Zusammenfassung
Um politische Kultur als das aller politischen Praxis zugrunde liegende mind set herausarbeiten zu können, müssen gleichsam von deren Objektivationen — den Tagesmeinungen und Einstellungen, dem politischen ad hoc-Handeln wie dem im Rahmen ausgearbeiteter Ideologien, Strategien und Programmatiken — die äußeren Schichten, die von den jeweiligen situativen Kontexten herrühren, also ihre aktuellen Bestandteile, abgetragen werden. Erst dann ist die Tiefenstruktur der politischen Vorstellungen, die praktische Logik, die die Grundzüge politischer Praxis organisiert, freigelegt. Insofern ist das Feld der für die Analyse politischer Kultur verwendbaren Materialien genauso weit wie das jener politischen Praxis, deren Objektivationen sie sind. Politische Kulturforschung drängt auf keinen bestimmten Weg der Operationalisierung, weder was die Auswahl des Materials noch was die Methoden seiner Analyse anbetrifft. Sie tut es prinzipiell nicht; wohl aber gibt ihr je zur Rede stehender Fall, der konkrete Gegenstand unter je konkreten Fragestellungen, Hinweise auf “bessere” oder “schlechtere”, will sagen: leichter oder schwerer zu dechiffrierende Produkte politischer Praxis, die ja in variierendem Mischungsverhältnis von politischer Kultur einerseits und den jeweiligen situativen Kontexten andererseits determiniert wird.
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Genauer muß man von Diskursen sprechen, weil Kommunikationsverweigerungen das Zustandekommen einer gesellschaftsweiten Diskussion verhinderten. Auch wenn man mit dem Diskursbegriff keinen Rationalitätsanspruch konnotiert, kann unter den Umständen verweigerter Kommunikation nur pluralisch von mehreren (Partial-) Diskursen gesprochen werden.
Ein gesellschaftweiter Konsens, der fraglos anerkannt wurde, existierte lediglich negativ in der Ablehnung des Versailler Vertrages. Zwar differieren die weiteren Ausdeutungen erheblich und produzieren stark divergierende Handlungsoptionen — von seiner Beseitigung durch eine proletarische Revolution, die angeblich unweigerlich auf den imperialistischen Westen übergreifen muß, über die Bestrebungen nach seiner Revision auf dem Verhandlungswege bis zu seiner Beseitigung durch einen nationalistischen Kraftakt von der Qualität des Weltkrieges. Dennoch: daß er ungerecht, kein Friedensvertrag, sondern ein Diktat und unerfüllbar sei, galt als selbstverständlich.
Diese symbolische Qualität des 9. November wird durch den Verweis darauf, daß zu diesem Zeitpunkt wesentliche dieser Teilnahmerechte durch die sogenannte- Oktoberverfassung bereits gewährt — aber eben gewährt, nicht erkämpft — waren, in keiner Weise gemindert.
Siehe oben, Abschnitt 2.3.
Vgl. Erich Fromm, 1980: Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reiches. Eine sozialpsychologische Untersuchung, München.
Hier hat es die einstellungsorientierte politische Kulturforschung, bei der sich das theoretische Konzept, das politische Kultur als spezifische Verteilung von Einstellungen, Orientierungen und Werten begreift, und die methodische Umsetzung in Form einer Befragung einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe, im Zustand einer vorabgestimmten Harmonie befinden, sehr viel leichter.
Daneben wurden auch andere der Meinung gewidmete journalistische Formen, v.a. Texte aus Beilagen und Sonderteilen, wie sie häufig aus Anlaß der Gedenktage produziert wurden, aber auch dokumentierte Reden aufgenommen.
Koszyk erschließt aus Vorkriegsstatistiken und der Zahl der während des Krieges eingegangenen Zeitungen eine Zahl von rund 3700 Titeln zu Beginn der Weimarer Republik (vgl. Kurt Koszyk, 1972: Deutsche Presse 1914–1945 (Geschichte der deutschen Presse Teil III), Berlin, S. 24).
Max Weber, 1919: Politik als Beruf, in: ders. 1922 (GPS), a.a.O., S. 525.
