Zusammenfassung
Vor knapp vierzig Jahren hat der Politikwissenschaftler Siegfried Landshut festgestellt, es sei schon fast zu einem Gemeinplatz geworden, daß Politik ein Kampf um die Macht ist.1 Diese Ansicht dürfte auch heute noch auf breite Zustimmung stoßen. Bei solcher Einhelligkeit ist indessen Skepsis angebracht, kann es doch keinesfalls als selbstverständlich gelten, was unter Macht zu verstehen ist. Sicherlich muß, wo von Politik die Rede ist, immer zugleich von Macht gesprochen werden. Begriffliche Präzision ist jedoch in dieser Frage selten zu verzeichnen. Paradoxerweise ist gerade trotz der aufdringlichen Präsenz der Macht die Bereitschaft zu einer genaueren kategorialen Bestimmung derselben außerordentlich gering. Das Interesse an der Macht erschöpft sich meist im wohlfeilen Bekenntnis einer machtkritischen Einstellung oder in einer Sanktionierung des status quo, die mit dem Gestus wissenschaftlicher Nüchternheit bekräftigt wird. Nicht zuletzt aber sind die beträchtlichen historischen Wandlungen, die der Machtbegriff erfahren hat, für dessen Dunkelheit verantwortlich.
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Notizen
Empirische Forschung und Grundlagenforschung in der Politischen Wissenschaft. In: S. Landshut, Kritik der Soziologie und andere Schriften zur Politik, Neuwied a. Rh./Berlin 1969, S. 315.
Eine plausible Darstellung dieses Zusammenhangs liefert V. Kahn, Machiavellian Rhetoric. From the Counter-Reformation to Milton, Princeton 1994, S. 13 ff.
Diesen Zusammenhang von virtù und Macht im Sinne von Innovationskompetenz betont auch J.G.A. Pocock, The Machiavellian Moment. Florentine Thought and the Atlantic Republican Tradition, Princeton 1975, S. 166 ff.
W. Kersting, Erkenntnis und Methode in Thomas Hobbes’ Philosophie, in: Studia Leibnitiana 20/2, 1988.
Dazu R. Bubner, Das sprachliche Medium der Politik, in: ders., Antike Themen und ihre moderne Verwandlung, Frankfurt a.M. 1992, S. 193 ff.
(J.P. Zappen, Aristotelian and Ramist Rhetoric in Thomas Hobbes’s Leviathan: Pathos versus Logos and Ethos, in: Rhetorica I, 1, 1983),
Wenn Q. Skinner im Blick auf die humanistische Tradition Hobbes’ neuerliche Hinwendung zur Rhetorik als Versuch einer Verbindung von ratio und oratio diagnostiziert (Reason and Rhetoric in the Philosophy of Hobbes, Cambridge 1996, S. 334 ff),
Vgl. etwa Q. Skinner, Thomas Hobbes: Rhetoric and the Construction of Morality, in: Proceedings of the British Academy 76, 1991.
Auch die Dissertation von M. Bohlender (Die Rhetorik des Politischen, Berlin 1995) verkennt den Status der Macht im Leviathan. Die Studie geht aus von dem Umstand, daß sich Hobbes als Autor mit seinem Werk rhetorische Wirksamkeit erhofft, die freilich mit den von ihm selbst zugrunde gelegten Kategorien des Rhetorischen nicht begriffen werden kann, weil eine solche Analyse die Akzeptanz der Sprachregelung des Leviathan, die sie durchzusetzen beabsichtigt, bereits voraussetzt.
So urteilen beispielsweise B. de Jouvenel, Du Pouvoir. Histoire naturelle de sa croissance, Paris 1969, I, Kap. 2,
und P. Graf Kielmannsegg, Volkssouveränität. Eine Untersuchung der Bedingungen demokratischer Legitimität, Stuttgart 1977;
J. Locke, An Essay Concerning Human Understanding, hrsg. v. A.L. Fraser, 2 Bde., New York 1959, II, XXVIII, 8–10.
Siehe dazu W. Hennis, Der Begriff der öffentlichen Meinung bei Rousseau, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 43 (1957).
J. Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Darmstadt/Neuwied 171987, S. 112 ff.
P. Ptassek, B. Sandkaulen-Bock, J. Wagner, G. Zenkert, Macht und Meinung. Die rhetorische Konstitution der politischen Welt, Göttingen 1992, S. 186 ff.;
G. Zenkert, Die Macht der öffentlichen Meinung, in: Der Staat 31, 1992 Heft 3.
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Zenkert, G. (1999). Die neuzeitliche Aufhebung der Rhetorik. In: Ballestrem, K.G., Gerhardt, V., Ottmann, H., Thompson, M.P. (eds) Politisches Denken Jahrbuch 1999. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03764-0_5
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