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Staat und Geschichte

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Book cover „Franz Oppenheimer“
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Zusammenfassung

Mit den dualistischen Konstruktionen, auf die Oppenheimer seine allgemeine Gesellschaftstheorie gründete, ließ sich eine konsistente Theorie sozialen Wandels als Voraussetzung einer positivistischen Geschichtsphilosophie nicht formulieren. Obwohl die Widersprüche auf der Ebene der Geschichtstheorie selbst nicht so augenfällig sind wie in der „Kinetik“, so wird sich doch herausstellen, daß auch diese Theoriedimension einer ins Detail gehenden Analyse nicht standhält, daß auch sie auf diesem problematischen Begriffsdualismus aufbaut. Anhand einer Rekonstruktion der Genese des geschichtstheoretischen Dualismus’ in den Schriften Oppenheimers lassen sich die wesentlichen Problemaspekte seines Ansatzes skizzieren.

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Anmerkungen zu Kapitel II

  1. Oppenheimer rezipiert Gierke hier nicht zutreffend: dieser hatte „die beiden großen Gegensätze“, „welche die gesamte deutsche Verfassungsentwicklung zwiespältig theilen” (Gierke 1868, 12) nicht als „Ideen” gefaßt, sondern sie als einen „von je” gegebenen Doppelcharakter der Familie identifiziert. „Denn die Familie sondert sich von je in zwei Kreise, die häusliche Gemeinschaft und den weiteren Familienkreis oder das Geschlecht. Jene war herrschaftlich, diese genossenschaftlich organisirt.” (ebd.) Tiefer als bis zu einer solchen „von je” gegebenen Entgegensetzung gelangte auch Oppenheimer mit seinen Kategorien des „Tausch-” und „Nomadenrechts” nicht, wenn er ihnen auch einen anderen Inhalt als den Gicrkeschen gab.

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  2. Zu Oppenheimers Lebzeiten gab es drei deutsche Auflagen des Bändchens, das in der von Martin Buber edierten Reihe „Die Gesellschaft” herauskam. Er erschienen Übersetzungen in mehrere Sprachen (vgl. Opp. 1954, IX), die Arbeit fand internationale Resonanz und regte mit zu den klassischen amerikanischen Untersuchungen zur Staatsentstehung von MacLeod (1924) und Lowie (1927) an. Vgl. hierzu Goetze 1969, 118 und 121 sowie Becker/Barnes 1961, 721 ff.

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  3. Vgl. Opp. 1903a, 374f.; ders. 1912, 12–15; mit einigen Modifikationen: 1954, 8–11; von da an inhaltlich unverändert, vgl. z. B. I, 982ff.; III, 146ff.

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  4. Vgl. ähnliche Formulierungen in allen Bänden des „System der Soziologie”.

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  5. Auch Werner Hofmann (1969) geht in seinen gesellschaftstheoretischen Überlegungen von dem Begriffspaar „Arbeit” und „Herrschaft” aus. Während für ihn aber allen sozialwissçnschaftlichen Begriffen ein nicht aufhebbar historischer Charakter eigen ist, sind für Oppenheimer „Arbeit” und „Herrschaft” generelle menschliche Beziehungsformen, aus deren Verhältnis „Geschichte” sich erst konstituiert. Die folgende Formulierung Hofmanns könnte explizit gegen Oppenheimer und seinen universalistisch-positivistischen Anspruch gerichtet sein: „Dem Anspruch einer,reinen’ Theorie der Gesellschaft — oder auch einer,reinen’ Ökonomie ist daher gründlich zu mißtrauen.” (ebd. 25) Hofmann zielt hier allerdings auf Systemtheorien und auf sich überhistorisch gerierende Handlungstheorien im allgemeinen, nicht nur auf Oppenheimer, auf dessen Terminologie er jedoch anspielt. „In der Tat wandern in die heute häufig begegnenden formal-abstrakten,Modelle` einer allgemeinen Lehre vom menschlichen,Handeln` als solchen, von den gesellschaftlichen,Strukturen` u.a. regelmäßig Vorstellungen unbemerkt ein, die unserer eigenen Ordnungswelt und… Denkbedürfnissen unserer Tage entsprungen sind.” (ebd.)

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  6. Über Begriffsgeschichte des Gegensatzes vom „Drittem Stand” und Staat informiert Oppenheimer in seiner Analyse der Arbeiten Lorenz von Steins (vgl. I, 40ff., bes. 50).

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  7. Vgl. fast wörtlich dieselbe Formulierung auch bei Opp. 1954, 31: die Struktur der Argumentation übernahm Oppenheimer aus seiner Studie von 1908 in das „System der Soziologie”.

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  8. Vgl. den charakteristischen Titel eines Aufsatzes, in dem Oppenheimer die hier diskutierte Argumentation aufgreift: „Der Staat und die Sünde” (Reden 2, 55 ff.).

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  9. Über das Verhältnis Oppenheimers zu Nelson, das neben solcher begrifflich-theoretischer Verwandtschaft, die sich überall in den späten Arbeiten Oppenheimers nachweisen läßt, auch politische und persönliche Beziehungen impliziert, ist weiter unten zu handeln; der Kontext der Philosophie Nelsons ist für das Verständnis der Oppenheimerschen Staatslehre an dieser Stelle nicht erforderlich.

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  10. Oppenheimer spielt bei der Beurteilung und Bewertung des „historischen Prozesses” gern auf Hegel an: „Vielleicht ist wirklich alles was ist, in diesem Sinne vernünftig, daß die Geschichte keinen anderen Weg gehen konnte, als sie wirklich ging. Wir können es nicht wissen.” (II, 280) 1m Unterschied zu Hegels bekannter Formulierung aus der Vorrede der Rechtsphilosphie allerdings muß man Oppenheimers Satz auch als Prognose aller zukünftigen Entwicklung lesen: er gibt sich als Vordenker einer Zukunft, die weder in historischen Kategorien noch in solchen der Vernunft gefaßt werden, sondern von der nur in Naturkategorien die Rede sein kann. Hegels Ansprüche waren weit bescheidener: für ihn galt nicht „alles, was ist”, sondern lediglich das, was „wirklich”, was Verwirklichung des Begriffes ist, als „vernünftig”, also nicht auch das, was sich unter der Kategorie des bloß zufälligen „Daseins” fassen läßt. Nur in diesem Sinne stellte Hegel sich die Aufgabe, „das, was ist zu begreifen”, dies mit dem Bewußtsein, daß die „Philosophie ihre Zeit in Gedanken erfaßt” (Hegel 1972, 12), nicht aber so töricht ist, „über die gegenwärtige Welt hinaus” zu wollen (ebd. 13). Wenn Oppenheimer seine Theorie der Universalgeschichte gelegentlich in die Nähe der Hegelschen Dialektik zu rücken sucht (z. B. I, 535; II, 164f.), so zeigt dies nur, wie überzogen sein Anspruch ist, wie überzogen auch seine daraus abgeleiteten universalgeschichtlichen Wertungen.

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  11. Zur Tradition des Überlagerungstheorems — auch vor der Renaissance solcher Theorieansätze zum Ende des 19. Jahrhunderts — vgl. Ludwig Gumplowiczs “Geschichte der Staatstheorien” (A.W. 1); hier sind von der antiken Theorie, dem Gelehrten des mittelalterlichen Arabiens Ibn Chaldun bis hin zu den neuzeitlichen Positionen, eine beeindruckende Anzahl von Belegen zusammengetragen. Oppenheimer (1905, 123) würdigte dieses Buch v.a. auch als eine polemische Leistung: „… es klingt der herzerfrischende Ton ursprünglicher Grobheit… aus den Zeilen.”

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  12. Auf Eugen Dührings Versuch, erobernde „Gewalt” zum Kriterium und Ausgangspunkt von Geschichte zu machen, hieraus auch die kapitalistische Ausbeutung zu erklären, hat Friedrich Engels in seiner — wie Oppenheimer meint (l, 991) — „bösartigen Streitschrift” „Anti-Dühring” mit einer schlagenden Kritik reagiert, die auf Oppenheimer — trotz theoretischer Parallelen jedoch nicht ohne weiteres zu übertragen ist: Dem Einwand Engels’ gegen Dührings „Gewaltstheorie der Geschichte”, der in erster Linie auf die ökonomischen Voraussetzungen „ursprünglicher” Gewalt zielt (MEW 20, 147ff.), entgeht Oppenheimer durch die dem Hirtennomadismus zuerkannte ursprüngliche ökonomische Produktionsweise. Damit macht er allerdings Konzessionen an die sonst explizit zurückgewiesene „produktionistische” Spielart der „materialistischen Geschichtsauffassung”. Broczyner (1922) geht somit zu weit, wenn er Oppenheimers Theorie ausschließlich in Abhängigkeit zu Dührings Arbeiten sieht.

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  13. Noch 1908 bezieht Oppenheimer in seinem „Staat” fast das gesamte ethnographische Anschauungsmaterial aus Ratzels „Völkerkunde” 2 1894/95).

