Zusammenfassung
In den 1960er-Jahren avancierte die im US-amerikanischen Fernsehen laufende Gothic Soap Opera Dark Shadows (1966–1971) zum Kult. Darin ging es um die in Maine lebende Familie Collins und ihren Angehörigen Barnabas, einen 200 Jahre alten Vampir. 2012 kam der unter der Regie von Tim Burton produzierte Spielfilm Dark Shadows in die Kinos, mit Johnny Depp als Barnabas Collins und Helena Bonham Carter als Psychiaterin Dr. Julia Hoffman. Hatte diese in der TV-Serie eine dominante Rolle, entscheidet sich Burton für eine Abschwächung und klischierte Wiedergabe der Figur und reiht sie – allerdings subversiv – in die filmische Tradition der stereotypen Darstellung von Psychoberufen ein, nach der deren VertreterInnen als nutzlos bis schädlich und/oder eigennützig sind und selbst Probleme haben. Gleichzeitig greift Burton den seit den 1960er-Jahren geführten Psychiatriediskurs auf, indem er psychiatrische Praktiken thematisiert, die damals zunehmend in die Kritik geraten waren.
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Notes
- 1.
»Ich will hier raus. Ich muss hier raus. Ich muss hier raus. Ich muss hier raus. Ich muss hier raus. Sieh, wie sich mein einsames Leben entfaltet, seit ich fort bin. Der Schlaf kommt nicht leicht, in einer weißen Zwangsjacke. Ich würde gern jene kleinen Kinder sehen. Sie ist erst vier Jahre alt. Sieh, wie sich mein einsames Leben entfaltet. Ich sehe es jeden Tag.« Der Schauspieler Dwight Fry, dessen Arbeit dieses Stück gewidmet ist, hat in vielen Horrorfilmen mitgespielt. Unter anderem hat er die Figur des Renfield in Tod Brownings Film Dracula (1931) verkörpert – einen Geisteskranken, der ins »Irrenhaus« gesteckt wird.
- 2.
Übersetzung der Autorin: »Das wahre Erfolgsgeheimnis von Dark Shadows – je schlechter die Serie ist, desto mehr wirst du sie lieben.«
- 3.
Übersetzung der Autorin: »Sieh, wie sich mein einsames Leben entfaltet. Ich sehe es jeden Tag.«
- 4.
Übersetzung der Autorin: »Das ultimative Camp Statement: Es ist gut, weil es scheußlich ist.«
- 5.
Übersetzung der Autorin: »Ich war für vierzehn Tage weg. Ich hätte auch für länger weg sein können.«
- 6.
Vgl. etwa die Kindsaussetzung zu Beginn von Batmans Rückkehr (1992), den Hintergrund für Ed Woods Transvestitentum in Ed Wood (1994) oder die Zahn- und Kieferbehandlung des jungen Willy Wonka in Charlie und die Schokoladenfabrik (2005).
- 7.
Übersetzung der Autorin: »Ich war so ein süßes, süßes Ding, bis sie mich in die Hände bekamen. … Sie sagen: Er ist krank. Er ist obszön.«
- 8.
Neben prominenten Psychiatern wie Jacques Lacan, Thomas Szasz und David Cooper hatten unter anderem Arbeiten von Michel Foucault (Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft, Original 1961), Erving Goffman (Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen, Original 1961) sowie Gilles Deleuze und Felix Guattari (Anti Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie, Original 1972) Einfluss auf die heterogene Antipsychiatriebewegung der 1950er bis 1970er-Jahre. Im Fokus der Kritik standen generell die institutionelle Machtausübung psychiatrischer Einrichtungen – Zwangsmaßnahmen und Isolation, verbunden mit dem Einsatz von Zwangsjacken und Weichzellen –, aber auch konkrete Behandlungsmethoden wie Elektrokrampftherapie, Insulinschocktherapie und Lobotomie sowie die Anwendung von Neuroleptika. Dazu kamen das wissensgeschichtlich begründete Verständnis von mentaler Krankheit versus Normalität als kulturelles Konstrukt sowie die Überzeugung, psychiatrische Diagnosen und Behandlungen dienten sozialer Kontrolle. Angesichts des Beispiels ihrer Instrumentalisierung durch die Nationalsozialisten sei die Gefahr des politischen Missbrauchs auch in der Gegenwart gegeben. Auch sah sich die Psychiatrie mit dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit konfrontiert. Für die breite Popularisierung psychiatriekritischer Positionen sorgten unter anderem Ken Keseys Roman Einer flog übers Kuckucksnest (Original 1962) und besonders dessen Adaption als Film unter der Regie von Miloš Forman (1975).