Hans Brosius, 1930: Der Anteil der deutschen Presse am Kampf um den deutschen Geist (hg. von der Gesellschaft “Deutscher Staat” in Friedrich Mann’s pädagogischem Magazin VII. Reihe/Heft 15), Langensalza, S. 11.
Diese wurden im Rahmen des Projekts “Politische Kultur der Weimarer Republik”, in dessen Kooperationszusammenhang auch diese Arbeit entstanden ist, ebenfalls erhoben und hier auch als Begleitmaterial berücksichtigt, aber nicht inhaltsanalysiert.
Siehe oben, Abschnitt 2.1.2.
In die weiteren statistischen Auswertungen, insbesondere in die Korrespondenzanalysen, fanden allerdings nur 22 Zeitungen Eingang, weil v.a. bei den in geringerer Frequenz erscheinenden Zeitschriften die Materialmenge zu gering war, als daß Zufallsergebnisse hätten ausgeschlossen werden können (vgl. Anhang A 2).
Mit Ausnahme des Völkischen Beobachter, der dem zur “Hauptstadt der Bewegung” erkorenen München die Treue hielt.
Nicht ganz so gewaltig ist die Dominanz Berlins, wenn man nur die Tageszeitungen, die den Schwerpunkt der Auswertung bilden, in den Blick nimmt. Denn bis auf eine haben alle nur einmal wöchentlich oder seltener erscheinenden Zeitschriften ihren Sitz in Berlin.
Vgl.Koszyk, 1972: a.a.O., S. 303 f.
So wurden “Chefredakteure und politische Redakteure durch die Zentrale eingesetzt und abberufen” (Koszyk, 1972: a.a.O. S. 326), wodurch ein optimaler Grad an Übereinstimmung zwischen der je geltenden Linie der Parteiführung und dem Zentralorgan gewährleistet werden sollte.
Die ideologische Leitungskompetenz des Zentralorgans findet in der kommunistischen Provinzpresse ihren Niederschlag exemplarisch in der Praxis, gerade Grundsatzartikel unverändert nachzudrucken. Im Textsample der vorliegenden Analyse führt dieser Brauch zu einer Reihe von Dubletten, weil die kalendarische Nähe von russischer Oktober- und deutscher Novemberrevolution regelmäßig als Gelegenheit zur Beschwörung der für das revolutionäre Programm der KPD konstitutiven Unterscheidung zwischen dort erfolgreicher und hier gescheiterter Revolution genutzt wird. Außerdem wurden zwei weitere Blätter ausgewertet. Im Falle des KPD-nahen Boulevardblattes “Welt am Abend”, das in westberliner und westdeutschen Bibliotheken nicht verfügbar ist, war die Materialrecherche auf die Staatsbibliothek in Berlin (Ost) angewiesen, wo wissenschaftliche Hilfskräfte wegen mangelnder Kopiermöglichkeiten Typoskripte der einschlägigen Texte anfertigen mußten. Dadurch konnten nur Stichproben des einschlägigen Materials erhoben werden. Und die “Rote Front” als 14-täglich erscheinendes Jugendblatt der Mutter “Rote Fahne” befaßt sich nur sporadisch mit jenen politischen Gedenktagen, die das Auswahlkriterium bilden.
Vgl. Istvan Deaks ausführliche Darstellung von Blatt und Blattmachern in: ders., 1968: a.a.O.
Angaben für 1928 nach: Hans Kapfinger, 1928: Die deutschen Zeitungen in der Statistik, in: Zeitungs-Verlag 1928: a.a.O., S. 141–143, hier: S. 143, sowie für 1932: Koszyk, 1972: a.a.O., S. 302. Allerdings differieren die Angaben je nach Quelle erheblich. So nennt H.-D. Fischer die Zahlen von 451 (in 1925 ) und 600 (in 1932) Titeln (Vgl. ders., 1981: Handbuch der politischen Presse in Deutschland 1480–1980. Synopse rechtlicher, struktureller und wirtschaftlicher Grundlagen der Tendenzpublizistik im Kommunikationsfeld, Düsseldorf, S. 300 bzw. S. 480. Vgl. die Zusammenfassung von Kotowski, 1989: a.a.O., S. 164 sowie Anm. 12).
Rudolf Morsey, 1966: Die Deutsche Zentrumspartei 1917–1923, Düsseldorf, S. 56.