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  14. Vgl. hierzu die Kontroverse um einen Vortrag Oppenheimers auf dem sechsten deutschen Soziologentag 1926, auf die Oppenheimer im vierten Band seines „System” zurückkam (54 ff.). Ein Flüchtigkeitsfehler ist offensichtlich sowohl Mühlmann (1964, 256) als auch Goetze (1969, 106f.) unterlaufen; beide gehen davon aus, daß die Theorie Oppenheimers in wesentlichen Mo-menten bereits von Schmidt und Koppers vorweggenommen worden sei, obwohl Goetze selbst (ebd.) darauf hinweist, daß Oppenheimers „Staat” bereits 1908, also weit früher erschienen ist als „Völker und Kulturen”, einem Band, in dem Schmidt und Koppers 1924 ihre Überlegungen zusammenhängend vortrugen.

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  15. Vgl. Mühlmann 1964, 264ff.; hierauf bezieht sich u.a. auch Hans Freyer mit seiner Kritik der Überlagerungslehre (1965, 17). Auch Goetze diskutiert die Überlagerungstheorie v.a. anhand neuerer Ergebnisse der Ethno-Soziologie (1969, 89ff.).

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  16. ans Kammler verfehlt in seiner Kritik der Überlagerungslehre den angegriffenen Oppenheimer: bezogen auf dessen These, daß letztlich auch die —ökonomisch vermittelte — Klassenherrschaft in modernen demokratischen Staaten auf „Überlagerung” zurückzuführen sei, formuliert er den Einwand: „Aber selbst die angelsächsischen Länder, in denen die moderne Demokratie sich voll entwickelt hat, besitzen wie alle komplexen Gesellschaften der Geschichte vine beträchtliche Differenzierung des sozialen Ranges. Und diese Länder können schwerlich als Herrschaftsstaaten klassifiziert werden.” (1967, 46) Solches Argumentieren auf der Basis der legitimatorischen Selbstrepräsentation von Herrschaftssystemen, wo es angebrachter wäre, im Sinne von Max Webers Begriff von Herrschaft von einer gesellschaftlich ungleichen Verteilung von Chancen zu sprechen, in den demokratischen Verfahren Interessen durchzusetzen, zeigt nicht nur, daß Kammler eine gewisse Sympathie für gegebene Herrschaft in demokratischen Verhältnissen hat; seine Ausführungen verweisen auch darauf, daß eine Theorie endogener Herrschaftsentstehung, wie er sie in seiner Studie zu begründen sucht, auch mit Interesse an einer ideologischen Legitimation gegebener Herrschaftsverhältnisse einhergehen kann. Dies gilt umso mehr, wenn man wie Kammler die herrschaftliche Differenzierung von Gesellschaften aus der Perspektive vermeintlicher funktioneller Vorteile interpretiert.

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  17. Gumplowicz hat zu einem späteren Zeitpunkt den Stellenwert von Ratzels Arbeiten für die Soziologie ausdrücklich gewürdigt: „Ratzel ist hier von seinem geographischen Standpunkte zu demselben Resultat gekommen wie die Soziologie...” (A.W. 1, 533). Vgl. hierzu auch Goetze 1969, 102f.

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  18. Die „genaue Bedeutung” von Gumplowicz’ persönlicher Herkunft und Lebensumständen für die Ausgestaltung von Theorie genau zu ermessen”, hält Goetze (1969, 4) für schwierig. Andererseits gilt Gumplowicz ihm als „Musterfall für das Ergebnis theoretischer Abstraktion aus persönlichem Erlebnis” (ebd., 104). Goetze spielt hier auf die Beteiligung des Juden und polni schen Nationalisten am nationalpolnischen Widerstand gegen die österreichisch-ungarische Mo-narchie auf der einen, auf die große Bedeutung, die Stammes- und nationale Fragen tlt seine Staatskonzeption haben, auf der anderen Seite an. Daß die Lebensumstände in den Ländern der Doppelmonarchie mehr noch als anderswo in der Zeit des aufkommenden Nationalismus zu einer erhöhten Sensibilität in Fragen von Nationalität, nationaler Hegemonie und „Überlagerung” führten, ist kaum zu bezweifeln; einer biographischen Interpretation soziologischer Theo-rien dürfte aber gleichwohl ein nur begrenzter Erkenntniswert zukommen.

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  19. cht ohne Kuriosität ist in diesem Zusammenhang eine Kontroverse über „nationale Besitzstände” an der Soziologie Gumplowiczs, die von Aleksander Gella, Mitglied der polnischen Akademie der Wissenschaften, und dem Herausgeber der zweiten amerikanischen Auflage des „Grundriß der Soziologie” (Outlines of Sociology, 1963), Irving L. Horowitz ausgetragen wurde. Während Gumplowicz von Gella mit recht hohem interpretatorischen Aufwand als nationalpolnischer Wissenschaftler reklamiert wird, charakterisiert Horowitz den polnischen Juden, der in Österreich, d.h. am Rand des deutschen Wissenschaftsbetriebs lehrte, als einen nach allen Seiten „alienated” Intellektuellen (vgl. Gella und Horowitz 1965).

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  20. Oppenheimer nennt Gumplowicz ausdrücklichen den „Bahnbrecher” für seinen eigenen geschichtstheoretischen Ansatz (1954, 8; vgl. auch die ausführliche Würdigung in II, 175ff.). — Daß Adolph Löwe in einem Gedenkartikel zum 100. Geburtstag Oppenheimers die Anteile Gumplowiczs an dessen Werk nicht hervorhob, bewegte Eduard Rosenbaum zu einer „Digression”, in der er entsprechende Ergänzungen vorbrachte (vgl. Löwe 1964; Rosenbaum 1965).

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  21. So hat z. B. Elmer H. Barnes seinen Artikel über Gumplowicz in der „Introduction to the History of Sociology” (1948) in den Abschnitt „The pioneers of Sociology” eingerückt. Eine Übersetzung des „Grundriß der Soziologie” ist in den USA bereits um die Jahrhundertwende erschienen und noch in den sechziger Jahren wurde eine Neuausgabe angeboten.

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  22. as amerikanische Interesse erklärt sich sicherlich zum Teil daraus, daß Gumplowicz über Lester F. Ward einen starken Einfluß auf die Konstituierung des Faches ausübte. Zur Staatstheorie Gumplowiczs notiert Ward. all the old notions about the state become rubbish, and any work an the nature of the state that does not recognize and start from this standpoint is superficial and practically worthless.” (in: American Journal of Sociology 7.1901/02, 762; zit. n. Barnes 1948, 181; vgl. auch Goetze 1969, 63 ff. sowie den Briefwechsel Wards mit Gumplowicz. Die Briefe von Gumplowicz an Ward sind zugänglich in Stern 1933; der Briefwechsel bis 1901 ist inzwischen neu erschienen, Gella 1971).

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  23. ppenheimer scheint die frühe amerikanische Rezeption Gumplowiczs entgangen zu sein, er kannte offensichtlich andere Arbeiten Wards, an dem er gelegentlich dessen an Rousseau und dem Sozialvertragsgedanken orientierte Staatstheorie kritisierte (vgl. Opp. II, 202, 249f.).

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  24. Diese Lücke -- die bisher noch in jeder der raren Arbeiten über Gumplowicz beklagt wurde — kann hier selbstverständlich nicht geschlossen werden; einige Hinweise auf die vorhandene Literatur müssen genügen. Heinz Maus (1956, 25) betont den Stellenwert, der Gumplowicz in der Geschichte der Soziologie zuzumessen ist, ganz zutreffend, wenn er schreibt: „Daß der Gegenstand der Soziologie nicht die Gesellschaft, sondern die mancherlei Gruppen sind, aus denen sie besteht, kennzeichnet bereits den Übergang zur modernen Soziologie, aber Gumplowicz legte noch ein System der gesellschaftlich-staatlichen Entwicklung vor, das sich im Einklang mit der Vorstellung natürlicher Entwicklung glaubt.” Schon zu Lebzeiten allerdings war der wissenschaftliche Einfluß Gumplowicz, der alle seine wichtigen Arbeiten in deutscher Sprache erscheinen ließ, „im vorrevolutionären Rußland, Polen, Italien (beispielsweise auf Mosca) und eine Zeitlang in den Vereinigten Staaten” (Torrance 1981, 446) größer als je in Österreich, wo Gumplowicz lehrte, oder im Deutschen Reich (vgl. ebd. 448). (Für Italien vgl. Michels (1923/ 24, 247): „Ernstlichen Einfluß hat nur ein deutschsprachiger Soziologe als solcher in Italien gewonnen, nämlich der Pole Ludwig Gumplowicz…”).

