Zusammenfassung
Wollen wir entscheiden, ob die uns in der Erfahrung gegebene Welt wirklich eine “Welt” in unserem Sinne ist,2 dann müssen wir zuerst die ontologisch betrachtete Form einer Welt überhaupt etwas genauer ausarbeiten als dies im Band II dieses Werkes geschah. Denn es muss möglich sein, auf Grund einer weiter geklärten Form der realen Welt gewisse Fragen zu formulieren, welche sich auf Grund der empirischen Wissenschaft von der Welt entscheiden liessen. Bei einer tiefer gehenden Betrachtung der Form einer Welt überhaupt bildet aber das Kausalproblem ein Thema, das unsere volle Aufmerksamkeit erheischt. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens ist die kausale Beziehung, oder genauer gesagt, der unmittelbare kausale Seinszusammenhang für die Form einer realen Welt charakteristisch: er tritt, sofern man ihn in einem hinlänglich strengen Sinne fasst,3 in einer and nur in einer realen Welt (genauer: in einer Welt vom Typus der realen Welt) auf, zweitens aber übt er im Aufbau der realen Welt eine wichtige strukturelle Rolle aus: einerseits bildet er eine, obwohl nicht die einzige Hauptgrundlage der Einheit der realen Welt; andererseits aber ergibt eben der kausale Seinszusammenhang — falls er sich durch gewisse formale Eigentümlichkeiten auszeichnet, auf die ich später eingehen werde — den Grund dafür, dass die Welt nicht ein einziger, schlichter individueller Gegenstand ist, sondern ein ganzes gegenständliches Seinsgebiet bildet, das eine Mannigfaltigkeit seinsselbständiger, obwohl zugleich wesensmässig von einander partiell abhängiger und in anderer Hinsicht partiell unabhängiger, individueller Gegenstände in sich enthält.
Die hier gegebenen Betrachtungen bilden die ersten beiden Paragraphen der Einleitung zu dem Buche Über die kausale Struktur der realen Welt, das in den Jahren 1950–1954 niedergeschrieben aber nicht veröffentlicht wurde. Es wird jetzt als Band III meines Werkes Der Streit um die Existenz der Welt zum Druck vorbereitet. Es bildet zuerst eine genauere Ausarbeitung der Auffassung des kausalen Seinszusammenhanges, die zum ersten Mal im III. Band der Studia Philosophica, Commentarii Societatis Philosophorum Polonorum und dann am Internationalen Kongress für Philosophie in Rom, 1946, unter dem Titel “Quelques remarques sur la relation de causalité” veröffentlicht wurde und später im ersten Band des Buches Der Streit um die Existenz der Welt — zuerst in polnischer (1947–1948) dann auch in deutscher Fassung (Tübingen, 1964), erschien. Das Buch Über die kausale Struktur der Welt entwickelt dann die Anwendung dieser Auffassung auf die formale Ontologie der realen Welt.
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© 1971 Martinus Nijhoff, The Hague, Netherlands
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Ingarden, R. (1971). Ausgangsprobleme zur Betrachtung der Kausalen Struktur der Welt. In: Plamer, R.B., Hamerton-Kelly, R. (eds) Philomathes. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-010-2977-3_31
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