Weber, 1919: a.a.O., S. 527.
Wickert, 1989: a.a.O., S. 117.
Vgl. auch Kurt Koszyk, 1963: Jacob Stöcker und der Dortmunder “Generalanzeiger” 1929–1933, in: Publizistik 8, S. 282 ff.
Vgl. für die politische Ausrichtung in der Gründungsphase der Republik: Werner Becker, 1971: Demokratie des sozialen Rechts. Die politische Haltung der Frankfurter Zeitung der Vossischen Zeitung und des Berliner Tageblatts 1918–1924, Göttingen, Zürich, Frankfurt/M.;
für die Auflösungsphase: Michael Bosch, 1976: Liberale Presse in der Krise. Die Innenpolitik der Jahre 1930 bis 1933 im Spiegel des “Berliner Tageblatts “, der “Frankfurter Zeitung” und der “Vossischen Zeitung”, Frankfurt/M., München;
sowie unter Berücksichtigung verlagsorganisatorischer Aspekte: Koszyk, 1972: a.a.O, S. 216–219 (“Frankfurter Zeitung”) und S. 250–257 (“Vossische Zeitung” und “Berliner Tageblatt”).
Ebd. S. 216.
Vgl.Becker, 1971: a.a.O., S. 35.
Genauere Aufschlüsse über die Hintergründe der nach Kräften verdeckten Transaktion liefert Koszyk, 1972: a.a.O., S. 216 ff.
Bendikat, 1989: a.a.O., S. 141.
Vgl. Hans Traub, 1928: Zeitungs-Chronik des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Zeitungsverlag (Hg.) 1928: Die deutsche Zeitung. Ihr Werden, Wesen und Wirken (anläßlich der Internationalen Presse-Ausstellung in Köln), S. 158. Ihr Gründungsname, auf den sich das im Zeitungskopf genannte Gründungsdatum 1704 — das die “Vossische Zeitung” als eine der ältesten deutschen Zeitungen ausweist — bezieht, war: “Diarium von dem, was im Heil. Römischen Reich, da Sedes belli ist, passieret” (Sedes belli — Kriegsschauplatz — verweist auf den spanischen Erbfolgekrieg).
Zitiert nach: Koszyk, 1972, a.a.O., S. 252.
Ebd., S. 258.
Vgl. ebd., S. 265.
Vgl. ebd., S. 279.
Karl Bömer, 1928: Die Geschichte der Berliner politischen Presse in drei Jahrhunderten (1617–1928), in: Zeitungs-Verlag 1928: a.a.O., S. 5–17, hier: S. 12.
Koszyk, 1972: a.a.O., S. 135. Sämtliche folgenden Angaben zur Geschichte der DAZ in den 20er Jahren beruhen auf Koszyks Darstellung (1972, S. 135–159, Kapitel IV: Die Deutsche Allgemeine Zeitung zwischen amtlicher und industrieller Pressepolitik).
Ebd., S. 155 (Hervorhebungen im Original).
Ebd.. S. 184.
Reimus, 1989: a.a.O., S. 234.
Ebd.
Vgl. Koszyk, 1972: a.a.O., S. 222 f.
Ebd., S. 219.
Vgl. zur NS-Propaganda: Gerhard Paul, 1990: Aufstand der Bilder. Die NS-Propaganda vor 1933. Bonn; dort insbesondere zum NS-Pressewesen S. 180–186.
Vgl. ebd., S. 382 ff.
Vgl. die einschlägigen Beschlüsse des Parteitags vom 4.7.1926, auszugsweise dokumentiert hei Koszyk 1972: a.a.O., S. 382 f.
Hier wird generell die Münchner Ausgabe verwendet.
Paul 1989: a.a.O., S. 257.
Zum Goebbelsschen Propagandakonzept vgl. Paul, 1990: a.a.O., S. 45 ff.
Diese Erhebung fand im Rahmen und aus Mitteln des Forschungsprojektes “Politische Kultur der Weimarer Republik” am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin statt. Recherchiert wurde in Zeitintervallen, die jeweils 14 Tage vor einem der Gedenktage beginnen und eine Woche danach enden.
