Zusammenfassung
Als Psychodramatikerinnen und Psychodramati-ker fühlen wir uns in der Gruppe zuhause und wenn die Rede auf das Thema »Gruppendynamik« kommt, wissen wir, dass es sich hier nur um ein Heimspiel handeln kann: Das Psychodrama versteht sich vorwiegend als Gruppenmethode; Moreno ist einer der Mitbegründer der Gruppenforschung (man denke nur an die → Soziometrie oder seine Forschungen zu Führungsstilen), der Urvater der Gruppenpsychotherapie und vielleicht sogar -wie Schwendenwein (1991) meint — der »Erfinder« des Begriffs Gruppendynamik. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass sich die Psychodra-ma-Literatur zu Gruppenprozessen und ihrer Dynamik weitestgehend ausschweigt, wenn man die soziometrische Literatur einmal ausklammert, die eher den strukturellen als den dynamischen Aspekt von Gruppen hervorhebt. Hier besteht eine eklatante Lücke und beträchtlicher Nachholbedarf.
»Stellen Sie sich ein rundes, abschüssiges, mit mehreren Toren versehenes Fußballfeld vor, auf dem Menschen Fußball spielen. Viele verschiedene (aber nicht alle) Menschen können zu verschiedenen Zeitpunkten in das Spiel einsteigen oder es verlassen. Einige Menschen können Bälle auf das Spielfeld schießen oder sie aus dem Spiel heraus nehmen. Während sie am Spiel teilnehmen, versuchen die einzelnen Personen den Ball,der gerade in ihre Nähe kommt, in Richtung der Ziele zu schießen, die sie bevorzugen und von den Zielen weg, die sie vermeiden wollen« (March u. Olsen, 1986, S. 17x).
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Weiterführende Literatur
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von Ameln, F., Gerstmann, R., Kramer, J. (2004). Gruppendynamische Prozesse. In: Psychodrama. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-09566-9_21
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