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  25. on Anfang an stand einer breiten Rezeption seiner Staatstheorie entgegen, daß seine schroffe Diktion eines — allerdings oft vordergründigen — monistischen Naturalismus bei vielen Fachkollegen auf Ablehnung stieß. Vgl. hier z.B. die Besprechung Otto Hintzes (1897), der ansonsten eine durchaus differenzierte Auseinandersetzung mit der Überlagcrungstheorie führte, die u.a. auch durch seine sympathisierende Auseinandersetzung mit Oppenheimer belegt ist (Hintze 1964). Auch die neuere Rezeption Gumplowiczs im deutschsprachigen Raum ist nicht sehr intensiv. Neben einigen Artikeln in Hand- und Wörterbüchern (Salomon-Delatour 1965, 631 ff. u. 636ff.; Kiss 1977.1I, 9ff.) ist vor allem die Dissertation von Dieter Goetze sowie eine Kontroverse zwischen Jürgen Hohmeier und Goetze in der „Kölner Zeitschrift” zu nennen (Goetze 1969, 1970; Hohmeier 1970). Auf die Ausführungen von Luklcs in seiner „Zerstörung der Vernunft” wird weiter unten noch einzugehen sein.

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  26. Die Gruppe allerdings, die Gumplowicz für seine Geschichtskonstruktion voraussetzen muß, hat einen sehr speziellen Charakter. Vgl. hierzu Hohmeier (1970, 31): „Ein harmonistischcs Gruppenmodell ist das Pendant einer Konflikttheorie, die den Konflikt als Intergruppenkontlikt sieht und das gesamte soziale Geschehen auf diesen Konflikt zurückt ihrt.” Gruppe als eine in sich harmonische Einheit, das entspricht dem Konzept Oppenheimers. Wie auch sonst häufig bedient Gumplowicz sich zur Benennung dieser fundamentalen Eigenschaft seiner Gruppe eines biologischen Terminus’, hat aber einen sozialen Tatbestand im Blick. Die Zusammengehörigkeit von Menschengruppen, die sich „als einheitlicher Faktor im Kampfe um die Herrschaft geltend zu machen suchen” (Gumplowicz, A.W. 3,243), nennt Gumplowicz „Syngenismus”, der sich für ihn auch zwischen Eroberern und unterworfenen Gruppen entwickeln kann (vgl. Goetze 1969, 42) und somit nicht an biologische Umstände gebunden ist.

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  27. den fachhistorischen Fußnoten der neueren soziologischen Literatur wird Gumplowicz jedoch — wenn überhaupt — meist als typischer Vertreter der soziologischen Rassentheorie geführt. Belegt wird diese Einschätzung weniger inhaltlich als vielmehr durch einschlägige Titel wie „Rasse und Staat” (l875) oder „Der Rassenkampf` (1883). Diese Zuordnung trifft ohne Einschränkung aber lediglich für den frühen Gumplowicz zu.

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  28. ne gewisse Affinität zur Rassentheorie läßt sich sicherlich für jede Form der Überlagerungstheorie konstatieren, da die ersten Staaten, die frühesten Herrschaftsorganisationen hier als Herrschaft eines Stammes über andere, als ethnische Herrschaft erscheinen. In seinen ersten Arbeiten vertrat Gumplowicz eine Konzeption ethnischer Herrschaft auch für entwickelte Tosellschaften — hier liegen die Wurzeln seiner einschlägigen Terminologie. Später aber wurde aus dem „Rassenkampf` immer deutlicher ein sozialer „Gruppenkampf’, die herrschaftliche Differenzierung im Staat erschien nun nicht mehr einer ethnischen parallel, wohl aber in ihrem letzten Ursprung aus ethnischen Faktoren abzuleiten.

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  29. ppenheimer folgt in diesem Punkt dem späten Gumplowicz und weist jede rassentheoretische Interpretation seiner Staatstheorie von sich. Eine „rassentheoretische Geschichtsphilosophie” ist für ihn bloße Ideologie der herrschenden Klassen, sei nur „Legitimismus”, entbehre jeder empirischen Grundlage, sei in der Logik ihrer Argumentation kaum mehr als absurd (so Opp. 1913; vgl. auch Opp. 1954, 43). Ganz konnte sich Oppenheimer allerdings nicht von den rassentheoretischen Vorurteilen seiner Zeit freimachen: so attestiert er den „Bastarden”, die sich im jungen Überlagerungsstaat bald als Folge erster ethnischer Vermischung zwischen den Klassen bilden, „kraft des in ihren Adern rollenden Herrenblutes” eine Begabung zu „geborenen Führer(n) der Beherrschten.” (Opp. 1954, 37, ähnlich auch II, 303). — Dies ist nicht die einzige Formulierung mit rassentheoretisch-biologistischem Unterton.

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  30. Zur „indirekten Apologetik” vgl. Lukbcs 1973. 1, 181 f. Lukkcs’Gumplowicz-Kritik geht in einigen Punkten zu weit, besonders da, wo er schreibt, Gumplowicz sei im deutschen Sprachgebiet der „typische und Schule machende Vertreter des sozialen Darwinismus” (1974.111, 128). Zwar ist ein sozialdarwinistischer Einfluß auf Gumplowiczs Konzept des „Gruppenkampfes” nicht zu verkennen; vom Sozialdarwinismus unterscheidet er sich aber dadurch, daß er dessen zumeist individualistische Vorstellung eines „Kampfes ums Dasein” nicht teilte, sich gerade hiervon distanzierte (vgl. seinen von den Hrsg. nicht in die A.W. aufgenommenen Artikel über darwinistische Soziologie in den „Soziologischen Essays”, 1899). Mit seinen späteren Arbeiten setzte sich Gumplowicz immer deutlicher auch von den biologistischen Anklängen in seinem Frühwerk ab, votierte entschieden für eine Konzeption, die — wenn auch in vulgärmaterialistischer Verkürzung -- Geschichte als die von Klassenkämpfen faßt. Hier muß auch Heinz Maus widersprochen werden, der mit Gumplowicz — und dem weniger bedeutenden Gustav Ratzenhofer (1965, 26) — den „Sozialdarwinismus in der deutschen Soziologie aufs engste verbunden” sieht. Maus setzt das darwinistische „survival of the fittest” und den Gruppenkampf bei Gumplowicz ineins, übersieht aber, daß in dessen Konzeption der Gruppenkampf nicht zu einer der biologischen analogen gesellschaftlichen „Auslese” führt, sondern zur Etablierung eines Herrschaftsverhältnisses zwischen Gruppen.

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  31. dem Kreis um die „Politisch-anthropologische Revue” des Rassentheoretikers Woltmann, in der sich um die Jahrhundertwende die darwinistische und biologistisch-rassistische Sozialwissenschaft artikulierte, wurden die Arbeiten Gumplowiczs dementsprechend auch mit Reserve zur Kenntnis genommen (vgl. z. B. die Schlußbemerkung in einer Besprechung von Weiss, 1909/10).

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  32. Dieser auf den historischen Prozeß bezogene Fatalismus, der in einigen Aspekten den „morphologischen” Geschichts- und Kulturpessimismus Oswald Spenglers vorwegnimmt, ist aber auch für frühere Arbeiten Gumplowiczs charakteristisch. Franco Savorgnan, ein Schüler Gumplowiczs, greift sicher zu kurz, idealisiert die Persönlichkeit des Lehrers, wenn er schreibt, Gumplowicz habe zwar einerseits in „nüchterner Untersuchung der sozialen Gesetzmäßigkeit” die geschichtliche Bedeutung nackter Gewalt, des Imperialismus beschrieben, andererseits aber sich diesen unerfreulichen Gegebenheiten — mit Bedauern, keine bessere Kunde von der Menschen Geschick geben zu können — wertend entgegengestemmt. „Und man bemerkt in seinem ganzen Werke die Spur des Antagonismus zwischen seinen objektiven Forschungen und seinen subjektiven Tendenzen.” (in: Gumplowicz, A.W. 4, XII).

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  33. elegentlich wurde dieser Geschichtspessimismus auch auf die methodischen Prämissen seiner Theorie zurückgeführt. Salomon ist jedoch zuzustimmen, wenn er davor warnt, hierauf bei der Gumplowicz-Interpretation allzuviel Gewicht zu legen: „Der Naturalismus von Gumplowicz ist mit dem von Spencer insofern zu verbinden, als sie methodenmonistisch die naturwissenschaftliche Methode auf die Sozialwissenschaften übertragen. Aber die Methode tut wenig zur Sache; inhaltlich beruht Gumplowicz’ Staatstheorie auf den rechtstheoretischen wie völkerkundlichen und völkerpsychologischen Forschungen seiner Zeit. Wenn er die Staatsbildung aus dem Kampfe heterogener Gruppen, die wie Naturkräfte wirken, erklärt, so hat er sich über die Gruppenbildung nicht weiter ausgelassen und brauchte darum weder biologische noch mechanische Vergleiche.” (1965, 637 f.)

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  34. Gumplowicz hatte in Graz einen Lehrstuhl für Staatsrecht inne und ein Teil seiner Veröffentlichungen ist staatsrechtlichen Problemen gewidmet.

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  35. Analogien zu einigen Varianten marxistischer Rechtstheorie sind nicht zu übersehen.