Diese nur dann, wenn Redner und Zeitung generell ein und derselben politischen Linie bzw. Partei zugerechnet werden konnten bzw. wenn die Redaktion dem Leser ausdrücklich ihre volle inhaltliche Übereinstimmung mit den Ausführungen versicherte.
Genauere Angaben zur Zusammensetzung des Textsamples sind im Anhang dokumentiert.
Klaus Merten sieht sie 1926 in die “Phase der Reifung zum eigenständigen Erhebungsinstrument” eintreten (ders., 1983: Inhaltsanalyse. Einfihrung in Theorie, Methode und Praxis, Opladen, Abschnitt I.2.2.3, S. 35 ff.).
Vgl die einschlägigen Grundsatztexte: Bernhard Berelson, 1952: Content analysis in communication research, New York, Neuauflage 1971,
sowie Siegfried Kracauer, 1952: The challenge of qualitative content analysis, in: Public Opinion Quarterly 16, S. 631–642.
Den Spagat zwischen beiden Paradigmen versuchte als einer der ersten: Jürgen Ritsert, 1972: Inhaltsanalyse und Ideologiekritik. Ein Versuch über kritische Sozialforschung, Frankfurt/M.
Vgl Klaus Krippendorf, 1980: Content analysis. An introduction to its methodology (The Sage COMMTEXT Series Volume 5), Beverly Hills, London;
Merten, 1983: a.a.O.; Ralf Lisch/Jürgen Kriz, 1978: Grundlagen und Modelle der Inhaltsanalyse. Bestandsaufnahme und Kritik,
Reinbek; Werner Früh, 1981: Inhaltsanalyse. Theorie und Praxis,
München; aus ideologiekritischer Perspektive beschäftigt sich besonders ausführlich damit: Ritsert 1972: a.a.O.
Oder auch: unterschwellig immer vorhanden war. Immerhin hat mit Adorno einer der pointiertesten Kritiker der quantifizierenden Sozialforschung an einer der einflußreichsten survey research-Studien mitgewirkt (Theodor W. Adorno et al. 1950: a.a.O.). Derselbe auch hat einerseits gegen den Primat der Quantifizierung eingewandt: “Aber das Erkenntnisideal der einstimmigen, möglichst einfachen, mathematisch eleganten Erklärung versagt, wo die Sache selbst: die Gesellschaft nicht einstimmig ist, auch nicht neutral dem Belieben kategorialer Formung anheimgegeben, sondern anders, als das Kategoriensystem der diskursiven Logik von seinen Objekten vorweg erwartet.” (Adorno, 1972: Zur Logik der Sozialwissenschaften, in: Adorno u.a. 1972: Der Positivismustreit in der deutschen Soziologie, Darmstadt, Neuwied, 9. Aufl. 1981, S. 125–143, hier: S. 126); und gesteht andererseits zu: “Dort, wo die Menschen unter dem Druck der Verhältnisse in der Tat auf die ’Reaktionsweise von Lurchen’ heruntergebracht werden, wie als Zwangskonsumenten von Massenmedien und anderen reglementierten Freuden, paßt die Meinungsforschung, über welche sich der ausgelaugte Humanismus entrüstet, besser auf sie als etwa eine ’verstehende’ Soziologie.” [ders., 1957: Soziologie und empirische Forschung, in: Adorno u.a. 1972: a.a.O., S. 81–101 (bzw. in: ders. 1979: Soziologische Schriften I — Gesammelte Schriften Band 8 — Frankfurt/M., S. 196–216.), hier: S. 87].
Einen über den inhaltsanalytischen Tellerrand hinausblickenden Kurz-Abriß gibt Manfred Opp de Hipt, 1987: Denkbilder in der Politik. Der Staat in der Sprache von CDU und SPD, Opladen, S. 101 ff.
Karl Erik Rosengren, 1981: Advances in Scandinavian content analysis: An introduction, in: Rosengren (Hg.), 1981: Advances in Content Analysis (Sage Annual Reviews of Communication Research Vol. 9), Beverly Hills, London, S. 9–19, hier: S. 12.
Siehe oben, Abschnitt 2.1.2.
Genaugenommen fließen nicht Deutungsexperten als Personen, sondern Deutungsinstitutionen — Zeitungen und Zeitschriften — in die Analyse ein.
