansatz, der Untersuchungsergebnisse (Evidenz) unter wissenschaftlichen Bedingungen erzeugt und dann in die Praxis deduktiv überträgt, im Forschungsansatz der Praxisbasierten Evidenz (PbE) werden die Untersuchungsergebnisse unter realen Praxisbedingungen induktiv erzeugt und dann im nächsten Schritt verallgemeinert (vgl. Baumgartner und Sommerfeld 2012). Evidenzbasierte Praxis greift (extern) gewonnene Untersuchungsergebnisse (z. B. empirische Studien) auf, um im Kontext der eigenen Berufspraxis entsprechende wissenschaftlich fundierte Entscheidungen treffen zu können (z. B. Behandlungsleitlinien in der medizinischen Versorgung). Praxisbasierte Evidenz geht davon aus, „dass Wissen über praktisches Handeln im spezifischen Kontext des Berufsalltags entsteht. Dieses Wissen entwickelt sich dadurch weiter, dass Personen miteinander interagieren, die in diesem Kontext eine wichtige Rolle spielen“ (Donk et al. 2014, S. 32). Die Praxisbasierte Evidenz „orientiert sich an der realen Praxis und fordert die Handelnden auf, ihre Praxis und die wahrgenommenen Auswirkungen explizit darzulegen und zu überprüfen“ (Donk et al. 2014, S. 32).
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Rosenthal, T. (2020). Projektmanagement in der Prävention und Gesundheitsförderung. In: Tiemann, M., Mohokum, M. (eds) Prävention und Gesundheitsförderung. Springer Reference Pflege – Therapie – Gesundheit . Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55793-8_121-1
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