Skip to main content

Wenn der Garten zum Hof wird – Hühnerhaltung in der Stadt

  • Chapter
  • First Online:
Was der Mensch essen darf
  • 13k Accesses

Zusammenfassung

Nahrungsmittel und Güter des täglichen Bedarfs selbst zu erzeugen und sich selbst und die eigene Familie in Richtung Subsistenzwirtschaft zu entwickeln, kann als Reaktion auf Krisen im weitesten Sinne begriffen werden: als Antwort auf die Finanzkrise und die Erkenntnis der Unsicherheit des eigenen beruflichen Karriereweges oder Arbeitsplatzes, als Antwort auf als „unwirtlich“ empfundene städtische Wirklichkeiten, als Reaktion auf die Komplexität und Undurchschaubarkeit der spätmodernen Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen, welchen die Unmittelbarkeit des Agrarischen gegenübergestellt wird.

Anhand dreier Beispiele, die stellvertretend für insgesamt sieben Schauplätze und Einzelpersonen beziehungsweise Netzwerke von Personen stehen, soll in dem Beitrag das Phänomen „Hühnerhaltung in deutschen Städten“ skizziert und aus dem Fachkontext der Kulturanthropologie heraus kommentiert werden.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Nach Angaben des Verlags beträgt die „garantiert verkaufte Auflage“ jeder Ausgabe des Magazins 850.000 Exemplare. Erreicht würden damit 3,75 Mio. Leserinnen und Leser (Landlust 2014, Grafik 2 und 5).

  2. 2.

    Der Prinzessinnengarten begreift sich als „soziale und ökologische urbane Landwirtschaft“ (Prinzessinnengarten 2013).

  3. 3.

    Die Ausstellung wurde von 15.03. bis 25.06.2012 im Architekturzentrum Wien (2013) gezeigt.

  4. 4.

    Verstanden in dem von Horkheimer und Adorno (2003) gemeinten Sinn eines Verlustes von unmittelbaren Erfahrungen.

  5. 5.

    LOHAS steht für Lifestyles of Health and Sustainability. Damit gemeint ist ein Lebensstil, der sich an Gesundheit und Nachhaltigkeit orientiert, gleichzeitig aber auch genussorientiert und technikfreundlich ist und häufig von Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen ausgeübt wird. Seine Anhänger werden auch als Lohas bezeichnet.

  6. 6.

    CSA steht für Community supported agriculture. Hierunter werden Partnerschaften zwischen Landwirtschaftstreibenden und lokalen Konsumenten verstanden. Die Zielsetzung dieser Partnerschaften besteht in der Schaffung stabiler wirtschaftlicher Beziehungen zwischen Erzeugern und Verbrauchern, welche Ersteren eine kontinuierliche Abnahme der Produkte, Letzteren eine kontinuierliche Belieferung mit lokal erzeugten Agrarerzeugnissen und eine größere Nähe zu Orten und Prozessen der Nahrungsproduktion gewährt (Henderson und Van En 2007).

  7. 7.

    Bewegung aus den USA, die eine radikale Rückkehr zu vorindustriellen Lebensformen anstrebt und Selbstversorgung sowie eigene Landwirtschaftsformen praktiziert.

  8. 8.

    Im Falle der von Rudolf Steiner begründeten biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise ist die Haltung von Tieren grundsätzlich vorgesehen und zumindest dann Pflicht, wenn es sich im Einzelfall um einen Betrieb handelt, der das Warenzeichen „demeter“ führen will. Dabei kommt der Tierhaltung nicht nur eine Bedeutung im Zusammenhang mit der Nahrungsmittelproduktion, sondern vor allem auch in der Konzeption eines als „natürlich“ gedachten Stoffkreislaufs zu, da der verkompostierte Mist als Düngemittel Verwendung findet (Sattler und von Wistinghausen 1985). Bei anderen Ansätzen alternativer Landwirtschaft sind Tiere nicht zwangsläufig vorgesehen, werden jedoch aus ebendiesem Grund gleichwohl als wertvoll erachtet.

  9. 9.

    Beispielsweise unter: http://www.bauanleitung.org/tiere/huehnerstall-bauanleitung/; http://www.bauanleitung.org/tiere/huehnerstall-bauanleitung/; http://www.helpster.de/huehnerstall-bauanleitung-fuer-einen-artgerechten-stall_49219. Zugegriffen: 05.09.2013.

  10. 10.

    Zu einer Ethnografie mit geschärften Sinnen s. Bendix 2006.

  11. 11.

    Im Folgenden beziehe ich mich auf eigene Feldnotizen vom 16./17.08.2012 und vom 28./29.12.2012.

  12. 12.

