Zur Frage der luischen Polyneuritis

Zusammenfassung

Die Frage der luischen Polyneuritis oder Polyradikulitis stellte sich uns in dem Fall eines 36 jährigen Kaufmanns, der nach häufig wechselnden sexuellen Kontakten in der Vorgeschichte seit 3 Jahren in einer beständigen homosexuellen Beziehung lebt. Er erkrankte 14 Tage vor der Aufnahme aus anscheinend voller Gesundheit mit Parästhesien an Händen und Füßen. Eine Woche später stellten sich eine zunehmende Unsicherheit beim Gehen und eine merkliche Schwäche in beiden Händen ein. Der Aufnahmebefund war zwar auch durch eine reflektorische Pupillenstarre gekennzeichnet, im Vordergrund aber standen symmetrische, proximal betonte schlaffe Paresen, distale gliedförmig verteilte Sensibilitätsstörungen für alle Qualitäten mit analgetischen Inseln und verzögerter Schmerzleitung, ein Verlust der Beineigenreflexe und eine Gangataxie infolge der proximalen Paresen und hochgradiger Störungen des Bewegungsempfindens. Insgesamt ergab sich also ein Bild, das einer Kombination von motorischer Polyneuropathie mit tabesähnlichen Erscheinungen entsprach.