Pierre Bourdieu, 1985a: Sozialer Raum und “Klassen”. Leçon sur la Leçon. Zwei Vorlesungen, Frankfurt/M., 1. Aufl. S. 12 (Hervorhebung im Original).
Zwar geht es an, eine solche Textmenge zu überschauen, wenn sie in Form eines oder einiger weniger Werke vorliegt, die in sich durchkomponiert sind und in denen ein Argument das andere gibt. Verteilt sie sich aber auf eine Vielzahl von Einzeltexten, die vorgängig keinen Bezug zueinander haben, obendrein sich zum Teil zum Verwechseln ähnlich sind, hätte ein solches Unterfangen Züge einer Sisyphos-Arbeit.
Lisch/Kriz, 1978: a.a.O., S. 47.
Ebd. S. 49. Beiläufig sei darauf hingewiesen, daß Lisch/Kriz hier für das Verhältnis zwischen der numerischen und der empirischen Struktur von Relationen die gleiche Metapher verwenden, wie Rohe für das Verhältnis von politischer Kultur und politischer Praxis (vgl. Rohe 1987: a.a.O., S. 44).
Hans-Dieter Klingemann zitiert dazu de Sola Pool: “I stopped doing content analysis before Phil Stone had developed the General Inquirer (d.i. das erste umfassende inhaltsanalytische Wörterbuch zur sozialwissenschaftlichen Analyse von Massenmedien; D.S.), because it was too hard. The amount of work involved for the product was enormous” [zit. nach: Hans-Dieter Klingemann, 1984: Computerunterstützte Inhaltsanalyse und sozialwissenschaftliche Forschung, in: ders. (Hg.) 1984: Computerunterstützte Inhaltsanalyse in der empirischen Sozialforschung (Monographien Sozialwissenschaftliche Forschung Band 4), Frankfurt/M., New York, S. 7–14, hier. S. 7].
Um einem Mißverständnis vorzubeugen: Unter computerunterstützter Inhaltsanalyse werden solche Verfahren verstanden, bei denen die Kodierung des Textmaterials, also die Datenerhebung, maschinell erfolgt; der Begriff bezieht sich ausdrücklich nicht auf die computergestütze Auswertung von zuvor konventionell erhobenen Daten.
Dies ergab eine diesbezügliche Anfrage beim in dieser Hinsicht führenden Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen.
Berelsons vielzitierte Definition lautet: “Content Analysis is a research technique for the objective, systematic and quantitative description of the manifest content of communication” (Bernard Berelson, 1952: Content analysis in communication research, Glencoe, Ill., S. 18).
Dies ist — allerdings nicht aus wissenschaftstheoretischen, sondern aus rein technischen Gründen — die Kodiertechnik in computerunterstützten Inhaltsanalysen.
Lisch/Kriz, 1978: a.a.O., S. 44 ff.
Merten, 1983: a.a.O., S. 56 (Hervorhebung im Original).
Ebd.
Ebd., S. 55.
Früh, 1981: a.a.O., S. 113.
Ebd., S. 114.
Unberührt davon bleiben selbstverständlich Reliabilitätsforderungen. Die Inanspruchnahme der Interpretationskompetenz der Kodierer darf keinesfalls mit einem Prinzip “künstlerischer Freiheit” bei der Kodierung verwechselt werden.
Diese Voraussetzungen bieten am ehesten universitäre Forschungsprojekte, die sich von vorneherein um die Integration von Studenten/innen — aus deren Kreis sich später das Kodierer-Team zusammensetzen kann — in den Forschungsprozeß bemühen.
Opp de Hipt, 1987: a.a.O., S. 121.
Merzen, 1983: a.a.O., S. 281.
Ole R. Holsti, 1969: Content Analysis for tie social sciences and humanities, Massachusetts, Menlo Park, London, Don Mills, S. 116.
Vgl. Ritsert, 1972: a.a.O., S. 56 f.
Vgl. Opp de Hipt, 1987: a.a.O., S. 123 ff. sowie S. 64 ff.
Ein Teil dieser Analysen ist in Anhang C.2: Korrespondenzanalysen mit Teildatensätzen dokumentiert.