    Mit einigen Unterbrechungen vergibt der NABU – Naturschutzbund Deutschland e. V. seit 1993 mit dem „Dinosaurier des Jahres“ jährlich eine Art Negativ-Preis für Personen, welche sich aus Sicht der Organisation durch eine besonders umweltschädliche bzw. dem Tier- und Naturschutzgedanken abträgliche Politik oder Handlungsweise auszeichnen. An Ilse Aigner wurde insbesondere „ihre passive Rolle bei der Umsetzung der aktuellen Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU“, ihre vom Einfluss der Jagd-Lobby geprägte Handlungsweise bei der Novellierung des Bundesjagdgesetzes und ihre Haltung zu Massentierhaltung, Mais-Monokulturen und Pestizideinsatz kritisiert. Siehe hierzu die Webseite des NABU (2012).

  13. 13.

    Im Folgenden beziehe ich mich auf eigene Feldnotizen vom 28.06. und 08.07.2012.

  14. 14.

    Laut Feuilleton der FAZ hat Douglas Tompkins 1990 seine Anteile an „Esprit“ für einen Betrag zwischen 125 und 250 Mio. US-Dollar veräußert und im Laufe der Zeit 900.000 ha Land in Chile und Argentinien – Wälder, Berge, Gewässer und Vulkane inklusive – erworben, um dieses teils unter Schutz zu stellen oder aufzuforsten bzw. extensiv landwirtschaftlich zu nutzen (FAZ 2008).

  15. 15.

    Laut Spiegel Online sagte Steve Jobs in seiner berühmt gewordenen Rede an der Universität Stanford wörtlich: „Und das ist so, wie es sein sollte, denn der Tod ist höchstwahrscheinlich die beste Erfindung des Lebens. Er bewirkt den Wandel. Er entrümpelt das Alte, um Platz zu machen für das Neue.“ (Spiegel Online 2011).

  16. 16.

    Mit dieser „Irrlehre“ ist jene These des Chemikers Justus von Liebig gemeint, die eine Gleichwertigkeit organischer und mineralischer Düngemittel unterstellt (z. B. Liebig 1840, 1878). Der gemeinsame Nenner der verschiedenen Ansätze „biologischer“ Wirtschaftsweisen besteht darin, dass diese Gleichwertigkeit bestritten, der Einsatz mineralischer Düngemittel als Ursache von Bodenerosion und „Versteppung“ kritisiert und die Höherwertigkeit organischer Düngung proklamiert wird. Siehe hierzu beispielsweise Welten 1981, S. 17.

  17. 17.

    Träger des Projektes war zum Zeitpunkt meiner Erhebungen der Verein Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e. V. (2013). Mittlerweile wird der Gemeinschaftsgarten unabhängig auf der Basis einer gemeinnützigen GmbH betrieben und präsentiert sich mit einer neuen Internetseite (Annalinde 2014).

  18. 18.

    Der Begriff des „Anwärters“ beschreibt den Status nur unzureichend, denn das Projekt ist seinem Selbstverständnis nach relativ „offen“ für die Mitarbeit im Garten. Für die engere Projektarbeit indessen – etwa im angeschlossenen Garten-Café – sind freilich Einweisungen erforderlich. Insofern ließe sich Stefans Präsenz zu diesem Zeitpunkt eher als ein wechselseitiges Kennenlernen bei der Arbeit begreifen.

Literatur

  • Annalinde [Annanlinde gGmbH]. (2014). Über Annalinde. http://annalinde-leipzig.de/ueber/. Zugegriffen: 4. Mai 2014.

  • Architekturzentrum Wien. (2013). Ausstellung „Hands-on Urbanism – Vom Recht auf Grün“. 15.3.–25.6.2012. http://www.azw.at/event.php?event_id=1202. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

  • Baier, A., Müller, C., & Werner, K. (2013). Stadt der Commonisten. Neue urbane Räume des Do it yourself. Bielefeld.

    Google Scholar 

  • Bendix, R. (2006). Was über das Auge hinausgeht: Zur Rolle der Sinne in der ethnographischen Forschung. Schweizerisches Archiv für Volkskunde, 102, 71–84.

    Google Scholar 

  • Bergmann, K. (1970). Agrarromantik und Großstadtfeindschaft. Studien zu Großstadtfeindschaft und „Landflucht“-Bekämpfung in Deutschland seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Münster.

    Google Scholar 

  • Bohn, K., & Viljoen, A. (2012). Laboratorien der urbanen Landwirtschaft: Von Havanna bis Milwaukee. In E. Krasny (Hrsg.), Hands-on Urbanism 1850–2012 (S. 226–235). Wien.

    Google Scholar 

  • FAZ [Frankfurter Allgemeine Zeitung]. (2008). Koch, E.: Der Schutzmann. Der Naturschützer Douglas Tompkins. 14.06.2008. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/der-naturschuetzer-douglas-tompkins-der-schutzmann-1544365.html. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

  • Focus. (2009). Großstadt-Gegacker: USA entdecken Hinterhof-Zucht. 17.08.2009. http://www.focus.de/panorama/boulevard/gesellschaft-grossstadt-gegacker-usa-entdecken-hinterhof-zucht_aid_426782.html. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

  • Hayes, S. (2010). Radical homemakers. Reclaiming domesticity from a consumer culture. Richmondville.

