Zusammenfassung
Die Gestaltpsychologie geht zurück auf den österreichischen Psychologen Christian von Ehrenfels, der 1890 die Bedeutung des Ganzen als einer strukturellen Einheit betont hat entsprechend dem aus der Antike übernommenen Satz, daß das Ganze mehr sei als die Summe seiner Teile (8). Nach den Grundsätzen` der Gestaltpsychologie werden beim Wahrnehmungsakt Gestalten nicht aus den einzelnen Empfindungselementen gebildet, sondern sind dem Erlebnisfeld unmittelbar als Ganzes vorgegeben. In unserem Erleben können wir uns durch eine Abstraktion von unserer Umwelt trennen, so daß sie uns distanziert gegenübersteht und zum Objekt wird. Das Erleben des Objekts in der Umwelt — und gleiches gilt für einen Gedanken in unserem Bewußtsein — geht mit einer Abhebung einher: ein ins Auge gefaßtes Objekt aus der Umwelt steht in einem ganzen Raum von weiteren Objekten. Dabei wird das intendierte Objekt in seiner Bedeutung abgehoben von den Objekten, die gerade nicht im Zentrum unseres Interesses stehen. Das Objekt bildet dabei eine Figur vor dem Hintergrund anderer Objekte. Bei seelisch-geistig gesunden Menschen können die verschiedensten Objekte nacheinander zur Figur und die übrigen gleichzeitig vorhandenen dadurch zum Hintergrund werden (1). Unter Gestalt versteht man dabei die Figur-Hintergrund-Relation: der Hintergrund als Nichtobjekt, vor dem sich das Objekt als Gestalt abhebt. Dabei ermöglichen emotionale Einflüsse die Heraushebung eines Objektes aus dem Hintergrund. Letztlich ist die Gestalt nichts objektives, sondern etwas untrennbar vom Subjekt abhängiges, das Subjekt ist das, was die Welt gestaltet (7).
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Literatur
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Jaspers, K.: Allgemeine Psychopathologie. 4. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg 1946
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Thierauf, P. (1988). Neuropathologische Befunde im Lichte des Gestaltabbaus. In: Doerr, W., Pesch, HJ. (eds) Pathomorphose. Veröffentlichungen aus der Forschungsstelle für Theoretische Pathologie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-83609-1_10
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