Zusammenfassung
Das Singspiel in Mitteldeutschland verdankte seine Entstehung dem nach dem Ende der „frühdeutschen Oper“ neu entflammten Verlangen nach der „teutschen Opera“, ohne es freilich ganz zu erfüllen — das Wiener Singspiel erstand annähernd gleichzeitig ohne ein solches Ziel unmittelbar aus der einheimischen Volkskomödie eines Stranitzky und Kurz-Bernardon heraus. Die Wurzeln beider Gattungen und damit auch ihr Geist waren also grundverschieden — dort das einzelne Werk im Dienste einer übergeordneten geistigen Idee, hier das Werk um seiner selbst willen als künstlerischer Ausdruck des Volksempfindens —, aber die musikalischen Mittel, deren sich die Komponisten bedienten, stimmten hier wie dort weitgehend überein. Sie bildeten ein buntes Stilgemisch, da die beiden gleichermaßen jungen Gattungen beliebig den Vorbildern von älteren folgen konnten, nur daß das urwüchsige, auf dem musikgetränkten Boden Wiens erwachsene Singspiel dem dramaturgisch bestimmten Regeln unterworfenen mitteldeutschen, vor allem dem Hillerschen, an musikalischer Mannigfaltigkeit weit überlegen war. Diesen seinen Charakter, der textlich mit einer Neigung zur Idylle und zu einer zauberisch-phantastischen Atmosphäre verbunden war, behielt es auch bei, als es durch die Gründung des „Nationalsingspiels“ durch Kaiser Joseph II. 1778 vorübergehend ebenfalls in die Bemühungen um eine Nationaloper einbezogen worden war. Das Werk, mit dem diese Bühne eröffnet wurde, Die Bergknappen von Ignaz Umlauff (1746–1796)5, zeigt stets im Dienste der Personencharakteristik die ganze stilistische Vielseitigkeit der Gattung vom schlichten, syllabisch deklamierten Lied über mannigfache Zwischenformen bis zur Bravourarie mit Solo-Instrument und gipfelt, zur Wiedergabe der Katastrophe am Schluß, in einem aus Akkompagnato und Melodram gemischten großartigen Orchestergemälde, dem sich ein dem Vaudeville der opera comique entsprechender Rundgesang anschließt (vgl. S. 245).
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Abert, A.A. (1994). Das Wiener Singspiel. In: Geschichte der Oper. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03564-6_28
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03564-6_28
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-01261-6
Online ISBN: 978-3-476-03564-6
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