Zusammenfassung
Ich habe stets ein Doppelleben geführt1: das der Persönlichkeit, einer Zusammenfassung der Erbbestandteile, an einem bestimmten Orte im Räume und zu einer bestimmten Stunde in der Zeit; — und das des gestaltlosen, namenlosen Seins, ohne besonderen Ort und ohne besondere Zeit, welches die Substanz selbst und der Odem jedes Lebens ist. Aber von diesen beiden Formen des Bewusstseins unterschieden und doch miteinander verbunden ist die eine oberflächlich und flüchtig, die andere dauernd und tief; die erste natürlicherweise hat die andere während des grössten Teils meiner Kindheit, meiner Jugend, meines tätigen und leidenden Lebens eingehüllt. Nur infolge plötzlicher Ausbrüche konnte das tiefer vergrabene Bewusstsein die äussere Hülle sprengen und ans Tageslicht emporkommen, gleich dem sprühenden Strahl eines Springbrunnens, nur wenige Augenblicke, um sodann von den Lippen der Erde aufgesogen, wieder zu verschwinden. Bis zur Zeit der vollen Reife, wenn unter wiederholten Schlägen das Leben uns verwundet, wenn die Spalten an der Oberfläche unserer Schale sich erweitert haben, werden wir durch die Spannung im Inneren unserer Seele bestimmt, uns den Weg talwärts zur Ebene zu bahnen, welchen das bis dahin eingehüllte Wesen einzuschlagen haben wird.
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Rolland, R. (1962). Der Lichtstrahl Spinozas. In: Hessing, S. (eds) Spinoza. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-017-6639-5_17
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