Zusammenfassung
Schon die Anlage dieser Darstellung zeigt, dass ich — mit Heinz-Jürgen Kliewer (1997; 1998) — nicht zwei verschiedene Literaturdidaktiken für erforderlich halte: eine für die Erwachsenen- und eine andere für die Kinder- und Jugendliteratur. Sein Vergleich zweier fiktiver Unterrichtsmodelle zu Hesses Unterm Rad und Chidolues Lady Punk macht deutlich, dass die Unterschiede im Herangehen an den üblicherweise dort zur Erwachsenen- bzw. hier zur Jugendliteratur gerechneten Text lediglich in dem Ausmaß liegen, in dem eine — literaturwissenschaftliche — ‘Sachanalyse’ schon oder noch nicht vorliegt, und dass die herkömmliche Trennung eher eine “Barriere” in den Köpfen der Lehrenden ist (Kliewer 1997, 154) als eine didaktisch hilfreiche Unterscheidung. Kinder- und Jugendliteratur ist “Zielgruppenliteratur” und darf Spaß machen (als ‘Einstiegsliteratur’); hohe Literatur dagegen hat über Adressatenorientierung erhaben zu sein und darf den bereits Eingestiegenen die Schwere des kulturellen Erbes zumuten. Diese Zweiteilung — die vom Konzept des Übergangslesens her fragwürdig scheint — hat zur Folge, dass themen- und motivgleiche Texte, in denen es z.B. dort wie hier um Probleme des Aufwachsens geht, lange Zeit ganz verschieden wahrgenommen wurden (allerdings eben nur von Fachleuten, nicht von Lernenden). Mit Kliewer möchte ich diese Trennlinie verwischen. Zur Übergangsliteratur kann auch die ‘Erwachsenenliteratur’ werden (an Hesses Text habe ich es u.a. gezeigt).
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Referenzen
Vgl. auch Rosebrock 1997, 15. — Die vom Autor selbst als Literaturdidaktik bezeichnete Arbeit von Kämper-van den Boogaart (1997) zieht diese Grenze unmissverständlich und sucht innerhalb dieser Grenze den Primat des Ästhetischen zu re-etablieren.
Vgl. hierzu den sehr guten aktuellen Forschungsbericht von Merkelbach (1998).
Eines der von ihr genannten Bücher — Chidolues Lady Punk — ziehe ich im nächsten Abschnitt heran.
Nach: Pennac 1994, 163 ff.
Vgl. im Überblick Haas/Menzel/Spinner 1994 sowie zuletzt Haas 1997.
Vgl. Wieler 1989, 219 und Sumara 1996, 150.
Der Begriff wurde bereits von Kreft (1977, 379) geprägt.
Es sind die Arbeiten von Wieler, Christ et al. und Werner (vgl. Literaturverzeichnis).
Das ist Zitat aus Merkelbachs Beitrag zu Christ et al. (1993, 12).
Als solches wurde das literarische Gespäch im Anschluss an Spinner bereits oben, S. 187, charakterisiert.
Vgl. hierzu die (von Nutz leider nicht einbezogene) bereits zitierte Arbeit von Langenmayr (1992)
U. Kliewers Fragebogen (1997, M 1) würde ich freilich unbedingt ergänzen um “6. Die Rolle des Essens”.
Im Gegensatz zu U. Kliewer (1997, Sequenz 3) glaube ich nicht, dass Terrys unreflektiertes und ethisch oft bedenkliches Verhalten die Gefahr einer Gewöhnung an falsche Verhaltensmuster birgt; vielmehr scheint mir gerade diese nicht empathiefähige Figur eine Einladung zur Bildung von Empathiefähigkeit darzustellen. Um sie anzunehmen, wird man allerdings den hier skizzierten Weg der gezielten Vorstellungsbildung gehen müssen.
Ich raffe und ergänze damit Madelung 1996, 114–117; eine ausführlichere Darstellung des Problemzusammenhangs in fachdidaktischer Sicht ist in Vorbereitung.
Nach Elsbeth Müller: Du spürst unter deinen Füßen das Gras. Autogenes Training in Phantasie- und Märchenreisen. Vorlesegeschichten. Frankfurt/M.: Fischer 1983.
Nämlich vom ersten Auftreten der ‘Erwachsenenliteratur’ und ihres Kanons an: vgl. kritisch Maiwald 1997.
Vgl. hierzu Frommer 1988a, 39 ff. sowie Abraham 1994, 121 (Schema).
Auch meinem eigenen Buch von 1994 mache ich den schon geäußerten Vorwurf, die Sozialität des Lese- und Literaturunterrichts zu Gunsten der hermeneutischen Dimension vernachlässigt zu haben.
In diesem Sinn definiert Haas (1997, 35): “mit einem Text Kontakt aufzunehmen und eine wie auch immer geartete [...] Verbindung mit ihm einzugehen”.
Literarische, emotive, kreative, emanzipatorische, projektive, ästhetische und kritische Kompetenz (Haas 1997, 37).
Hierzu vgl. kognitionspsychologisch Schnotz 1994 und didaktisch Abraham 1995 sowie Abrahambeisbart 1996.
Der Unterricht, der projektorientiert zu diesen Texten führte, wurde 1986 in einer 5. Klasse eines bayerischen Gymnasiums vom Verfasser gehalten.
Vgl. z.B. Bloch 1929 oder Handke in Schmiedt (Hrsg.) 1983.
Vgl. Reiner Steinweg (Hrsg.): Vom Krieg der Erwachsenen gegen die Kinder. Möglichkeiten der Friedenserziehung. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1984.
Vgl. Teil I, Anm. 141. — Dass diese Quelle tückisch ist, wenn man ‘die Wahrheit’ erfahren will, weiß die May-Forschung; aber eine reinliche Scheidung von authentisch und fiktiv war, wie gesagt, gerade nicht das wichtigste Ziel.
Wie Oel-Willenborg (1973, 27) behaupten kann, in den Amerika-Romanen werde “eine Gesellschaft geschildert, in der es keine allgemeingültigen Regeln sozialen Verhaltens gibt”, ist mir rätselhaft. Dass ein Verhaltenskodex nicht von allen beachtet wird, spricht doch nicht gegen seine Existenz und Gültigkeit.
Zusätzlich könnte man Syberbergs Film Karl May mit Helmut Kautner in der Hauptrolle — BRD 1974 — wenigstens in Ausschnitten heranziehen.
Auch und gerade literarisches Erzählen hat sowohl “ichstabilisierende” als auch “gemeinschaftsstiftende” Funktion: Klein 1981, 54.
Vgl. Gerd Antos: Grundlagen einer Theorie des Formulierens. Textherstellung in geschriebener und gesprochener Sprache. Tübingen: Niemeyer 1982.
Diese drei Kategorien erprobe ich unten, Kapitel 8.5.
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Pennac, D. et al. (1998). Lesedidaktik: Literaturgebrauch im Deutschunterricht. In: Übergänge. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99303-8_8
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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