Zivilgesellschaft in Palästina

Auszug

Als Reaktion auf die „Dritte Welle der Demokratisierung“ (Huntington 1991), die mit der Nelkenrevolution 1974 in Portugal ihren Ausgang nahm und sich mit Ausnahme des Vorderen Orients, wo es bei von der politischen Elite angestoßenen, reversiblen Liberalisierungspolitiken blieb (Kienle 1998), auf allen Kontinenten ausbreitete, boomte in den 1990er Jahren eine Debatte über die Zivilgesellschaft. Diese machte auch vor dem Vorderen Orient nicht halt (Norton 1995, 1996), ihre Dynamik war in Bezug auf diese Region aber von vergleichsweise kurzer Dauer. Auch wenn die Autorinnen die kausalen Zusammenhänge zwischen Zivilgesellschaft und Demokratie -je nach Wertung des Rezipienten — mit auffälliger Vorsicht oder Vagheit fassten, war das Interesse an der Zivilgesellschaft mit der ‘Dritten Welle’ verknüpft. Der Ausnahmecharakter des Vorderen Orients, der mit Israel überhaupt nur eine — von der genuin europäischen Ideologie des Zionismus inspirierten — Demokratie hervorbrachte, ließ die Diskussion über diese Region rasch abebben. Im Lichte einer zunehmend durch kulturalistische Konzepte bestimmten Debatte über das Entstehen von Demokratien ist die Forschung über Zivilgesellschaft im Vorderen Orient in die Defensive geraten bzw. führt als Forschung über den “civic Islam“ (Sajoo 2002: 13) eher ein Nischendasein. Bemerkenswerterweise schenkten auch die USA, die sich neuerdings im Rahmen ihrer Greater bzw. Broader Middle East Initiative an der Schaffung demokratischer Strukturen im Vorderen Orient interessiert gezeigt haben, der Zivilgesellschaft im Vorderen Orient keine große Beachtung (International Crisis Group 2004a: 13).