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  36. Daß sein historischer Fatalismus nicht, wie ihm oft (vgl. Goetze 1969, 67ff.) und namentlich von Oppenheimer (II, 179) vorgeworfen wurde, mit einer pessimistischen Lebenshaltung gleichzusetzen ist, auf diese Feststellung legte Gumplowicz in einem Diskussionsbeitrag 1907 einiges Gewicht — gleichzeitig mag dieses Zitat als Beleg gelten für das ihm eigene deterministische Pathos: „Me dira-t-on peut-être que cela est une conception trop pessimiste? Pas du tout. Cette conception peut rendre l’homme le plus optimiste: car aucun échec ni individuel ni de son parti ne le dérangera; il sait que comme vainqueur ou vaincu il a servi la cause de l’humanité. Quand les luttes sociales sont dans l’ordre de la nature, les vaincus le sont au même degré que les vainqueurs.” (Annales de l’Institut International de Sociologie, 9. 1907; zit. n. Zebrowski 1926, 15)

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  37. In einem Redebeitrag auf einem Kongreß der „Internationalen Vereinigung für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie” bricht Oppenheimer eine Lanze für den Rechtsbegriff der „Gumplowicz’schen Schule” (vgl. Kongreßbericht 1909/10, 587ff.) gegen den dort prominent vertretenen Streit zwischen Neukantianern und Neuhegelianern. In seinen näheren Ausführungen allerdings entfernt Oppenheimer sich immer weiter von Gumplowicz und entwickelt seine eigene dualistische Rechtstheorie.

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  38. Gottfried Salomon (-Delatour) gab ab 1926 zusammen mit Oppenheimer, dem italienischen Demographen und Statistiker Franco Rodolfo Sarvorgnan (zu seinem Verhältnis zu Gumplowicz vgl. auch Savorgnan 1909/10) und dem österreichischen Marxisten Max Adler eine vierbändige Werkausgabe heraus.

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  39. Auf eine weitere, durch den „Seestaat” gebildete Seitenlinie der Evolution von Staatlichkeit soll hier nicht näher eingegangen werden: „Der Seestaat bildet… am entwicklungsgeschichtlichen Stammbaum des Staates einen Nebenast, von dem keine weitere unmittelbare Fortbildung ausgehen kann.” (Opp. II, 365)

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  40. „Ihre volle Höhe erreicht die Marktwirtschaft erst im Staate;… der Staat.. ist gezwungen, vor allem für den Friedensschutz nach außen und innen zu sorgen, und das ist die wichtigste Bedingung des Handels, den allzuviel Gefahr abschreckt.” (Opp. III, 272)

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  41. Bemerkenswert ist, daß Elias in seiner Studie „Über den Prozeß der Zivilisation” (1976) Oppenheimer nicht als Referenz anführt oder auch nur erwähnt. Lediglich in seiner Untersuchung der „Höfischen Gesellschaft (1975) zitiert er eine allerdings reichlich marginale Bemerkung Oppenheimers (62f.)

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  42. Elias polemisiert hier gegen die Verwendung von Max Webers Begriff des „Idealtypus” in der Geschichtswissenschaft; bei den infragestehenden Ähnlichkeiten handele es sich nicht um solche, die „erst durch eine gedankliche Operation des Betrachters geschaffen werden, sondern um eine tatsächlich vorhandene Verwandtschaft der gesellschaftlichen Strukturen selbst…”, nicht also um „Ideal-”, sondern um „Realtypen” (Elias 1976.1I, 457).

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  43. Auf das Theorem der „Bodensperre”, die zentrale Kategorie der Kapitalismus-Theorie Oppenheimers, wird noch ausführlich zurückzukommen sein. Erinnert sei hier daran, daß Oppenheimer Ökonomie und Politik streng dichotomisch auffaßt; „politische Ökonomie” ist durch Politik „gestörte” Marktwirtschaft, überlagerte Ökonomie.

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  44. Zum Zusammenhang zwischen „innerem Druck” einer Gesellschaft und „Überbevölkerung” vgl. auch Elias 1976. II, 44f.

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  45. Es sei hier an die zeitlichen Verwerfungen in der Rezeption von Elias’ Hauptwerk erinnert. Es entstand in der ersten Hälfte der Dreißiger Jahre, wurde seit Ende der sechziger Jahre breiter rezipiert und hat erst seit einigen Jahren eine Spätblüte, die sich unter anderem im Bemühen äußert, sein Konzept einer „Figurations”-Soziologie zum neuen sozialwissenschaftlichen Paradigma zu erheben. Daß als eine Art verspäteter Wiedergutmachung an einem Vertreter der emigrierten deutschen Soziologie Elias dabei Anerkennung erfährt, ist zu begrüßen, ob sein Ansatz allerdings mehr als ein Jahrhundert nach Spencer tragfähig ist, darüber mag man geteilter Auffassung sein.

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  46. Elias verwendet hier Begriffe, die ähnlich auch bei Oppenheimer für das Verhältnis von Konkurrenz und Monopol stehen. Oppenheimer kontrastiert „freie” und monopolistisch „bc schränkte” Konkurrenz. Für ihn sind Monopole aber nicht Folge von Konkurrenz, sondern in letzer Instanz von Überlagerung - sie sind Grund für die Deformation „freier” Konkurrenz, sich selbst regulierender Gesellschaft: „… nicht die freie Konkurrenz an sich, sondern die beschränkte Konkurrenz unter den Bedingungen des Klassenmonopolverhältnisses der politischen Ökonomie ist der Feind. Wir sprechen den Satz aus, dessen allgemeine Annahme die Not unserer Zeit heilen würde: es hat noch niemals freie Konkurrenz gegeben, sondern immer nur die beschränkte Konkurrenz unter dem Klassenmonopol.” (Opp. III, 631)

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  47. Es ist an dieser Stelle nicht möglich, die neuere Diskussion über Feudalgesellschaft, Herausbildung absolutistischer Herrschaft und Kapitalismus auszubreiten (vgl. hierzu die Zusammenfassung von Stefan Breuer (1983, 25ff., 124ff.); hier gellt es lediglich um Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ansätze Elias’ und Oppenheimers.

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  48. Erst auf Grund eines solchen ungefähren Machtgleichgewichts kann sich der „Königsmechanismus” (Elias 1976.11, 222ff.; bes. 236) herausbilden. Elias vergröbert hier Aspekte der Marxschen Bonapartismus-These (vgl. MEW 8, 111–207) für seine Untersuchung der Machtstrukturen von „Höfischer Gesellschaft”.

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  49. gl. hier auch Elias’ Analyse von „Etikette und Zeremoniell” an absolutistischen Höfen, die er in diesem Sinne als Mittel zur Machtverteilung und -repräsentation interpretiert (1975, 120ff.; 178 ff.).

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  50. ne Anwendung der Bonapartismusthese auf das Machtverhältnis innerhalb von Institutionen des nationalsozialistischen Deutschland skizziert Elias in demselben Buch; er warnt hier davor, daß man, anstatt „tatsächliche Machtverteilung” zu untersuchen, der Ideologie eines führerschaftlichen Machtmonopols aufsitzt. In diesen Ausführungen (ebd., 405ff.) setzt Elias seinen „Monopolmechanismus” dem Inhalt nach außer Kraft und kommt zu einer differenzierteren Analyse.

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  51. Anlaß für diesen Kommentar van der Goes’ war ein Aufsatz Oppenheimers in der „Sozialen Praxis” 1908, in dem er das Gewinnbeteiligungsmodell des französischen Industriellen Milde kommentierte und propagierte. In der sozialdemokratischen Literatur Linden sich aber auch andere Stimmen zu Oppenheimers Theorie und Wirtschaftsreformplänen. So sah Eduard Bernstein sich veranlaßt, Oppenheimer gegen seine Kritiker in Schutz zu nehmen und zu betonen, daß seine Überlegungen „mir nicht jene geringschätzige Beurteilung zu verdienen scheinen, die ihnen in einigen sozialdemokratischen Parteiblättern zuteil geworden ist.” (1969, 144)

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  52. Oppenheimer schreibt die von ihm gemeinten systematischen Fehler Marx’ einer Befangenheit in der proletarischen Klassenlage zu: „Des Menschen Wille ist streng determiniert - das ist das Axiom jeder Gesellschaftswissenschaft, ohne das sie unmöglich wäre - aber er dünkt sich frei.” (Opp. 1903, 142) - „In Marx dachte und trieb der Klassenwille des zum Selbstbewußtsein erwachenden Proletariats; seine Theorie ist die proletarische Klassentheorie.” (ebd.) Hier wäre zu fragen, wie in den „akademischen Kleinbürger” Marx ein „proletarischer Klassenwille” hineingerät. Aber diese Frage zu stellen rührt an die Grundlagen der Soziologie. „Naturgesetzlich handelt der Mensch und menschlich denkt er hinterdrein.” (Gumplowicz; zit. n. Oppenheimer, ebd.).

