Zusammenfassung
Als ein Meister der Gattung, nicht als ihr Gesetzgeber ist Boccaccio im Bewußtsein der lesenden Nachwelt geblieben. Gerade die Fülle der Motive, die die Novelle aufnehmen kann — auch dies ist eines ihrer noch zu beschreibenden Konstituentien -, hat die Aufmerksamkeit mehr auf Boccaccios gebildetes Wissen als auf sein Gestaltungsvermögen gelenkt: Exempel, Kasus, Legende, Ankedote, Spruch und Apophtegma, Motive außerdem und Sujets, die alle auch bei den Nachfolgern Boccaccios wiederzufinden sind, erscheinen in den repräsentativen literaturwissenschaftlichen Arbeiten über Boccaccio, im immensen Kommentar zum Decameron von Vittore Branca etwa oder in Hans-Jörg Neuschäfers Analyse jener einfachen Formen, die Boccaccio weiterentwickelt hat, als der Ursprung seines Werkes, wo sie doch nur sein Material sind. Man fragt danach, woher die Stoffe kommen, nicht aber, wohin sie gestaltet worden sind.
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Anmerkungen
Gegen die Gefahr der Endlosigkeit des Erzählens und der offenen Form entwickelt Heyse in seiner Poetik aus Boccaccio heraus die Forderung nach der Silhouette: »Eine starke Silhouette […] dürfte dem, was wir im eigentlichen Sinne Novelle nennen, nicht fehlen, ja wir glauben, die Probe auf die Trefflichkeit eines novellistischen Motivs werde in den meisten Fällen darin bestehen, ob der Versuch gelingt, den Inhalt in wenige Zeilen zusammenzufassen, in der Weise, wie die alten Italiener ihren Novellen kurze Ueberschriften gaben.« (Paul Heyse: Einleitung zu Deutscher Novellenschatz. In: Deutscher Novellenschatz. Hsg. von P.H. u. Hermann Kurz. 1. Bd. München, Oldenbourg o.J. [1871]. S. XIX)
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Schlaffer, H. (1993). Boccaccios Nachleben. In: Poetik der Novelle. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03505-9_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03505-9_3
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00957-9
Online ISBN: 978-3-476-03505-9
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