    Google Scholar 

  • Henderson, E., & Van En, R. (2007). Sharing the harvest. A citizen’s guide to community supported agriculture. White River Junction. Vermont.

    Google Scholar 

  • Horkheimer, M., & Adorno, T. W. (2003). Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente (14. Aufl.). Frankfurt a. M.

    Google Scholar 

  • IFZS [Initiative für zeitgenössische Stadtentwicklung]. (2013). Garten „Annalinde“. http://ifzs.de/annalinde. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

  • Köstlin, K. (1993). Städtische Naturrituale. Ausbrüche, Fluchten, Zitate. In M. Kienzle (Hrsg.), Natur-Schauspiele. Vom Umgang der Natur mit der Stadt (S. 196–218). Stuttgart.

    Google Scholar 

  • Krasny, E. (2012). Hands-on Urbanism 1850–2012. Vom Recht auf Grün. In E. Krasny (Hrsg.), Hands-on Urbanism 1850–2012 (S. 8–37). Wien.

    Google Scholar 

  • Landlust. (2014). Mediadaten 2014. PDF-Dokument. http://media.landlust.de/mediadaten/pdf/index.html. Zugegriffen: 15. Okt. 2013.

  • Liebig, J. von (1840). Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig.

    Google Scholar 

  • Liebig, J. von (1878). Sechsunddreißigster Brief. In J. Liebig (Hrsg.), Chemische Briefe (6. Aufl.). Hildesheim.

    Google Scholar 

  • Mauss, M. (1989). Die Gabe. Form und Funktion in archaischen Gesellschaften. In M. Mauss (Hrsg.), Soziologie und Anthropologie Bd. 2 (S. 9–144). Frankfurt a. M.

    Google Scholar 

  • NABU [Naturschutzbund Deutschland e.V.]. (2012). Ilse Aigner ist „Dinosaurier des Jahres 2012“. Die Ministerin erhält den Negativpreis des NABU für ihre umweltschädliche Agrarpolitik. http://www.nabu.de/aktionenundprojekte/dinodesjahres/15410.html. Zugegriffen: 20. Juli 2013.

  • Novy, K. (2012). Selbsthilfe als Reformbewegung – Der Kampf der Wiener Siedler nach dem 1. Weltkrieg. In E. Krasny (Hrsg.), Hands-on Urbanism 1850–2012 (S. 127–160). Wien.

    Google Scholar 

  • Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e. V. (2013). Urbane Landwirtschaft. www.oekoloewe.de/ulw. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

  • Prinzessinnengarten. (2013). Was ist der Prinzessinnengarten? http://prinzessinnengarten.net/wir/. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

  • Sattler, F., & von Wistinghausen, E. (1985). Der landwirtschaftliche Betrieb – biologisch-dynamisch. Stuttgart.

    Google Scholar 

  • SRF [Schweizer Radio und Fernsehen]. (2013). http://www.srf.ch/sendungen/ratgeber/huehner-halten-fuer-anfaenger. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

  • science + tech career. (Hrsg.). (2013). Acker mit Aussicht. Das Wissens- und Karrieremagazin für Studierende 2/1, 6–11.

    Google Scholar 

  • Seifert, A. (1964). Der Kompost im Garten ohne Gifte. Fibel für kleine und große Gärtner, Bauern und Landwirte. München.

    Google Scholar 

  • Seifert, A. (1971). Gärtnern, Ackern ohne Gift. München.

    Google Scholar 

  • Spiegel Online. (2011). Pitzke, M.: Steve Jobs. Tod eines Weltverbesserers. 06.10.2011. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/steve-jobs-tod-eines-weltverbesserers-a-790187.html. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

  • Staudenmaier, P. (2011). Fascist ecology: The „green wing“ of the Nazi party and its historical antecedents. In J. Biehl & P. Staudenmaier (Hrsg.), Ecofascism revisited. Lessons from the German Experience (2. Aufl., S. 13–42). Porsgrunn.

    Google Scholar 

  • Welten, F. (1981). Biologischer Gartenbau Ratgeber. Aus der Praxis – für die Praxis. Oberwil.

    Google Scholar 

  • Zeit Online. (2010). Seifert, L.: Hühner im Hinterhof: Die Stadtfarmer kommen. 02.04.2010. http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-04/new-york-huehner-ernaehrung. Zugegriffen: 5. Sept. 2013.

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Peter F. N. Hörz .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2015 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Hörz, P. (2015). Wenn der Garten zum Hof wird – Hühnerhaltung in der Stadt. In: Hirschfelder, G., Ploeger, A., Rückert-John, J., Schönberger, G. (eds) Was der Mensch essen darf. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01465-0_13

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-01465-0_13

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-01464-3

  • Online ISBN: 978-3-658-01465-0

  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

Publish with us

Policies and ethics