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  53. Daß Oppenheimer seine wissenschaftliche Arbeit an Marx als Vorbild maß, wird in der zitierten Schrift besonders deutlich. Oppenheimer gab diesem überarbeiteten und gekürzten Nachdruck der Hauptteile aus dem dritten, nationalökonomischen Band des „System der Soziologie” den Titel: „Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie”.

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  54. Oppenheimer trug in einem als Vorwort gedruckten „Offenen Brief` (hier zit. n. der zweiten Aufl. 1913) Karl Kautsky diese „öffentliche Kontroverse” über seine Marx-Kritik an. Der Diskurs sollte - so Oppenheimer an seinen Wunschkontrahenten - nach „Kampfregeln” verlaufen, wie sie „die Ritterlichkeit eines ehrlichen Kampfes einerseits und die menschliche Logik andererseits vorschreiben...” (1913a, V). Kautsky reagierte auf diesen Antrag einigermaßen befremdet: „Und sicher gibt es in der ganzen modernen Wissenschaft kein grundlegendes Problem, das durch ein Turnier eine entscheidende Lösung gefunden hätte.” (Kautsky, in: ebd., VIII) „Die Bedeutung einer wissenschaftlichen Auffassung wird nicht durch einen Disput festgestellt, sondern durch ihren schließlichen Erfolg,… Die dauernde Befruchtung wissenschaftlichen Forschens und praktischen Wirkens.” (Kautsky, IX) Dies wiederum gab dem selbsternannten „Marxisten” Oppenheimer Anlaß, sich als Sieger des nicht stattgefundenen „Duells” zu fühlen. Erfolgreicher mit seinem Wunsch nach öffentlicher Kontroverse mit einem kompetenten sozialdemokratischen Marxisten war Oppenheimer fünfzehn Jahre später. Mit dem „philosophischen Haupt der Austromarxisten” (Max Adler?) vereinbarte er auf dem Soziologentag 1926 (bei Oppenheimer irrtümlich: 1927) eine „rein sachliche, ohne jede Schärfe zu führende Polemik” über seine Marx-Kritik (Opp. 1962, 174 f.) und veröffentlichte daraufhin einen Aufsatz „Kritik des Marxismus” in der Wiener „Freien Presse” (1927b). „Auf mehrfache Mahnung antwortete der mir sehr werte Adressat, daß er sich als Philosoph in diesen Fragen nicht die erforderliche Kornpetenz zuschreiben könne und die Aufgabe in andere Hände gelegt habe…. Endlich erschien im,Kampf’ eine Erwiderung aus der Feder von Frau Helene Bauer” (Opp. 1962, 174), an der Oppenheimer allerdings monierte, daß sie sich auf „Marx’ Beweise und Widerlegung mit keinem Worte” einlasse (ebd., 175), daß offensichtlich „die heutigen Vertreter der Schule nicht imstande” seien, seine Marx-Kritik zu widerlegen (ebd., 174). Es wird sich weiter unten zeigen, daß Helene Bauer durchaus eine Kritik formulierte, die den Kern der Oppenheimerschen Theorie trifft, deren dialektische Argumentationsführung Oppenheimer aber verschlossen blieb.

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  55. An publizistischen Aktivitäten anläßlich der Novemberrevolution sind noch weitere Arbeiten Oppenheimers zu nennen. 1919 erschienen „Der Ausweg. Notfragen der Zeit” und „Die soziale Forderung der Stunde”, zwei Broschüren, in denen er seine Vorstellungen einer „sozialliberalen” Gesellschaftsreform der marxistischen Revolutionsagitation entgegenhielt. Systematisch enthalten diese Gelegenheitsschriften keine neuen Aspekte.

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  56. ahrscheinlich einem Fehlgriff des einladenden „Bund Neues Vaterland” verdankt sich ein Vortrag Oppenheimers „Zur Theorie der Vergesellschaftung” auf einer Konferenz über „Wege und Ziele der Sozialisierung” (19I9e); vehement sprach er sich gegen revolutionäre Experimente „von furchtbarster Gefährlichkeit und zweifellos verderblichem Ausgang” aus (18), argumentierte, daß — selbst gemessen an den falschen theoretischen Prämissen der Marxisten — die Zeit für eine „Vergesellschaftung” der Produktion nicht „reif” sei und „Verstaatlichung” keine Lösung ökonomischer Probleme erbringen könne — dies völlig entgegen den Intentionen der Organisatoren dieser Konferenz, konkrete Probleme der Sozialisierung einzelner Branchen zu erörtern. — Vgl. hierzu auch Novy in seinen Ausführungen zum Begriff der „Sozialisierungsreife” (1978, 35 ff.; bes. 38; 276, Anm.)

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  57. gL hier auch die Studie Kurt Töpners zur Revolution von 1918 „im Urteil deutscher Hochschullehrer”, in der er sich auch mit Oppenheimer beschäftigt (1970, 76 ff.), sich allerdings auf eine Skizze des theoretischen Systems Oppenheimers beschränkt und keine weiteren historischen Details vorträgt.

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  58. Alle erwähnten Arbeiten — eine Unzahl von Aufsätzen und kleineren Gelegenheitstexten, in denen Oppenheimer seine Ansichten popularisierte, seien hier nur summarisch genannt (vgl. hierzu Fuss 1948ff.) — erfuhren mehrere Auflagen. Die Arbeit von 1903 erschien 1919 in einem unveränderten Nachdruck; die zweite Aufl. von „Die soziale Frage und der Sozialismus” von 1913 wurde bereits erwähnt, eine dritte Auflage erschien ebenfalls 1919. „Kapitalismus, Kommunismus, wissenschaftlicher Sozialismus” wurde 1932, in einer Zeit, „die kaum weniger ernst als die damalige” war (1962, VII), in stark überarbeiteter zweiter Aufl. wieder zugänglich gemacht und mit einem Geleitwort Erich Preisers 1962 in dritter Auflage veröffentlicht.

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  59. Unter der „Kostenwert-Theorie” versteht Oppenheimer die Bestimmung des Marktpreises aus ausgelegten Kapitalkosten plus Aufschlag für Gewinn und Grundrente (vgl. III, 734) — will man Gewinn und Grundrente theoretisch erklären, ist dies in der Tat kein weiterführender Ansatz. Unter „subjektiver Wertlehre” faßt er die Position der Grenznutzenschule, die — so Oppenheimers Kritik — den in der Ökonomie zu ermittelnden Wert mit der „vorökonomischen” Wertschätzung oder Nützlichkeit durcheinanderwirft (vgl. III, 83ff.; bes. 109f.).

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  60. ranicki (1983, 569) ist falsch informiert, wenn er angibt, Bucharins Arbeit zur Kritik der österreichischen Grenznutzenschule beziehe sich auch auf die Theorie Oppenheimers. Zu Recht wird Oppenheimer von Bucharin nicht unter die Grenznutzentheoretiker eingeordnet, seine Arbeiten werden nur einmal beiläufig erwähnt (1926, 56, Anm.).

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  61. Oppenheimer unterscheidet zwei ihrer Genese nach strikt unterschiedliche Formen des ökonomischen Monopols: geht die eine Form auf eine objektive, nicht authebbare Knappheit (etwa an herausragenden Weinbergslagen etc.) zurück, handelt es sich bei der anderen Form um künstliche Verknappung, etwa um spekulative Zurückhaltung von Waren vom Markt oder — systematisch bedeutsamer — um das „Klassenmonopol” am Boden, einem „von Natur her” nicht knappen Gut.

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  62. Eduard Heimann (1949, 194f.) sieht eine Verbindung zwischen Marx und Oppenheimer in der von beiden vertretenen — von ihm selbst kritisch beurteilten — Arbeitswert-Lehre.

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  63. Vgl. hierzu eine Kritik von Friedrich Engels an Rodbertus,der in diesem Punkt ähnlich wie Oppenheimer argumentiert hatte: „Es ist nicht die Arbeit, die einen Wert hat. Als wertschaffende Tätigkeit kann sie ebensowenig einen besondren Wert haben, wie die Schwere ein besondres Gewicht, die Wärme eine besondre Temperatur, die Elektrizität eine besondre Stromstärke.” (Vorwort, in: MEW, 24, 25)

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  64. „Der Geldbesitzer tritt dem Arbeiter so gegenüber, daß dieser als Besitzer der Ware Arbeitskraft erscheint. Dieser Besitz des Arbeitskraftbesitzers ist aber eine Fiktion, da er zwar als solcher, als Verkäufer dieser Ware, auftritt, über sie aber zum Zeitpunkt des Verkaufs keineswegs verfügt. Er mag im Kopf die Bereitschaft haben, ob seine Sinne, Organe, die Tücken seiner Erziehung, diese Bereitschaft ausfüllen, dazu muß er jedoch erst noch Arbeit leisten.” (Negt/Kluge 1981, 90f.) Gegen diese Formulierung weist Henryk Skrzypczak (1982, 23) auf die Vorkehrungen des „Geldbesitzers” hin, der von Kontrolle bis zu nachträglicher Bezahlung dafür Sorge tragen wird, daß die von Negt und Kluge angeführten Komplikationen im Kreise der privaten Probleme des Arbeitskraftbesitzers verbleiben. „Als hervorragende Kenner dieser Materie sind die Autoren sich dessen ohne Zweifel bewußt. Indem sie scheinbar Karl Marx korrigieren, treiben sie daher in Wahrheit nur illustren Scherz mit einer der Brutstätten weltfremden Eigensinns: der akademischen Spekulativdependence des hoheitlich alimentierten, praenumerando bezahlten Denkens.” (ebd.) Negt und Kluge geht es sicher nicht darum, mit ihrer feinsinnigen Differenzierung eine anspruchsvolle Theorie des gewöhnlichen Scheiterns von Arbeitsprozessen in der kapitalistischen Gesellschaft zu fundieren, insoweit geht Skrzypczaks Einwand fehl. Ihre Überlegung geht vielmehr dahin, die Aufmerksamkeit auf ein der kapitalistischen Produktion vorausgesetztes, „ursprüngliches” menschliches „Vermögen” zu richten, in dessen dauernder Ausbeutung sich der Prozeß einer „ursprünglichen Akkumulation” in Permanenz abspiele. Hierauf ist zurückzukommen.

