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Zur Philosophie und Soziologie der Situation – eine Einführung

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Offene Ordnung?

Part of the book series: Wissen, Kommunikation und Gesellschaft ((WISSEN))

Zusammenfassung

Menschen sind in der Lage, etwas zu tun; und Menschen befinden sich in einer jeweiligen Lage zur Welt. Im einen Fall bezeichnen wir damit anthropologische Fähigkeiten und Auszeichnungen; im anderen Fall bezeichnen wir das menschliche (Geworden-)Sein in Raum und Zeit, sein relationales hic et nunc. Diese raumzeitliche Verfasstheit menschlichen Zur-Welt- und In-der-Welt-Seins sind verschiedene wesenhafte Seinsverfassungen des existenzialen Daseins.

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Notes

  1. 1.

    Für Bollnow liegt in dieser praktischen und widerständigen Dimension, die dem menschlichen Leben jederzeit und überall zukommt, der ganze Unterschied zwischen (dem existenzphilosophischen Begriff der) › Situation ‹ und (dem lebensphilosophischen Begriff der) › Lage ‹ . Er präzisiert deshalb: »Zur Situation wird die Lage, indem sie den Menschen vor bestimmte Schwierigkeiten stellt, die von ihm eine Bewältigung verlangen« (Bollnow 1947: 49).

  2. 2.

    Die existenzphilosophische Wucht dieses Satzes zeigt sich im menschlichen Umschlagpunkt zum Tod hin: »der Leichnam ist nicht mehr in Situation.« (Sartre 1994: 614)

  3. 3.

    Exemplarisch schreibt dazu Nicolai Hartmann: »Alle Initiative des Menschen ist situationsbedingt, zugleich aber auch situationsgestaltend. Sie ist hervorgerufen von der Lebenslage, gleichsam herausgefordert von ihr, stößt aber selbst wiederum formend in sie vor.« (1965: 191)

  4. 4.

    An Jaspers kann man sehen, dass dies auch aus philosophischer Perspektive berücksichtigt (gleichwohl aber nicht systematisch entfaltet) wird, wenn er die Situation definiert als raumtopografische Anordnung von und für an ihrer Daseinswirklichkeit interessierte(n) Subjekte(n), in der auch »andere Subjekte und deren Interessen, soziologische Machtverhältnisse, augenblickliche Kombinationen oder Gelegenheiten […] zur Geltung« kommen. Situation ist und heißt deshalb »eine nicht nur naturgesetzliche, vielmehr eine sinnbezogene Wirklichkeit, die weder psychisch noch physisch, sondern beides zugleich als die konkrete Wirklichkeit ist, die für mein Dasein Vorteil oder Schaden, Chance oder Schranke bedeutet.« (1994: 202)

  5. 5.

    So beispielsweise der Fokus Emges, wonach das entscheidende Problem der praktischen Philosophie im Allgemeinen und der Rechtsphilosophie im Besonderen darin bestehe, »wie man eine Situation richtig zu gestalten habe, daß dieses aber zusammenfalle mit dem Problem, wie man überhaupt sein solle, um richtig zu sein.« (1944: 3)

  6. 6.

    Eine profunde Verbindung beider philosophischer Richtungen in der Anwendung auf konkrete, wirkliche (und nicht typische, abstrakte) Situationen stellt Lipps (1938) im Rahmen seiner hermeneutischen Logik her; etwa in der Erörterung der »Transzendenz der Rede«, der »Verhältnismäßigkeit der Rede« oder der »Relation der Urteile«.

  7. 7.

    Siehe explizit zu Diagnosen und Diskussionen »offener Situationen« im Diskurskontext der Theorie reflexiver Modernisierung: Böhle/Weihrich (2009).

  8. 8.

    »Zu den Merkmalen des Ereignisses gehört ja nicht nur die Unvorhersehbarkeit und damit die Tatsache, dass es den gewöhnlichen Gang der Geschichte unterbricht, sondern auch seine absolute Singularität. Also kann man sagen, dass das Sprechen vom Ereignis, die Mitteilung von Wissen über das Ereignis, die Singularität des Ereignisses in gewisser Weise a priori und immer schon verfehlt – durch die einfache Tatsache, dass das Sprechen zu spät kommt und die Singularität in der Generalität verliert« (Derrida 2003: 21; vgl. auch 33 und 36).

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Ziemann, A. (2013). Zur Philosophie und Soziologie der Situation – eine Einführung. In: Ziemann, A. (eds) Offene Ordnung?. Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01528-2_1

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