- 9.
Neben prominenten Psychiatern wie Jacques Lacan, Thomas Szasz und David Cooper hatten unter anderem Arbeiten von Michel Foucault (Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft, Original 1961), Erving Goffman (Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen, Original 1961) sowie Gilles Deleuze und Felix Guattari (Anti Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie, Original 1972) Einfluss auf die heterogene Antipsychiatriebewegung der 1950er bis 1970er-Jahre. Im Fokus der Kritik standen generell die institutionelle Machtausübung psychiatrischer Einrichtungen – Zwangsmaßnahmen und Isolation, verbunden mit dem Einsatz von Zwangsjacken und Weichzellen –, aber auch konkrete Behandlungsmethoden wie Elektrokrampftherapie, Insulinschocktherapie und Lobotomie sowie die Anwendung von Neuroleptika. Dazu kamen das wissensgeschichtlich begründete Verständnis von mentaler Krankheit versus Normalität als kulturelles Konstrukt sowie die Überzeugung, psychiatrische Diagnosen und Behandlungen dienten sozialer Kontrolle. Angesichts des Beispiels ihrer Instrumentalisierung durch die Nationalsozialisten sei die Gefahr des politischen Missbrauchs auch in der Gegenwart gegeben. Auch sah sich die Psychiatrie mit dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit konfrontiert. Für die breite Popularisierung psychiatriekritischer Positionen sorgten unter anderem Ken Keseys Roman Einer flog übers Kuckucksnest (Original 1962) und besonders dessen Adaption als Film unter der Regie von Miloš Forman (1975).
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Übersetzung der Autorin: »Ich war so ein süßes, süßes Ding, bis sie mich in die Hände bekamen. … Sie sagen: Er ist krank. Er ist obszön.«
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Vgl. etwa die Kindsaussetzung zu Beginn von Batmans Rückkehr (1992), den Hintergrund für Ed Woods Transvestitentum in Ed Wood (1994) oder die Zahn- und Kieferbehandlung des jungen Willy Wonka in Charlie und die Schokoladenfabrik (2005).
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Übersetzung der Autorin: »Ich war für vierzehn Tage weg. Ich hätte auch für länger weg sein können.«
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Übersetzung der Autorin: »Das ultimative Camp Statement: Es ist gut, weil es scheußlich ist.«
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Übersetzung der Autorin: »Sieh, wie sich mein einsames Leben entfaltet. Ich sehe es jeden Tag.«
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Übersetzung der Autorin: »Das wahre Erfolgsgeheimnis von Dark Shadows – je schlechter die Serie ist, desto mehr wirst du sie lieben.«
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»Ich will hier raus. Ich muss hier raus. Ich muss hier raus. Ich muss hier raus. Ich muss hier raus. Sieh, wie sich mein einsames Leben entfaltet, seit ich fort bin. Der Schlaf kommt nicht leicht, in einer weißen Zwangsjacke. Ich würde gern jene kleinen Kinder sehen. Sie ist erst vier Jahre alt. Sieh, wie sich mein einsames Leben entfaltet. Ich sehe es jeden Tag.« Der Schauspieler Dwight Fry, dessen Arbeit dieses Stück gewidmet ist, hat in vielen Horrorfilmen mitgespielt. Unter anderem hat er die Figur des Renfield in Tod Brownings Film Dracula (1931) verkörpert – einen Geisteskranken, der ins »Irrenhaus« gesteckt wird.
Literatur
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Tomkowiak, I. (2017). Ein Zeitgeist wird besichtigt. In: Seelenkenner Psychoschurken. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-50486-4_24
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