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  65. Die „,Arbeitsleistung’ ist eine Ware, die zu Markte gebracht, verkauft und gekauft wird, ihren Gebrauchswert und ihren Wert hat.” (Opp. 1913a, 118) Bei einem Verkauf des „Arbeit3vermögens” hingegen handle es sich -- so Oppenheimers Einwand - nicht um kapitalistische Lohnarbeit, sondern um „Sklaverei” (ebd., 120).

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  66. Falls niemand sie zuschanden geritten hat…

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  67. Die Theorie des „vollen Arbeitsertrages” gründet sich auf den Mythos eines „ursprünglichen” Zustandes der Gesellschaft, in dem Arbeit von auf eigene Rechnung wirtschaftenden Individuen betrieben wird. In diesem Sinne schrieb schon Adam Smith (1978, 56): „Ursprünglich… gehört dem Arbeiter der ganze Ertrag der Arbeit. Er muß weder mit einem Grundbesitzer noch mit einem Unternehmer teilen.” Die Vorstellung vom Arbeiter als dem Privatbesitzer seiner Produktionsmittel steht auch als Ideal hinter der von der Position des „vollen Arbeitsertrages” sich formulierenden utopisch-sozialistischen Kapitalismus-Kritik; Leitbild ist hier die abstrakte Idylle des einfachen Warentausches. Implizit sind die Beziehungen zwischen biederen Kleinbesitzern auch Perspektive für Oppenheimer, die Tatsache der kapitalistischen Form der Vergesellschaftung von Arbeit wird in seiner Theorie ignoriert. Diese Bezüge werden im nächsten Abschnitt, bei der Konkretisierung von Oppenheimers Vorstellungen zur Reform der kapitalistischen Gesellschaft und zur Gestaltung der zukünftigen „Freibürgerschaft” deutlicher hervortreten.

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  68. Man kann sich in einigen Passagen von Oppenheimers Marx-Kritik nicht des Eindrucks erwehren, daß er zwar auf der Ebene des „on dit” eine ganz passable Darstellung von Teilen der Marxschen Theorie fertigbringt, ihn auch zitiert, daß er aber das „Kapital” beispielsweise nie gründlich durchgearbeitet hat; ihn hätten sonst die Überlegungen von Marx auffallen müssen, die seine eigene Differenzierung zwischen Arbeitsverinögen und Arbeitsleistung vorwegnehmen und vorab seine Kritik im Kern gegenstandslos werden lassen (vgl. hier nur MEW 23, 188).

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  69. angelhafte oder durch die Brille eines zeittypischen Vorurteils verzerrte Marx-Lektüre ist besonders bei der Frage nach Höhe des Lohnes, des Preises der Arbeit unter kapitalistischen Verhältnissen nachzuweisen. Oppenheimer liest hier in Marx einen Lassalleaner, unterschiebt ihm dessen „ehernes Lohngesetz”. Zwar finden sich auch im „Kapital” durchaus einige Formulierungen, die an diese Theorie der absoluten Verelendung erinnern, gerade aber in der Bestimmung der Reproduktionskosten der Ware Arbeitskraft argumentiert Marx weit differenzierter als sein Kritiker zugesteht. Verwiesen sei hier nur darauf, daß Marx ausdrücklich hei der „Wertbestimmung der Arbeitskraft” auf „ein historisches und moralisches Element” verweist (MEW 23,185). Wenn Oppenheimer also Marx unterstellt, er habe die „offenbar... unmögliche Voraussetzung” gemacht, daß der Lohn des Arbeiters nie mehr als bloßes Subsistenzmittel auf niedrigstem Niveau sein könne (so 1962, 123), verfehlt er Marx, der die soziale Lage des Proletariats auch durch den „Druck des Kapitals von der einen Seite”, den „Widerstand der Arbeiter von der anderen Seite” bestimmt sah (MEW 23, 545).

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  70. r Oppenheimer gilt damit, was Kurt Lenk (1972) für die bürgerliche soziologische Marx-Re- zeption generell aufgewiesen hat: „Die bürgerliche Kritik des Marxismus arbeitete sich – und dies ist kein Zufall — nicht an der revolutionären Tradition marxistischen Denkens, sondern an ihren selbst bereits verfremdeten Varianten ab…. Kautsky galt als Statthalter des originären Marxismus.” (176) Damit war nicht der Theoretiker der Entfremdung, der seine dialektische Sensibilität von der Auseinandersetzung mit Hegel her bezog, sondern eine unter dem Etikett „Dialektischer und historischer Materialismus” formulierte positivistische Theorie des Fortschritts als Naturgesetz Gegenstand der Marx-Kritik. Mit Marx hatte diese kaum mehr als terminologische Verwandtschaft gemein.

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  71. In derselben Zeitschrift hatte schon 1912/13 Paul Brunner Oppenheimer bescheinigt, er „schaut statt auf das eigentümlich kapitalistische Ausbeutungsverhältnis auf die Ausbeutung im Allgemeinen und erklärt die speziell für den Kapitalismus geltenden Gesetze für falsch.” (503)

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  72. Das Verfahren von Kurt Werner (1928, 5ff.), seine Kritik der Wert- und Mehrwerttheorie Oppenheimers von vornherein auf dessen „Theorie der Marktwirtschaft” einzuschränken, von allen soziologischen, historischen und psychologischen Aspekten angesichts der behaupteten Allgemeinheit diese Theorie abzusehen, ist bezogen auf den Gegenstand seiner Kritik konsequent.

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  73. Oppenheimer bezieht sich besonders auf die bekannte Passage aus dem „Kapital”, in der Marx seine Überlegungen resumierte (MEW 23, 673 f.): „Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto größer die industrielle Reservearmee. Die disponible Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwickelt wie die Expansiv-kraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee wächst also mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Überbevölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer endlich die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation.” Heute ist man geneigt, bei der Interpretation besonderes Gewicht auf den folgenden Satz zu legen, der Oppenheimer für seine „Deduktion” als nicht entscheidend erschien: Dies absolute Gesetz „wird gleich allen anderen Gesetzen in seiner Verwirklichung durch mannigfache Umstände modifiziert, deren Analyse nicht hierher gehört.” (ebd., 674)

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  74. Auf dem Höhepunkt der Diskussion in der Sozialdemokratie um den „revisionistischen Weg” bietet Oppenheimer seine Analyse des „Gesetzes der kapitalistischen Akkumulation” als Entscheidungshilfe für die „Streitfrage” an, ob eine evolutionäre Überwindung kapitalistischer Gesellschaftsstrukturen möglich sei (1913a, 124ff.). Als Resume seiner Auseinandersetzung mit Kautskyanismus und Revisionismus formuliert er: „Die eine Partei ist im Besitz einer Theorie, die mit den Tatsachen nicht stimmt, die andere Partei im Besitz von Tatsachen, die mit ihrer Theorie nicht stimmen. Die um Kautsky sind sympathisch durch ihr starkes Vertrauen auf das reine Denken und den inneren Zusammenhang logischer Sätze — und unsympathisch durch ihre Vergewaltigung aller unbequemen Tatsachen; die Bernsteinianer sind sympathisch durch ihre Anerkennung der Tatsachen als schließlich letzter Instanz der Wissenschaft — und unsympathisch durch die theoretische Bedürfnislosigkeit, die immer noch die Konsequenzen festhält, nachdem sie die Prämissen preisgegeben hat.” (ebd., 148)

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  75. Es scheint nicht angebracht, Oppenheimers Kritik der Überlegungen Marx’ hier in extenso auszubreiten, die oben gemachten Anmerkungen zum theoretischen Standard der Argumentation, zu den rezeptionsgeschichtlichen und wissenssoziologischen Grenzen seiner Marx-Rezeption gelten auch hier. Der Verzicht auf ein ausführlicheres Eingehen fallt umso leichter, als mit der Studie von Gerda Lesser (1928) eine systematische Dokumentation und Kritik von Oppenheimers Auseinandersetzung mit Marx’ Akkumulationstheorie schon vorliegt, die die erste Neugier in diesem Punkt befriedigen mag.

