Zusammenfassung
Die Pathologie, die „Leidenslehre“, umfaßt die ganze Lehre vom „Krankhaften“ im allgemeinen. Wir können zwei große Gruppen unterscheiden, krankhafte Vorgänge und krankhafte Zustände. Zu ersteren gehören die Krankheiten. Es sind dies Vorgänge, bei welchen ein lebendes System (Zellen, Gewebe, Organe) in einem oder mehreren Lebensäußerungen so verändert ist, daß eine Funktionsstörung mit Gefährdung der Fortdauer des Organismus resultiert. Die Gefahr für den Organismus gehört zu dem Begriff der „Krankheit“hinzu, denn Funktionsausfall kann auch schon im normal-physiologischen Leben vor sich gehen ohne irgendeine „Krankheit“ darzustellen, z. B. die physiologische Involution des Thymus. Und ebenso ist damit gesagt, daß die Funktionsstörungen ein die funktionelle Variationsbreite überschreitendes Maß darbieten und eine gewisse längere Dauer haben müssen. Das normal-physiologische Leben, d.h. die biologische Existenz eines Organismus, wird dadurch gesichert, daß er sich durch Selbstregulationen dem Wechsel der äußeren Lebensbedingungen genügend anpassen kann. Können sich die Regulations-mechanismen nicht genügend anpassen, so daß Störungen, welche die biologische Existenz gefährden, resultieren, so sind dies eben „Krankheiten“. Es liegt hier also auch ein Weiterleben vor, aber ein solches unter veränderten Bedingungen. Die Lebensvorgänge unterscheiden sich quantitativ von den normal-physiologischen oder es finden solche an falschem Ort oder zu falscher Zeit — „anachronistisch“ — statt. Man kann auch kurz sagen, daß es sich um einen Prozeß bei der Krankheit handelt, bei dem eine „Störung des vitalen Gleichgewichts“ besteht.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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© 1919 J. F. Bergmann
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Herxheimer, G. (1919). Einleitung. (Allgemeine Pathologie der Zelle.). In: Herxheimer, G. (eds) Schmaus’ Grundriss der Pathologischen Anatomie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-91183-5_1
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