Eine Dokumentation des Kategorienschemas, also der operationalen Kodieranweisungen, findet sich in Anhang B1. In diesem Abschnitt sollen allgemeine Anmerkungen zum Stellenwert des Kategoriensystems innerhalb des inhaltsanalytischen Verfahrens sowie zur Konstruktionslogik jenes speziellen Schemas, das im Rahmen der vorliegenden Studie zur Anwendung kommt, ihren Platz finden.
Wohl aber geringer — hier gilt die Regel vom schwächsten Glied der Kette. Denn selbstverständlich kann eine Inhaltsanalyse, auch wenn sie auf dem besten aller denkbaren Kategorienschemata beruht, vollständig entwertet werden durch falsch dimensionierte units, durch schlampige Kodierarbeit oder durch die Wahl unangemessener Auswertungsverfahren.
Opp de Hipt, 1987: a.a.O., S. 130.
In der Konstruktionsphase des hier verwendeten Kategorienschemas wurde die Grundstruktur relativ rasch gefunden. Deren Operationalisierung zu zuverlässig kodierbaren Kategorien aber verlangte rund 15 Schritte, in denen jeweils modifizierte Kategorien an Materialstichproben getestet und erneut modifiziert wurden.
Ritsert, 1972: a.a.O., S. 51.
Hier sind die Bestimmungen von O.R. Holsti 1969: a.a.O., S. 95 ff. zusammengefaßt.
Vgl. dazu auch Merten 1983: a.a.O., S. 94 ff.
So bilden etwa die Kategorien “weiblich” und “männlich” ein erschöpfendes und geschlossenes Schema der Geschlechter. In der Praxis muß man sich allerdings häufig mit offenen Schemata begnügen, wobei eine Kategorie “Sonstiges” als Auffangbecken dient.
Ich vermeide absichtsvoll den gängigen Begriff Dimensionen, um Mißverständnissen vorzubeugen. Wie weiter oben skizziert wurde, wird die Auswertung auf die Konstruktion eines Raumes politisch-kultureller Deutungen zielen. Bei seiner Beschreibung kann auf den Begriff der Dimension nicht verzichtet, er soll daher für diesen Zweck aufgespart werden. Denn im Zusammenhang mit der Struktur des Kategorienschemas kann mit der Unterscheidung von Ebenen sehr gut operiert werden; der tatsächliche Sachverhalt wird damit sogar besser beschrieben. Die Struktur des hier benutzten wie die der meisten mir bekannten Kategorienschemata ist hierarchisch organisiert, Dimensionen dagegen sind im allgemeinen wissenschaftlichen Sprachgebrauch unabhängige, zueinander lotrecht angeordnete Richtungsvektoren.
Obgleich ich bitte, es nicht an den Anforderungen Holstis zu messen. Es ist spontan und rein impressionistisch zu Illustrationszwecken entworfen und keineswegs dazu gedacht, in einer echten Inhaltsanalyse zur Anwendung zu kommen.
Vgl. dazu oben in Abschnitt 2.1.3 die Übersichten 1 bis 3.
Ab der zweiten Ebene haben die Kategorienteilsysteme für die Bereiche Ein- und Ausgrenzung und Staatsvorstellungen Matrixform, weil die Klassifikationsprinzipien der dritten Ebene auf die Unterscheidungen der zweiten Ebene gleichmäßig angewandt werden.
Die Kodierarbeiten wurden aus Mitteln des Projekts “Politische Kultur in der Weimarer Republik. Identitäts- und Konsensprobleme in einer fragmentierten Gesellschaft” am FB Politische Wissenschaft der FU Berlin finanziert.
Diese sind weitgehend, aber nicht völlig identisch mit den Klassifikationsprinzipien der zweiten Hierarchieebene in der Struktur des Kategorienschemas. Weil im technischen Kategorienschema vor allem Handhabbarkeit gefragt ist, wurden die Gruppenüberschriften möglichst dem Alltagsverständnis entsprechend formuliert.
Dies ein Sprachgebrauch, der nicht ganz korrekt ist, weil Aussagen über Reliabilität immer auch Aussagen über das weitere Feld der Validität sind. Zum Problemkreis “Gültigkeit und Inhaltsanalyse” vgl. Merten, 1983: a.a.O., S. 301–311, Krippendorf, 1980: a.a.O., S. 129–168, Lisch/Kriz, 1978: a.a.O., S. 84–104.
