Zusammenfassung
Passivstrukturen finden seit jeher das Interesse der Grammatiker, und zwar im Hinblick auf zwei Aspekte: 1. Strukturell gesehen stand und steht die Frage, inwieweit Passivkonstruktionen syntaktische Paraphrasen zu Aktivstrukturen sind; 2. funktional gesehen wurde und wird diskutiert, welche pragmatischen Funktionen mit Passivstrukturen verbunden sind, welchen Sinn Passivstrukturen überhaupt haben, wenn Bedeutungsäquivalenz vorliegt. Das sogenannte Rezipientenpassiv im Deutschen ist von besonderem Interesse, weil es wie das Dativpassiv, z.B. Ihm wurde geholfen, in verschiedener Hinsicht gängigen Passivtheorien widerspricht und auch sprachtypologisch aus dem Raster der Passivuniversalie fällt, nach dem das Subjekt- bzw. Themaargument des Passivsatzes aus dem Objekt- bzw. Themaargument des transitiven Aktivsatzes abgeleitet werden kann.
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Literatur
Im Deutschen sind schriftsprachlich 7% aller Sätze Passivsätze (DUDEN 1984:176), sprechsprachlich 3–4% (Wackernagel-Jolies 1971:235).
Ich bezweifle, daß Sätze wie die folgenden überhaupt als Diskussionsgrundlage herangezogen werden können:
Er kriegte ein Problem zu lösen (Haider 1984:42)
Er bekam geantwortet, widersprochen (Wegener 1984:128)
Sie bekam fortwährend auf ihren Nabel geschaut (Abraham 1985:151).
Zahlen aus Vesterhus (1985:32).
Insofern ist die Agens-Diskussion (Haider 1984:39), inwieweit ein direktes Agens bzw. indirektes Agens angegeben werden kann, zu relativieren, da ein Anschluß durch eine durch-Phrase möglich ist: ?? Er kriegte die Gläser vom Geschirrspüler gewaschen (Haider 1984:39);
Er kriegte die Gläser durch den Geschirrspüler gewaschen;
Er kriegte die Gläser durch Peters Geschirrspüler gewaschen.
Wegener (1985:139, Anmerk. 2) schreibt zu der Ungrammatikalität des Satzes Er kriegte die Gläser vom Geschirrspüler gewaschen, daß schon der entsprechende Aktivsatz ungrammatisch wäre: *Der Geschirrspüler wäscht ihm die Gläser. Daß dies stimmt, scheint mir allerdings fraglich: Seit drei Jahren haben wir einen Geschirrspüler und der wäscht uns täglich die Gläser.
Zahl aus Vesterhus (1985:30)
Dies bestätigt in drastischer Weise, daß in der aktivischen Lesart »vorrangig (...) Adjektive und Partikeln auf[treten]« (Wegener 1985:135).
mitkriegen hat auch die Bedeutungsvariante von erfassen, z.B. Ich habe nicht mitgekriegt, daß es draußen schneit.
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© 1992 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Schlobinski, P. (1992). Strukturelle und funktionale Aspekte des sogenannten Rezipientenpassivs. In: Funktionale Grammatik und Sprachbeschreibung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99761-6_4
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-12348-6
Online ISBN: 978-3-322-99761-6
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