Zusammenfassung
Es liegt aber auch an den Parlamentariern, dass sie sich nun mit den Bürgern schwertun. Sie haben nicht nur das Volk verzogen durch Verantwortungsimperialismus, unnachhaltige Gestaltungsillusionen sowie jene Form sozialpolitischer Wählerbestechung, die – nicht nur in Deutschland – zur übergroßen Staatsverschuldung führte. Sie haben auch – zunächst im Westen, inzwischen auch im Osten – in langen Zeiten politischer Normalität einen selbstbezüglichen Mikrokosmos der politischen Klasse aufgebaut: Der Zugang zur Politik verlangt nach immer mehr Professionalität von sich immer früher auf eine politische (Erst-)Laufbahn festlegenden Leuten. Also finden sich unter den jetzigen Abgeordneten überwiegend Netzwerker, die außer dem politischen Handwerk und seinen Begleitdisziplinen wenig gelernt haben. Ohne ihre politischen Ämter sind sie oft nichts Besonderes, in ihren Ämtern aber meist auch nicht so große Virtuosen, dass man ihnen Aufstieg und Pfründe gerne gönnte. Obendrein tun sich ihre Erfolgreichsten immer wieder mit der stolzen Bekundung hervor, um die Lebensmitte wollten sie aus der Politik ausscheiden und gleichsam das „eigentliche“ Leben beginnen. Schön für sie – doch warum sollten es Bürger für schön halten, von Leuten regiert zu werden, die den Dienst für sie und das Land als biographisches Vorspiel nehmen, nicht aber eine vorgängige Bewährung „im normalen Leben“ als Voraussetzung für den Politikerberuf mitbringen?
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Notes
- 1.
Als „Andenpakt“ bezeichnete der SPIEGEL im Jahr 2003 ein Zweckbündnis, das viele Jahre zuvor über ein Dutzend JU-Funktionäre – Koch, Wulff, Böhr, Pflüger, Oettinger, Wissmann, Bouffier usw. – auf einem Flug von Caracas nach Santiago geschlossen haben soll und in dem es um wechselseitige Unterstützung bei den jeweils erstrebten Karrieren ging.
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Patzelt, W. (2014). Wo es Missstände gibt. In: Abgeordnete und ihr Beruf. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05450-2_4
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