Zusammenfassung
Das landwirtschaftlich genutzte Tier wird in den modernen Industrienationen nicht als empfindungsfähiges Lebewesen angesehen, das man hegt und pflegt, weil es wertvolle Lebensmittel für den Menschen liefert. Das sogenannte „Nutztier“ wird vielmehr agrarökonomisch auf eine monetäre Größe reduziert, die es zu optimieren gilt. Das Ziel: massenhafte Produktion möglichst schnell wachsender Tiere, die möglichst wenig Futter benötigen und auch sonst bedürfnislos im Sinne eines perfekten Produktionsfaktors sind. Diese industrielle Nutztierhaltung ist Ausdruck einer Gesellschaft, die keinen Sinn für den Wert von Lebensmitteln hat und die deshalb Leben über Artgrenzen hinweg nach Kosten kategorisiert, als wäre nicht längst wissenschaftlich klar belegt, was Tiere für ein artgemäßes Leben brauchen.
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Notes
- 1.
Für einen umfassenden Überblick über die vielfältigen ökologischen, gesundheitsbezogenen und sozialen Probleme der weltweiten Tierproduktion siehe den „Fleischatlas 2014“ (Heinrich-Böll-Stiftung et al. 2014).
- 2.
Der Deutsche Tierschutzbund etwa fordert seit Langem ein Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen (Deutscher Tierschutzbund 2014).
- 3.
Die „Fünf Freiheiten“ gehen auf eine Formulierung des sogenannten Brambell Committee der damaligen britischen Regierung zurück. 1965 heißt es im Brambell-Bericht, landwirtschaftlich genutzte Tiere müssten die Freiheit gewährt bekommen, aufzustehen, sich hinzulegen, sich herumzudrehen, Fell- bzw. Gefiederpflege auszuführen und ihre Extremitäten auszustrecken. Das Farm Animal Welfare Council (FAWC), namentlich Professor John Webster, formulierte später die „Fünf Freiheiten“ in der heute vorliegenden Form. Sie wurden auch von der Europäischen Union in ihrem Aktionsplan Tierschutz 2006–2010 als Eckpfeiler der EU-Tierschutzpolitik übernommen.
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Gottwald, FT. (2015). Tiergerecht und fair? – Tierethik und Tierschutzpolitik heute. In: Hirschfelder, G., Ploeger, A., Rückert-John, J., Schönberger, G. (eds) Was der Mensch essen darf. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01465-0_9
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