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  76. „Die relative Überbevölkerung ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spielraum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrschsucht des Kapitals absolut zusagenden Schranken ein.” (MEW 23, 668) Die Überbevölkerung wird „zum Hebel der kapitalistischen Akkumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapitalistischen Produktionsweise.” (ebd. 661)

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  77. Eine überraschende Verwendung für den Terminus „Bodensperre” findet Kurt Lenk in einem Aufsatz zum Verhältnis von Konservatismus und Liberalismus: er hält den Konservativen vor, mit ihrem auf pragmatische Realitätsbewältigung bezogenen Denken und mit ihrer Theoriefeindschaft eine Art „erkenntnistheoretischer Bodensperre” zu betreiben (1983, 20).

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  78. nk kennt Oppenheimer und damit die Theorie der „Bodensperre” von seiner Untersuchung über „Staatsgewalt und Gesellschaftstheorie” her, in der er die „soziologische Staatsidee” kurz darstellt und kritisiert (1980, 151 ff.). So zutreffend hier einige seiner Bemerkungen zur Kritik der Positionen Gumplowiczs und Oppenheimers sind, muß man doch einschränkend anmerken, daß er zwischen diesen beiden Autoren nicht-immer so deutlich unterscheidet, wie es der Sache nach angemessen wäre.

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  79. Oppenheimers Theorie der „politischen” Ökonomie, der „gestörten Marktwirtschaft” ist im Wesentlichen eine Theorie des „Monopols” und seiner Auswirkungen auf Marktwirtschaft. In strikter Beschränkung auf die nationalökonomischen Arbeiten setzt sich hiermit Hidajat (1936) auseinander.

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  80. Oppenheimer versuchte immer wieder, dies durch ausführliche Berechnungen zu belegen. Er ging von der verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche aus, teilte sie durch die Anzahl der Familien gegebener Population und kam dabei immer zu dem Ergebnis, daß weit mehr Land verfügbar sei, als diese Familien bearbeiten könnten, ohne auf fremde Hilfskräfte angewiesen zu sein. Bezugspunkt dieser Berechnung ist der selbstwirtschaftende Kleinbauer; Industrialisierung und Technisierung finden in dem Szenario keine Berücksichtigung. Theoretische Nachfolger Oppenheimers sind die Ordoliberalen, im Gegensatz zu ihm streben sie aber eine Organisation der Landwirtschaft mit weitgehend privatem Bodeneigentum an, wo Oppenheimer den genossenschaftlichen Zusammenschluß in „Freiland”-Kolonien, den „Siedlungsgenossenschaften” vorgesehen hatte.

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  81. Robert Michels (1923/24, 227) erwähnt in diesem Zusammenhang Oppenheimer als bedeutendsten deutschen Vertreter der Freilandtheorie nicht, betont jedoch an anderer Stelle (ebd., 248) — hier ohne sich explizit auf Loria zu beziehen —, daß „große und bedeutende Werk deutscher Gelehrter über Soziologie, wie das freilich noch nicht vollendete Werk von Franz Oppenheimer,.. so gut wie völlig an den gewaltigen Leistungen der italienischen soziologischen Wissenschaft” vorübergehen.

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  82. der Tat stellt Oppenheimer erst 1926 überrascht fest, daß Loria das zentrale Thoerem des „liberalen Sozialismus”, das der „Bodensperre”, „ohne daß ich davon Kenntnis hatte, schon vor mir ausgesprochen” hat (Opp. 1926, 142). In einer Besprechung der 1925. in deutsch erschienenen „Theorie der reinen Wirtschaft” Lorias (ital. zuerst 1909; vgl. zu diesem Titel auch die Diss. v. Nies 1926, die wiederum Oppenheimers Thesen nicht zu kennen scheint) versuchte er, die Differenzen zwischen seiner und der Theorie Lorias herauszuarbeiten; seine Kritik kulminiert in dem Vorwurf, daß Loria von endogener Entstehung herrschaftlicher Differeazierung in Gesellschaften ausgehe, daß er die Theorie der „Bodensperre” nicht mit dem Überlagerungstheorem verbinde.

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  83. ese verspätete Rezeption des italienischen Neophysiokraten muß erstaunen, zumal Oppenheimer -- auch ohne die in Deutschland im italienischen Original kaum bekannten Hauptschriften Lorias selbst zu lesen — schon in der Besprechung dessen „Analisi della Proprieta capitalista” (1889) durch F. W. Lexis (1894 in Schmollcrs Jb.) hätte finden können, daß für Loria „die Freiheit oder die vollendete Occupation des Bodens… die alles beherrschende Fundamentalthatsache des Wirtschaftslebens” sei (ebd. 294) und daß für ihn der „Kapitalgewinn bei Vorhandensein von freiem Lande unmöglich” (ebd., 297) und „die Bodenoccupation die für die ganze wirtschaftliche Entwicklung allein maßgebende Grundthatsache” sei (ebd., 302). Im „System der Soziologie” zog Oppenheimer dann eine Sammlung von Vorträgen Lorias (Loria 1901) heran und obwohl in dieser Schrift dessen Theorie der Bodensperren durchklingt, scheint sie Oppenheimer auch hier entgangen zu sein. Es bleibt einigermaßen kurios, wenn er - lediglich gestützt auf einen Kommentar Eugenio Rignatos und ohne sich der Zusammenhänge bei Loria selbst zu versichern — die These Rignatos zurückweist, Loria „habe eines der wichtigsten soziologischen Gesetze entdeckt, daß die Lohnarbeit mit der Terra libera nicht zusammenbestehen könne” (Rignato. La sociologic dans le cours de philosophie d’ Auguste Comte, Paris 1902, 14; zit. n. Opp. 1, 1004) und einwendet, daß diese Ableitung sich nicht nur bereits bei Marx, sondern schon beiAdam Smith finde.

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  84. e Parallelität der Theorien Oppenheimers und Lorias - sieht man vom eingangs erwähnten Unterschied in der Frage der Entstehung von „Bodensperre” als exogenem oder als endogenem Vorgang ab — mag unter anderem der Verwandtschaften in der gesellschaftlichen Problemlage Italiens und des Deutschen Reiches geschuldet sein. In beiden Staaten spielte — im Zusammenhang mit der späten nationalstaatlichen Einigung — der Großgrundbesitz eine bedeutende politische Rolle (vgl. auch Michels 1923/24, 227f) - ein historischer Kontext, in dem neophysiokratische Erklärungsansätze in der Gesellschaftstheorie eine gewisse Plausibilität erlangen mußten. Loria — und hieran entzündete sich schon Lexis’ Kritik (1984, bes. 294) -- ist Vertreter eines extremen Individualismus, für ihn steht ein mit allen bürgerlichen Eigenschaften ausgestattetes selbstwirtschaftendes Individuum am Anfang aller Geschichte. Von hier aus konstruiert er zwei Ursachen für historischen Wandel im Allgemeinen und für kapitalistische Vergesellschaftung im Besonderen: zum einen ist es „die gewaltsame Aufhebung der Freiheit des Bodens, von welcher der Arbeiter seine Kraft schöpft, und die seine Unabhängigkeit schirmt” durch das „Kapital” (Loria 1895,2) — ein im Rahmen seiner Theorie problematisches Postulat, da sich an sich — so Loria — Kapital erst auf der Basis der „Herabdrückung” der Arbeit, beivollzogener Verteilung und Sperrung des Bodens bilden kann. Weniger krude ist der zweite Loriasche Begründungszusammenhang, sein Theorem der Bodenknappheit als Voraussetzung von Kapitalismus: aufgrund von objektiver „Vollbesetzung des Bodens” — nur durch „Bevölkerungszunahme” -- ist für den Nachgeborenen, den „Arbeiter.. nunmehr die Wahlfreiheit, die ihn gegen die Unterdrückung durch das Kapital schützte, verloren. Will er fortan sein Leben fristen, so bleibt ihm nichts anderes übrig, als seine Arbeit dem Kapitalisten zu verkaufen”` (ebd., 3 f) Oppenheimers Theorie kann hier sicher — zumindest was die logische Konstruktion angeht — eher befriedigen. Aber auch er gerät mit der ökonomischen Konkretisierung seiner Theorie durch die „Arbeitswerttheorie des Wertes” und durch das Postulat des „vollen Arbeitsertrages” als Maßstab gerechter Entlohnung, das ihm mit Loria verbindet, wenigstens implizit in die Nähe eines ahistorisehen Individualismus.

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  85. Zum „Gesetz der Strömung” vgl. hier auch die Kritik von Kantorowicz (1904, 239ff.), der Oppenheimers Theorie des Kapitalismus vor allem an diesem Punkt wegen ihres kruden Determinismus angreift.