In diesem Zusammenhang sei auf den Vorschlag von Lisch/Kriz hingewiesen, demzufolge man prinzipiell, statt die Kodierer durch Selektions- und Schulungsverfahren “gleichzuschalten”, sich die unterschiedlichen Interpretationen nutzbar machen könne, in dem man durch eine repräsentativ zusammengestellte Kodiererg,ruppe die Verteilung der ja wirklich unterschiedlichen Reaktionen der Nachrichtenrezipienten rekonstruiert (vgl. Lisch/Kriz, 1978: a.a.O., S. 89 f.). Dieser Vorschlag scheint mir insofern wichtig, als er die Fixierung der Zuverlässigkeitsdebatte auf Aspekte der Kodiererübereinstimmung durchbricht. Für die vorliegende Analyse freilich ist er aus zwei Gründen ohne Belang: Erstens liegt ihr kein Reiz-Reaktionsmodell zugrunde, das heißt es wird nicht nach der Rezeption politisch-kultureller Deutungsangebote gefragt, sondern bescheidener nach ihrer Binnenstruktur; zweitens erforderte die Zusammenstellung einer repräsentativen Gruppe von Kodierern einen phantastischen Projektetat.
Die Intercoderreliabilität konnte allerdings nur für die im ersten Durchgang kodierten Kategorien getestet werden, weil — Fluch des kleinen Budgets — der Autor im weiteren Gang der Arbeit mit seinen Kodierkünsten allein gelassen wurde.
Weil diese Verbesserung um gerade ein Prozent den erheblichen Arbeitsaufwand kaum zu rechtfertigen vermochte, wurde die Vereinbarung über die konsensuale Vercodung der neun ausgewählten Kategorien später wieder suspendiert.
Das Modell wird erläutert bei Jürgen Kriz, 1973: Statistik in den Sozialwissenschaften. Einführung und kritische Diskussion, Opladen, 4. Aufl. 1983, S. 187–189. Ein ungelöstes Problem besteht allerdings darin, daß der Test ja für alle 38 Kategorien des ersten Kodierdurchgangs, also 38mal, durchgeführt werden mußte und mithin bei einem Signifikanzniveau von bspw. .90 definitionsgemäß drei dieser Tests zufällig zu falschen Ergebnissen führen mußten.
Die Ergebnisse der Tests sind in Anhang B.2 dokumentiert.
Vgl. Ritsert, 1972: a.a.O., S. 61.
Die Ergebnisse der T ests sind in Anhang B2 dokumentiert.
Vgl. Merten, 1983: a.a.O., S. 333 f.
Die Auswertungen wurden mit dem in SAS — PROC MATRIX geschriebenen Programm KORRES (Copyright Jörg Blasius/Harald Rohlinger, Universität Köln) durchgeführt.
Insbesondere in Frankreich dagegen gehört das Verfahren zum Standard. Möglicherweise ist dafür eine gewisse Kontingenz zwischen dieser sehr geometrischen Methode und der Dominanz des strukturalen Denkens in den französischen Geistes- und Sozialwissenschaften verantwortlich. Eine gewisse Popularisierung auch in der Bundesrepublik verdankt die Korrespondenzanalyse sicher der hierzulande stark rezipierten Studie von Pierre Bourdieu, 1984: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt/M. 3. durchgesehene Aufl.,
worin das Verfahren an zentraler Stelle zur Anwendung kommt (vgl. zu den methodischen Aspekten von “La Distinction” den Beitrag von Jörg Blasius/Joachim Winkler. 1989: Gibt es die “feinen Unterschiede”? Eine empirische Überprüfung der Bourdieuschen Theorie, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 41, S. 72–94.
Jörg Blasius, 1988: Zur Stabilität von Ergebnissen bei der Korrespondenzanalyse, in: ZA-(Zentralarchiv für empirische Sozialforschung-) Information 23, November, S. 47–62, hier: S. 47.
Diese Unterscheidung wird hier im rein statistischen Sinn benutzt.
Zwar erlaubt auch die Hauptkomponentenanalyse die Produktion von Streudiagrammen sowohl der Fälle (auf der Grundlage der factor scores) als auch der Variablen (auf Basis der Faktorenmatrix). Weil die dazu verwendeten Maße aber nicht ineinander überführbar sind, können Fälle und Variablen nicht in einem gemeinsamen Raum verortet werden.
Mit dieser Kreuztabellierung wird allerdings ein Wechsel der Bezugseinheit vorgenommen. Die Daten dieser Matrix sind nicht mehr auf einzelne Texte, sondern auf Zeitungen bezogen. Damit unterscheidet sich die Aussageeinheit (Zeitung oder Zeitschrift) von der Auswahleinheit (Text).
Ausgehend von einem Rohdatensatz der Form q * r (q seien die 512 Texte des Samples, r die Variablen) erhält man eine solche Matrix, indem man die Kodierhäufigkeiten aller Texte je einer Zeitung aufsummiert und anschließend diese Aggregatdatenmatrix um 90° dreht.
Blasius, 1987: a.a.O., S. 174.
Ebd., S. 184.
Im Prinzip gilt das allerdings auch für die Grafik: Analog zu den Plots, die im Zuge von Faktorenanalysen erstellt werden, können auch hier ebenenweise mehrere Achsen ausgeplottet werden.
Bourdieu, 1984: a.a.O.
Jörg Blasius, 1987a: Einstellung zur Hamburger Innenstadt. Eine Auswertung mit Hilfe der Korrespondenzanalyse, in: ZA- (Zentralarchiv-) Information 21, S. 29–51, hier: S. 50.
Die Ergebnisse verschiedener Korrespondenzanalysen mit unterschiedlichen Teildatensätzen sind in Anhang C.2 dokumentiert. Es zeigt sich, daß die Resultate sich von denen der Analyse des gesamten Datensatzes nur graduell unterscheiden; die Struktur des Gesamtmodells bleibt stabil.
Die Konstruktion des Kategorienschemas wird dabei einer Prüfung hinsichtlich der Kriterien “erschöpfend” und “Eindeutigkeit des Klassifikationsprinzips” unterzogen, die gerade bei offenen Kategoriensystemen wie dem hier verwandten problematisch sind. Bleiben die Achsen bei verschiedenen Korrespondenzanalysen mit verschiedenen Teilen des Datensatzes inhaltlich stabil, so kann darin ein wichtiger Beleg für die Stimmigkeit des Kategoriensystems gesehen werden. Damit werden neben Belangen der Reliabilität auch solche der Validität im Sinne von Konstruktvalidität — worauf später noch eingegangen wird — berührt.
Der Grund für diese Reduktion liegt darin, daß, um zufällige Ergebnisse zu vermeiden, entsprechend der Chi-Quadrat-Regel die Erwartungshäufigkeit, mit der die Zellen der oben beschriebenen Eingangsmatrix besetzt sind, zeilen- wie spaltenweise gerechnet nicht unter fünf liegen darf.
Die Wochenzeitung Der Montag, Sonderausgabe des Berliner Lokalanzeigers, wurde dem Mutterblatt zugschlagen.
Im Bereich “Staatsvorstellungen” entstand z.B. automatisch eine Kategorie des Inhalts “Die Weimarer Republik verwirklicht die Diktatur des Proletariats”, die freilich ohne empirisches Korrelat bleiben mußte.
So wurden etwa die Eigengruppenkategorie “ausgebeutet” und das Feindbild “Ausbeuter” zu einer Kategorie “Ausbeutung” zuammengefaßt.
So beispielsweise die Kategorien “Wirtschaftsdemokratie” und “Gemeinwohl” zu “Sozialstaat”. Diese Verfahren stellt einen Kompromiß zwischen statistischen Anforderungen und begrifflicher Reinheit dar. Schöner wäre es gewesen, alle Kategorien in ihrer ursprünglichen Form in die Analyse aufzunehmen. Dann allerdings wären insbesondere im Bereich der “Staatsvorstellungen” viele Kategorien an den statistischen Eingangsvoraussetzungen gescheitert und wichtige Inhalte verlorengegangen. Wie ich glaube zeigen zu können, läßt sich mit diesem Kompromiß allerdings gut leben.
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Schirmer, D. (1992). Operationalisierung — Material und Methode. In: Mythos — Heilshoffnung — Modernität. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 114. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99354-0_4
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