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  86. Oppenheimer weist hier auch auf die Auswanderung in die Kolonien hin, hier allerdings sei der Boden noch nicht herrschaftlich „gesperrt”; aus diesem Grund herrsche dort auch bei landwirtschaftlicher Ökonomie „niedriger Druck”. V.a. die Verhältnisse in Neuseeland schienen Oppenheimer dem eigenen Ideal der „Freibürgerschaft” recht nahe zu kommen.

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  87. Oppenheimer beruft sich hier auf das — von ihm nach dem konservativen Nationalökonomen und Statistiker Theodor von der Goltz betitelte — „Goltzsche Gesetz” und verwendet zur Bestimmung des Verhältnisses von Großgrundeigentum und Migrationsbewegung die allerdings „nicht als exakte Quantitätsbczeichnung” zu interpretierende Formel: „Die Wanderbewegung aus verglichenen agrarischen Bezirken verhält sich wie das Quadrat des in ihnen enthalteten Großgrundeigentums” (III, 9080. Dieses „Gesetz” blieb nicht unkritisiert; namentlich Peter Quante verdankt sich eine lucide Auseinandersetzung mit der statistischen Beweisführung Oppenheimers (1931), um die sich eine Kontroverse zwischen ihm und Oppenheimer entspann (vgl. Opp. 1932; Quante 1932 sowie von dems. 1955, 1958 und 1964, hier bes. 5900.

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  88. Oppenheimers Überlegungen zur Bestimmung der Höhe des Lohnes, seine Versuche, den „natürlichen” und den „kapitalistisch” verfälschten Lohn ails den allgemeinen Prämissen seiner Theorie zu „deduzieren”, können hier nicht dargestellt werden. Vgl. seine Studie 1926a, in der er sich mit dem Ansatz von Arndt/Diezel, der „Produktivitäts-Lohntheorie” auseinandersetzt. Eine Kritik der Oppenheimerschen Lehre vom Standpunkt jener Theorie, die eine ökonomisch „zuträgliche” Lohnhöhe in Abhängigkeit vom Fortschritt der Arbeitsproduktivität berechnen will, findet sich bei Heimburger (1928, 119ff.).

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  89. Vgl. zur für Oppenheimer wichtigen Differenzierung von Verkäufer- und Käufermarkt unten S. 128.

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  90. Es kann hier nicht vertieft werden, in welcher Weise Marx so das private Eigentum an Grund und Boden einerseits als Vorraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise faßt, es andererseits in seinen Auswirkungen aber auch in Widerspruch zu ihr erscheinen läßt, vgl. MEW 25, 627 ff.

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  91. Vgl. MEW 23, 744: „Die Expropriation des ländlichen Produzenten, des Bauern, von Grund und Boden bildet die Grundlage des ganzen Prozesses. Ihre Geschichte nimmt in verschiedenen Ländern verschiedene Färbung an und durchläuft die verschiedenen Phasen in verschiedener Reihenfolge und in verschiedenen Geschichtsepochen. Nur in England, das wir daher als Beispiel nehmen, besitzt sie die klassische Form.”

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  92. Es muß hier dahingestellt bleiben, inwieweit es auch für den Historiker sinnvoll ist, eine Phase ursprünglicher Akkumulation von der der durchgesetzten kapitalistischen zu unterscheiden, wie trennscharf also die systematischen Kategorien in historischer Verwendung sind. Vgl. hier die anregenden Überlegungen bei Jónossy (1979).

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  93. Einen Abschnitt über das Theorem der „ursprünglichen Akkumulation” und seine Widerlegung enthalten nicht nur alle Bände des „System der Soziologie” (1, 987 ff; II, passim.; IV. 1, XXff; IV. 3, IXf; vgl. auch das Register v. Berta Spindler-Gysin, Stichwort „Akkumulation” und „Kinderfibel”), dies ist auch immer wiederkehrendes Thema einer Vielzahl weiterer Veröffentlichungen Oppenheimers.

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  94. So wird gelegentlich die Zurichtung von vorkapitalistischen Gesellschaften auf eine Existenz an der Peripherie der kapitalistischen Weltökonomie als Prozeß „ursprünglicher Akkumulation” apostrophiert. Dies ist zum Teil auch aus sachlichen Gründen ein nicht ganz glücklicher Sprachgebrauch, ist doch die Tätigkeit kapitalistisch akkumulierter Kapitalien Voraussetzung jener kolonialen oder imperialen Zurichtung. Richtig und wichtig aber ist der mit dieser Terminologie nahegelegte Hinweis, daß zu dem kapitalistisch „normalen” Surplus aus der Expropration jener Gesellschaften für die kapitalistischen Zentren ein Extra-Zugewinn erwächst. Hat man den Bedeutungswandel des Terminus „ursprüngliche Akkumulation” seit Marx akzeptiert, vermag man hier von einer permanenten Expropriation von Menschen, Fertigkeiten und Strukturen dieser Gesellschaften, von einer in diesem Sinne „permanenten urspriinglichen Akkumulation” zu sprechen.

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  95. Die Vorstellung von der „Permanenz der ursprünglichen Akkumulation” wird jedoch auch auf die Binnenverhältnisse kapitalistischer Kernländer übertragen. Besonders Oskar Negt und Alexander Kluge (1981) verknüpfen diese Vorstellung mit Elementen von Habermas’ Theorie des Dualismus’ des kapitalistischen „Systems” und der „Lebenswelt”, um von hier aus zu argumentieren, daß das kapitalistische System nicht nur - wie auch für Marx -- die Lebensgrundlage des Menschen als Natur- und als sozialem Wesen gefährde, sondern daß der Kapitalismus auf der Basis eines „ursprünglichen Vermögens” der Menschen und dessen permanenter Ausbeutung, auf „permanenter ursprünglicher Akkumulation” lediglich ein zweites Phänomen darstelle. Solche Anwendung des Terminus „ursprüngliche Akkumulation” baut auf zwei Grundannahmen. Erstens erscheint hier die Dynamik kapitalistischer Akkumulation nicht mehr als der Gesellschaft totalisierende Prozeß, vielmehr wird der „Lebenswelt” die Fähigkeit zugesprochen, sich unter der Herrschaft des sie überformenden Systems nicht nur beständig zu reproduzieren, sondern sie wird selbst zur Existenzgrundlage jenes Systems, von ihrer „Zuarbeit” ist jene Vergesellschaftungsweise abhängig, der totalisierende Zugriff des Systems findet hier - bei Strafe des Unterganges - seine absolute Grenze. Postuliert wird damit zweitens die „natürliche”, eben: „ursprüngliche” Grundlage menschlicher Vergesellschaftung als die geheime letzte Instanz, als die Grenze auch von Geschichte.

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  96. Bezeichnend ist, daß hier - nicht nur - von Negt und Kluge weibliche Arbeit an der Reproduktion der Gattung, sei sie biologischer oder - als Erziehungsarbeit - sozialer Art, angeführt wird, daß Frauenarbeit überhaupt, Kindheit, Erziehung, in Gefahr geraten, in den übergeschichtlichen Interpretationsrahmen eines pädagogischen und Weiblichkeitsmythos gerückt zu werden.

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  97. Die theoretischen Verbindungen zwischen dieser Position, einer - besonders von Claudia v. Werlhof (1983) vertretenen - Spielart des Feminismus, die sich u.a. aus der Frage einer ökonomischen Bewertung von „Subsistenzarbeit” im Haushalt entwickelt hat (so Braig/Lentz 1983), und Oppenheimers Bestimmung des Kapitalismus als Ökonomie „permanenter ursprünglicher Akkumulation” können hier nicht nachgezogen werden; die feministische Diskussion verläuft meines Wissens ohne Bezug auf Oppenheimer oder andere liberale Sozialisten (Zur Einführung in diesen Themenkreis vgl. neben den Erwähnten Beers Auseinandersetzung mit v. Werlhof (1983), sowie allgemeiner Osterlands Überlegungen zu „konservativen Tendenzen in der Frauenbewegung” (1983).

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  98. „Menschliche Emanzipation” - um auf die Terminologie des jungen Marx zurückzugreifen -erscheint nicht mehr als Entfaltung des „menschlichen Wesens” am Ende der „Vorgeschichte” d.h., nachdem sich die Menschheit zum Subjekt ihres Schicksals, ihrer Geschichte gemacht hat, sondern sie erscheint als Rückkehr zu einer geschichtstranszendenten „Natur”, die nicht in produktiver Spannung zu Kultur steht, als Rückbesinnung auf ein - wie Negt und Kluge hintergründig formulieren - „ursprüngliches Vermögen”. Eine solche Position könnte bei dem Versuch einer Befriedigung des „massenhaft vorherrschenden Bedürfnis(‘) nach Orientierung” (dies., Klappentext) unfreiwillig zur Wiederbelebung eines abgestandenen Kulturpessimismus’ beitragen.

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Haselbach, D. (1985). Staat und Geschichte. In: „Franz Oppenheimer“. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10094-2_3

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